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GRUPPENBESTEUERUNG | Handlungsbedarf für FW-Abschreibung auf EU-Anteile!

Nachdem nunmehr auch der VwGH die Firmenwertabschreibung für in der EU ansässige Gruppenmitglieder bejaht hat, stellt sich die Frage, wie diese Steuerbegünstigung im Einzelfall noch geltend gemacht werden kann. Dabei sind insbesondere auch die steuerlichen Regelungen für internationale Schachtelbeteiligungen sowie die verfahrensrechtlichen Möglichkeiten bzw auch die zwischenzeitig geänderte Rechtslage zu beachten (Beteiligungsanschaffungen bis 28.2.2014). 

Über die strittigen Auslegungsfragen zur „Firmenwertabschreibungim Rahmen der österreichischen Gruppenbesteuerung gemäß § 9 Abs 7 KStG bzw über das insgesamt rund drei Jahre bei den Gerichten anhängige Verfahren haben wir Sie bereits mehrfach informiert. Im Vorjahr hatte der Europäische Gerichtshof im Rahmen des an ihn herangetragenen Vorabentscheidungsverfahrens geurteilt, dass die vom österreichischen Gesetzgeber normierte Einschränkung der Firmenwertabschreibung auf betriebsführende inländische Gruppenmitglieder („unbeschränkt steuerpflichtigen Beteiligungskörperschaft“) unionsrechtswidrig ist bzw gegen die EU-rechtlich gebotene Niederlassungsfreiheit verstößt (EuGH 6.10.2015, C-66/14, Finanzamt Linz; vgl dazu im Detail unseren <link http: www.icon.at de publikationen news detail external-link-new-window externen link in neuem>NL-Beitrag "GRUPPENBESTEUERUNG - EuGH bestätigt FW-Abschreibung auf EU-Beteiligungen" vom 15.10.2015). Auf Basis dieser Vorabentscheidung hat jetzt auch der österreichische Verwaltungsgerichtshof die Ausweitung der Firmenwertabschreibung auf in der EU ansässige Auslandsgruppenmitglieder bejaht und zudem – vom EuGH offen gelassen – das Vorliegen einer verbotenen Beihilfe verneint. Weiters hat sich der VwGH auch mit dem Zusammenhang zwischen Firmenwertabschreibung und steuerlicher Behandlung von internationalen Schachtelbeteiligungen gemäß § 10 Abs 2 und 3 KStG auseinandergesetzt (VwGH 10.2.2016, 2015/15/0001; vgl dazu auch bereits erste Hinweise in unserem <link http: www.icon.at de publikationen news detail external-link-new-window externen link in neuem>NL-Beitrag "GRUPPENBESTEUERUNG - Aktuelles aus der Rechtsprechung" vom 10.03.2016). Nachfolgend noch wesentliche nähere Details zu diesem abschließenden VwGH-Erkenntnis: 

Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH 10.2.2016, 2015/15/0001) 

Mit diesem Erkenntnis hat das österreichische Höchstgericht also seine Endentscheidung in jenem Ausgangsverfahren, welches zum oa Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH geführt hatte, getroffen und die Firmenwertabschreibung auch für EU-Gruppenmitglieder bestätigt: Im Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit werde das gesetzliche Tatbestandsmerkmal „unbeschränkt steuerpflichtig“ verdrängt und sei § 9 Abs 7 KStG daher so zu lesen, als gäbe es dieses Tatbestandsmerkmal nicht. 

Darüber hinaus klärt der VwGH in diesem Erkenntnis aber auch das Verhältnis zwischen Firmenwertabschreibung gemäß § 9 Abs 7 KStG und Wertänderungen von internationalen Schachtelbeteiligungen (ISB) gemäß § 10 Abs 3 KStG (auch iZm dem allgemeinen Abzugsverbot gemäß § 12 Abs 2 KStG). Dies ist insofern von besonderem Interesse, zumal durch die steuerwirksamen Firmenwert-Fünfzehntelabschreibungen ja der steuerliche Beteiligungsbuchwert sinkt und im Falle einer späteren Veräußerung der ISB ein daraus resultierender steuerlicher Buchgewinn mangels ausgeübter Option zur Steuerwirksamkeit nicht steuerpflichtig wäre, sodass auch in der Literatur darüber diskutiert wurde, ob und wie in solchen Fällen eine ungerechtfertigte steuerliche Mehrfachbegünstigung zu vermeiden ist (auch im Ausgangsrechtsstreit handelte es sich übrigens um eine steuerneutrale ISB an einem slowakischen Gruppenmitglied; vgl dazu bereits unseren <link http: www.icon.at de publikationen news detail external-link-new-window externen link in neuem>NL-Beitrag "BETEILIGUNGSERWERB - Firmenwertabschreibung auch für EU-Gruppenmitglieder?" vom 15.07.2013):  

