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BREXIT | Quellensteuern auf Dividenden & Lizenzgebühren?

Ein ungeregelter Austritt Großbritanniens aus der EU (sog. „Hard Brexit“) würde UK auch aus steuerlicher Sicht abrupt zu einem „Drittland“ machen. Insbesondere würden auch jene EU-Richtlinien mit sofortiger Wirkung außer Kraft treten, die eine weitgehende Quellensteuerentlastung für Zahlungen von Dividenden, Zinsen und Lizenzgebühren innerhalb der EU gewährleisten sollen. Der nachfolgende Beitrag soll die damit verbundenen Konsequenzen näher erläutern. 

Im Rahmen unserer Newsletter-Serie zum ThemaBrexit“ haben wir bisher die folgenden Beiträge veröffentlicht: 

  • 04.02.2019: BREXIT | BMF-Infos zu (un)geregelten EU-Austrittsszenarien
  • 07.03.2019: BREXIT | Wegzugsbesteuerung für natürliche Personen

Im nachfolgenden Beitrag sollen nunmehr die Konsequenzen eines ungeregelten (bzw „harten“) Brexit auf die Besteuerung von Gewinnausschüttungen (Dividenden), Zinsen und Lizenzgebühren für diesbezügliche Zahlungen von Österreich nach Großbritannien (outbound) sowie auch umgekehrt (inbound) beleuchtet werden. Im Falle eines ungeregelten Brexits (nach derzeitigem Stand ev. am 1.11.2019) würde mit dem Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union insbesondere auch die Anwendbarkeit der Mutter-Tochter-Richtlinie für Dividenden (in Österreich umgesetzt in § 94 Z 2 EStG) bzw der Zinsen- und Lizenzgebührenrichtlinie (99a EStG) mit sofortiger Wirkung wegfallen. Die (Quellen-)Besteuerung von Dividenden, Zinsen und Lizenzgebühren hätte ab diesem Zeitpunkt nur noch nach nationalem Recht sowie den bilateralen Regelungen des maßgeblichen Doppelbesteuerungsabkommens (DBA Österreich-Großbritannien) zu erfolgen.

Derzeitige Rechtslage 

Durch die Umsetzung von EU-Richtlinien in nationales Recht, nämlich der Mutter-Tochter-Richtlinie in § 94 Z 2 EStG sowie der Zinsen- und Lizenzgebührenrichtlinie in § 99a EStG, sind Dividenden, Zinsen und Lizenzgebühren, welche an verbundene Unternehmen (Mindestbeteiligung 10%) innerhalb der EU gezahlt werden, im Mitgliedstaat des auszahlenden Unternehmens im Regelfall von Quellensteuern befreit und unterliegen auch im Empfängerstaat nicht der Körperschaftsteuer. In mißbrauchsverdächtigen Fällen kann allerdings auch nach EU-Recht ggfs eine KESt-Entlastung an der Quelle versagt werden (vgl zuletzt auch unseren NL-Beitrag "QUELLENSTEUERN | Keine KESt-Entlastung für EU-Zwischenholdings!“ vom 8.3.2019). Der Vollständigkeit halber sei an dieser Stelle jedoch auch auf die lex specialis in § 12 Abs 1 Z 10 KStG hingewiesen, wonach Zinsen- und Lizenzzahlungen an niedrigbesteuerte Konzerngesellschaften (bei Steuerbelastung unter 10 %) in Österreich nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig und somit hierzulande körperschaftsteuerpflichtig sind, und zwar ungeachtet dessen, ob die Empfängerin in der EU oder in einem Drittland ansässig ist.

Ein Rückgriff auf das DBA Österreich-Großbritannien war also bisher – im Regelfall - gar nicht erforderlich, zumal bereits nach innerstaatlichem Recht eine vollständige Quellensteuerfreistellung erfolgen konnte. Hingegen würden bei einem harten Brexit die in nationales Recht umgesetzten EU-Richtlinien sofort unanwendbar und fortan die DBA-rechtlichen Bestimmungen wiederum zentrale Bedeutung erlangen:

Künftige Besteuerung nach dem DBA Österreich-Großbritannien 

Aktuell anwendbares DBA (DGBl. 1970 / 390 idF. BGBI III 135/2010)

Artikel 10 des aus österreichischer Sicht derzeit noch in Kraft befindlichen DBA sieht folgende Quellensteuern auf Dividenden vor:

  • 5% auf Dividenden, die an eine juristische Person gezahlt werden, die eine Mindestbeteiligung von 25% am auszahlenden Unternehmen hält;
  • 15% in allen anderen Fällen.

Artikel 12 regelt die Quellenbesteuerung von Lizenzgebühren:

  • 10% auf Lizenzgebühren, die an eine juristische Person gezahlt werden, die eine Beteiligung von mehr als 50 % am auszahlenden Unternehmen hält;
  • 0% in allen anderen Fällen.

Ab 1.1.2020 anwendbares DBA (BGBl. III 32/2019)

Am 23.10.2018 haben Österreich und Großbritannien ein neues Doppelbesteuerungsabkommen unterzeichnet, welches das bisherige Abkommen ersetzt und aus österreichischer Sicht ab 1.1.2020 anwendbar ist:

Artikel 10 des neuen DBA-Großbritannien sieht folgende Quellensteuern auf Dividenden vor:

  • 0% bei Zahlung an eine Gesellschaft, welche mindestens zu 10% beteiligt ist, oder an eine Pensionskasse. --> Diese Befreiungsbestimmung entspricht somit im Ergebnis jener der EU-Mutter-Tochter-Richtlinie, sodass deren Wegfall damit kompensiert werden kann!
  • 15% wenn sie von einem bestimmten Investmentvehikel bezahlt werden (zB Immobilien-Investmentfonds iSd ImmoInvFG)
  • 10% in allen anderen Fällen.

Artikel 12 des neuen DBA sieht hingegen überhaupt keine Quellensteuern auf Lizenzgebühren mehr vor. --> Damit wird im Ergebnis auch ein Wegfall der EU-Zinsen- und Lizenzgebührenrichtline kompensiert!

Fazit 

Sollte es tatsächlich zu einem „ungeregelten Brexit“ kommen, würde Großbritannien abrupt von einem EU-Mitgliedstaat zu einem „Drittland“ und wäre das EU-Steuerrecht ab diesem Zeitpunkt (1.11.2019?) auch im Verhältnis zwischen Österreich und Großbritannien nicht mehr anwendbar.

Die damit einhergehende Nicht(mehr)anwendbarkeit der EU-Mutter-Tochter-Richtlinie für Dividenden sowie der Zinsen- und Lizenzgebührenrichtlinie kann jedoch im Ergebnis weitestgehend durch das neue Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Österreich und Großbritannien egalisiert werden, zumal auch dieses - aus österreichischer Sicht mit 1.1.2020 in Kraft tretende - DBA eine gänzliche Quellensteuerbefreiung für Dividenden (für Beteiligungen ab 10 %) und Lizenzgebühren vorsieht.

Gerne werden wir Sie auch weiterhin über die Entwicklung in Sachen „BREXIT“ auf dem Laufenden halten.

Für weitergehende Fragen stehen Ihnen die Verfasser natürlich gerne zur Verfügung!