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AUSSCHÜTTUNGEN | Finaler Einlagenrückzahlungs- und IF-Erlass veröffentlicht!

Die grundlegenden Änderungen in § 4 Abs 12 EStG schränken nicht nur die Wahlrechtsausübung hinsichtlich der steuerlichen Behandlung von Dividenden als Gewinnausschüttungen (Innenfinanzierung) oder Einlagenrückzahlungen erheblich ein, sondern gehen damit auch mehrere Zweifelsfragen einher. Mit einem umfangreichen, nunmehr in der Endfassung veröffentlichten Einlagenrückzahlungs- und Innenfinanzierungserlass legt das Finanzministerium seine Rechtsansichten zur Auslegung der neuen Bestimmungen dar. Das nachfolgende Update geht insbesondere auf die Änderungen gegenüber dem Begutachtungsentwurf ein.  

§ 4 Abs 12 EStG wurde bekanntlich durch das StRefG 2015/2016 sowie das AbgÄG 2015 umfassend novelliert. Die Ausübung des Wahlrechts, inwieweit die Ausschüttung eines unternehmensrechtlichen Bilanzgewinns auch steuerlich eine „offene Ausschüttung“ oder aber eine Einlagenrückzahlung darstellt, setzt jeweils entsprechend positive Stände der „Innenfinanzierung“ bzw der Einlagen im steuerlichen Sinne voraus, die in geeigneter Weise zu ermitteln und fortzuführen sind (Evidenzkonten).1) Im April d. J. hatte das Finanzministerium zunächst einen 43 Seiten umfassenden Erlassentwurf zur Begutachtung versandt, über dessen Kerninhalte wir bereits berichtet haben (vgl dazu unseren <link http: www.icon.at de publikationen news detail external-link-new-window externen link in neuem>NL-Beitrag „AUSSCHÜTTUNGEN | Neuer Erlass zur Einlagenrückzahlung und Innenfinanzierung“ vom 22.6.2017). Ende September d. J. wurde schließlich die Endfassung des nunmehr auf 55 Seiten angewachsenen Erlasses über die „Steuerliche Behandlung von Einlagenrückzahlungen sowie Evidenzierung von Einlagen und Innenfinanzierung gemäß § 4 Abs 12 EStG 1988 (Einlagenrückzahlungs- und Innenfinanzierungserlass)“2) in der FINDOK veröffentlicht3) (im Folgenden auch kurz „ERZ-IF-Erlass“ genannt). Die nunmehr veröffentlichte finale Fassung weist einige Änderungen gegenüber dem Begutachtungsentwurf auf (Klarstellungen bzw auch teilweise Vereinfachungen), die wir im Folgenden kurz skizzieren möchten:

Wesentliche Änderungen im finalen ERZ-IF-Erlass

Die bereits im Erlassentwurf vorgesehene und im Begutachtungsverfahren heftig kritisierte – weil wohl über den Gesetzeswortlaut hinausgehende – Unterscheidung zwischen „indisponiblen und disponiblen Eigenkapitalgrößen samt damit einhergehender Einschränkung der Wahlrechtsausübung grundsätzlich nur auf disponible Positionen (nicht gebundene Kapitalien) findet sich auch in der Endfassung des ERZ-IF-Erlasses wieder:  

  • Allerdings wurde nunmehr klargestellt, dass ungeachtet der auch für steuerliche Zwecke verlangten Untergliederung der Einlagen und Innenfinanzierung in „disponible“ und „indisponible“ Größen (in Anlehnung an die unternehmensrechtliche Gliederung der Innen- und Außenfinanzierung in gebundene und nicht gebundene Rücklagen) dennoch die bisherigen Subkonten weitergeführt werden dürfen, soweit bei diesen die Unterscheidung in indisponible und disponible Einlagen- bzw Innenfinanzierungsbestandteile nachvollziehbar ist (indem zB in gebundene und ungebundene Rücklagen untergliedert wird oder die gebundenen Teile mit dem Hinweis „davon gebunden“ ausgewiesen werden; anschauliche bzw alternativ mögliche Evi-Konten-Darstellungen finden sich in Abschnitt 4. des Erlasses).