Der VwGH kommt zum Ergebnis, dass die grds Steuerneutralität von Wertänderungen gemäß § 10 Abs 3 KStG weder die steuergewinnmindernde Berücksichtigung der Firmenwertabschreibung auf ausländische Gruppenmitglieder noch die gebotene spätere gewinnerhöhende Nacherfassung dieser Steuerbegünstigung verhindere: Bei der (grds zwingenden (!), über 15 Jahre zu verteilenden) „Firmenwertabschreibung“ (FWA) gemäß § 9 Abs 7 KStG handle es sich nämlich um eine steuerliche Förderung der Gruppenbildung und hänge diese in keiner Weise mit einer Wertänderung der Beteiligung zusammen. Die FWA sei daher ungeachtet einer allfälligen Beteiligungswertänderung vorzunehmen und könne daher von vornherein auch nicht in den Anwendungsbereich des § 10 Abs 3 KStG fallen, zumal letzterer auf (sonstige) Wertänderungen internationaler Schachtelbeteiligungen abstellt. Aufgrund der in § 9 Abs 7 KStG enthaltenen Detailregelungen, wonach die steuerwirksamen Fünfzehntelbeträge den steurlichen Buchwert vermindern (TS 5) und zudem im Falle eines umgründungsbedingten Beteiligungsuntergangs die bereits abgesetzten Fünfzehntelbeträge wiederum steuerwirksam nachzuerfassen sind (TS 6), sei insbesondere auch zu folgern, dass im Falle einer späteren Beteiligungsveräußerung eine steuerwirksame Nacherfassung der vorgenommenen FWA zu erfolgen habe, sodass also die Steuerbegünstigung der FWA im Veräußerungsfalle wieder zu neutralisieren sei. Diese normative Anordnung der Neutralisierung der FWA bei Veräußerung gelte auch für internationale Schachtelbeteiligungen iS § 10 Abs 2 KStG, für welche in unionsrechtlich gebotener Verdrängung des Tatbestandsmerkmals „unbeschränkt steuerpflichtigen“ (lt Gesetzestext gemäß § 9 Abs 7 Satz 2 KStG) eine steuerwirksame FWA geltend gemacht worden war. Eine derartige Rückgängigmachung der steuerlichen FWA sei nämlich keinGewinnbzw keineWertänderungiS § 10 Abs 3 KStG sondern vielmehr als gesetzlich angeordnete Neutralisierung der vorangegangenen Steuerbegünstigung anzusehen. Demgemäß stehe die FWA gemäß § 9 Abs 7 KStG für Beteiligungen an beschränkt steuerpflichtigen Körperschaften (im Rahmen der unionsrechtlichen Niederlassungsfreiheit) auch völlig unabhängig von der Frage einer allenfalls ausgeübten Option zur Steuerwirksamkeit gemäß § 10 Abs 3 Z 1 KStG zu. 

Bei späterer Veräußerung einer internationalen Schachtelbeteiligung ist in einem ersten Schritt also zunächst die zuvor steuerwirksam erfolgte Firmenwertabschreibung steuergewinnerhöhend nachzuerfassen bzw zu neutralisieren (soweit im Unterschiedsbetrag zwischen Buch- und Veräußerungswert gedeckt!), und zwar unabhängig davon, ob die betreffende Beteiligungskörperschaft bei Veräußerung noch Gruppenmitglied ist oder bereits zuvor aus der körperschaftsteuerlichen Unternehmensgruppe ausgeschieden ist. Erst nach dieser Korrektur kommt in einem nächsten Schritt § 10 Abs 3 KStG zur Anwendung, dh das zuvor bereinigte Veräußerungsergebnis ist entweder steuerneutral oder – bei erfolgter Optionsausübung – steuerwirksam. 

Abschließend ging der VwGH in seinem Erkenntnis auch noch auf die grundsätzliche Frage einer verbotenen Beihilfe nach EU-Recht ein, was bereits seitens der Generalanwältin verneint wurde (vgl dazu im Detail unseren <link http: www.icon.at de publikationen news detail external-link-new-window externen link in neuem>NL-Beitrag "GRUPPENBESTEUERUNG - Aktuelles zur Firmenwertabschreibung" vom 12.05.2015), vom Europäischen Gerichtshof hingegen unbeantwortet blieb: Die Generalanwältin sei in ihren Schlussanträgen – ausführlich und nachvollziehbar begründet – zum Ergebnis gelangt, dass die FWA im Rahmen der österreichischen Gruppenbesteuerung mangels selektiven Charakters NICHT als Beihilfe iS Art 107 Abs 1 AEUV einzuordnen sei. Damit scheinen die besseren Gründe dafür zu sprechen, dass hier keine verbotene Beihilfe vorliege. 

