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KÖRPERSCHAFTSTEUER | Kommt die einheitliche EU-Bemessungsgrundlage?

Über eine Harmonisierung der Körperschaftsteuer in der Europäischen Union wird schon seit Jahren diskutiert. Zuletzt wurden 2016 überarbeitete Richtlinienentwürfe seitens der EU-Kommission vorgelegt. Durch ein im heurigen Sommer veröffentlichtes Positionspapier von Deutschland und Frankreich hat diese Thematik wieder an Aktualität gewonnen. Mit dem nachfolgenden Beitrag möchten wir die wesentlichen Fragen in Zusammenhang mit diesem Thema aufzeigen und Sie auf den aktuellen Stand der Diskussion bringen. 

Während bei der Umsatzsteuer schon eine weitgehende „Harmonisierung“ innerhalb der EU erfolgt ist, kann davon im Bereich der Körperschaftsteuer keine Rede sein. Mit dem Projekt einer „Gemeinsamen konsolidierten Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage“ (GKKB) bzw „Common Consolidated Corporate Tax Base“ (CCCTB) soll jedoch auch im Bereich der Ertragsteuern ein einheitliches Regelwerk für die Berechnung der steuerpflichtigen Gewinne der in der EU tätigen Unternehmen geschaffen werden.   

Die ersten Vorschläge für eine diesbezügliche Harmonisierung hat die EU bereits im Jahr 2011 veröffentlicht. Aufgrund der Bedenken einzelner Mitgliedstaaten wurden diese Vorschläge jedoch nicht ernsthaft weiterverfolgt. Im Jahr 2016 hat die EU-Kommission einen neuerlichen Anlauf genommen und zwei überarbeitete Richtlinien-Vorschläge veröffentlicht: Zum einen für eine „Richtlinie über eine gemeinsame Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage – GKB“ (CCTB) und zum anderen - darüber hinausgehend - sogar für eine „Richtlinie über eine gemeinsame KONSOLIDIERTE Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage – GKKB“ (CCCTB). 

Neuen Schwung hat das Projekt durch ein im Sommer 2018 veröffentlichtes gemeinsames Positionspapier Deutschlands und Frankreichs zum GKB-Vorschlag erhalten. Auch das österreichische BMF ist grundsätzlich ein Anhänger der CCTB und hat sich zum Ziel gesetzt, das Projekt während des derzeitigen Vorsitzes im Rat der Europäischen Union weiter voranzutreiben.

CCTB - Was ist das? 

Das CCTB-Regime ist ein harmonisiertes System zur Ertragbesteuerung von multinationalen Unternehmen in der EU (betreffend Körperschaftsteuer). Anstelle der derzeitigen, teils höchst unterschiedlichen nationalen Besteuerungsregime bietet es für die Besteuerung von Unternehmen ein zentrales Regelwerk für die Ermittlung der Steuerbemessungsgrundlage. In diesem Sinne wäre in einem Konzern wie folgt vorzugehen: 

  1. in einem ersten Schritt ist der Konzern als Einheit zu betrachten, für den ein Gesamtgewinn ermittelt wird. Dieser Gesamtgewinn enthält sämtliche Aktivitäten all seiner Tochtergesellschaften.

  2. Im zweiten Schritt wird mit Hilfe einer Formel der Gesamtgewinn des Konzerns auf Basis von bestimmten Faktoren (Vermögenswerte, Arbeit, Umsatz) den einzelnen Ländern zugeordnet.

  3. Erst im letzten Schritt erfolgt die Besteuerung des dem jeweiligen Land zugewiesenen Gewinnes mit dem lokalen (nicht harmonisierten) Körperschaftsteuersatz

Nach dem CCTB-Regime müssten Unternehmen zur Berechnung ihres Gewinnes für Besteuerungszwecke nur die vereinheitlichten Regeln eines gesamthaften EU-Systems befolgen anstelle vieler unterschiedlicher nationaler Systeme. Unternehmen könnten eine einzige Steuererklärung für alle Unternehmensteile in der EU erstellen und einreichen. Darüber hinaus enthält der Vorschlag auch die Möglichkeit, Verluste aus einzelnen Mitgliedstaaten mit Gewinnen in anderen Mitgliedstaat zu verrechnen. 

Ähnliche Steuerregime existieren bereits in mehreren Bundesstaaten der USA sowie auch in Kanada.

Welche Vorteile bietet ein CCTB-Regime? 

Die Schaffung eines einheitlichen Besteuerungsregimes wird als ein wichtiges Element zur Förderung von Investitionen innerhalb der EU angesehen. Durch das CCTB-Regime soll der Verwaltungsaufwand für die Unternehmen sinken, zumal diese nur noch ein zentrales Besteuerungsregime beachten müssen (anstatt derzeit 28 verschiedene einzelstaatliche Regelungen). Dies soll auch steuerliche Hindernisse für grenzüberschreitend tätige Unternehmen in der EU, wie beispielsweise Probleme der Doppelbesteuerung, beseitigen. 

