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EINKOMMENSTEUER | Arbeitnehmerpflichtveranlagung bei Auslandstätigkeit

Loizenbauer Tamara  |  Rebhandl Silvia

Die Zahl grenzüberschreitender Mitarbeitereinsätze steigt Jahr für Jahr. Wird ein in Österreich steuerlich ansässiger Dienstnehmer im Ausland steuerpflichtig, löst dies auch einen Pflichtveranlagungstatbestand in Österreich aus. Die Prüfung, ob ein Dienstnehmer im Ausland steuerpflichtig wurde, war von den Finanzämtern in der Vergangenheit oft nur schwer durchführbar. Durch den grenzüberschreitenden Informationsaustausch und den Datenaustausch durch Kontrollmitteilungen erhält die Finanzverwaltung jedoch seit 2015 gezielte Informationen über etwaige im Ausland abgeführte Steuern. Sind Dienstnehmer ihrer Verpflichtung zur Abgabe einer Erklärung für die Arbeitnehmerveranlagung nicht nachgekommen, werden sie zunehmend dazu aufgefordert. Alternativ dazu kann das Finanzamt die von der ausländischen Behörde mitgeteilten Einkünfte aber auch von Amts wegen verarbeiten und einen Einkommensteuerbescheid erlassen.  

Pflichtveranlagung bei Auslandstätigkeit 

Arbeitnehmer, die in Österreich ansässig bzw unbeschränkt steuerpflichtig sind, müssen grundsätzlich ihr gesamtes „Welteinkommen“ (inländische und ausländische Einkünfte) in Österreich versteuern. Die ausländischen Einkünfte, die mittels Doppelbesteuerungsabkommen zu entlasten sind (dh unter Progressions­vorbehalt steuerbefreite Einkünfte oder der Anrechnungs­methode unterliegende Einkünfte), gelten für einen in Österreich ansässigen Arbeitnehmer als „andere Einkünfte“ iS § 41 Abs 1 Z 1 EStG und lösen - sofern sie die Höhe von 730 EUR im Jahr übersteigen – hierzulande eine Pflichtveranlagung aus. 

Aus diesem Grund sind Arbeitnehmer, die neben den Inlandseinkünften auch im Ausland steuerpflichtige Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielen, verpflichtet, die ausländischen Einkünfte in der jährlichen Arbeitnehmerveranlagung in Österreich zu erklären. 

Erklärungsfristen 

Der Arbeitnehmer hat grundsätzlich bis zum 30. Juni des Folgejahres eine Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung unter Befüllung des Rubrik „International“ einzureichen. Aufgrund der COVID-19-Krise wurde jedoch die Frist für die Einreichung der Steuererklärungen für das Jahr 2019, somit auch jene zur Arbeitnehmerveranlagung, generell bis 31. August 2020 verlängert (vgl dazu unsere div. NL-Beiträge, zuletzt „CORONAVIRUS | Praxistipps für rasche Abgabenstundungen“ vom 27.3.2020). 

Bei Verletzung der Frist zur Einreichung der Abgabenerklärung kann die Abgabenbehörde einen Verspätungszuschlag iHv bis zu 10% der festgesetzten Aufgabe auferlegen, wenn die Verspätung nicht entschuldbar ist (§ 135 BAO). Die Abgabe der Steuererklärung kann auch durch Zwangsstrafen erzwungen werden (§ 111 BAO). 

Für offene ESt-Nachzahlungen (bzw auch -Guthaben) fallen ab 1. Oktober des Folgejahres nach Entstehen des Abgabenanspruches „Anspruchszinsen“ gemäß § 205 BAO an (begrenzt auf maximal 48 Monate). Der aktuelle Zinssatz dafür beträgt 1,38%. Die Nachforderungszinsen sind ertragsteuerlich nicht abzugsfähig und Gutschriftzinsen nicht steuerpflichtig. Sofern der errechnete Zinsbetrag 50 EUR nicht übersteigt, erfolgt keine Festsetzung. Um Anspruchszinsen für Nachzahlungen zu vermeiden, kann auch eine zeitgerechte „Anzahlung“ in Höhe der aus der Veranlagung zu erwartenden ESt-Nachzahlung entrichtet werden (bei der Überweisung ist auf die korrekte Angabe des Verwendungszwecks zu achten). Für die AN-Veranlagung 2019 hätte eine zinsenvermeidende Anzahlung somit bis 30. September 2020 zu erfolgen. 

