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BETEILIGUNGEN | Keine Bindung falscher TWA-Siebtel für Folgejahre!

Heidrich Gerhard  |  Kohut Christian

In einem interessanten Rechtsmittelverfahren wurde zunächst die Teilwertabschreibung (TWA) auf eine Beteiligung steuerlich anerkannt und demgemäß – aufgrund der Verteilungsregelung gemäß § 12 Abs 3 Z 2 KStG - auch die Siebtelbeträge für die ersten Jahre gewährt. In weiterer Folge wurde die TWA seitens der Finanzverwaltung aberkannt, wobei jedoch die TWA-Siebtel für die ersten zwei Jahre aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht mehr korrigierbar waren. Während das BFG dem Steuerpflichtigen recht gab, dass aufgrund einer bescheidmäßigen Bindungswirkung die Siebentelverteilung auch für die Folgejahre zustehen würde, wurde dies in der höchstgerichtlichen Letztentscheidung des VwGH mit ausführlicher Begründung verneint.

Sachverhalt

Eine Aktiengesellschaft hatte im Wirtschaftsjahr 2004/2005 (Bilanzstichtag 31.1.2005) eine Teilwertabschreibung auf ihre Beteiligung an der S GmbH vorgenommen (TWA iHv € 4,5 Mio) und davon in der Körperschaftsteuererklärung 2005 das erste Siebentel gemäß § 12 Abs 3 Z 2 KStG steuerlich in Abzug gebracht. 

Anlässlich einer Außenprüfung für die Jahre 2005 bis 2008 wurde die Teilwertabschreibung für das „Wurzeljahr“ 2005 (deren Anerkennung offenbar im Zuge der Vor-BP für die Jahre 2001 bis 2004 in Aussicht gestellt worden war) und demgemäß auch die in den Folgejahren geltend gemachten Siebtelbeträge letztlich nicht anerkannt. Im Rahmen von Verfahrenswiederaufnahmen wurden entsprechend korrigierte BP-Bescheide erlassen. 

Mit BFG-Entscheidung vom 8.6.2017, RV/5100254/2012, gab das Bundesfinanzgericht der Beschwerdeführerin hinsichtlich der Jahre 2005 und 2006 recht und wurden die angefochtenen Bescheide für diese beiden Jahre aufgehoben. Im Ergebnis blieb es somit beim Ansatz der Teilwertabschreibung bzw der Anerkennung der daraus resultierenden Siebtelbeträge für 2005 und 2006. Die sohin rechtswirksam gewordenen beiden TWA-Siebtel waren in weiterer Folge – aus verfahrensrechtlichen Gründen – auch nicht mehr anfechtbar. 

Für die Jahre 2009 und 2010 wich das Finanzamt bereits bei Erlassung der Erstbescheide von den eingereichten Körperschaftsteuererklärungen ab und hat die TWA-Siebentel nicht anerkannt. Gegen diese Bescheide wurden seitens der Steuerpflichtigen wiederum Beschwerden eingebracht, die nicht nur das Bundesfinanzgericht sondern schließlich auch den Verwaltungsgerichtshof beschäftigten:

Entscheidung des Bundesfinanzgerichts (BFG 29.12.2017, RV/5101366/2011) 

Das BFG gab der Beschwerde mit der Begründung statt, dass die Teilwertabschreibung im „Wurzeljahr“ 2005 bzw die Siebtelabsetzungen für die Jahre 2005 und 2006 rechtkräftig anerkannt wurden. 

Es sei daher im nunmehrigen Beschwerdeverfahren lediglich die Frage zu klären, ob die Anerkennung des ersten Siebentels im Jahr 2005 (welches verfahrensrechtlich auch nicht mehr abänderbar war) eine Bindungswirkung für die Folgejahre entfaltet. 

 

Die Bindungswirkung bei einer Teilwertabschreibung lasse sich mit Verweis auf Papst in ÖStZ 2017, 200, damit begründen, dass die TWA auf eine Beteiligung im „Wurzeljahr“ Teil des Einkommens der Körperschaft und somit als Teil der Bemessungsgrundlage auch Teil des Bescheidspruchs des „Wurzeljahres“ sei. Dies gelte auch für die nachfolgenden sechs Siebentel. Im Bescheidspruch des Wurzeljahres werde das Rechts- und Tatsachenverhältnis iZm der Teilwertabschreibung und damit auch die Bewertung des betreffenden Wirtschaftsgutes verbindlich festgelegt. Dies gehe aus der Erledigung der Abgabenbehörde klar hervor, da die Abwertung der Beteiligung anhand des Bescheidspruchs identifizierbar ist. Eine Bindung an die Abschreibung des ersten sowie auch die folgenden sechs Siebentel sei somit gegeben.

Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 27.6.2019, Ra 2018/15/0040)

Im Zuge einer außerordentlichen Revision des Finanzamtes hob der VwGH die obige Entscheidung des BFG wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhalts auf und begründete dies wie folgt: 

Im Falle einer steuerlichen Bilanzberichtigung iS § 4 Abs 2 Z 2 EStG seien ungeachtet dessen, ob eine Änderung des Veranlagungsbescheides für das fehlerhafte Jahr („Wurzeljahr“) verfahrensrechtlich noch möglich ist, stets die richtigen Bilanzansätze für alle Jahre zugrunde zu legen, da im Bescheidspruch nicht über einzelne Bilanzansätze abgesprochen werde.  Dies deshalb, weil das Gesetz keine zeitliche Begrenzung der Bilanzberichtigungspflicht vorsieht und jene Beschränkungen, die sich aus der Rechtskraft eines Bescheides ergeben, deswegen nicht zum Tragen kommen, weil Bilanzen weder Gegenstand bescheidmäßiger Feststellung sind noch der Verjährung unterliegende Ansprüche darstellen. Eine Bilanzberichtigung ist daher auch dann vorzunehmen, wenn sie sich auf die Abgabenfestsetzung (des "Wurzeljahres") selbst nicht mehr auszuwirken vermag (vgl. VwGH 18.11.2003, 2001/14/0050). 

