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BILANZIERUNG | Firmenwerte im Unternehmensrecht (UGB)

Wann entsteht ein „Firmenwert“ und wie ist er zu bilanzieren (Ausweis und Bewertung)? Der nachfolgende Beitrag soll Ihnen einen Überblick über die bilanzielle Behandlung von Geschäfts- bzw Firmenwerten nach UGB geben. Insbesondere behandeln wir die Entstehungsursachen von Firmenwerten, den erstmaligen Ansatz sowie die Folgebewertung eines Firmenwerts im unternehmensrechtlichen Einzel- sowie auch im Konzernabschluss. Die Herausforderung in der Praxis besteht vor allem in der Identifizierung von (insbesondere auch immateriellen) Vermögensgegenständen und ihrer Abgrenzung gegenüber einem Geschäfts(Firmen)wert als verbleibende Residualgröße.

Firmenwert im Einzelabschluss 

Entstehung eines bilanziellen Firmenwerts

Seit dem RÄG 2010 gibt es eine Aktivierungspflicht für sog. „derivative“, ds entgeltlich erworbene Firmenwerte, während „originäre“, also selbst geschaffene Firmenwerte nicht aktiviert werden dürfen. Der Ansatz eines Firmenwerts im Einzelabschluss ist daher grds nur aufgrund eines Erwerbsvorganges („Asset Deal“) oder anläßlich einer entsprechenden Umgründung möglich.

Gemäß § 203 Abs 5 UGB ist ein „Geschäfts(Firmen)wert“ der positive Unterschiedsbetrag aus der Gegenleistung für die Übernahme eines Betriebes (zB Gesamtkaufpreis, Tauschobjekt) für die Werte der einzelnen Vermögensgegenstände und Schulden im Zeitpunkt der Übernahme (vgl auch die Definition des „beizulegenden Wertes“ gemäß § 189a Z 3 UGB bzw analog auch den steuerlichen „Teilwert“ gemäß § 6 Z 1 EStG). Das UGB nennt damit explizit den Betriebserwerb (Asset Deal) als Anlassfall für den Ansatz eines Firmenwertes. Der Käufer erwirbt dabei im Wege der Einzelrechtsnachfolge nicht das Eigentum an den Gesellschaftsanteilen (Share Deal) sondern direkt an den einzelnen Vermögensgegenständen und Schulden eines Betriebes bzw Teilbetriebes (Asset Deal). 

Unterschiedsbeträge im Zuge einer Umgründung (Umgründungsmehrwert bzw darüber hinausgehender Firmenwert anläßlich Verschmelzung, Einbringung etc) resultieren ebenfalls insoweit, als die Gegenleistung den Wert des übernommenen Vermögens abzüglich der Schulden übersteigt (Sacheinlagenbewertung gemäß § 202 UGB). 

Erstmaliger Ansatz

Der Wert der Gegenleistung eines Asset Deals bemisst sich aus dem beizulegenden Wert für die Schulden und die Vermögensgegenstände im Zeitpunkt der Transaktion. Für die vereinbarte Gegenleistung werden vergleichbare Marktpreise, immaterielle nicht aktivierungsfähige Wirtschaftsgüter sowie subjektive Faktoren herangezogen. Es werden damit nicht nur der Kundenstamm oder das Know-How des Betriebs bzw. Teilbetriebs berücksichtigt, sondern auch die strategischen Überlegungen des Erwerbers miteinbezogen. Gründe für einen sog. „Lucky Buy“ (=Kaufpreis unterhalb des Marktpreises) liegen etwa in Überlegungen zur Betriebsaufgabe, Sanierungsmaßnahmen oder Standortnachteilen.

Im Zuge des erstmaligen Ansatzes im Zeitpunkt der Übertragung von betrieblichen Sachgesamtheiten (Asset Deals) sind zunächst alle stillen Reserven und ggfs auch stillen Lasten aufzudecken und den einzelnen Vermögensgegenständen und Schulden zuzuordnen (zB stille Reserven in Liegenschaften, Beteiligungen, unfertigen Aufträgen). Vom Veräußerer selbstgeschaffene (und somit nicht bilanzierte) immaterielle Vermögensgegenstände wie Markenrechte, Wettbewerbsverbote, Bestand an Abonnements etc. sind beim Erwerber ebenfalls zu aktivieren. Erst der darüber hinausgehende bzw danach verbleibende positive Betrag ist als „Geschäfts(Firmen)wert“ als gesonderter Aktivposten in der Bilanz anzusetzen (Residualgröße nach erfolgter Kaufpreisaufteilung). Dabei ist jedenfalls zu beachten, dass die Summe aus bilanzierten Vermögensgegenständen und Schulden sowie Firmenwert nicht den Betrag der Gegenleistung übersteigen darf (Bewertungsobergrenze bzw Anschaffungskostenprinzip). Wie bereits erwähnt, ist der verbleibende positive Unterschiedsbetrag (Geschäfts(Firmen)wert) als gesonderter Aktivposten im Anlagevermögen auszuweisen. Ein negativer Unterschiedsbetrag ist hingegen nicht etwa als „negativer Firmenwert“ zu passivieren, sondern ist diesfalls - ggfs nach nochmaliger Überprüfung der einzelnen Wertansätze - nach hM eine anteilige Abstockung der bilanziellen Vermögenswerte vorzunehmen. Umstritten in der Literatur ist, ob auch der Ansatz einer Schuldpost (zB Rückstellung) für im Kaufpreis bereits antizipierte Aufwendungen möglich ist.

