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RULINGS | Einheitliches Prüfschema für Anträge gemäß § 118 BAO

Auskunftsbescheidverfahren mit internationalem Bezug betreffen häufig nicht nur Verrechnungspreisfragen, sondern oftmals auch die Kenntnis bzw Anerkennung angefragter Konstruktionen seitens aller betroffenen Staaten. Das BMF will derartige Rulinganträge daher künftig nach einem einheitlichen Prüfschema abhandeln.

Allgemeines zum Auskunftsbescheidverfahren (§ 118 BAO)

Wie bereits in vielen anderen Ländern, besteht seit 1.1.2011 bekanntlich auch in Österreich die Möglichkeit sog. „Advanced Rulings“. Die legistische Umsetzung erfolgte hierzulande im Rahmen der Bundesabgabenordnung (Auskunftsbescheide gemäß § 118 BAO), wobei Gegenstand von Auskunftsbescheiden (derzeit nur) Rechtsfragen im Zusammenhang mit Umgründungen, Unternehmensgruppen und Verrechnungspreisen sein können. In einem mittels schriftlichem Antrag zu begehrenden (kostenpflichtigen) Auskunftsbescheid teilt das zuständige Finanzamt die abgabenrechtliche Beurteilung eines im Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht verwirklichten Sachverhaltes mit, sodass der anfragende Steuerpflichtige bei exakter Realisierung entsprechende Rechtssicherheit hat. Weicht die Umsetzung hingegen (wesentlich) vom angefragten Sachverhalt ab, besteht grundsätzlich kein Anspruch auf auskunftskonforme steuerliche Behandlung des realisierten Sachverhaltes durch die Abgabenbehörde. 

Auskunftsbescheidverfahren mit internationalem Bezug (Verrechnungspreise)

Da das Finanzministerium im Rahmen von Rulinganträgen zu Verrechnungspreisen immer wieder mit Fragen zur unilateralen Anerkennung der von Antragstellern dargestellten Konstruktionen sowie der vorgenommenen Funktionsanalyse etc konfrontiert ist, wurde nunmehr ein einheitliches Prüfschema für derartige Rulinganträge mit internationalen Bezügen veröffentlicht. Die gegenständliche BMF-Info vom 23.12.2014 (BMF-010221/0787-VI/8/2014) stützt sich dabei im Wesentlichen auf die nachfolgenden drei Kriterien

  • Wirtschaftliche Substanz der in Österreich begründeten Tätigkeit

Die österreichische Gesellschaft bzw Unternehmenseinheit muss nach der Darstellung im Rulingantrag über ein Mindestmaß an wirtschaftlicher Substanz verfügen, um die zugedachten Funktionen und Risiken erfüllen bzw. tragen zu können. Es müssen also hinreichende qualitative und quantitative Mittel (zB Betriebsgebäude, Betriebsausstattung, Personal und Kapital) vorhanden sein, die in einem sinnvollen Verhältnis zur getroffenen Funktionsanalyse stehen. Die erforderliche Substanz muss allerdings nicht unbedingt schon im Zeitpunkt der Antragstellung vorhanden sein, sondern kann ggfs auch zu einem späteren Zeitpunkt überprüft werden (zB im Rahmen einer Außenprüfung). Zusätzlich zur wirtschaftlichen Substanz muss die vorgeschlagene Verrechnungspreisgestaltung auch im Einklang mit den maßgeblichen Verrechnungspreisgrundsätzen stehen (österreichische VPR 2010 bzw diesen zugrunde liegende OECD-VPG).  

Kann auf Basis der Sachverhaltsdarstellung nicht auf das erforderliche Mindestmaß an wirtschaftlicher Substanz geschlossen werden, könnte eine nicht anzuerkennende Konstruktion oder potentiell schädliche Gestaltung vorliegen. Der Rulingantrag ist diesfalls entweder zurückzuweisen oder dem Antragsteller eine Mängelbehebung aufzutragen.

  • Verhältnis zum Ausland (Informationspflichten)

Im Verhältnis zu anderen EU-Mitgliedsstaaten ist Österreich aufgrund der Amtshilfe-Richtlinie (77/799/EWG) jedenfalls zur Information des anderen Staates über das Ruling verpflichtet. Gegenüber Drittstaaten sind entsprechende Informationspflichten bzw -möglichkeiten aus dem jeweils anzuwendenden Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) oder speziellen Amtshilfeinstrumenten abzuleiten.

Führt der Antragsteller aus, dass er die fragliche Konstruktion gegenüber den ausländischen Abgabenbehörden offengelegt hat, wird dies in die Sachverhaltsbeschreibung des Auskunftsbescheides aufgenommen. Andernfalls ist im Auskunftsbescheid auf die Möglichkeiten des internationalen Informationsaustausches hinzuweisen. 
 

  • Indizien für unerwünschte Gestaltungen

Insbesondere die folgenden Indizien sprechen nach Ansicht des BMF für unerwünschte Gestaltungen: 

    • Ungewöhnlich hohe Gewinnspannen, Vergütungen oder Provisionen
    • Zwischenschaltung von Gesellschaften/Einheiten oder Treuhandkonstruktionen ohne ersichtlichen wirtschaftlichen Zweck
    • Involvierung einer oder mehrerer funktionsarmer bzw -loser Gesellschaften im In- oder Ausland, insb. in Niedrigsteuerländern oder Steueroasen
    • Involvierung von Gesellschaften mit unklarer Eigentümerstruktur
    • Involvierung von Gesellschaften mit Sitz oder Geschäftsführung bei spezialisierten Dienstleistern
    • Involvierung von Personen, die eine gleiche oder ähnliche Funktion auch bei einer Reihe anderer Gesellschaften wahrnehmen („Strohmänner“)
    • Indizien iZm Bestechung und Geldwäsche

Die Beurteilung hat dabei anhand einer Gesamtschau stattzufinden. Allein der Umstand, dass aufgrund von Unterschieden in Rechtsordnung oder Verwaltungspraxis der betroffenen Staaten steuerliche Vorteile generiert werden, kann aber nicht zu dem allgemeinen Schluss führen, dass eine Gestaltung unerwünscht ist. Die Gestaltung muss aber selbstverständlich im Einklang mit dem österreichischen Steuerrecht, den Verrechnungspreisen 2010 und OECD-Verrechnungspreisgrundsätzen stehen.

Wenn im Einzelfall der Zusammenhang mit Straftaten nicht ausgeschlossen werden kann, so ist der Antrag zurückzuweisen. Bestehen nicht bloß Indizien sondern der Verdacht einer Straftat, ist der Rulingantrag zurückzuweisen und die behördliche Anzeigepflicht nach § 78 StPO wahrzunehmen. 


Für Fragen stehen Ihnen der Verfasser sowie das gesamte ICON-Team für internationales Steuerrecht gerne zur Verfügung!