Demgemäß besteht auch bei einer unrichtig gewährten TWA auf eine Beteiligung im Wurzeljahr keine Bindung betr. einer unrechtmäßige Gewährung weiterer Siebentel in den Folgejahren. 

Das BFG hatte seine Entscheidung auch an das VwGH-Erkenntnis vom 20.12.2016, Ro 2015/15/0023, angelehnt, dieses aber wohl fehlerhaft interpretiert: Der VwGH habe darin keineswegs ausgesprochen, dass die einzelnen Bilanzansätze Spruchbestandteil eines Bescheides oder Erkenntnisses darstellen würden, sondern lediglich, dass eine etwaige Gewinnauswirkung der jeweiligen Bewertung von Wirtschaftsgütern im Spruch des Bescheides enthalten sind. Somit wäre „nur“ der Gewinn oder das steuerliche Einkommen, nicht hingegen die Bewertung selbst Teil des Spruches, wodurch die Bewertung auch nicht von der Rechtskraft umfasst sei. 

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH sind Unrichtigkeiten in der Bilanz stets bis zur Wurzel zu berichtigen, und zwar auch dann, wenn die Berichtigung für die abgelaufenen Jahre etwa wegen der Rechtskraft von Veranlagungsbescheiden oder wegen eingetretener Bemessungsverjährung keine Änderung der Abgabenvorschreibung mehr zeitigen kann (vgl. VwGH 31.5.2011, 2007/15/0015). 

Die gemäß § 4 Abs 2 Z 2 EStG angeordnete Bilanzberichtigung hat daher auch in jenen Fällen zu erfolgen, in welchen im „Wurzeljahr“ eine Fehlerberichtigung aufgrund bereits eingetretener Verjährung nicht mehr steuerwirksam erfolgen kann. Unrichtige Bilanzansätze sind daher stets bis an die Wurzel zu berichtigen, lediglich die Steuerwirksamkeit der Bilanzberichtigung wird, insoweit der Fehler überhaupt noch steuerliche Auswirkungen haben kann, durch die Zu- und Abschlagsregelungen in § 4 Abs 2 Z 2 EStG auf den ersten zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung noch nicht verjährten Veranlagungszeitraum verschoben (vgl. Doralt, EStG, § 4 Tz 163, Tz 164 „Teilwertabschreibung“). 

Abschließend präzisierte der VwGH noch wie folgt: Bei den im Revisionsfall strittigen Siebentelabsetzungen geht es aber von vornherein nicht um die Berichtigung der in den Jahren 2005 und 2006 allenfalls zu Unrecht erfolgten Siebentelabsetzungen und damit um die Vornahme von Zuschlägen iSd § 4 Abs 2 Z 2 EStG 1988, sondern um die in den nachfolgenden Wirtschaftsjahren vorzunehmenden weiteren Siebentelabsetzungen. Ob die rechtlichen Voraussetzungen dafür vorliegen, ist eigenständig für jedes der nachfolgenden Wirtschaftsjahre zu beurteilen.

FAZIT

Wurde die Teilwertabschreibung für eine Beteiligung und nach der Verteilungsregelung gemäß § 12 Abs 3 Z 2 KStG auch das TWA-Siebtel für das erste Jahr zu Unrecht (jedoch rechtskräftig) gewährt, so entsteht daraus kein Rechtsanspruch auf Gewährung weiterer Siebtelbeträge in den Folgejahren. 

Es sind grundsätzlich alle als unrichtig erkannten Steuerbilanzen für alle Jahre ab dem „Wurzeljahr“ des Fehlers zu berichtigen. Selbst wenn Feststellungs- oder Abgabenbescheide, die auf unrichtigen Bilanzen beruhen, bereits in endgültige Rechtskraft erwachsen sind und eine Korrektur mangels verfahrensrechtlicher Möglichkeiten nicht (mehr) in Betracht kommt, sind unrichtige Bilanzen dennoch zu berichtigen. Insoweit ein Fehler noch steuerliche Auswirkungen haben kann, wird durch die Zu- und Abschlagsregelungen des § 4 Abs 2 Z 2 EStG die Steuerwirksamkeit der Berichtigung in Verjährungsfällen auf den ersten noch nicht verjährten Veranlagungszeitraum verschoben. 

Hinsichtlich Ansatz von TWA-Siebtelabschreibungen in den Folgejahren ist für jedes einzelne Wirtschaftsjahr gesondert zu beurteilen, ob die rechtlichen Voraussetzungen dafür (noch) vorliegen. 

Für weitere Fragen zu dieser praxisrelevanten Thematik stehen Ihnen die Verfasser sowie auch die übrigen Experten der Service Line "Corporate Tax​​​​​​​" und "Mergers & Acquisitions" gerne zur Verfügung!