Für den erstmaligen Ansatz eines Firmenwertes in Zusammenhang mit Umgründungsvorgängen kann entweder analog einem Asset Deal vorgegangen werden (Sacheinlagenbewertung gemäß § 202 Abs 1 UGB). Weiters regelt § 202 Abs 2 UGB div. Wahlrechte, wobei etwa auch die Buchwerte der übernommenen Vermögensgegenstände und Schulden fortgeführt werden dürfen (Buchwertfortführung gemäß § 202 Abs 2 Z 1 UGB). Übersteigt der Gesamtbetrag der Gegenleistung die fortgeführten Werte, so darf der Unterschiedsbetrag unter die Posten des Anlagevermögens aktiviert werden. Die Gegenleistung ergibt sich aus dem Gesamtausgabebetrag neuer Anteile, dem Buchwert eigener oder untergehender Anteile sowie allfälligen baren Zuzahlungen (§ 202 Abs 2 Z 2 UGB). Jener Teil des Unterschiedsbetrages, der den Aktiven und Passiven des übertragenen Vermögens zugeordnet werden kann (somit die stillen Reserven bzw Lasten), ist als „Umgründungsmehrwert“ gesondert auszuweisen. Ein danach verbleibender Restbetrag darf als „Firmenwert“ angesetzt werden (§ 202 Abs 2 Z 3 UGB). Hinsichtlich der Bilanzierung von Umgründungsvorgängen dürfen wir im Detail nochmals auf unsere diesbezügliche Newsletter-Beitragsserie verweisen (vgl zuletzt NL-Beitrag „UMGRÜNDUNGEN | Bilanzierung von side-stream-Vorgängen“ vom 16.9.2018). 

Folgebewertung

Die Abschreibung des Firmenwerts ist planmäßig auf die Geschäftsjahre, in denen er voraussichtlich genutzt wird, zu verteilen (§ 203 Abs 5 UGB). Insofern die Nutzungsdauer nicht verlässlich geschätzt werden kann, ist der Geschäfts(Firmen)wert gleichmäßig über 10 Jahre zu verteilen. Zu beachten gilt es, dass eine Erläuterung im Anhang über den festgelegten Zeitraum der Abschreibung erforderlich ist. Verlässliche Anhaltspunkte für die Schätzung der Nutzungsdauer können unter anderem die voraussichtliche Bestandsdauer des Unternehmens, der Lebenszyklus von erworbenen Produkten oder Laufzeiten von Liefer- oder Abnahmeverträge sein.

Exkurs Ertragsteuerrecht: Steuerlich ist für entgeltlich erworbene Firmenwerte grundsätzlich eine Abschreibungsdauer von 15 Jahren angeordnet (§ 8 Abs 3 EStG für steuerliche Asset Deals, also Erwerbe von (Teil-)Betrieben und Mitunternehmeranteilen), die idR nicht ungeprüft auch für den Jahresabschluss nach UGB anzuwenden ist. Aufgrund der daraus resultierenden Bilanzabweichung wird idR eine entsprechende aktive latente Steuer im unternehmensrechtlichen Jahresabschluss zu erfassen sein. -  Davon zu unterscheiden ist die spezielle „Firmenwertabschreibung“ im Rahmen der Gruppenbesteuerung, die für Beteiligungserwerbe (Share Deals!) bis 28.2.2014 an operativ tätigen Gruppenmitgliedern möglich war und ggfs ebenfalls über 15 Jahre zu verteilen ist (§ 9 Abs 7 iVm § 26c Z 47 KStG). Für die daraus resultierenden Bilanzabweichungen bei den betroffenen Beteiligungsansätzen sind ggfs ebenfalls Steuerlatenzen zu berücksichtigen (vgl dazu im Detail unseren NL-Beitrag „BILANZIERUNG | Latente Steuern in der Unternehmensgruppe“ vom 18.5.2017).

