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DEUTSCHLAND | Änderungen bei Bauleistungen - Viel Lärm um Nichts?

Hofmann Robert  |  Platzer Günther

Der deutsche BFH hatte im Vorjahr entschieden, dass die bisherige Auslegung des § 13b dUStG seitens der Finanzverwaltung nicht EU-konform sei. Den daraufhin erfolgten erlassmäßigen Anpassungen folgte mit Wirkung ab 1.10.2014 eine Gesetzesänderung, sodaß im Ergebnis letztlich die alte Verwaltungspraxis auch weiterhin gilt.
 

Ausgangslage und Problemstellung

§ 13b dUStG setzt für den Übergang der Steuerschuld bei Bauleistungen dem Wortlaut nach voraus, dass der Leistungsempfänger selbst bauwerksbezogene Werklieferungen oder sonstige Leistungen erbringt. In der Praxis war es allerdings für Bauleister schwierig zu erkennen, ob der Leistungsempfänger auch seinerseits mit der Erbringung von bauwerksbezogenen Werklieferungen oder sonstige Leistungen beauftragt war oder dieser die an ihn erbrachte Bauleistung zur Ausführung einer nicht bauwerksbezogenen Lieferung oder sonstigen Leistung verwendete.

Besonders im Leistungsaustausch mit Bauträgern, die durch den Verkauf von noch in der Bauphase befindlichen Grundstücken sowohl Werklieferungen als auch durch den Verkauf von fertiggestellten Wohngebäuden „klassische“ Lieferungen ausführen, kam es häufig zu aufwändigen Rückabwicklungen, die aus einer falschen Einschätzung der Subunternehmerleistungen resultierten.

Die deutsche Finanzverwaltung hat in ihren Umsatzsteueranwendungserlässen auf diese Rechtsunsicherheit reagiert und eine Vereinfachungsregelung eingeführt, wonach es bei der Erbringung einer Bauleistung ua nur dann zum Übergang der Steuerschuld kommt, wenn der Leistungsempfänger Unternehmer ist und derartige Bauleistungen auch nachhaltig erbringt. Von einer Nachhaltigkeit soll dann auszugehen sein, wenn der Anteil der Bauleistungen des Leistungsempfängers im Kalenderjahr mehr als 10 % seines (Welt-) Umsatzes beträgt oder sich die Vertragsparteien einvernehmlich  – trotz eigentlichen Fehlens der Voraussetzungen – auf einen Übergang der Steuerschuld geeinigt haben.  

Entscheidung des deutschen Bundesfinanzhofs (BFH 22.8.2013, V R 37/10)

In einem Revisionsverfahren betreffend den Übergang der Steuerschuld eines Subunternehmers auf einen Bauträger legte das deutsche Höchstgericht aufgrund gemeinschaftsrechtlicher Zweifel zur Anwendung des Übergangs der Steuerschuld im Baubereich  diverse Fragen zunächst dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Vorabentscheidung vor.

Mit EuGH-Urteil vom 13.12.2012, Rs. C-395/11 (BLV Wohn- und Gewerbebau GmbH), stellte der Europäische Gerichtshof fest, dass § 13b dUStG grundsätzlich mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sei. Nach Ansicht des EuGH könnten die Vereinfachungsregeln der Finanzverwaltung allerdings Schwierigkeiten bei der Feststellung des Steuerschuldners ergeben, da Bauleistungserbringer selten Einblick in die Verhältnisse des Leistungsempfängers hätten. Besonders die 10 %-Grenze stelle – vor allem in Jahren schwankender Umsätze – keinen verlässlichen Anhaltspunkt dar, da der Auftragnehmer nicht oder nicht zeitnah feststellen kann, ob der Leistungsempfänger tatsächlich die 10 %-Grenze überschreitet.

Diese Anregung des EuGH veranlasste den V. Senat des deutschen Bundesfinanzhofs im BFH-Urteil vom 22.8.2013, V R 37/10 (BStBl 2014 I S. 128),  § 13b UStG insoweit einzuschränken, als es für die Entstehung der Umsatzsteuerschuld fortan darauf ankommen soll, ob der Leistungsempfänger die an ihn erbrachte Leistung seinerseits unmittelbar zur Erbringung einer Bauleistung verwendet. Somit wäre der Anteil der vom Leistungsempfänger ausgeführten bauwerksbezogenen Werklieferungen oder sonstigen Leistungen – entgegen der Anweisung der deutschen Finanzverwaltung – für den Übergang der Steuerschuld unerheblich. Auch die Nichtbeanstandungsregel, wonach sich die Vertragsparteien (im Zweifelsfall) auf den Übergang der Steuerschuld einigen konnten, wurde vom BFH gekippt. 

