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AUSLANDSBETRIEBSSTÄTTEN | BFG zur Gewinnabgrenzung zum Stammhaus

Kaisinger Thomas  |  Mitterlehner Matthias

Das Bundesfinanzgericht hat sich unlängst mit der Frage der anteiligen Gewinnzurechnung zur russischen Betriebsstätte eines österreichischen Unternehmens auseinandergesetzt. Das Unternehmen war konkret mit dem Projekt Review und Projekt Management im Zusammenhang mit dem Um- und Ausbau eines Papierwerkes in Russland beauftragt. Ein wesentlicher Streitpunkt war, ob die Kosten für die vom österreichischen Stammhaus beauftragten und bezahlten Subunternehmer der ausländischen Betriebsstätte oder dem inländischen Stammhaus zuzurechnen sind.

Aufgrund der interessanten Fragestellungen bzw deren grundlegende Bedeutung für die Besteuerungspraxis in Zusammenhang mit Auslandsbetriebsstätten informieren wir Sie zunächst über die Kerninhalte dieses konkreten Rechtsmittelverfahrens, um die Gerichtsentscheidung sodann noch einer kritischen Würdigung aus unserer Sicht zu unterziehen:

Der Rechtsmittelfall

Sachverhalt und Problemstellung

Ausgangspunkt des Verfahrens war der Körperschaftsteuerbescheid 2009. Im Zuge einer Außenprüfung im Jahr 2011 wurde die vom geprüften Unternehmen angewandte „gemischte Methode“ zur Ermittlung des Betriebsstättengewinns (betreffend „Projekt Review“ und „Projekt Management“ im Zusammenhang mit dem Um- und Ausbau eines Papierwerkes in Russland) abgelehnt und daraufhin ein Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens sowie ein abgeänderter Körperschaftsteuerbescheid erlassen. Unbestritten war im gegenständlichen Fall, dass das beschwerdeführende Unternehmen durch seine Tätigkeit in Russland eine „Betriebsstätte“ im ertragsteuerlichen Sinne begründet hatte. Das beschwerdeführende Unternehmen hatte der Betriebsstätte im Wesentlichen das gesamte Projektergebnis zugerechnet, abzüglich einer Provision iHv 15 % für die Vertriebsleistungen durch das Stammhaus. Im Rahmen der Betriebsprüfung wurde die sohin relativ hohe Gewinnzurechnung zur ausländischen Betriebsstätte zugunsten des inländischen Stammhauses korrigiert. Das BFG hatte sich folglich vor allem mit der Frage der Gewinnabgrenzung auseinanderzusetzen:

Die Entscheidung des Bundesfinanzgerichts (BFG 1.8.2017, RV/4100134/2012)

- Gewinnabgrenzung zwischen Stammhaus und Betriebsstätte

Um die Frage der Gewinnabgrenzung zu klären, verwies das BFG zunächst ganz allgemein auf den auch im Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Österreich und Russland verankerten Fremdverhaltensgrundsatz (Artikel 7 Abs 2 DBA-Russland): Demnach werden einer Betriebsstätte jene Gewinne zugerechnet, die sie hätte erzielen können, wenn sie eine gleiche oder ähnliche Tätigkeit unter gleichen oder ähnlichen Bedingungen als selbständiges Unternehmen ausgeübt hätte und im Verkehr mit dem Unternehmen, dessen Betriebsstätte sie ist, völlig unabhängig gewesen wäre. Die Betriebsstätte sei demnach wie ein Subunternehmer des österreichischen Stammhauses anzusehen, welchem ein fremdübliches Honorar für die Leistungen vor Ort zu gewähren ist. Da im vorliegenden Fall keine expliziten Grundlagen für die Ermittlung eines fremdüblichen Honorars vorliegen, sei dieses gemäß § 184 BAO zu schätzen.

