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REGIERUNGSPROGRAMM | „Steuerpaket“ unter dem Christbaum …

Die ÖVP-FPÖ-Koalitionspartner der am 18.12.2017 angelobten neuen Bundesregierung haben am 16.12.2017 ihr druckfrisches Regierungsprogramm 2017 – 2022 präsentiert. Darin findet sich auch ein Kapitel „Finanzen und Steuern“, welches die wesentlichen Vorhaben im Bereich des Abgabenrechts beschreibt. Die geplanten Maßnahmen werden allerdings überwiegend nur sehr grundsätzlich skizziert, vielfach ohne Quantifizierung und Angabe eines zeitlichen Planungshorizonts. Auch über die (Gegen-)Finanzierung darf spekuliert werden. Wir stellen im Folgenden die Kerninhalte des steuerlichen Regierungsprogramms, mit Fokus auf die Unternehmensbesteuerung, dar. 

„Just in time“, nämlich wenige Tage vor Weihnachten bzw kurz vor dem Jahreswechsel, wurden die neuen Koalitionspartner exakt zwei Monate nach der Nationalratswahl vom 15.10.2017 handelseins und haben am 16.12.2017 unter dem Titel „Zusammen. Für unser Österreich.“ ihr rund 180 Seiten umfassendes Regierungsprogramm 2017 – 2022 vorgelegt, worin sich im KapitelStandort und Nachhaltigkeit“ insbesondere auch die geplanten Vorhaben im Bereich Finanzen und Steuern finden. Im Bereich der Unternehmensbesteuerung werden, teils nur sehr grundsätzlich formuliert, folgende Schwerpunkte beschrieben: 

Steuerstrukturreform (insbesondere „EStG 2020“) 

  • Modernisierung der Gewinnermittlung: Weitere Annäherung von „UGB-Bilanz“ und „Steuerbilanz“ zu einer sog. „Einheitsbilanz“; insb. auch Vereinfachung der Besteuerung von Personengesellschaften (Mitunternehmerschaften);

  • Steuererklärungen für Kleinunternehmer: Vereinfachungen insb. für Einnahmen-Ausgaben-Rechner mittels „Online-Eingabemasken“ („Steuer-App“);

  • Förderung der privaten Altersvorsorge: Reformierung der Zukunftssicherung im Rahmen des EStG 2020

  •  „Abzugsfähige Privatausgaben“: Zusammenführung bzw Neuordnung der noch verbliebenen „Sonderausgaben“ und „ausgewöhnlichen Belastungen“;

  • Vereinfachung bei Krankheit und Pflege: Neuregelung der außergewöhnlichen Belastung hinsichtlich Selbstbehalte etc;

  • Vereinfachung der sonstigen Bezüge: Vereinfachung der dzt unterschiedlichsten Begünstigungen bzw künftige Besteuerung mittels Pauschalsteuersatz;

  • Neukodifizierung des Einkommensteuerrechts („EStG 2020“) in zwei Schritten:
    •     1. Schritt: Strukturelle Maßnahmen und Tarifentlastung
      • Einheitsbilanz und Modernisierung der steuerlichen Gewinnermittlung
      • Vereinheitlichung des strl Betriebsvermögensvergleichs (incl. Personengesellschaften/Mitunternehmerschaften)
      • Rechtsformneutralität der Besteuerung (!)
      • Reform der Abschreibungsmethoden
      • Reduktion der steuerlichen Einkunftsarten
      • Reduktion von Ausnahmen und Sonderbestimmungen
      • Abzugsfähige Privatausgaben (Reform von agB und SA, siehe oben)
      • Vereinfachung der Lohnverrechnung
      • Tarifreform: Senkung der Abgabenbelastung insb. für kleine und mittlere Einkommen
      • Vereinfachung der sonstigen Bezüge
      • KEINE Abschaffung der begünstigten Besteuerung des 13./14. Bezuges!
    • 2. Schritt: Abschaffung der kalten Progression