  • Weiters wurde insbesondere auch klargestellt, dass für „kleineundmittelgroßeGmbH, die ja bekanntlich nach Unternehmens- bzw Bilanzrecht keine gebundenen Kapital- und Gewinnrücklagen iS § 229 Abs 7 UGB auszuweisen haben, auch entsprechende Erleichterungen bei der steuerlichen Evidenzkontenführung platzgreifen und die für steuerliche Gewinnausschüttungen maßgebliche „Innenfinanzierungals einheitliche Größe dargestellt werden kann. Zudem wurde für diese Mehrzahl der Kapitalgesellschaften dem Erlass nunmehr ein eigener „Anhang I: Evidenzkontoführung für kleine und mittelgroße GmbH“ angefügt, worin die Auswirkungen der bilanziellen Erleichterungen auf das steuerliche Evidenzkonto sowie die Wahlrechtsausübung und die konkrete Darstellung der Evidenzkonten nochmals gesondert abgehandelt werden, sodass dies als praxistauglicher Arbeitsbehelf anzusehen ist, der für kleine und mittlere GmbHs das detaillierte Studium des gesamten ERZ-IF-Erlasses weitgehend entbehrlich macht.

Hinsichtlich der Wahlrechtsausübung (Gewinnausschüttung versus Einlagenrückzahlung für Beschlüsse ab 1.1.2016, zur Einschränkung auf die disponiblen Größen siehe oben) durch die für die Willensbildung der Körperschaft verantwortlichen Organe (dh Geschäftsführung bzw Vorstand) wurde nachgeschärft, dass das Wahlrecht durch die bindende KESt-Anmeldung als dokumentiert gilt. Es sei auch keine nachträgliche Änderung der steuerlichen Qualifikation der getroffenen Entscheidung mehr möglich. Da die Entscheidung spätestens mit der KESt-Anmeldung getroffen sein müsse, könne in der Praxis nach Ablauf der Einwochenfrist gemäß § 96 EStG (dh ab Ausschüttungsbeschlussdatum bzw ab im Beschluss konkret definiertem Ausschüttungsdatum!) die getroffene Entscheidung nicht mehr geändert werden. Die Behandlung verdeckter Ausschüttungen als steuerliche Einlagenrückzahlung (ohne KESt-Abzug) sei nur dann möglich, wenn die Gesellschaft neben Erfüllung der allgemeinen Voraussetzungen bis spätestens sieben Tage nach Ablauf des betr. Wirtschaftsjahres eine nachträgliche KESt-Ameldung an das Finanzamt übermittle.

Hinsichtlich der zeitlichen Erfassung einlagen- und innenfinanzierungsverändernder Vorgänge auf den Evidenzkonten wird ausgeführt, dass zwischen unterjährig wirksamen Vorgängen (Einlagenerhöhung im jeweiligen Einlagezeitpunkt, Einlagenrückzahlung im Beschlussfassungszeitpunkt; IF-Minderung durch offene Ausschüttungen im jeweiligen Beschlussfassungszeitpunkt) und Vorgängen zum Bilanzstichtag (IF-Änderung durch Jahresüberschuss/-fehlbetrag; IF-Bereinigungen um verdeckte Einlagen, erhaltene Einlagenrückzahlungen, unternehmensrechtliche Aufwertungsgewinne aus Umgründungen) zu unterscheiden sei. Die Vornahme einer offenen Ausschüttung bzw einer Einlagenrückzahlung setzt eine entsprechende Deckung am (disponiblen) IF- bzw Einlagen-Evikonto zum Zeitpunkt der Beschlussfassung voraus, wobei für die Deckungsprüfung die vorstehenden Zeitpunkte zu beachten sind (eine allfällige ertragsteuerliche Rückwirkungsfiktion sei für die gegenständliche Wahlrechtsausübung hingegen unbeachtlich). 