Jahreslohnzettel als Grundlage für die Steuererklärung   

Wurde der Arbeitnehmer von seinem österreichischen Arbeitgeber in das Ausland entsendet, hat dieser in der Lohnverrechnung die richtigen Jahreslohnzettel zu erstellen. Wurden vom Arbeitgeber neben steuerpflichtigen nichtselbständigen Bezügen ("Inlandsbezüge") auch Bezüge ausbezahlt, für die Österreich nach dem anzuwendenden Doppelbesteuerungsabkommen kein Besteuerungsrecht hat (Befreiungsmethode), sind die Bezüge für die Auslandstätigkeit auf dem Auslandslohnzettel L8“ darzustellen. War der Dienstnehmer hingegen in einem Land tätig, für das Österreich zur Vermeidung der Doppelbesteuerung die Anrechnungsmethode vorsieht, sind die Bezüge für die Auslandstätigkeit auf dem AuslandslohnzettelL24“ zu erfassen (vgl dazu auch unseren NL-Beitrag „LOHNVERRECHNUNG | Jahreslohnzettelaufteilung bei Auslandstätigkeit“ vom 23.11.2019). 

Ist ein Auslandslohnzettel (L8 oder L24) hinterlegt, liegt ein Pflichttatbestand für die Erklärung der Arbeitnehmerveranlagung vor und wird der Arbeitnehmer in der Regel vom Finanzamt aufgefordert, eine entsprechende Erklärung einzureichen. Dabei ist wie folgt vorzugehen: 

  • Der Arbeitnehmer war 2019 in einem Land tätig, für das zur Vermeidung der Doppelbesteuerung die Befreiungsmethode vorgesehen ist (Auslandslohnzettel L8 ist hinterlegt): 

    In der Rubrik „International“ ist der Block „Progressionsvorbehalt bei Auslandseinkünften“ auszufüllen.

    Dabei sind die steuerpflichtigen Einkünfte aus dem Auslandslohnzettel (L8) in die Kennzahl 453 zu übertragen und die dabei berücksichtigten Werbungkosten anzugeben. 

Bei der Befreiungsmethode werden die Bezüge für die Auslandstätigkeit in Österreich nicht mehr besteuert. Allerdings werden sie für die Berechnung des Steuersatzes, der auf ein etwaiges in diesem Jahr in Österreich steuerpflichtiges Einkommen anzuwenden ist, mitberücksichtigt (Progressionsvorbehalt). Der Progressionsvorbehalt kann dementsprechend auch zu Steuernachzahlungen führen. 

  • Der Arbeitnehmer war 2019 in einem Land tätig, für das zur Vermeidung der Doppelbesteuerung die Anrechnungsmethode vorgesehen ist (Auslandslohnzettel L24 ist hinterlegt): 

    In der Rubrik „International“ ist der Block „Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, für die ein Lohnzettel (Lohnzettelart 24) übermittelt wurde“ auszufüllen. 

    Neben dem Land sind die anzurechnende ausländische Steuer und etwaige noch nicht berücksichtigte Werbungskosten in Zusammenhang mit der Auslandstätigkeit anzugeben.

Bei der Anrechnungsmethode werden die Bezüge für die Auslandstätigkeit in Österreich besteuert. Um eine Doppelbesteuerung zu vermeiden, wird die im Ausland tatsächlich bezahlte Steuer auf die österreichische Steuer angerechnet (allerdings nur insoweit, als die ausländische Steuer der fiktiven österreichischen Steuer entspricht, sog. „Anrechnungshöchstbetrag“). Ist das ausländische Steuerniveau niedriger als in Österreich, ist (bei unterjähriger Steuerfreistellung) mit einer Steuernachzahlung im Rahmen der Arbeitnehmerveranlagung zu rechnen. 

