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JAHRESSTEUERGESETZ 2018 | Das erweiterte Auskunftsbescheidverfahren

Bestimmte Rechtsfragen in Zusammenhang mit geplanten Gestaltungen können durch Beantragung eines die österreichische Finanzverwaltung bindenden Bescheides vorweg abgeklärt werden, wobei die damit einhergehende Rechtssicherheit jedoch kostenpflichtig ist. Ein solches Auskunftsbescheidverfahren gemäß § 118 BAO (sog. „Advanced Ruling“) war bereits bisher in Zusammenhang mit Umgründungen, Unternehmensgruppen und Verrechnungspreisen möglich. Mit dem JStG 2018 soll es nunmehr zu einer Ausdehnung der anfragbaren Gegenstände auf Rechtsfragen iZm dem internationalen Steuerrecht, dem Umsatzsteuerrecht und dem Vorliegen von Missbrauch iS § 22 BAO kommen. Zudem ist künftig eine Entscheidungsfrist von zwei Monaten vorgesehen. 

Am 13.6.2018 war die Regierungsvorlage zumJahressteuergesetz 2018“ (RV zum JStG 2018) im Ministerrat beschlossen worden (worin ergänzend zu den bereits im vorangegangenen Begutachtungsentwurf enthaltenen Gesetzesnovellierungen nunmehr auch die neue Familienförderung „Familienbonus Plus“ sowie weiters auch eine Änderung des WiEReG enthalten sind). Am 4.7.2018 hat das Plenum des Nationalrats die RV zum JStG 2018 unter Annahme eines Abänderungsantrages1) beschlossen. Am 11.7.2018 hat der Bundesrat seine Zustimmung erteilt. Die endgültige Gesetzwerdung des JStG 2018 (Kundmachung im Bundesgesetzblatt) bleibt abzuwarten. Im Rahmen unserer Newsletters haben wir bereits mehrere Beiträge zu den wesentlichen Änderungen durch das Jahressteuergesetz 2018 veröffentlicht (vgl zuletzt unseren NL-Beitrag „JAHRESSTEUERGESETZ 2018 | Änderungen in der Regierungsvorlage“ vom 18.6.2018). 

Nachfolgend informieren wir Sie über die Neuregelungen zum Auskunftsbescheidverfahren gemäß § 118 BAO, wobei wir die bevorstehenden Gesetzesänderungen zum Anlass nehmen möchten, Ihnen einen allgemeinen Überblick über dieses nationale Rulingverfahren zu geben:   

Die Grundsätze des Auskunftsbescheidverfahrens gemäß § 118 BAO

Gemäß § 118 BAO hat das zuständige Finanzamt auf schriftlichen2) Antrag3) mittels „Auskunftsbescheid“ über die abgabenrechtliche Beurteilung im Zeitpunkt des Antrages noch nicht verwirklichter Sachverhalte abzusprechen, wenn daran in Hinblick auf die erheblichen abgabenrechtlichen Auswirkungen ein besonderes Interesse besteht.

Gegenstand von Auskunftsbescheiden sind bereits seit Einführung des Auskunftsbescheidverfahrens in Österreich (unilaterales „Advance Ruling“) per 1.1.20114) Rechtsfragen iZm Umgründungen, Unternehmensgruppen und Verrechnungspreisen. Mit dem JStG 2018 soll es mit Wirkung ab 1.1.2019 nunmehr zu einer Ausdehnung auf Rechtsfragen iZm mit dem internationalen Steuerrecht5), dem Umsatzsteuerrecht und dem Vorliegen von Missbrauch6) kommen.

Der Antrag hat den noch nicht verwirklichten Sachverhalt darzustellen, das besondere Interesse des Antragstellers7) darzulegen, die konkrete Rechtsfrage zu formulieren, die eingehend begründete Rechtsansicht zu den formulierten Rechtsfragen darzulegen und Angaben für die Höhe des Verwaltungskostenbeitrages8) zu enthalten. Der Bescheid9) hat im Spruch u.a. die Bezeichnung der Zeiträume, für die der Bescheid wirken soll und die Konkretisierung der Berichtspflicht10) zu enthalten.

