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LOHNSTEUER | Pensionsabfindungen auch für Rechtsanwälte begünstigt!

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit seinem Erkenntnis vom 26.4.2017, Ro 2015/13/0020, entschieden, dass die Begünstigungsbestimmung des § 67 Abs. 4 EStG auch auf Abfindungen von Zusatzpensionen aus der Versorgungseinrichtung der Rechtsanwaltskammer angewendet werden darf.

Rechtliche Grundlagen

§ 67 Abs. 4 EStG sieht vor, dass „Abfertigungen“ der Witwer- oder Witwenpensionen, die auf Basis gesetzlicher Vorschriften aufgrund einer Wiederverehelichung geleistet werden, begünstigt besteuert werden. Die Lohnsteuer wird diesfalls so berechnet, dass die auf die letzte laufende Witwenpension entfallende tarifmäßige Lohnsteuer mit der gleichen Zahl vervielfacht wird, die dem bei der Berechnung des Abfertigungsbetrages angewendeten Mehrfachen entspricht. Ergibt allerdings die Anwendung des festen Satzes von 6 % eine niedrigere Lohnsteuer, so ist der begünstigende feste Steuersatz von 6 % anzuwenden.

Diese ursprünglich für Witwenpensionen geschaffene Begünstigung ist jedoch unter anderem auch sinngemäß anzuwenden auf die „Ablösung von Pensionen des unmittelbar Anspruchsberechtigten auf Grund von Satzungen der Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen der Kammern der selbständig Erwerbstätigen.

Ausgangslage und Sachverhalt im Rechtsmittelverfahren 

Ein Rechtsanwalt beantragte nach Erreichen des gesetzlichen Pensionsantrittsalters eine Abfindung von 50 % seiner Zusatzpension von der Versorgungseinrichtung der Rechtsanwaltskammer Wien.

Das Finanzamt verweigerte die Anwendung des begünstigten Steuersatzes nach § 67 Abs. 4 EStG, worauf eine Beschwerde eingebracht wurde.

Das Bundesfinanzgericht gab der Beschwerde mit der Begründung eines hinreichend konkreten satzungsmäßigen Abfindungsanspruches statt.

Gegen die BFG-Entscheidung wurde seitens der Finanzverwaltung Amtsrevision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben und im Wesentlichen eingewendet, dass es sich bei der fraglichen Pensionsabfindung um eine Ermessensentscheidung handle und kein konkreter Pensionsanspruch vorliege. Im Übrigen sei die gegenständliche Steuerbegünstigung nach dem Gesetzeswortlaut grundsätzlich für Witwer- bzw Witwenpensionen konzipiert.

Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 26.4.2017, Ro 2015/13/0020) 

Das Höchstgericht wies die Revision als unbegründet zurück:

Der Verwaltungsgerichtshof stellte klar, dass die Bestimmung des § 67 Abs. 4 EStG nicht nur Hinterbliebenenansprüche begünstigt.

Die Rechtsprechung verlangt jedoch, dass der begünstigte Steuersatz erst dann angewendet werden darf, wenn der Versicherungsfall bereits eingetreten ist, dh bereits ein entsprechender Pensionsanspruch besteht. Die Abfindung von bloßen Anwartschaften ist daher nicht begünstigungsfähig.1)

Als weitere Voraussetzung ist zu beachten, dass die Satzung der Versorgungseinrichtung bei entsprechender Antragstellung einen konkreten Anspruch auf Abfindung vorsehen muss.2)

Tipps für die Praxis

Auch nach Beendigung der aktiven Erwerbstätigkeit ist der Tarifsteuersatz regelmäßig höher als der begünstigte Festsatz von  6 %. Sofern daher die die obigen Voraussetzungen im Einzelfall erfüllt sind (insbesondere Pensionsanspruch infolge Erreichung des gesetzlichen Pensionsalters sowie konkreter Abfindungsanspruch gemäß der zugrunde liegenden Satzung der Versorgungs- und Unterstützungseinrichtung der Kammer des jeweiligen selbständig Erwerbstätigen) und daher die Möglichkeit besteht, Pensionsabfindungsansprüche mit 6 % zu versteuern, sollte dieses Recht auf Zuerkennung einer begünstigten Pensionsabfindung tunlichst auch in Anspruch genommen werden.

Für weitergehende Fragen zu diesem Themenkomplex steht Ihnen die Verfasser gerne zur Verfügung!


1) VwGH 22.05.2013, 2010/13/0099
2) Für eine Zusatzleistung aus dem Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer wurde die begünstigte Besteuerung
    hingegen nicht anerkannt, weil in der zugrunde liegenden Satzung kein Anspruch auf eine
    Pensionsabfindung festgelegt war (VwGH 26.06.2002, 2002/13/0003)!