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BILANZIERUNG | Latente Steuern bei Privatstiftungen

Mit unserer Artikelserie informieren wir Sie bereits seit Herbst 2014 laufend über die Neuerungen durch das Rechnungslegungs-Änderungsgesetz 2014. Im nachfolgenden Beitrag berichten wir über die Besonderheiten und Zweifelsfragen beim Ansatz und der Bewertung von latenten Steuern im Jahresabschluss von Privatstiftungen. 

Die Bestimmungen des RÄG 2014 zu latenten Steuern machen auch vor Privatstiftungen nicht Halt. Gerade bei diesen speziellen Rechtsträgern (die sich von Gesellschaften erheblich unterscheiden) ist neben den unternehmensrechtlichen Vorgaben auch eine Vielzahl an steuerlichen Sondervorschriften zu beachten. In der Folge stellen wir einige stiftungsspezifische Besonderheiten und deren Relevanz für latente Steuern dar:

Allgemeine Hinweise 

Privatstiftungen unterliegen der Rechnungslegungslegungspflicht, und zwar durch einen Verweis im Privatstiftungsgesetz (§ 18 PSG)1) auf die unternehmensrechtlichen Bestimmungen der §§ 189 bis 216, 222 bis 226 Abs 1, 226 Abs 3 bis 234 und 236 bis 239 UGB, weiters auf § 243 UGB (Lagebericht) sowie auf §§ 244 bis 267 UGB (Konzernabschluss und –lagebericht), welche „sinngemäßanzuwenden sind. Ein Verweis auf § 221 UGB ist hingegen bis dato unterblieben, sodass auch nach RÄG 2014 die Größenklassen bei Privatstiftungen NICHT zu beachten sind. Somit wurden bereits vor RÄG 2014 die Bestimmungen für große Kapitalgesellschaften angewendet, wobei dies im Wesentlichen nur auf den Anhang Auswirkung hatte. 

Mit dem RÄG 2014 wurde nun neben der bereits bisher bestehenden Verpflichtung zum Ansatz passiver latenter Steuern festgelegt, dass mittelgroße und große Kapitalgesellschaften iSd § 221 UGB auch aktive latente Steuern im Jahresabschluss berücksichtigen müssen. Kleine Gesellschaften dürfen - unter Angabe bestimmter Informationen im Anhang - aktive latente Steuern wahlweise ansetzen. 

Vor dem RÄG 2014 stand es außer Frage, dass das Wahlrecht zur Aktivierung von latenten Steuern anwendbar ist, zumal es ohne Bezugnahme auf Größenkriterien formuliert war. Mit dem RÄG 2014 stellt sich hingegen die grundsätzliche Frage, ob aktive latente Steuern bei Privatstiftungen anzusetzen und zu bewerten sind, obwohl die Klassifizierung der Größenkriterien hier nicht anwendbar ist. Bei rein wörtlicher Auslegung des § 198 Abs 9 UGB könnte man zur Ansicht gelangen, dass mangels Anwendbarkeit der Größenkriterien bei Privatstiftungen keine Aktivierungspflicht für aktive latente Steuern bestehe. In der bisher veröffentlichten Literatur wird hingegen vertreten, dass die Vorschriften zum Ansatz aktiv latenter Steuern auch für Privatstiftungen anwendbar seien. 

Der bereits erwähnte Ministerialentwurf zur PSG-Novelle 2017 sieht ua umfangreiche Änderungen der stiftungsrechtlichen Rechnungslegungsvorschriften gemäß § 18 PSG vor. Insbesondere soll im Rahmen der Verweise auf das Unternehmensrecht auch explizit auf die Größenklassen des §  221 UGB hingewiesen werden, sodass diese in Zukunft auch für Privatstiftungen anwendbar wären. Faktisch wird freilich ein Großteil der österreichischen Privatstiftungen - mangels entsprechender Umsatzerlöse und Arbeitnehmer - als „klein“ einzustufen sein, sodass in diesen Fällen wiederum das bloße Ansatzwahlrecht für aktive latente Steuern auch für die meisten Privatstiftungen zu beachten sein wird. 

Beispiele für Bewertungsunterschiede 

Im Zeitpunkt der Vermögensübertragung vom Stifter auf eine Privatstiftung liegt in der Regel eine Differenz zwischen den steuerlichen und unternehmensrechtlichen Ansätzen vor: Unternehmensrechtlich ist der zugewendete Vermögensgegenstand nach § 202 UGB mit dem beizulegenden Wert zu bewerten, ertragsteuerlich stellt die Zuwendung, wenn sie aus dem privaten Bereich und unentgeltlich ist, ein unentgeltliches Geschäft dar und löst grds keine ertragsteuerlichen Konsequenzen aus. Seitens der Stiftung sind die steuerlichen Anschaffungskosten des Stifters zu übernehmen bzw kommt es bei der Zuwendung von Betriebsvermögen bzw Mitunternehmeranteilen zur Buchwertfortführung gemäß § 6 Z 9 lit a EStG. Da jedoch im Zeitpunkt des Geschäftsvorfalls weder das bilanzielle Ergebnis vor Steuern noch das zu versteuernde Ergebnis beeinflusst wird, ist der Ausnahmetatbestand gemäß § 198 Abs 10 Z 2 lit b UGB anzuwenden. Demgemäß entfällt der Ansatz von passiven latenten Steuern