Eine explizite Wertminderungsvorschrift wie im IAS 36 sieht das UGB nicht vor, jedoch weisen div. Autoren in der Literatur auf die Grundsätze der Einzelbewertung und der Vorsicht iS § 201 UGB hin, wonach bei Vorliegen eines Indizes für eine Wertminderung diese in der Bewertung nach UGB ebenso zu berücksichtigen ist. Das Wegfallen oder die Verschlechterung von in der Kaufpreisfindung enthaltenen subjektiven Faktoren (Standortvorteil, Kundenstruktur, Lieferantenbeziehungen, etc.) verlangt nach UGB ebenso eine Prüfung der Werthaltigkeit des Firmenwerts am Abschlussstichtag und ggfs eine außerplanmäßige Abschreibung. Dabei ist besonders zu beachten, dass für Firmenwerte im Falle einer späteren Werterholung ein Zuschreibungsverbot normiert ist (§ 208 Abs 2 UGB als Ausnahme vom allgemeinen Wertaufholungsgebot!).

Im Anlagenspiegel ist der Zugang eines Firmenwerts zum Zeitpunkt des Erwerbs darzustellen. Der Firmenwert ist als abgegangen zu behandeln, nachdem er zur Gänze abgeschrieben oder wertgemindert wurde.

Firmenwert im Konzernabschluss 

Bei der Kapitalkonsolidierung (Zusammenfassung von Eigenkapital und Beteiligungen) ist gemäß § 254 UGB zwischen aktiven und passiven Unterschiedsbeträgen zu unterscheiden. Der aktive Unterschiedsbetrag ist der nach Abzug der stillen Reserven verbleibende Unterschiedsbetrag. Dieser ist gemäß § 261 UGB wie ein Firmenwert im Jahresabschluss nach UGB zu behandeln, weshalb bei einer verlässlichen Schätzung die Abschreibung über die Nutzungsdauer und ansonsten die gleichmäßige Verteilung über 10 Jahre wie im Einzelabschluss nach § 203 Abs 5 UGB vorgesehen ist. Eine außerplanmäßige Abschreibung ist ggfs zwingend zu berücksichtigen.

§ 261 Abs 2 UGB behandelt den passiven Unterschiedsbetrag. Grundsätzlich hängt die Vorgehensweise bei der Bilanzierung von dessen Ursache ab. Entsteht der passive Unterschiedsbetrag aus dem Erwerb eines Tochterunternehmens, sollte man sich zunächst fragen, ob ein Abwertungsbedarf von einzelnen Vermögensgegenständen besteht oder eine Rückstellung für konkrete Belastungen zu passivieren ist.

Bei Erwartung ungünstiger Ertragsaussichten, die sich noch nicht im Eigenkapital der Tochter niedergeschlagen haben, ist der passive Unterschiedsbetrag als eine Art Rückstellung für drohende Verluste in einen gesonderten Hauptposten („passiver Unterschiedsbetrag aus der Kapitalkonsolidierung“) einzustellen. Treten die Verluste tatsächlich ein, so werden diese durch eine erfolgswirksame Auflösung dieser „Rückstellung“ neutralisiert. Hingegen ist eine erfolgswirksame Auflösung des passiven Unterschiedsbetrags vorzunehmen, wenn, entgegen den ursprünglichen Erwartungen, keine Verluste eintreten und eine nachhaltig gute Ertragslage gegeben ist. 

Eine weitere Möglichkeit ist ein günstiger Kaufpreis („Lucky Buy“), trotz dessen nach verlässlicher Einschätzung keine Verluste eintreten werden und der passive Unterschiedsbetrag daher sofort erfolgswirksam aufgelöst werden kann. 

Des Weiteren besteht nach § 253 Abs 3 UGB die Möglichkeit, aktive und passive Unterschiedsbeträge  saldiert zu bilanzieren. In der Folgebewertung sind die Unterschiedsbeträge aus jedem Tochterunternehmen allerdings getrennt fortzuschreiben, können aber in der Bilanz wiederum saldiert ausgewiesen werden.

Zusammenfassung 

Der „Firmenwert“ ermittelt sich für Zwecke der unternehmensrechtlichen Bilanzierung gemäß § 203 Abs 5 UGB als Unterschiedsbetrag zwischen dem Wert der Gegenleistung (zB Kaufpreis) für die Übernahme eines Betriebes und den „beizulegenden Werten“ der einzelnen Vermögensgegenstände abzüglich Schulden der erworbenen betrieblichen Sachgesamtheit. In der Praxis besteht vor allem die Schwierigkeit der korrekten Abgrenzung von stillen Reserven, immateriellen Vermögensgegenständen sowie der Residualgröße „Firmenwert“. Für die Folgebewertung ist § 203 Abs 5 UGB zu beachten. In Fällen, in denen die Nutzungsdauer nicht verlässlich geschätzt werden kann, ist der Geschäfts- bzw Firmenwert über 10 Jahre gleichmäßig verteilt abzuschreiben. 

Von den unternehmensrechtlichen Bestimmungen grundsätzlich zu unterscheiden sind die ertragsteuerlichen Sondervorschriften zum Firmenwert und dessen Abschreibung (insb. § 8 Abs 3 EStG).


Für weitergehende Fragen stehen Ihnen die Verfasserinnen sowie auch die übrigen MitarbeiterInnen unseres Bilanzierungs- und WP-Teams gerne zur Verfügung!