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DEUTSCHLAND | Regierungsentwurf zur „Lizenzschranke“ beschlossen!

Deutschland möchte der im Rahmen von BEPS aufgezeigten Problematik unerwünschter Gewinnverschiebungen mittels Lizenzzahlungen durch eine Abzugsbeschränkung im deutschen Einkommensteuergesetz begegnen. Die Regelung im vorliegenden Gesetzesentwurf ist jedoch komplex und zudem international nicht akkordiert. Außerdem drängt die Zeit, zumal das Gesetzgebungsverfahren noch vor der bevorstehenden Bundestagswahl abgeschlossen werden müßte. Erfahren Sie hier die Hintergründe und den Kerninhalt des geplanten Vorhabens. 

Die deutsche Bundesregierung hat am 25.1.2017 den „Entwurf eines Gesetzes gegen schädliche Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Rechteüberlassungen“ beschlossen.1) Zweck des Gesetzes ist die Verhinderung von Gewinnverschiebungen multinationaler Unternehmen durch Lizenzzahlungen in Staaten mit besonderen Vorschriften für sog. Lizenzboxen, Patentboxen oder IP-Boxen („Präferenzregime“). Soweit die Anwendung von Präferenzregelungen nicht an ein Mindestmaß an tatsächlicher Geschäftstätigkeit geknüpft ist, wird diese von der OECD nämlich als schädlich eingestuft. 

Empfehlungen des BEPS-Projekts 

Problem und Zielsetzung werden in den Gesetzesmaterialien, in Anlehnung an den BEPS-Bericht (BEPS Final Report vom 5.10.2015, Aktionspunkt 5), wie folgt umrissen: 

Immaterielle Wirtschaftsgüter wie Patente, Lizenzen, Konzessionen oder Markenrechte lassen sich besonders einfach auf andere Rechtsträger bzw. über Staatsgrenzen hinweg übertragen. Dies hat in der Vergangenheit dazu geführt, dass immer mehr Staaten durch besondere Präferenzregelungen (sog. „IP-Boxen“, „Lizenzboxen“ oder „Patentboxen“) in einen Steuerwettbewerb mit anderen Staaten getreten sind, der - soweit die Anwendung der Präferenzregelungen nicht an ein Mindestmaß an tatsächlicher Geschäftstätigkeit geknüpft ist - von der OECD als schädlich eingestuft wird. Multinationale Konzerne können diese Präferenzregime zur Gewinnverlagerung nutzen. 

Im Abschlussbericht zu Aktionspunkt 5 („Wirksamere Bekämpfung schädlicher Steuerpraktiken unter Berücksichtigung von Transparenz und Substanz“) des BEPS-Projekts von OECD und G20 haben sich die beteiligten Staaten auf Rahmenbedingungen einer substanziellen Geschäftstätigkeit („Substanzerfordernis“) verständigt (sog. „Nexus-Ansatz“). Es ist allerdings nicht auszuschließen, dass Staaten auch künftig Präferenzregelungen, die nicht dem Nexus-Ansatz entsprechen, für Zwecke des Steuerwettbewerbs einsetzen. Da eine Vielzahl der deutschen Doppelbesteuerungsabkommen einen Nullsteuersatz auf Lizenzzahlungen vorsieht (darunter auch Abkommen mit Staaten, die nicht der OECD angehören und damit allein deshalb nicht an den Nexus-Ansatz gebunden sind), wäre es möglich, dass es multinationalen Unternehmen auch weiterhin gelingen wird, Gewinne durch Lizenzzahlungen auch in solche Staaten zu verlagern, die über eine nicht dem Nexus-Ansatz entsprechende Lizenzboxregelung verfügen. Steuern sollen jedoch dem Staat zustehen, in dem die der Wertschöpfung zugrundeliegende Aktivität stattfindet, und nicht dem Staat, der den höchsten Steuerrabatt bietet. 