Hinsichtlich der erstmaligen Ermittlung des Innenfinanzierungsstandes ist die Finanzverwaltung – ungeachtet der heftigen Kritik im Begutachtungsverfahren – nicht von ihrer restriktiven Rechtsansicht abgerückt und könne diese auch laut endgültigem ERZ-IF-Erlass (ausschließlich) nach folgenden drei Methoden erfolgen: 

  • Pauschale Ermittlungsmethode (gemäß § 124b Z 279 EStG): Vereinfachte Differenzrechnung durch Gegenüberstellung des Eigenkapitals lt UGB-Bilanz und des steuerlichen Einlagenstandes (gem. § 4 Abs 12 EStG aF) zum letzten Bilanzstichtag vor 1.8.2015;

  • Exakte Ermittlungsmethode (gemäß § 4 Abs 12 Z 4 EStG): Genaue Ermittlung bzw lückenlose Fortentwicklung des Innenfinanzierungsstandes (Summe aller Jahresüberschüsse/-fehlbeträge, soweit noch nicht ausgeschüttet) auf Basis der historischen Jahresabschlüsse ab Gründung (!) der Gesellschaft bis zum letzten Bilanzstichtag vor 1.8.2015;

  • Vereinfachte exakte Ermittlungsmethode: Anwendung der pauschalen Ermittlungsmethode bereits zum letzten Bilanzstichtag vor 1.8.2006 und sodann Fortentwicklung nach der exakten Ermittlungsmethode bis zum letzten Bilanzstichtag vor 1.8.2015

Zur pauschalen Ermittlungsmethode wurde lediglich klargestellt, dass im Falle steuerlichen Surrogatkapitals (zB sozietäre Genussrechte) oder verdeckten Eigenkapitals bei unternehmensrechtlicher Bilanzierung als Fremdkapital (oder als Sonderposten zwischen EK und FK) eine entsprechende Adaptierung des steuerlichen Einlagen-Evidenzkontos zu erfolgen habe. Bei der Aufteilung zwischen „disponibler“ und „indisponibler“ Innenfinanzierung im Wege der pauschalen IF-Erstermittlung seien die am Ermittlungsstichtag in der UGB-Bilanz aufscheinenden gebundenen Rücklagen als indisponible IF zu behandeln, soweit nichts anderes nachgewiesen wird. Darüber hinaus sei der indisponible IF-Erststand mit dem insgesamt pauschal ermittelten IF-Stand begrenzt. Ist der IF-Stand insgesamt negativ, so liege zur Gänze eine negative disponible Innenfinanzierung vor, sodass diesfalls der Stand der indisponiblen Innenfinanzierung Null sei. 

Im Übrigen bleibt das BMF jedoch dabei: Da der Gesetzgeber lediglich ein Wahlrecht zwischen zwei Ermittlungsmethoden vorgesehen habe und der gesetzlichen Pauschalmethode bereits ein Schätzungscharakter immanent ist, bleibe für eine darüberhinausgehende Schätzung iS § 184 BAO kein Raum. Hinsichtlich der mit diesen drei Methoden jedoch verbundenen Probleme (mögliche unrichtige Ergebnisse und Verwerfungen) sowie einer in der Literatur daher vorgeschlagenen weiteren Ermittlungsmethode auf Basis der ersten RLG-Bilanz verweisen wir nochmals auf unseren <link http: www.icon.at de publikationen news detail external-link-new-window externen link in neuem>NL-Beitrag „AUSSCHÜTTUNGEN | Berechnungszeitpunkt der steuerlichen Innenfinanzierung“ vom 16.3.2017). Bei Fallkonstellationen, wo die laut ERZ-IF-Erlass ausschließlich zugelassenen drei Methoden zu falschen Ergebnissen führen, wird letztlich eine Klärung durch die Gerichte im Rechtsmittelverfahren herbeizuführen sein. 

Inkrafttretens- und Übergangsbestimmungen

Es wird nunmehr auch explizit festgehalten, dass mit dem vorliegenden neuen Erlass der alte Einlagenrückzahlungserlass vom 31.3.1998, 06 0257/1-IV/6/98, aufgehoben wird. Daraus könnte im Umkehrschluss gefolgert werden, dass günstigere Bestimmungen des grundsätzlich toleranteren Alterlasses – soweit mit den geänderten Gesetzesbestimmungen in § 4 Abs 12 EStG vereinbar – grundsätzlich noch bis 26.9.2017 geltend gemacht werden könnten. Hinsichtlich der im Alterlass dargelegten Rechtsansicht zur Entscheidungsfindung betreffend Einlagenrückzahlungen sei dies laut BMF jedoch nur noch für Beschlussfassungen bis 31.12.2015 zulässig gewesen. 