Der Auskunftsbescheid entfaltet unilateral für die österreichische Finanzverwaltung Bindungswirkung,11) wenn der verwirklichte Sachverhalt von jenem, der dem Auskunftsbescheid zugrunde gelegt worden ist, nicht oder nur unwesentlich abweicht. Für ausländische Finanzverwaltungen sind Auskunftsbescheide gemäß § 118 BAO hingegen nicht bindend.12)

Gemäß § 118 Abs. 5a BAO idF JStG 2018 ist ab 1.7.2019 der Auskunftsbescheid „tunlichst“ innerhalb von zwei Monaten nach der Antragstellung zu erlassen.13)

Eine der Grundvoraussetzungen für das Rulingverfahren nach § 118 BAO ist, dass nur über noch nicht verwirklichte Sachverhalte14) abgesprochen werden kann. Es bleibt abzuwarten, wie dies künftig insbesondere bei Umsatzsteuerfragen auszulegen ist, zumal diese häufig Geschäftsvorfälle (Liefer- und Leistungsbeziehungen) betreffen, welche in gleicher Weise bereits in der Vergangenheit vorgekommen sind.

Die mittels Auskunftsbescheid zu erzielende Rechts- und Planungssicherheit ist jedoch kostenpflichtig, wobei in Abhängigkeit von den Umsatzerlösen bzw von einer Konzernzugehörigkeit ein „Verwaltungskostenbeitrag“ zwischen EUR 1.500 und EUR 20.000 zu entrichten ist.15) Der Verwaltungskostenbeitrag beträgt grundsätzlich EUR 1.500 und steigt bei Antragstellern, die Umsatzerlöse ab einer gewissen Höhe erzielen, proportional bis zur Höchstgrenze an (siehe im Detail § 118 Abs 10 BAO).

BMF-Richtlinien zu Advance Ruling vom 2.3.2011

Bereits am 2.3.2011 hat das österreichische Finanzministerium Richtlinien zu Advance Ruling (Auskunftsbescheid gemäß § 118 BAO) erlassen, die HIER abrufbar sind.

BMF-Info vom 23.12.2014  

Im Sinne der Gleichmäßigkeit der Vollziehung sollen Rulinganträge mit internationalen Bezügen einem einheitlichen Prüfschema unterzogen werden. Danach sind folgende Voraussetzungen für einen positiven Auskunftsbescheid zu erfüllen:

  • Wirtschaftliche Substanz der in Österreich begründeten Tätigkeit16),
  • Verhältnis zum Ausland17) und
  • Indizien für unerwünschte Gestaltungen.18)


Bei der Beurteilung, ob eine unerwünschte Gestaltung anzunehmen ist, ist das Gesamtbild der Verhältnisse heranzuziehen. Dabei ist nicht automatisch von einer unerwünschten Gestaltung auszugehen, wenn durch unterschiedliche Steuerniveaus im In- und Ausland steuerliche Vorteile generiert werden können.

Siehe nähere Details unter diesem LINK.

Hinsichtlich der Rulingverfahren im internationalen Umfeld verweisen wir auch nochmals auf unseren NL-Beitrag „EU-ABGÄG 2016 | Neuer Informationsaustausch über Vorbescheide und APA“ vom 2.6.2016.
 

Für weitergehende Fragen zu diesem Themenbereich steht Ihnen der Verfasser mit dem gesamten ICON-Team für internationales Steuerrecht gerne zur Verfügung!


1) Der Abänderungsantrag zur RV des JStG 2018 betraf im Wesentlichen eine Klarstellung im Bereich der sog. „Begleitenden Kontrolle“ gemäß §§ 153a ff BAO (Horizontal Monitoring), wobei die Voraussetzung eines funktionierenden Steuerkontrollsystems nunmehr einheitlich durch ein bloßes „Gutachten“ eines Wirtschaftsprüfers oder Steuerberaters nachzuweisen ist (dh keine “Bestätigung“ durch den Steuerberater, welche mit Zusicherungsleistungen verbunden und sohin aufwändiger zu erteilen wäre)!

2) Die Einbringung mittels E-Mail ist nach derzeitiger Rechtslage jedoch nicht gestattet.