Mit dem CCTB-Regime können Unternehmen Gewinne in einem Mitgliedstaat grenzüberschreitend mit Verlusten in einem anderen Mitgliedstaat verrechnen, was insbesondere auch für kleinere Unternehmen und Start-Ups wichtig wäre. Durch das einheitliche Steuersystem soll es auch zu einer deutlich höheren Rechtssicherheit für die Unternehmen kommen. 

Die EU erhofft sich durch das einheitliche Besteuerungsregime weiters auch erhebliche positive Auswirkungen auf die Bekämpfung der Steuervermeidung (bzw von Gewinnverschiebungen iS von BEPS), da durch die CCTB eben derzeit bestehende Diskrepanzen zwischen den nationalen Steuersystemen (für Unternehmen) beseitigt werden und auf diese Weise Steuerschlupflöcher geschlossen würden.

Kernpunkte des derzeitigen Richtlinienentwurfs 

Im Unterschied zum ersten Vorschlag aus 2011 hat die EU-Kommission im Vorschlag aus 2016 die Implementierung auf zwei Phasen aufgeteilt:

Phase 1 – einheitliche Gewinnermittlung (CCTB)

In dieser ersten Phase ist zunächst eine harmonisierte Gewinnermittlung für Unternehmen vorgesehen. Diese soll für Unternehmen mit einem konsolidierten Gesamtumsatz von mindestens 750 Mio EUR verpflichtend anwendbar sein. Unternehmen unter dieser Umsatzgrenze wären nicht von der Verpflichtung zur CCTB betroffen, sondern ihnen würde ein Wahlrecht zustehen („opt-in“), welches dann aber für mindestens fünf Jahre bindend ist. 

Darüber hinaus enthält der Vorschlag einen erhöhten Abzug für Kosten der Forschung und Entwicklung, eine Art Zinsenabzug für Eigenkapital („Freibetrag für Wachstum und Investitionen“), einen aktualisierten Betriebsstättenbegriff sowie auch eine Zinsschranke

Phase 2 – gemeinsame Konsolidierungsbasis (CCCTB)

Sobald die erste Phase der einheitlichen Gewinnermittlung verwirklicht ist, soll in einem zweiten Schritt im Wege einer Konsolidierung der Bemessungsgrundlagen eine Vereinheitlichung erfolgen. Der Vorschlag sieht vor, dass Gesellschaften, an denen die Muttergesellschaft mehr als 50 % der Stimmrechte und mehr als 75% des Eigenkapitals hält oder mehr als 75 % am Gewinn der Gesellschaft beteiligt ist, verpflichtend Mitglieder einer sohin zu konsolidierende Gruppe sind (sofern der konsolidierte Gesamtumsatz dieser Gruppe wiederum über 750 Mio EUR beträgt).

Wann kommt es zur Umsetzung? 

Derzeit sind noch zahlreiche Detailfragen ungeklärt, und auch wenn das österreichische BMF versucht, im Rahmen des derzeitigen Ratsvorsitzes das Thema weiter voranzutreiben, so ist doch zu bedenken, dass sich letztlich alle EU Staaten einig werden müssen. Mit Frankreich und Deutschland hat das Projekt freilich zwei sehr gewichtige Unterstützer. Und wie man bereits bei einigen Umsetzungen im Rahmen des BEPS-Projekts gesehen hat, kann es mitunter auch ziemlich rasch gehen. 

Gerade das aktuelle Positionspapier von Deutschland und Frankreich hat aber auch deutlich gemacht, dass auch vermeintlich ganz grundlegende Aspekte noch immer nicht endgültig ausdiskutiert sind. So lehnen etwa beide Staaten die im Kommissionsvorschlag enthaltenen Sonderabzüge für Forschungs- und Entwicklungskosten sowie den Eigenkapital-Zinsenabzug ab.

CONCLUSIO

Die Einführung einer gemeinsamen (konsolidierten) Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (CC(C)TB) könnte für Unternehmen in der EU wesentliche Erleichterungen im Bereich der Unternehmensbesteuerung bringen. Derzeit sind jedoch zahlreiche offene Fragen noch nicht abschließend geklärt, über die sich letztlich alle EU-Mitgliedstaaten einig werden müssen.

Zu beachten ist weiters, dass es bei einem einheitlichen Besteuerungsregime für die gesamte EU zu einer gewissen Behäbigkeit des Steuersystems kommen könnte. Denn immerhin müssten auch bei jeder weiteren Änderung wiederum sämtliche EU-Mitgliedstaaten zustimmen (vgl dzt Einstimmigkeitsprinzip). Rasche ertragsteuerliche Anpassungen wären dann wohl nicht mehr so einfach möglich. 

Für weitere Fragen zu dieser Thematik stehen Ihnen die Verfasser natürlich gerne zur Verfügung!