Geplante Umsetzung in Deutschland 

Es ist geplant, die ertragsteuerliche Behandlung von „Aufwendungen für Rechteüberlassungenim Einkommensteuergesetz wie folgt zu regeln (Einfügung eines neuen § 4j EStG): 

Die Vorschrift soll für nahestehenden Personen iSd § 1 Abs. 2 AStG den Betriebsausgabenabzug bei einem in Deutschland ansässigen Unternehmen einschränken, wenn die von ihm geleisteten Lizenzzahlungen für die Überlassung der Nutzung oder des Rechts auf Nutzung von Rechten beim (direkten oder indirekten) Gläubiger einer von der Regelbesteuerung abweichenden niedrigen Besteuerung unterliegen, die unter 25% liegt. Präferenzregelungen fallen (nur) dann unter die Vorschrift, wenn keine substanzielle Geschäftstätigkeit entfaltet wird, was dann unterstellt wird, wenn der Gläubiger das Recht nicht oder nicht weit überwiegend im Rahmen seiner eigenen Geschäftstätigkeit entwickelt hat. Eine substanzielle Geschäftstätigkeit setzt tatsächliche F&E-Tätigkeiten beim begünstigten Gläubiger voraus. Erworbene und nicht selbst erstellte immaterielle Wirtschaftsgüter sollen hingegen nicht begünstigt werden. 

Als Schuldner und Gläubiger gelten auch Betriebsstätten, die ertragsteuerlich als Nutzungsberechtigter oder Nutzungsverpflichteter der Rechte für die Überlassung der Nutzung oder des Rechts auf Nutzung von Rechten behandelt werden. 

Als Konsequenz ordnet § 4j Abs. 3 EStG an, dass der Betriebsausgabenabzug ggfs nur anteilig zusteht bzw im Ausmaß der Unterschreitung einer Ertragsteuerbelastung von 25% versagt wird (die Formel für den nicht abziehbaren Teil lautet [25% - Belastung durch Ertragsteuern in %] : 25%). 

Der neue § 4j dEStG soll erstmals für Aufwendungen anzuwenden sein, die nach dem 31.12.2017 entstehen (§ 52 Abs. 8a EStG). 

FAZIT 

Die neue deutscheLizenzschranke“, die künftig im Falle empfängerseitiger Niedrigbesteuerung von unter 25 % als Einschränkung des Betriebsausgabenabzugs für  Lizenzzahlungen schlagend werden soll, ist vom Sinn und Zweck des BEPS-Aktionspunkt 5 geprägt, international jedoch nicht akkordiert. Das Gesetzgebungsverfahren müsste noch vor der Sommerpause abgeschlossen werden, zumal die bis zur deutschen Bundestagswahl nicht abgeschlossenen Verfahren der Diskontinuität unterliegen und daher verfallen. Wir werden Sie über die weitere Entwicklung natürlich auf dem Laufenden halten. 

Vollständigkeitshalber sei abschließend noch darauf hingewiesen, dass sich im österreichischen Körperschaftsteuergesetz schon seit einiger Zeit eine ähnliche Regelung findet (§ 12 Abs 1 Z 10 KStG idF 2. AbgÄG 2014): Aufwendungen für Zinsen und Lizenzgebühren an empfangende Konzerngesellschaften sind dann zur Gänze (!) nicht abzugsfähig, wenn sie beim Empfänger einer Ertragsteuerbelastung von unter 10 % unterliegen. 

Für weitergehende Fragen stehen Ihnen die Verfasser sowie auch die übrigen ICON-Experten selbstverständlich gerne zur Verfügung!

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1)
Referentenentwurf vom 19.12.2016, der noch um folgende Punkte ergänzt wurde: Vermeidung von Kaskadeneffekten
(§ 4j Abs. 1 S. 2); Abstellen auf das deutsche Markengesetz (§ 4j Abs. 1 S. 6); keine Anwendung von § 4j, sofern die Hinzurechnungsbesteuerung des AStG greift (§ 4j Abs. 1 S. 7); Beispielfälle zur Erläuterung einer „niedrigen Besteuerung“ (Begründung zu Abs. 2).