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WIRTSCHAFTSPRÜFUNG | Prüfung der Kostenrechnung?

Die als Fragestellung formulierte Überschrift mag vielleicht Neugier oder Erstaunen erwecken, aber gibt es tatsächlich ein Erfordernis zur Prüfung der Kostenrechnung? In den Lehrbüchern zur Kostenrechnung und auch zur Wirtschaftsprüfung wird eine derartige Prüfung nicht thematisiert. Dass es aber sehr wohl Prüfungserfordernisse im Bereich der Kostenrechnung gibt, soll im folgenden Newsletter-Beitrag kurz dargelegt werden.

Im soeben im Linde-Verlag erschienenen „Handbuch Wirtschaftsprüfung“, herausgegeben von den Universitätsprofessoren Romuald Bertl, Klaus Hirschler und Ewald Aschauer, haben Herr Univ.-Prof. Mag. Dr. Christian Riegler und Frau WP/StB Mag. Maria Vrba einen Fachbeitrag zum Thema „Prüfung der Kostenrechnung“ als eine Sonderfrage der Prüfung verfasst.

Die Problemstellung des Beitrages hält zunächst fest, dass die Kosten- und Leistungsrechnung Teil der internen Unternehmensrechnung ist und Entscheidungsträgern wesentliche Informationen für die Steuerung des Unternehmens liefert. Von wenigen Ausnahmen abgesehen, unterliegt die Ausgestaltung der Kostenrechnung, im Gegensatz zur externen Unternehmensrechnung, grundsätzlich keinen gesetzlichen Vorschriften.

Da die Informationen der externen Unternehmensrechnung für eine zukunftsgerichtete Unternehmenssteuerung nicht ausreichen, ergeben sich diesbezüglich wichtige Aufgaben für die Kosten- und Leistungsrechnung. Sie stellt in viel höherer Detaillierungstiefe Kosten- und Erlösinformationen über zentrale Ansatzpunkte für steuernde Aktivitäten, wie über Produkte und Dienstleistungen, im Unternehmen ablaufende Prozesse oder Projekte, zur Verfügung. Dies erfolgt zum einen zukunftsgerichtet, um Planungen und eine darauf gestützte Entscheidungsfindung zu ermöglichen. Zum anderen aber auch zur Dokumentation von Istgrößen, um Abweichungen und deren Ursachen frühzeitig zu erkennen und ein zielgerichtetes (Gegen)Steuern zu ermöglichen.

Eine zentrale Eigenschaft der Kosten- und Leistungsrechnung ist es, dass die benötigte Information von der gestellten Aufgabe und damit vom Zweck der Informationsnutzung abhängig ist („different costs for different purposes“). Dies kommt beispielsweise in der unterschiedlichen Berücksichtigung von variablen und fixen Kosten, in Abhängigkeit vom vorliegenden Entscheidungskontext, zum Ausdruck. Da die Kosten- und Leistungsrechnung nicht die für alle Aufgaben einzig „richtigen“ Kosten ermitteln kann, stellt sie üblicherweise einen Informationspool für typische Zurechnungsobjekte und häufig wiederkehrende Entscheidungsprobleme bereit. Dieser Pool ist zudem Basis für eine Informationsgewinnung für alle weiterführenden Fragestellungen.

Im Buchbeitrag werden die Zwecke der Kosten- und Leistungsrechnung in Zurechnung und Gestaltung grob unterschieden. In einem ersten Schritt (Kapitel 2 des Beitrages) wird der Aufbau der Kosten- und Leistungsrechnung diskutiert, wie er zur Zurechnung von Kosten und Leistungen auf für die Unternehmenssteuerung bedeutsame Zurechnungsobjekte wie Produkte und Dienstleistungen zur Anwendung gelangt. In einem weiteren Schritt (Kapitel 3 des Beitrages) erfolgt die Diskussion der Nutzung dieser Information zur Kostengestaltung und damit zur Steuerung der Profitabilität des Unternehmens. In diesem Zusammenhang zeigt sich die Zweckabhängigkeit der erforderlichen Kosteninformation deutlich. Nach dieser Fokussierung der Kosten- und Leistungsrechnung im Allgemeinen wird die Verbindung zu Fragen der Wirtschaftsprüfung (Kapitel 4 des Beitrages) hergestellt. Anlässe für die Prüfung, daraus resultierende Prüfobjekte sowie mögliche Vorgehensweisen werden diskutiert. 

Die Prüfung der Kostenrechnung 

Die nachfolgenden Ausführungen konzentrieren sich auf konkrete Fragen im Zusammenhang mit einer Prüfung der Kostenrechnung. Für andere oa Inhalte, eine vertiefende Diskussion der nachfolgenden Ausführungen oder zu Eingang findenden Literaturquellen darf auf die detaillierten Darstellungen im Buchbeitrag zum Handbuch Wirtschaftsprüfung verwiesen werden.