Kontrollmitteilungen und Auswirkungen 

Der automatische Informationsaustausch hat in den letzten Jahren im Rahmen der Bekämpfung der Steuer­hinterziehung sehr stark an Bedeutung gewonnen. Bereits seit 1.1.2015 sieht die EU-Richtlinie über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden (Directive on Administrative Cooperation - DAC) den automatischen Austausch von Informationen betreffend unselbstständige Erwerbseinkünfte, Pensionen, Aufsichtsratsvergütungen, Einkommen aus unbeweglichem Vermögen und Lebensversicherungsprodukten vor (DAC 1). Die Richtlinie sieht drei Formen des Informationsaustauschs vor: 

  • Automatischer Informationsaustausch (AIA): Hier erfolgt der Austausch auf Basis abstrakt vordefinierter Fallgruppen. Ohne vorherige Abfrage und weitere Prüfung werden zuvor definierte Informationen an einen anderen Staat weitergegeben.
  • Informationsaustausch auf Ersuchen: Hier wird eine Anfrage an den ausländischen Staat auf Initiative des ersuchenden Staates gestellt.
  • Spontanauskunft: Hier ergreift ein Staat selbst die Initiative und teilt von sich aus einem anderen Staat Auskünfte zu einem Fall mit, ohne dass dieser zuvor danach gefragt hätte (Kontrollmitteilung). 

Die automatischen Auskünfte zielen darauf ab, die korrekte Festsetzung der Steuern bei grenzüberschreitenden Sachverhalten zu verbessern und Steuerbetrug zu bekämpfen. Dies erfolgt neben dem automatischen Informationsaustausch bspw. durch Versendung einer Kontrollmitteilung. Es handelt sich dabei um eine Spontanauskunft. Hier ergreift ein Staat selbst die Initiative und teilt einem anderen Staat Auskünfte zu einem Fall mit, ohne dass dieser zuvor danach gefragt hätte. Anders gesagt, geht es hier um die elektronische Übermittlung von Kontrollmaterial (Daten), um einen Abgleich mit den Angaben in der Steuererklärung des Steuerpflichtigen zu ermöglichen. Liegt für das Veranlagungsjahr eine Kontrollmitteilung vor, gilt dies als Ausschlussgrund für eine antragslose AN-Veranlagung (Rz 912g LStR).  

 

Verlängerte Verjährungsfristen wegen "Abgabenhinterziehung"?

Kontrollmitteilungen sind häufiger Anlassfall für die Versendung eines Ergänzungsersuchens zur Darlegung des Sachverhalts. Stellt sich im Rahmen eines solchen Ersuchens heraus, dass der Steuerpflichtige bereits seit mehr als zehn Jahren zB immer wieder in Deutschland tätig war und die Deutschland-Einkünfte nie zur Arbeitnehmerveranlagung deklariert hatte, stellt sich die Frage, ob dies ein Anlassfall für die verlängerte Verjährungsfrist von zehn Jahren für „hinterzogene“ Abgaben iS § 207 Abs 2 BAO sein könnte? 

Das Bundesfinanzgericht verneinte diesfalls das Vorliegen einer Abgabenhinterziehung, weil es durchaus der Lebenserfahrung entspreche, dass bei Personen, die über keine steuerlichen Kenntnisse verfügen, das Wissen, dass eine weitergehende Erfassung der Einkünfte zu erfolgen hat, nicht zwingend vorausgesetzt werden kann (BFG 22.5.2018 RV/3100310/2018). 

Dem Steuer­pflichtigen kann folglich zwar eine Verletzung der Sorgfalts­pflicht (und damit aus finanzstraf­rechtlicher Sicht höchstens Fahrlässigkeit), hingegen kein (bedingter) Vorsatz unterstellt werden. Die verlängerte Verjährungs­frist und weitere finanzstraf­rechtliche Konsequenzen werden daher NICHT schlagend.

FAZIT

In Fällen von grenzüberschreitenden Mitarbeitereinsätzen ist anzuraten, die betreffenden Mitarbeiter im Vorfeld über alle steuerlichen Konsequenzen in Zusammenhang mit dem Auslandseinsatz zu informieren und insbesondere auf den zu beachtenden Pflichtveranlagungstatbestand in Österreich hinzuweisen. 

Werden die Einkünfte in Zusammenhang mit der Auslandstätigkeit vom Finanzamt aufgrund des automatischen Informationsaustauschs von Amts wegen berücksichtigt, ist die Höhe der sohin berücksichtigten Einkünfte zu prüfen, zumal die ausländische Steuerbemessungsgrundlage von der österreichischen Bemessungsgrundlage abweichen kann. Wurde eine zu hohe Bemessungsgrundlage herangezogen, wäre eine Korrektur nur im Wege einer Bescheidbeschwerde möglich. 

 

Für weitere Fragen zu diesem Themenkomplex stehen Ihnen die Verfasserinnen sowie gerne auch die übrigen ExpertInnen der Service Line "Global Employment Services​​​​​​​" zur Verfügung!