Handlungsbedarf: Was ist also zu tun?

  • Grundsätzliche Prüfung, inwieweit für in der Zeit zwischen 2005 und 28.2.2014 angeschaffte (nicht konzernintern erworbene!) Beteiligungen an betriebsführenden Gesellschaften im EU-Ausland ab deren Einbeziehung in eine KöSt-Gruppe (bis spätestens 2015) überhaupt ein rechnerischer „Firmenwert“ resultiert und offene Fünfzehntelabschreibungen im Rahmen der Gruppenbesteuerung ggfs noch geltend gemacht werden könnten (§ 9 Abs 7 iVm § 26c Z 47 KStG; Änderung der Rechtslage durch AbgÄG 2014 mit eingeschränktem Vertrauensschutz für die Vergangenheit!), wobei diese spezielle Begünstigung grds sowohl für steuerneutrale als auch steuerwirksame internationale Schachtelbeteiligungen zusteht.

  • Für Zeiträume bis 28.2.2014: Berücksichtigung von FWA-Fünfzehntelabschreibungen ggfs auch noch rückwirkend (Erklärungsberichtigungen!), soferne noch keine rechtskräftigen Bescheide vorliegen (Hinweis: häufig bestehen mehrjährige Feststellungs- bzw Veranlagungsrückstände im Rahmen der Gruppenbesteuerung!) bzw andernfalls im Rahmen der verfahrensrechtlichen Möglichkeiten (zB Bescheidaufhebungen binnen Einjahresfrist gem. § 299 BAO; Verfahrenswiederaufnahmen gem. § 303 BAO, etwa infolge  BP (oa Rechtsprechung ist hingegen grds kein WA-Grund!); ev. auch Steuerbilanz(fehler)berichtigung iS § 4 Abs 2 Z 2 EStG für bereits verjährte Jahre).

  • Für Zeiträume ab 1.3.2014 (Übergangsbestimmung gem. § 26c Z 47 KStG anläßlich Abschaffung der FWA für Neuerwerbe): Weiterberücksichtigung offener FWA-Fünfzehntel für bisher begünstigte Alterwerbe bis 28.2.2014 nur dann, wenn sich der Steuervorteil aus der FWA beim Beteiligungserwerb auf die Kaufpreisbemessung auswirken konnte (und die Einbeziehung in eine KöSt-Gruppe bis spätestens 2015 erfolgte). 

Hinsichtlich der Möglichkeiten einer ev. nachträglichen Geltendmachung von FW-Fünfzehntelabschreibungen auf Beteiligungen an in der EU ansässigen Auslandsgruppenmitgliedern nach den obigen Kriterien sei auch nochmals auf die grds zwingende Vornahme einer FWA – ab Gruppenzugehörigkeit der betr. EU-Gesellschaft, beim unmittelbar beteiligten Gruppenmitglied bzw Gruppenträger – hingewiesen bzw demgemäß wohl auch auf eine grds gebotene amtswegige Berücksichtigung.  

Die Übergangsbestimmung in § 26c Z 47 KStG für weiterlaufende FW-Fünfzehntelabschreibungen ab 1.3.2014 sollte nach der Intention des Gesetzgebers wohl insbesondere bis 28.2.2014 erfolgte Beteiligungserwerbe an EU-Gruppenmitgliedern von einer FWA ausschließen, dürfte nach überwiegenden Literaturmeinungen jedoch ebenfalls gegen Unionsrecht verstoßen bzw auch insoweit eine Differenzierung zwischen Inlands- und Auslandsgruppenmitgliedern EU-widrig sein. 

Im Hinblick darauf, dass nach bisheriger Rechtsansicht der Finanzverwaltung die FW-Abschreibung auf Beteiligungen an EU-Gruppenmitgliedern kategorisch abgelehnt wurde bzw wird (vgl insb. Rz 1110c KStR idgF), ist für eine sohin von der Richtlinienmeinung abweichende Geltendmachung jedenfalls eine explizite Offenlegung iS § 119 BAO empfehlenswert. 

Für weitere Fragen steht Ihnen der Verfasser gerne zur Verfügung!