Wie eingangs bereits erwähnt, werden Fragen zur Prüfung der Kosten- und Leistungsrechnung weder in den Lehrbüchern zur Wirtschaftsprüfung noch in jenen zur Kosten- und Leistungsrechnung thematisiert. Die Kosten- und Leistungsrechnung ist nicht Teil des Jahresabschlusses1) und unterliegt somit auch nicht unmittelbar einer gesetzlichen bzw verpflichtenden Prüfung. Allerdings ergeben sich mittelbar sehr wohl Prüfungserfordernisse für die Ausgestaltung der Kosten- und Leistungsrechnung oder einzelner ihrer Informationen:

Der Abschlussprüfer muss sich im Rahmen der Prüfung des Jahresabschlusses insbesondere auch mit dem internen Kontrollsystem (IKS) auseinandersetzen und dazu auch im Prüfungsbericht eine Aussage treffen. Die Kosten- und Leistungsrechnung ist ein wesentliches Element des Controllings und daraus folgend des Risikomanagements. Damit schließt sich der Kreis zum internen Kontrollsystem, und daraus ist ein Prüfungserfordernis der Kosten- und Leistungsrechnung im Sinne eines Informationsinstruments abzuleiten. Ziel dieser Prüfungshandlungen ist, ein Bild über dieses System der Informationsversorgung der Entscheidungsträger im Unternehmen zu gewinnen und die Eignung für eine zielgerichtete Unternehmenssteuerung zu beurteilen.

Des Weiteren werden konkrete Informationen aus der Kosten- und Leistungsrechnung für die Jahresabschlusserstellung benötigt, insbesondere im Bereich der Vorrätebewertung (Bewertung von unfertigen und fertigen Erzeugnissen bzw Leistungen). Auch in diese Bewertungsgrundlagen hat der Abschlussprüfer Einsicht zu nehmen und diese einer kritischen Durchsicht zu unterziehen. Prüfungserfordernisse können sich aber auch aus vertraglichen Regelungen ergeben, oder es kann eine freiwillige Prüfung durch Beauftragung des Unternehmens erfolgen.

Der Prüfungsanlass bestimmt in hohem Maße die Vorgehensweise bei der Prüfung. Ist die Eignung der Kosten- und Leistungsrechnung zur Unterstützung der Unternehmenssteuerung Prüfungsgegenstand, wird eine umfassende Prüfung ihrer Ausgestaltung und Informationsqualität erforderlich sein. Der Detaillierungsgrad hängt des Weiteren davon ab, ob eine grundsätzliche Eignung des Systems zur Unternehmenssteuerung zu prüfen ist oder ob über die Prüfung dessen umfassende Evaluierung und Weiterentwicklung angestrebt wird. Im letzteren Fall wird eine Prüfung aller Elemente der Kosten- und Leistungsrechnung erforderlich sein.

Wenn der Prüfungsanlass auf die Prüfung einzelner Informationen aus der Kosten- und Leistungsrechnung ausgerichtet ist, steht im Regelfall der Zweck der Kostenverrechnung im Mittelpunkt. Diesfalls wird es ausreichend sein, die Struktur und Arbeitsweise der Kosten- und Leistungsrechnung im Hinblick auf die Gewinnung verrechnungsorientierter Informationen ins Zentrum der Betrachtung zu rücken. Folgende Prüfungsmethoden können hierfür als Beispiel genannt werden:

  • Progressive und retrograde Prüfung: Je nachdem, ob man am Beginn des Prozesses der Informationsgenerierung oder an der interessierenden Endinformation ansetzt (zB dem Wertansatz für ein fertiges Erzeugnis im Jahresabschluss).

  • Formelle und materielle Prüfung: Die formelle Prüfung konzentriert sich auf die rechnerische Richtigkeit innerhalb des Systems, zB die korrekte Ableitung von Wertansätzen aus dem System, währenddessen sich die materielle Prüfung an der Informationsqualität orientiert, dh ob zB der Wertansatz für ein fertiges Erzeugnis auch den dafür eingegangenen Ressourceneinsatz möglichst unverzerrt widerspiegelt. 

Kostenarten-, Kostenstellen- und Kostenträgerrechnung 

Die Teilbereiche der Kostenarten-, Kostenstellen- und Kostenträgerrechnung stellen zumeist zentrale Prüfgebiete bei der Prüfung der Kostenrechnung dar. Für jeden dieser Teilbereiche ergeben sich zahlreiche bedeutsame Fragestellungen, von denen in der Folge Einzelne ausgewählt angeführt werden sollen:

Wesentliche Aspekte im Zusammenhang mit einer Prüfung der Kostenartenrechnung sind beispielsweise: Prüfung, ob eine präzise Festlegung von Kostenarten und Kostenartengruppen zur Vermeidung von Fehlzuordnungen erfolgt ist und ob dies durch ein geeignetes schriftliches Verzeichnis dokumentiert wird. Zudem sollten Regelungen für unklare Zuordnungen oder für die Vornahme von Änderungen der festgelegten allgemeinen Systematik vorliegen.