Hinsichtlich der nunmehr geänderten Rechtsansicht zu Verlustübernahmen im Rahmen von Ergebnisabführungsverträgen wird ausgeführt, dass bis zum Veranlagungsjahr 2016 erfolgte Verlustübernahmen nicht als steuerliche Einlagen behandelt werden müssen (frühere BMF-Meinung nach altem ERZ-Erlass) und die im neuen Erlass vertretene Rechtsansicht daher erst für Verlustübernahmen ab dem Veranlagungsjahr 2017 zwingend zu beachten ist. 

Die Erstermittlung des Innenfinanzierungsstandes zum maßgeblichen Stichtag (samt ggfs damit einhergehender Korrektur auch des Einlagenstandes) sowie die Darstellung der Evidenzkonten nach den Vorschriften des neuen Erlasses ist grundsätzlich im Rahmen der Körperschaftsteuererklärung 2016 durch entsprechende Erklärungsbeilagen offenzulegen bzw zu deklarieren. Sollte die KöSt-Erklärung für das Jahr 2016 bereits vor Veröffentlichung des neuen ERZ-IF-Erlasses vom 26.9.2017 beim Finanzamt eingereicht worden sein, so bestehen keine Bedenken, einen sohin bereits ermittelten erstmaligen Stand der Innenfinanzierung sowie ein bereits nach altem ERZ-Erlass erstelltes und der eingereichten Erklärung beigefügtes steuerliches Evidenzkonto neu zu ermitteln und das entsprechend neu erstellte bzw adaptierte Evidenzkonto ohne Säumnisfolgen nachzureichen.

Conclusio 

Wenngleich die im Erlasswege erfolgte Interpretation des § 4 Abs 12 EStG in der nunmehrigen Endfassung sogar noch umfangreicher geworden ist (55 Seiten!), ist die damit erfolgte Klärung vieler Zweifelsfragen grundsätzlich zu begrüßen. 

Einige im Begutachtungsverfahren seitens der KWT sowie anderer Interessensvertretungen und Institutionen an das BMF herangetragene Kritikpunkte und Verbesserungsvorschläge fanden in der am 27.9.2017 veröffentlichten Letztfassung des ERZ-IF-Erlasses durchaus Berücksichtigung. Im Übrigen - vor allem insoweit einzelne erlassmäßige Regelungen über die maßgeblichen Gesetzesnormen hinauszugehen scheinen – ist bei einer abweichenden Vorgangsweise des Rechtsanwenders auf eine hinreichende Offenlegung iS § 119 BAO zu achten und wird eine Rechtssicherheit ggfs erst im Rahmen von Rechtsmittelverfahren herbeizuführen sei. 

Für weitere Fragen stehen Ihnen die Verfasser sowie auch die übrigen Berater des ICON-Teams gerne zur Verfügung. Gerne unterstützen wir Sie auch bei der konkreten Umsetzung der erlassmäßigen Vorschriften (zB gesetzeskonforme Rekonstruktion der Innenfinanzierungs- und Einlagenstände, Neukonzeption bzw Adaptierung der Evidenzkonten).


1) Über die Neuerungen in § 4 Abs 12 EStG und die damit einhergehenden Zweifelsfragen und Probleme haben wir bereits mit einer Serie von Newsletter-Beiträgen informiert (beginnend mit <link http: www.icon.at de publikationen news detail external-link-new-window externen link in neuem>NL-Beitrag „STEUERREFORM | Dividenden als Gewinnausschüttung oder Einlagenrückzahlung“? vom 14.10.2016)!

2) Die Rechtsansichten des BMF zu den Auswirkungen von Umgründungen auf die Innenfinanzierung gemäß der Innenfinanzierungsverordnung (IF-VO, BGBl. II Nr. 2016/90) werden hingegen in den Umgründungssteuerrichtlinien abgehandelt (vgl dazu auch unseren gesonderten <link http: www.icon.at de publikationen news detail external-link-new-window externen link in neuem>NL-Beitrag „UMGRÜNDUNGEN | Highlights im neuen Wartungserlass 2017 (III)“ vom 21.6.2017)!

3) Erlass des BMF vom 27.9.2017, BMF-010203/0309-IV/6/2017, BMF-AV Nr. 136/2017 (gültig ab 27.9.2017)