Nach Ansicht des Finanzamtes sowie auch des BFG sei die russische Betriebsstätte lediglich als Routineunternehmen anzusehen, welches nur geringe Risiken trage und nicht über die für die Durchführung von Geschäften wesentlichen materiellen und immateriellen Wirtschaftsgüter verfüge. Deshalb komme für die Betriebsstättenergebnisermittlung die Kostenaufschlagsmethode (Cost+) zur Anwendung. Bei dieser Methode werden zunächst die Kosten der Betriebsstätte bestimmt. Durch Hinzurechnung eines angemessenen Gewinnaufschlags auf diese Kostenbasis ergibt sich schließlich der angemessene Fremdpreis für die Leistungen der Betriebsstätte.

Bei der Kostenzurechnung der Betriebsstätte kam das BFG, entgegen der Meinung des beschwerdeführenden Unternehmens, zu der Ansicht, dass die Kosten für die Subunternehmer zur Gänze dem österreichischen Stammhaus zuzurechnen seien. Das BFG stützt diese Zuordnung vor allem auf die Tatsache, dass die Subunternehmer auch vom Stammhaus beauftragt wurden. Die Subunternehmer seien folglich der Betriebsstätte zur Verfügung gestellt worden. Dies sei vergleichbar mit einer Materialzulieferung des Stammhauses an die Betriebsstätte, wobei diesfalls der Gewinn aus dem Materialverkauf ebenfalls dem Stammhaus zuzurechnen wäre. Die vom beschwerdeführenden Unternehmen demgegenüber vertretene Auffassung, dass nicht die Beauftragung der Subunternehmer, sondern vielmehr deren Tätigkeit und die daraus resultierende Wertschöpfung in der Betriebsstätte vor Ort entscheidend seien, wurde vom BFG nicht geteilt.

Als Kostenbasis für die Kostenaufschlagsmethode verblieben der Betriebsstätte somit lediglich die Personalkosten für das eigene Personal sowie div. Reise- und Verwaltungskosten. Für den Gewinnaufschlag zog das BFG – entgegen dem pauschalen Aufschlag von 15% durch das Finanzamt – das Gesamtprojektergebnis in Höhe von 56% heran. Um das so ermittelte Betriebsstättenergebnis zu validieren, stellte das BFG auch noch eine Gegenrechnung auf: Darin wurde der an den Kunden verrechneten Tagsatz dem Tagsatz für die vom Subunternehmer zugekauften Leistungen gegenübergestellt. Durch Anwendung des daraus resultierenden Rohaufschlages auf die Personalkosten der Betriebsstätte ergab sich ein Entgelt in ähnlicher Höhe wie bei der Kostenaufschlagsmethode.

- Wiederaufnahme des Verfahrens

Im Rahmen des Rechtsmittelverfahrens hatte das beschwerdeführende Unternehmen auch die amtswegige Verfahrenswiederaufnahme für das bereits rechtskräftig veranlagte Jahr 2009 durch die Betriebsprüfung bekämpft. Nach § 303 Abs 1 BAO kann ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn unter anderem Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorkommen (lit b) und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anderes lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Das Finanzamt argumentierte das Vorliegen des Wiederaufnahmetatbestandes iS § 303 Abs 1 lit b BAO damit, dass die genaue Vertragslage (insbesondere betreffend die Subunternehmer) sowie Art und Umfang der tatsächlichen Tätigkeiten und Funktionen der handelnden Personen im Zeitpunkt der Erlassung des Erstbescheides noch nicht bekannt gewesen seien. Es habe somit bei der Erstveranlagung keine Funktionsanalyse durchgeführt werden können. Das BFG bestätigte die Argumentation des Finanzamtes und damit den Wiederaufnahmegrund und hob dabei insbesondere die Bedeutung der Tatsache hervor, dass aus der Steuererklärung sowie den Beilagen nicht hervorging, dass die Subunternehmer vom Stammhaus beauftragt worden waren und nicht von der Betriebsstätte.

- Abschließend führte das Bundesfinanzgericht noch aus, dass die Frage der Einkünftezurechnung zu einer Betriebsstätte eine auf der Sachverhaltsebene zu behandelnde Tatfrage sei, die aufgrund entsprechender Erhebungen in freier Beweiswürdigung zu beantworten sei. Hingegen liege hier keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, sodass gegen das BFG-Erkenntnis auch keine Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig ist.

