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BETRIEBSSTÄTTEN | Berücksichtigung eines Probebetriebes für Baustellenfrist?

Kaisinger Thomas  |  Mitterlehner Matthias

Im Rahmen des „Express Antwort Service“ (EAS) teilt das österreichische Finanzministerium seine Rechtsansichten zu Anfragen des internationalen Steuerrechts mit. In dem erst kürzlich erschienenen EAS vom 17. August 2018 behandelte das BMF die Frage, ob die Dauer eines Probebetriebes einer in Österreich errichteten Anlage bei Ermittlung der Betriebsstättenfrist gemäß Art. 5 Abs 3 DBA Deutschland zu berücksichtigen ist. 

Die Berechnung der Betriebsstättenfrist richtet sich weitestgehend nach den allgemeinen Regeln des aktuellen OECD-Musterkommentars zu Art 5 OECD-MA. Der OECD-MK 2017 führt aus, dass die aufgewendete Dauer für eine etwaige Testphase einer errichteten Anlage grundsätzlich in die Berechnung der Betriebsstättenfrist aufzunehmen ist1). Überschreitet die so ermittelte gesamte Frist die Grenze von zwölf Monaten, führt dies somit zur Begründung einer ertragsteuerlichen Betriebsstätte iSd Art 5 Abs 3 OECD-MA.

Das vorliegende EAS 3407 vom 17.08.2018 behandelt den Fall einer in Deutschland ansässigen Gesellschaft (D-GmbH), die Bau- und Montageleistungen in Österreich durchführt. Nach Auffassung des BMF ist eine Testphase nur in jenen Fällen in die Betriebsstättenfrist von zwölf Monaten einzurechnen, wenn 

  1. die unfertige Anlage in den auftragsgemäßen Zustand der Errichtung versetzt wird,
  2. eine für die volle Funktionsfähigkeit notwendige Mängelbehebung vorgenommen wird oder
  3. die Testphase für die Betriebsbereitschaft der Anlage unabdingbar ist. 

Das BMF stützt diese Ansicht auf die Aussage des OECD-MK, wonach das maßgebliche Enddatum für die Ermittlung der Betriebsstättenfrist jenes ist, an welchem die Arbeit abgeschlossen oder endgültig eingestellt ist.2) Wird somit ein Testlauf erst NACH den bereits abgeschlossenen bzw endgültig eingestellten Arbeiten vorgenommen, ist diese Dauer nicht (mehr) in die maßgebliche Betriebsstättenfrist einzubeziehen. Dies gilt auch für den Fall etwaiger Reparaturarbeiten im Rahmen der Gewährleistungspflicht sowie für Beratungs- und Assistenzleistungen, welche nach Abschluss/Einstellung der Arbeiten vorgenommen werden. 

Im Fall der D-GmbH wurde die Anlage in betriebsfähigem Zustand übergeben. Die finale Abnahme erfolgte jedoch erst nach erfolgreichem Abschluss des Probebetriebes. Nach Ansicht des BMF könnte der Zeitpunkt der finalen Abnahme zwar als Indiz für den Abschluss der Bau- und Montagearbeiten gewertet werden, allerdings nur unter der Voraussetzung, dass dieser Zeitpunkt mit dem tatsächlichen Abschluss der Arbeiten zusammenfällt. Da der betriebsfähige Zustand der Anlage bei der Übergabe jedoch bereits vorlag, ist die Dauer des anschließenden Probebetriebes nach Rechtsansicht des BMF nicht bei der Ermittlung der Betriebsstättenfrist zu berücksichtigen. Der bloße Rechts- bzw Formalakt der finalen Abnahme ist folglich für sich alleine nicht entscheidend für die Berechnung der Betriebsstättenfrist nach Art. 5 Abs 3 DBA Deutschland.

Und was können wir für Sie tun?

Hinsichtlich weiterer Informationen zu einer anderen aktuellen Entscheidung des BMF zum Thema Betriebsstätten-Problematik bei Subvergabe von Bau- und Montageprojekten möchten wir an dieser Stelle nochmals auf unseren Newsletter vom 06.07.2018 hinweisen. 

Weiters möchten wir Sie auch gerne auf den 7. ICON Steuertag am 02.10.2018 aufmerksam machen: Wir zeigen Ihnen anhand eines praktischen Steuerfalles, welche Folgen das Jahressteuergesetz 2018 für Ihr Unternehmen hat und wie Sie auf die Änderungen der österreichischen DBA durch das Multilaterale Instrument (MLI) reagieren müssen. 

Für weitere Fragen zu diesem Themenbereich stehen Ihnen die Verfasser mit dem gesamten ICON-Team für internationales Steuerrecht gerne zur Verfügung!


1) Rz 55, 2. Satz OECD-MK zu Art 5 OECD-MA
2) RZ 55, 1. Satz OECD-MK zu Art 5 OECD-MA