Steuerliche Entlastung für Unternehmen und Entlastung des Faktors Arbeit 

  • Körperschaftsteuer (Signalwirkung im Standort-Wettbewerb, niedrigere Steuersätze in den Nachbarländern): Senkung der KöSt-Belastung, insb. auch mit Fokus auf KMU (Mindeststeuer) und Eigenmittelstärkung (Begünstigung nicht entnommener Gewinne);

  • Einlagenrückzahlung (§ 4 Abs 12 EStG): Entbürokratisierung durch Wiederherstellung der Regelungen VOR der Steuerreform 2015/2016 (!)

  • Abschreibungsmethoden (Überprüfung der dzt Regelungen, s. oben);

  • Umsatzsteuer
    • Stärkung des Tourismus: Senkung des USt-Satzes für Übernachtungen von 13 % wieder auf 10 %!
    • Nachjustierung betr. Bestellungen aus Drittstaaten, Internet-Bestellungen etc
  • Lohnnebenkostensenkung ohne Leistungsreduktion (internationaler Vergleich etc)

  • Erleichterung von Betriebsübergaben im Familienkreis, insb. Erhöhung GrESt-Freibetrag!

  • Sozialpartner und Interessensvertretungen: Eigenvorschläge der gesetzlichen
    Interessensvertretungen für Effizienz- und Einsparungspotenziale sowie finanzielle Entlastung ihrer Mitglieder (Reformprogramme bis 30.6.2018), andernfalls Vorbehalt von gesetzlichen Maßnahmen; 

Vereinfachung und moderne Services

  • Strukturelle Vereinfachung der Lohnverrechnung
    • 1. Schritt: Zusammenfassung aller GPLA-Prüfer der Finanzämter und GKK in einer Prüfbehörde;
    • 2. Schritt: auch Einhebung aller Lohnabgaben durch Finanzverwaltung (anschließende Verteilung an die SV-Träger); parallel dazu Harmonierung der Beitrags- bzw Bemessungsgrundlagen, Reduktion der Beitragsgruppen; einheitliche Dienstgeberabgabe (Zusammenführung DB, DZ, SV-AGA, KommSt); einheitliches Verfahrensrecht (BAO), einheitlicher Instanzenzug (BFG);
    • 3. Schritt: Integration der Arbeitsmarktkontrollen (Finanzpolizei) sowie Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse (BUAK) ebenfalls in die Finanzverwaltung NEU;
  • Inhaltliche Vereinfachung der Lohnverrechnung
    • Reduktion der Komplexität und Dokumentationserfordernisse
    • Harmonisierung der Beitrags- u. Bemessungsgrundlagen (SV, LSt, DB, DZ (österreichweit!), Kommunalsteuer)
    • Vereinfachung u. Reduktion von Ausnahmen und Sonderbestimmungen
    • Orientierung aller lohngestaltender Vorschriften am Abgabenrecht
    • Vereinfachung der Reisekostenregelungen
    • Praktikable und klare Regelungen zur Abgrenzung von Dienst- u. Werkverträgen
  • Automatisierte Übermittlung meldepflichtiger Daten von SV an Statistik Austria

  • Verpflichtende Dienstgeberangaben am Lohnzettel (Transparenz!) 

  • Ausbau der begleitenden Kontrolle zwischen Unternehmen und Betriebsprüfung (basierend auf Vertrauen und Transparenz --> sog. „Horizontal Monitoring“)

  • Zuständigkeit der Großbetriebsprüfung auch für Stiftungen

  • Reform der Auskunftsbescheide („Advance Ruling“ iS § 118 BAO): Ausdehnung auf weitere Themenkomplexe (internationales Steuerrecht, Umsatzsteuerrecht), praxisgerechte Entscheidungsfrist (unter Berücksichtigung einmaliger Rückfragemöglichkeit);