Im Zusammenhang mit der Kostenstellenrechnung können folgende wichtige Fragestellungen beispielhaft genannt werden: Liegt eine klare Abgrenzung der Kostenstellen im Unternehmen mit eindeutiger Abgrenzung von Verantwortlichkeiten vor, um fehlerhafte Kostenzuordnungen zu vermeiden und von einem entsprechenden Kostenbewusstsein ausgehen zu können? Erfolgt eine eindeutige Zuordnung der Kostenstellen zum Herstellungsbereich sowie zum Verwaltungs- und Vertriebsbereich, um eine korrekte Vorgehensweise für die Bestandsbewertung zu ermöglichen? Bedeutsam ist auch eine Beurteilung der Eignung der zur Anwendung gelangenden Verfahren und der Bezugsgrößen bei der innerbetrieblichen Leistungsverrechnung. Letztere ermöglichen im Idealfall auch eine Messung der Beschäftigungshöhe (Auslastung) einzelner Kostenstellen. Zu achten ist auch darauf, dass keine unreflektierte Weiterverwendung von Zuschlags- und Verrechnungssätzen aus der Vorperiode erfolgt.

Für die Kostenträgerrechnung ergeben sich beispielhaft folgende bedeutsame Fragestellungen: Liegt eine klare Kostenträgerdefinition vor, die eine eindeutige Zuordnung von Kosten ermöglicht und eine überschneidungsfreie Abgrenzung von anderen Kostenträgern ermöglicht? Darüber hinaus erscheint eine Prüfung der Eignung des verwendeten Kalkulationsverfahrens im Hinblick auf Komplexität des Leistungserstellungsprozesses erforderlich. Zudem gilt es zu beurteilen, ob eine dem Bewertungszweck entsprechende Ermittlung der Kosten des Kostenträgers erfolgt, zB auf der Grundlage von Voll- oder Teilkosten.

Für die Beurteilung der Eignung der Kosten- und Leistungsrechnung als Instrument der Unternehmenssteuerung ist aber nicht nur eine Prüfung der Kostenarten-, Kostenstellen- und Kostenträgerrechnung erforderlich, sondern darüber hinaus auch ihre Eignung zur Nutzung für die Aufgabe der Kostengestaltung. Folgende Fragen sind hier beispielhaft angesprochen: Werden in geeigneter Weise die Kosten- und Leistungsrechnung zur Planung sowie die dabei gewonnenen Informationen zur Fundierung betrieblicher Entscheidungen genutzt? Erfolgt eine nachvollziehbare Verknüpfung mit anderen Instrumenten der Unternehmensplanung?

Diese beispielhaften Ausführungen zeigen, dass die Prüfung der Kosten- und Leistungsrechnung profunde Kenntnisse derselben erfordern. 

Conclusio 

Zusammenfassend kann also festgehalten werden, dass eine unmittelbare und vollständige Prüfung der Kosten- und Leistungsrechnung im Regelfall zwar nicht gesetzlich zwingend erforderlich ist. Dennoch ergibt sich im Rahmen der Jahresabschlussprüfung idR ein mittelbarer Prüfungsbedarf, indem die Eignung der Kosten- und Leistungsrechnung zur zielgerichteten Unternehmenssteuerung zu beurteilen ist und insbesondere auch Wertansätze (zB für unfertige und fertige Erzeugnisse) im Jahresabschluss, die auf Informationen der Kosten- und Leistungsrechnung basieren, auf ihre Übereinstimmung mit den konkreten gesetzlichen Anforderungen zu prüfen sind. Daraus ergibt sich ein zumindest partielles Prüfungserfordernis für die Kosten- und Leistungsrechnung: Zum einen aus der Sicht des Risikomanagements, einem Element des Controllings, welches die Kosten- und Leistungsrechnung als wichtige Informationsquelle nutzt. Zum anderen zur Prüfung von Wertansätzen im Jahresabschluss, abgeleitet aus Kosteninformationen. Sowohl mit dem Risikomanagement als Bestandteil des internen Kontrollsystems als auch mit den Wertansätzen im Jahresabschluss muss sich der Abschlussprüfer auseinandersetzen. 

Eine ausführlichere Diskussion des hier nur grob skizzierten Themas „Prüfung der Kostenrechnung“ sowie Hinweise auf maßgebliche Literaturquellen finden Sie im eingangs erwähnten Fachbeitrag im „Handbuch Wirtschaftsprüfung“. 

Für weitere Fragen zu dieser Thematik stehen Ihnen die Verfasser gerne zur Verfügung!


1) Gemäß § 268 UGB sind der Jahresabschluss, bestehend aus Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung und Anhang, sowie der Lagebericht durch den Abschlussprüfer zu prüfen.