Bei außerbetrieblichen Einkünften, die bei Privatstiftungen häufig auftreten, erfolgt die steuerliche Einkünfteermittlung zwingend nach dem Zufluss-Abfluss-Prinzip. Dadurch treten passive Steuerlatenzen auf, wenn die Erträge unternehmensrechtlich bereits realisiert sind (periodengerechte Erfolgsabgrenzung durch Bilanzierung), steuerlich jedoch die Erfassung erst im Jahr des Zuflusses erfolgt. Dies kann etwa bei offenen Forderungen gegenüber Mietern, abgegrenzten Zinsforderungen aus Privatkrediten etc vorkommen. In diesen Fällen sind passive latente Steuern anzusetzen. Dies gilt auch ausgabenseitig für aktive latente Steuern zB iZm Rückstellungen oder Verbindlichkeiten für die Erstellung von Steuererklärungen, soweit diese als Werbungskosten im Zuge der steuerlichen Gewinnermittlung angesetzt werden. 

In § 13 Abs 3 KStG werden die Einkünfte von Privatstiftungen, die der Zwischenbesteuerung unterliegen, taxativ aufgezählt. Hierbei handelt es sich ausschließlich um außerbetriebliche Einkünfte, für welche steuerlich das Zuflussprinzip zu beachten ist. Vor dem RÄG 2014 wurde der Ansatz latenter Steuern auf zwischensteuerpflichtige Einkünfte abgelehnt, da auf den Steueraufwand (GuV-orientiertes Konzept) abgestellt wurde und die Zwischensteuer nie den Steueraufwand tangierte. Durch das bilanzorientierte Konzept nach dem RÄG 2014 ist für den Ansatz latenter Steuern die aufwandswirksame Erfassung der Zwischensteuer nicht mehr entscheidend. Die geforderte Be- bzw Entlastung in Folgeperioden gem. § 198 Abs 9 UGB ergibt sich durch die Auswirkung auf die Höhe der zu bezahlenden Steuern. Es sind somit auch nicht-permanente Wertdifferenzen von Vermögensgegenständen anzusetzen, die der Zwischenbesteuerung unterliegen. Dies kann zB bei außerplanmäßig abgeschriebenen Wertpapieren (soferne Neuvermögen) oder Forderungen auf Anleihenzinserträge der Fall sein. Ob und inwieweit diese Werte tatsächlich in die bilanzierten latenten Steuern Eingang finden, ist eine Frage der Bewertung.

Zusammenfassung 

Aufgrund der unterschiedlichen unternehmensrechtlichen und steuerrechtlichen Gewinnermittlungsvorschriften für Privatstiftungen können zeitliche Differenzen auftreten. Auch latente Zwischenkörperschaftsteuern können je nach Gegebenheit der konkreten Privatstiftung vorkommen. 

Es stellt sich somit die Frage, inwieweit aufgrund des RÄG 2014 aktive latente Steuern auch im Jahresabschluss von Privatstiftungen anzusetzen und zu bewerten sind. Mangels Anwendbarkeit der Größenkriterien könnte bei wörtlicher Auslegung des § 198 Abs 9 UGB die Ansicht vertreten werden, dass diese Bestimmungen für Privatstiftungen nicht greifen würden. Laut Literatur sind die Vorschriften für den Ansatz aktiv latenter Steuern jedoch auch für Privatstiftungen anwendbar. Der Ministerialentwurf zur PSG-Novelle 2017 sieht ua eine umfassende Novellierung der Rechnungslegungsvorschriften gemäß § 18 PSG vor, wobei auch explizit auf die Größenklassen gemäß § 221 UGB verwiesen werden soll. Aufgrund der faktischen Verhältnisse und Ausgestaltung wird jedoch auch nach dieser neuen Rechtslage ein Großteil der österreichischen Privatstiftungen als „klein“ zu klassifizieren und in diesen Fällen daher lediglich ein Ansatzwahlrecht für aktive latente Steuern zu berücksichtigen sein. 

Hinsichtlich weiterführender Informationen zum Thema dürfen wir auf unsere Artikelserie zu latenten Steuern nach dem Rechnungslegungs-Änderungsgesetz 2014 hinweisen, insbesondere also auf die folgenden NL-Beiträge:

Für weitere Fragen stehen Ihnen die Verfasserinnen sowie auch die übrigen MitarbeiterInnen unseres WP- und Bilanzierungsteams gerne zur Verfügung!


1) Hingegen sieht ein vom BMJ im Juli d. J. veröffentlichter Begutachtungsentwurf für eine PSG-Novelle 2017, deren Gesetzwerdung in inhaltlicher und zeitlicher Hinsicht derzeit noch völlig unklar ist, wesentlich detailliertere Rechnungslegungsvorschriften direkt in § 18 PSG vor (vgl dazu unseren NL-Beitrag „PRIVATSTIFTUNGEN | Wesentliche Änderungen bereits ab 1.11.2017?“ vom 10.9.2017)!