  • Umstellung auf generelles Reverse Charge-System zur Entrichtung der Umsatzsteuer iS Entbürokratisierung und Betrugsbekämpfung: Änderung der EU-MwSt-Systemrichtlinie oder wenigstens Etablierung eines langfristigen RC-Pilotprojekts (zB für zehn Jahre);

  • Effiziente und kundenorientierte Finanzverwaltung
    • Reform des Verfahrensrechts (BAO): kooperative Verfahren
    • Selbstveranlagung für USt, ESt, KöSt durch automatisierte Vorprüfung
    • Neue Services der Finanzverwaltung: zB Apps für Terminavisos, mobile Zahlung, Einziehungsaufträge
    • Modernisierung der Steuer- und Zollverwaltung (Strukturreform), Ausbau der elektronischen Zollabwicklungen
    • Optimierung des Datenaustausches (Standard Audit File – Tax): technische Möglichkeit für Unternehmen (insbesondere KMU), auf freiwilliger Basis RW-Daten für digitale Prüfung zu übermitteln;
    • Außenprüfung auf Antrag (Erhöhung der Rechtssicherheit)
  • Jahressteuergesetze anstelle bisheriger mehrfacher Abgaben(änderungs)gesetze pa;

  • Schnittstellenproblematik FMA und OeNB mit europäischen Regulatoren lösen

  • Proportionalität (Verminderung) bei der Regulierung kleinerer Banken
     

Reform bzw Senkung weiterer Abgaben sowie Bekämpfung des Steuerbetrugs 

  • Evaluierung der Bagatellsteuern (zB Schaumweinsteuer) mit Ziel einer signifikanten Reduktion;

  • Aufkommensneutraler Systemwechsel bei NOVA (Wechsel von Verbrauch anstelle Motorleistung prüfen; Streichung der Befreiung für hochpreisige KFZ mit Hybridantrieb);

  •  „Digitale Betriebsstätte“ auf OECD- bzw europäischer Ebene sowie in DBA einführen, dh Besteuerungsrecht an Gewinnen digitaler Geschäftsmodelle aufgrund signifikanter digitaler Präsenz, somit auch ohne physische Präsenz;

  • Erhöhte Steuer-Transparenz multinationaler Unternehmen auf Basis von EU-Vorgaben;

  • Datenübermittlung für e-commerce /sharing economy: Mitwirkungspflicht an der Abgabenerhebung durch Übermittlung steuerrelevanter Daten an die Finanzverwaltung; Ausdehung der Meldepflicht gemäß § 109a EStG auf Risiko-Berufsgruppen;

  • Haftungsregelungen für Online-Versandhandel betr. Umsatzsteuer auf europäischer Ebene;

  • Datenübermittlung bzw Datenaustausch zur Betrugsbekämpfung: Europaweite SV-Datenbank zur Bekämpfung von Sozialbetrug 

Entlastung der Bürger und Familien

  • Familienbonus Plus“: Absetzbetrag von 1.500 EUR je Kind und Jahr bis zum 18. Lebensjahr (anstelle Kinderfreibetrag und Absetzung von Kinderbetreuungskosten); jedoch keine „Negativsteuer“!

  • Förderung der Schaffung von Eigenheimen (betr. GrESt, Eintragungsgebühren oä?);

  • Reduktion des Arbeitslosenversicherungsbeitrages für niedrige Einkommen;  

Conclusio 

Inwieweit dieses Steuerpaket auch einen zur Weihnachtszeit passenden Geschenkscharakter hat, wird sich erst weisen. Die konkrete legistische und praktische Umsetzung der zahlreichen geplanten Maßnahmen durch die neue Bundesregierung bleibt sowohl in zeitlicher als auch umfangmäßiger Hinsicht abzuwarten. Gerne werden wir Sie darüber auf dem Laufenden halten.

Für weitere Fragen steht Ihnen der Verfasser natürlich gerne zur Verfügung!