3) Der Antrag ist zu unterschreiben, widrigenfalls liegt ein sanierbarer Mangel vor.

4) § 323 Abs. 25 BAO idF AbgÄG 2010

5) dh einschließlich der bisher gesondert erwähnten Verrechnungspreisfragen

6) Wobei darauf hinzuweisen ist, dass durch das JStG 2018 auch die Missbrauchsregelungen in § 22 BAO einer grundlegenden Änderung unterzogen werden!

7) Ein solches Interesse ist bei Rechtsfragen iZm Umgründungen, Unternehmensgruppen und Verrechnungspreisen grundsätzlich anzunehmen. Ein besonderes Interesse kann auch vorliegen, wenn die Rechtsfrage in Erlässen oder EAS des BMF oder in (nicht bindenden) Auskünften des Finanzamtes behandelt ist.

8) Insbesondere Höhe der Umsatzerlöse und Konzernmitgliedschaft.

9) Antragsteller können den an sie gerichteten Auskunftsbescheid mittels Beschwerde anfechten (insb. bzgl. der rechtlichen Beurteilung und des Umfangs der Berichtspflichten).

10) Die Berichtspflicht ist durch Zwangsstrafe erzwingbar.

11) Es besteht keine Bindungswirkung zum Nachteil der Partei. Die Bescheidwirkungen fallen nicht durch Änderungen der Rechtsprechung (zB des VwGH) oder von Erlässen (des BMF) weg.

12) Für eine bilaterale Bindungswirkung müsste ein bilaterales APA (Advance Pricing Agreement) oder ein Verständigungsverfahren geführt werden. Unbenommen bleiben auch unilaterale Auskünfte nach Treu und Glauben (zB EAS) bzw. Lohnsteuerauskünfte nach § 90 EStG.

13) In den Erläuterungen heißt es dazu relativierend, dass diese Frist zB aufgrund besonderer Komplexität der Anfrage auch überschritten werden kann.

14) Ein Antrag ist aber nicht deshalb zurückzuweisen, weil der im Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht verwirklichte Sachverhalt in der Zwischenzeit verwirklicht wurde.

15) Der Verwaltungskostenbeitrag bezieht sich grds auf einen Antrag zu einem bestimmten Sachverhalt. Dabei sind auch mehrere Rechtsfragen zu einem Sachverhalt in einem Antrag zulässig. Auch wenn mehrere Antragsteller denselben Antrag stellen und unterfertigen, fällt der Verwaltungskostenbeitrag grds nur einmal an, wobei jedoch diesfalls die Summe ihrer Umsatzerlöse maßgeblich ist.

16) Dies erfordert, dass die österreichische Einheit über ausreichend Mittel wie Betriebsgebäude, Betriebs-, Personal- und Kapitalausstattung verfügt und die vorgeschlagene Verrechnungspreisgestaltung im Einklang mit den ÖVPR 2010 sowie den OECD-VPG 2017 steht.

17) Österreich muss die Möglichkeit haben, andere betroffene Staaten von einem Ruling zu informieren. Während im Verhältnis zu EU-Mitgliedstaaten eine Informationsverpflichtung besteht, sollte im Verhältnis zu Drittstaaten bereits im Rulingantrag dargelegt werden, dass die gewählte Konstruktion sämtlichen zuständigen ausländischen Behörden offen gelegt wurde.

18) Folgende Indizien sind dabei bedeutsam: ungewöhnlich hohe Gewinnspannen, Vergütungen oder Provisionen; Zwischenschaltung von Gesellschaften/Einheiten oder Treuhandkonstruktionen ohne ersichtlichen wirtschaftlichen Zweck; Involvierung einer oder mehrerer funktionsarmer oder funktionsloser Gesellschaften im In- oder Ausland, insb. in Niedrigsteuerländern oder Steueroasen; Involvierung von Gesellschaften mit unklarer Eigentümerstruktur; Involvierung von Gesellschaften mit Sitz bei oder mit Geschäftsführung durch spezialisierte Dienstleister; Involvierung von „Strohmännern“; Indizien iZm Bestechung bzw. Geldwäsche.