Hinweis: Den vollständigen Entscheidungstext finden Sie !

Kritische Anmerkungen und Hinweise

Wir möchten an dieser Stelle zu einigen wesentlichen Aspekten der obigen Gerichtsentscheidung vorweg Stellung nehmen (eine ausführliche Auseinandersetzung mit dieser BFG-Entscheidung durch ICON-Partner Stefan Bendlinger werden Sie in einer der nächsten Ausgaben der Fachzeitschrift TPI finden):

Die Ansicht, dass die Aktivität der fraglichen Betriebsstätte eine reine „Routinetätigkeit“ gewesen sei, spiegelt sich unseres Erachtens nicht im Sachverhalt wieder. Im vorliegenden Fall hat das Stammhaus nämlich lediglich die Subunternehmer „eingekauft“ und gewisse Verwaltungsaufgaben übernommen. Sämtliche Leistungen für den Kunden wurden hingegen durch das Personal vor Ort in Russland durchgeführt, auch die Einsatz- und Arbeitseinteilung der Subunternehmer wurde vom Personal vor Ort koordiniert. Die für den Projekterfolg wesentlichen Funktionen und Risiken sind folglich vor allem in Russland ausgeübt worden. Die Einstufung der Betriebsstätte als Routineunternehmer ist daher uE nicht nachvollziehbar und somit auch die Anwendung der Kostenaufschlagsmethode nicht sachgerecht.

Auch die im Rahmen der Kostenaufschlagsmethode erfolgte Zuordnung der Subunternehmeraufwendungen zum Stammhaus erscheint verfehlt. Vor allem der Vergleich mit der Zulieferung von Material ist wenig dienlich. Bei vor Ort zu erbringenden Leistungen liegt im Zukauf dieser Leistungen regelmäßig nur ein kleiner Teil der dadurch erzielten Wertschöpfung (etwa durch das Verhandlungsgeschick des Einkäufers). Die wesentlichen Funktionen für den Erfolg des Subunternehmereinsatzes auf der Baustelle liegen vielmehr bei den eigenen Dienstnehmern vor Ort, die den Einsatz der Subunternehmer leiten, koordinieren, überwachen und kontrollieren. Demgemäß können wir uns auch der Zuordnung der Subunternehmerkosten zum Stammhaus nicht anschließen. 

Nach Ansicht des BFG sei es „nicht vorstellbar, dass bei einem Subunternehmerverhältnis zwischen Fremden der Großteil des Gewinnes beim Subunternehmer verbleibt.“ Es mag zwar der theoretische Idealzustand sein, dass dem Generalunternehmer der Großteil des Gewinnes zusteht, in der wirtschaftlichen Realität, insbesondere im Projektgeschäft, zeigt sich zwischen echten fremden Dritten aber sehr oft ein anderes Bild.

Und was können wir für Sie tun?

  • Abschließend dürfen wir Sie noch auf das Seminarangebot im Rahmen der ICON TAX ACADEMY hinweisen: Falls Sie mehr zum Thema Gewinnabgrenzung zwischen Stammhaus und Betriebsstätten wissen möchten, besuchen Sie doch unser
  • Seminar „Gewinnermittlung ausländischer Bau- und Montagebetriebsstätten“ am 24. April 2018

Weiters dürfen wir auf unser

  • Seminar „Update zum internationalen Steuerrecht“ bereits am 5. März 2018

hinweisen, bei dem wir Ihnen einen kompakten Überblick über aktuelle Entwicklungen aus Legistik, Rechtsprechung und Verwaltungspraxis zum internationalen Steuerrecht geben werden. Insbesondere informieren wir Sie auch über den aktuellen Stand des BEPS-Projekts, das OECD-Musterabkommen 2017 sowie die Funktionsweise des neuen „Multilateralen Instruments“ (MLI)

Für weitere Fragen zu diesen Themenbereichen stehen Ihnen die Verfasser sowie auch die übrigen Ansprechpartner unserer internationalen Steuerabteilung gerne zur Verfügung!