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GROSSBRITANNIEN | UST - Alte Regeln mit neuer Wirkung im Projektgeschäft!

Buchinger Heidemarie  |  Platzer Günther

Im Projektgeschäft mit Großbritannien wurde bis dato aus Vereinfachungsgründen häufig mit britischer Umsatzsteuer abgerechnet. Nach dem Motto „im Zweifel mit USt“ konnten auf diese Weise steuerliche Probleme oftmals hintangehalten werden. Die aktuelle Sichtweise der britischen Finanzbehörde lässt jedoch diese vereinfachte Vorgehensweise in vielen Fällen nicht mehr zu. Sobald nämlich Anlagenprojekte in Großbritannien als „land-related services“ qualifiziert werden, ist eine zwingende Anwendung des Reverse Charge-Verfahrens vorgesehen. Diese Regelung ist zwar nicht neu, jedoch wurde ihr in der Vergangenheit von behördlicher Seite kaum Beachtung geschenkt. Diese Verwaltungspraxis hat sich nunmehr aber geändert. 

Das britische Umsatzsteuerrecht kennt ein Reverse Charge-Verfahren für grundstücksbezogene Leistungen, was eine umsatzsteuerliche Erfassung ausländischer Unternehmer oftmals ausschließt. Diese Vereinfachungsregelung ist nach aktueller Auffassung des HMRC nicht nur auf Dienstleistungen anwendbar, sondern auch auf Anlagenprojekte in Form von Werklieferungen. Es ist daher unbedingt eine exakte Beurteilung von Anlagenprojekten notwendig, um eine korrekte Abrechnung gewährleisten zu können. 

Land-related services 

Das britische Umsatzsteuerrecht kennt den Begriff der Werklieferung als solchen nicht sondern unterscheidet zwischen „land-related services“ und „supply of installed goods“. Nach geltendem Recht gibt es ein verpflichtendes Reverse Charge fürland-related services“, NICHT aber für „supply of installed goods“. 

Laut britischer Behörde wird der Begriff „land“ wie folgt beschrieben: 

  • specific part of the earth, on, above or below its surface, over which title or possession can be created;

  • building or structure fixed to or in the ground above or below sea level which can’t be easily dismantled or moved;

  • item making up part of a building or construction and without which it is incomplete (such as doors, windows, roofs, staircases and lifts);

  • item, equipment or machine permanently installed in a building or construction which can’t be moved without destroying or altering the building or construction. 

Das Reverse Charge-Verfahren für „land-related services“ muss nach britischem Recht zwingend angewendet werden, wenn der leistende Unternehmer nicht in Großbritannien ansässig ist bzw auch nicht über eine umsatzsteuerliche Betriebsstätte in Großbritannien verfügt. Der Leistungsempfänger muss hingegen in Großbritannien ansässig sein oder hier über eine umsatzsteuerliche Betriebsstätte verfügen. 

Bei Erfüllung aller Voraussetzungen ist das Reverse Charge für „land-related services“ verpflichtend anzuwenden, es darf daher keine „freiwillige“ Abrechnung mit britischer Umsatzsteuer erfolgen. 

Abgrenzung von „land-related services“ und „supply of installed goods“ (Beispiel) 

  • Sachverhalt
    Installation einer Lüftungsanlage im Zuge einer Gebäudeerrichtung

  • Lösungsvariante A
    Erfolgt die Anfertigung der Lüftungsanlage speziell für ein bestimmtes Gebäude und entsteht in weiterer Folge durch den Einbau eine feste Verbindung mit dem Gebäude selbst, wird es sich bei dieser Leistung um „land-related services“ handeln, wenn ein Entfernen der Anlage aus dem Gebäude zu Beschädigungen führen würde. Im Falle eines österreichischen Leistenden sind daher die Rechnungen an den britischen Leistungsempfänger netto, mit Hinweis auf das Reverse Charge-Verfahren für land-related services, auszustellen. 

  • Lösungsvariante B
    Wäre die Lüftungsanlage hingegen nicht speziell für das gesamte Gebäude geplant worden oder würde etwa nur eine standardisierte Abluftanlage für Maschinen darstellen, würde es sich sehr wahrscheinlich um die Lieferung und Installation einer Anlage handeln, die als „supply of installed goods“ zu klassifizieren wäre. Diese steuerliche Sichtweise würde auch dadurch untermauert werden, wenn die Demontage dieser Lüftungsanlage relativ einfach durchführbar wäre. Diese Leistung wäre dann am Ort der Montage/Installation steuerbar und steuerpflichtig und insofern grundsätzlich mit britischer Umsatzsteuer abzurechnen. 

Fazit 

Aufgrund der nachgeschärften Sichtweise der britischen Finanzbehörde ist es wichtig, den exakten Leistungsumfang zu kennen, um ggfs eine korrekte steuerliche Einordnung alsland-related services“ vornehmen zu können. Wir empfehlen, in diesem Sinne vor allem neuen Projekten besondere Aufmerksamkeit zu widmen, zumal die bisher praktizierte Vorgangsweise nicht mehr gültig sein könnte. 

Für weitere Fragen zu diesem Themenkomplex stehen Ihnen die Verfasser sowie die übrigen Experten des ICON-Umsatzsteuerteams gerne zur Verfügung!