Reaktion des deutschen Gesetzgebers

Die deutsche Finanzverwaltung hatte sich zunächst der Auffassung des BFH angeschlossen und mit den BMF-Schreiben vom 5.2.2014 sowie 8.5.2014 die Finanzämter angewiesen, die Inhalte des BFH-Urteils für nach dem 14.2.2014 ausgeführte Umsätze vollumfänglich anzuwenden.

Aufgrund der Entscheidung des BFH wurden seitens des deutschen Fiskus allerdings Steuerausfälle in Milliardenhöhe befürchtet, zumal damit zu rechnen sei, dass sich nunmehr viele Bauträger rückwirkend auf diese Rechtsprechung berufen und davon ausgehen würden, für bezogene Leistungen nicht Steuerschuldner gewesen zu sein.

Um dies zu verhindern, hat der deutsche Gesetzgeber die Rechtsprechung durch ein „Hintertürchen“ zum Teil wieder aufgehoben. Und zwar im Rahmen des „Kroatienanpassungsgesetzes“, worin der Gesetzgeber gleichsam die „alte“ Verwaltungspraxis im neu gefassten § 13b Abs. 5 dUStG legistisch verankerte und nunmehr den Übergang der Steuerschuld bei Bauleistungen von der Nachhaltigkeit der Bauleistungserbringung des Leistungsempfängers abhängig macht. Von Nachhaltigkeit soll nach dem neuen § 13b Abs. 5 dUStG dann auszugehen sein, wenn der Leistungsempfänger eine entsprechende (auf drei Jahre befristete) Bescheinigung des Finanzamtes vorlegt, welche dann zu erteilen ist, wenn die Voraussetzungen dafür erfüllt sind. Für die Nachweiserbringung wurde ein eigenes Vordruckmuster erstellt, welches in der Anlage des BMF Schreibens IV D 3 - S 7279/10/10004 vom 26.8.2014 veröffentlicht wurde.

Im Ergebnis dürfte die vom BFH grundsätzlich verworfene 10%-Grenze – welche im Rahmen der Ausstellung der Bescheinigung seitens des Finanzamtes zu überprüfen wäre – voraussichtlich auch weiterhin als Orientierungsmaßstab bestehen bleiben.

Auch die Nichtbeanstandungsregel der deutschen Finanzverwaltung, wonach sich die Vertragsparteien über den Übergang der Steuerschuld einigen konnten, wurde trotz Ablehnung durch den BFH im neugefassten § 13b dUStG gesetzlich verankert.  Darüber hinaus soll nach den neu gefassten Umsatzsteueranwendungserlässen die Vorlage einer Freistellungsbescheinigung nach § 48b dEStG  durch den Bauleistungsempfänger als Indiz dafür gelten, dass dieser die an ihn erbrachte Bauleistung seinerseits unmittelbar zur Ausführung einer Bauleistung verwendet.

Fazit und Handlungsbedarf

Das aktuelle Urteil des BFH bringt - aufgrund der in Reaktion darauf ergangenen gesetzlichen  Neufassung des § 13b dUStG - letztlich keine wesentlichen Änderungen für den Übergang der Steuerschuld bei Bauleistungen gegenüber der bisherigen Praxis. Die nunmehr benötigte amtliche Bescheinigung der Nachhaltigkeit seitens des zuständigen Finanzamtes  bringt sowohl für Bauleistungserbringer als auch für -empfänger eine gewisse Rechtssicherheit. Die Anträge auf Ausstellung der Bescheinigung sind für in Deutschland nur beschränkt Steuerpflichtige beim Finanzamt München  II zu stellen. Wie dabei insbesondere die 10 %-Grenze, va für in Deutschland nur beschränkt Steuerpflichtige, amtswegig überprüft werden soll, bleibt allerdings abzuwarten.

 

Für weitere Fragen und Unterstüzung stehen Ihnen die Verfasser gerne zur Verfügung.