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QUELLENSTEUERN | Keine KESt-Entlastung für EU-Zwischenholdings!

Am 26.2.2019 hat der Europäische Gerichtshof in zwei richtungsweisenden Entscheidungen, die ein und denselben Konzern betrafen, dazu Stellung genommen, unter welchen Voraussetzungen bloßen Zwischen- bzw Durchlaufgesellschaften die nach der Mutter-Tochter-Richtlinie (MTR) bzw der Zinsen- und Lizenzgebühren-Richtlinie der EU (Z/L-RL) grundsätzlich gebotene KESt-Entlastung verweigert werden kann. 

Anwendung der Mutter-Tochter-Richtlinie

Im EuGH-Urteil vom 26.2.2019 in den verbundenen RS C-116/16 (T Danmark) und C-117/16 (Y Denmark) ging es jeweils um die Ausschüttung von Dividenden an in Luxemburg ansässige Kapitalgesellschaften, die von außerhalb des Gemeinschaftsgebiets ansässigen Investoren gegründet worden waren, um Beteiligungen an dänischen Tochtergesellschaften des Konzerns zu halten. Die dänische Finanzverwaltung verweigerte den luxemburgischen Gesellschaftern die KESt-Entlastung auf Dividenden aus Dänemark mit der Begründung, dass die luxemburgische Gesellschaft missbräuchlich zwischengeschaltet worden sei und nicht Nutzungsberechtigter der Dividenden wäre. 

Der EuGH bestätigte die Vorgangsweise der dänischen Finanzverwaltung und führte aus, dass im EU-Recht – unabhängig von innerstaatlichem Missbrauchsabwehrrecht - der allgemeine Grundsatz gelte, dass sich der Steuerpflichtige nicht betrügerisch oder missbräuchlich auf Unionsrecht berufen könne. Insofern sei ein Mitgliedstaat (MS) sogar verpflichtet, die Anwendung von Unionsrecht zu verweigern, wenn eine Gestaltung dem Ziel und Zweck der MTR nicht entspreche und die darin vorgesehenen Voraussetzungen nur formal erfüllt sind. Dabei muss die Erlangung des Steuervorteils nicht der ausschließliche Grund, wohl aber der Hauptzweck der Transaktion sein. Missbrauch iSd Unionsrechts bedürfe einer Würdigung der Gesamtheit objektiver Umstände und eines subjektiven Elements iSd Absicht, sich einen steuerlichen Vorteil zu verschaffen. Dabei müsse dem Steuerpflichtigen jedoch die Möglichkeit eingeräumt werden, die Missbrauchsvermutung zu widerlegen. Indiz für eine missbräuchliche Zwischenschaltung von „Durchleitungsgesellschaften“ sei jedenfalls eine zeitnahe Weiterleitung empfangener Dividenden an nicht von der MTR begünstigte Empfänger und die fehlende wirtschaftliche Tätigkeit des Dividendenempfängers, gemessen an Geschäftsführung, der Kostenstruktur, den Beschäftigten, der Ausstattung oder vertraglichen Vereinbarungen zwischen Konzerngesellschaften. Wenngleich es grundsätzlich den Steuerbehörden obliege nachzuweisen, dass die Voraussetzungen der MTR nicht erfüllt sind, müssen sie aber NICHT im Detail ermitteln und bestimmen, wer ihrer Auffassung nach der tatsächliche Nutzungsberechtigte der Dividenden ist. Rechtsmissbrauch schließe eine Berufung auf die Niederlassungs- oder Kapitalverkehrsfreiheit aus.

Anwendung der Zinsen- und Lizenzgebühren-Richtlinie

Im weiteren EuGH-Urteil vom 26.2.2019 in den ebenfalls verbundenen Rechtssachen C-115/16 (N Luxembourg 1), C-118-16 (X Denmark), C-119/16 (C Danmark) und C-299/16 (Z Denmark) verweigerte die dänische Finanzverwaltung (in Zusammenhang mit einer komplexen Gesellschafts- und Finanzierungsstruktur) in Luxemburg und Schweden ansässigen Konzerngesellschaften wiederum die Entlastung von dänischen Quellensteuern. Begründet vor allem damit, dass diese „Zwischengesellschaften“ nicht als Nutzungsberechtigte qualifiziert werden konnten.

Auch in diesem Urteil folgte der EuGH dem dänischen Fiskus und bestätigte, dass „Nutzungsberechtigter“ iSd Z/L-RL nur der tatsächliche Nutznießer von Zinsen sein könne und nicht eine zwischengeschaltete Einheit, wenn diese nicht frei über die Verwendung dieser Einkünfte verfügen könne und die bezogenen Zinsen zeitnah an nicht von der Z/L-RL begünstigte Empfänger weitergeleitet werden müssen. Dabei sei der Begriff des „Nutzungsberechtigten“ auf Grundlage des Kommentars zu Art. 11 OECD-MA (betreffend Zinsen) in der jeweils gültigen Fassung auszulegen, zumal sich die Z/L-Richtlinie ursprünglich daran orientiert habe. Es sei nämlich mit der Zielsetzung unionsrechtlicher Richtlinien, nämlich Doppelbesteuerung einerseits und Steuerhinterziehung und Umgehung andererseits zu vermeiden, nicht vereinbar, Durchlaufgesellschaften die Vorteile des EU-Rechts zu gewähren.

Conclusio

Mit den beiden EuGH-Urteilen vom 26.2.2019 wurde der EU-rechtliche Missbrauchstatbestand erheblich erweitert, indem nicht nur „rein künstliche Gestaltungen“ davon umfasst sein sollen, sondern jede gesellschaftsrechtliche Konstruktion, die nicht nur, aber auch zum Zweck hat, Vorteile einer EU-Richtlinie in Anspruch zu nehmen. Dabei wurde der Begriff desNutzungsberechtigten“ von Dividenden und Zinsen eng ausgelegt und in diesem Zusammenhang die behördliche Beweislast eingeschränkt bzw insbesondere eine zeitnahe Weiterleitung der fraglichen Einkünfte an Dritte als Indiz dafür herangezogen, eine Quellensteuerentlastung zu verweigern.

Letztlich bekräftigt der EuGH mit diesen beiden Urteilen die auch in Österreich erkennbare Tendenz, abzugsteuerpflichtige Einkünfte nur mit großer Zurückhaltung auf Grundlage von EU-Richtlinien an der Quelle zu entlasten, insbesondere dann, wenn diese an „Intermediaries“ fließen.