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CORONAVIRUS | Steuerstundungen und damit einhergehende Haftungsfallen!

Zur Bewältigung der CORONA-Krise sind insbesondere auch Steuerstundungen und Ratenzahlungen von Abgaben ein mittlerweile schon bewährtes Instrument zur Aufrechterhaltung der Liquidität. Diesbezügliche Zahlungserleichterungen gehörten zu den ersten Maßnahmen, die den betroffenen Unternehmen seitens der Finanzverwaltung bereits am Beginn der Krise ab Mitte März d. J. angeboten wurden. Die zunächst erlassmäßigen Regelungen wurden zwischenzeitig, im Rahmen der COVID-19-Sondergesetzgebung, auch in Gesetzesform normiert. Sollten solcherart gestundete Abgaben allerdings letztlich, insbesondere durch Insolvenz, uneinbringlich werden, so laufen die verantwortlichen Vertreter von schuldnerischen juristischen Personen,  insbesondere also die Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften, Gefahr, persönlich zur Haftung für Abgabenausfälle herangezogen zu werden.

Rechtliche Grundlagen für Zahlungserleichterungen 

Nach den allgemeinen verfahrensrechtlichen Regelungen der Bundesabgabenordnung haften Geschäftsführer neben den durch sie vertretenen juristischen Personen uU auch persönlich für die die Gesellschaft treffenden Abgaben, und zwar insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den gesetzlichen Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können (§ 9 Abs 1 iVm § 80 Abs 1 BAO). In der Praxis sind diese abgabenrechtlichen Haftungsbestimmungen insbesondere im Insolvenzfall von Relevanz. Die Geltendmachung einer persönlichen Haftung würde ggfs durch Haftungsbescheide erfolgen (§ 224 BAO). 

Von Abgabenpflichtigen beantragte Stundungen bzw Ratenzahlungen können seitens der Abgabenbehörde dann bewilligt werden, wenn die sofortige (volle) Entrichtung der Abgaben mit erheblichen Härten verbunden wäre UND durch den Aufschub die Einbringlichkeit der Abgaben nicht gefährdet wird (Ermessensregelung gemäß § 212 Abs 1 BAO). 

Im Rahmen der COVID-19-Sonderregelungen wurde insbesondere die BMF-Info vom 24.3.2020 (GZ: 2020-0.190.277) erlassen, wonach unter der Voraussetzung, dass das Vorliegen von Liquiditätsengpässen infolge der COVID-19-Pandemie (insb. Umsatzausfälle) bzw eine individuelle Betroffenheit bzw ein „Notstand“ glaubhaft gemacht werden kann, Stundungen bzw auch Ratenzahlungen für ab Mitte März d. J. fällig werdende Abgaben (Nachzahlungen und Vorauszahlungen) bis 30. September 2020 zu gewähren sind. Dabei geht die Finanzverwaltung aufgrund einer entsprechenden Antragstellung ausdrücklich davon aus, dass die für die begehrten Zahlungserleichterungen verlangten Voraussetzungen tatsächlich vorliegen, was uE als krisenbedingt tolerantere amtswegige Ermessensübung verstanden werden kann. Zudem kann der betroffene Steuerpflichtige mit dem Stundungs- bzw Ratenzahlungsantrag beim Finanzamt beantragen, von einer Festsetzung der nach § 212 Abs 2 BAO grundsätzlich anfallenden Stundungszinsen abzusehen. Siehe dazu auch bereits unseren ausführlichen NL-Beitrag „CORONAVIRUS | Erleichterungen bei Rechts(mittel)fristen“ vom 24.3.2020.

Mit dem Konjunkturstärkungsgesetz 2020 (KonStG 2020 – BGBl I Nr. 96/2020 vom 24.7.2020; siehe dazu bereits unseren NL-Beitrag „CORONAVIRUS | KonStG bringt Steuervorteile für Unternehmen und Private“ vom 7.7.2020) wurden die bis dato nur im Erlasswege geregelten Zahlungserleichterungen für Abgaben nunmehr kodifiziert bzw noch verlängert: Unter den „Sonderregelungen aufgrund der Maßnahmen zur Bekämpfung von COVID-19“ wird in § 323c Abs 11 BAO nunmehr angeordnet, dass Stundungen gemäß § 212 Abs 1 BAO, die nach dem 15. März 2020 bewilligt worden sind und deren Stundungsfrist am 30. September bzw 1. Oktober 2020 endet, bis 15. Jänner 2021 aufrecht bleiben (dies unter Einbeziehung weiterer Abgaben, welche bis spätestens 25. September 2020 bzw ESt/KöSt-Vorauszahlungen, welche bis spätestens 27. November 2020 auf dem Abgabenkonto verbucht wurden). Nach dem Gesetzeswortlaut dürften die nunmehr gesetzlich geregelten Steuerstundungen bzw deren Verlängerung sogar zwingend sein („… bleibenaufrecht …“) bzw bedürfen diese jedenfalls keines gesonderten Verlängerungsantrages mehr. Darüber hinaus wurden nunmehr auch die Ratenzahlungen gesetzlich geregelt (§ 323c Abs 12 BAO).

Weiters wurden auch die Stundungszinsen temporär gesenkt: Für den Zeitraum zwischen 15. März 2020 und 15. Jänner 2021 sind überhaupt keine Stundungszinsen vorzuschreiben, für die daran anschließenden Zeiträume erfolgt in einem Zweimonatsrhythmus eine stufenweise Erhöhung und erreichen erst ab 1. November 2021 wieder das Normalausmaß gemäß § 212 Abs 2 BAO iHv 4,5 % über dem Basiszinssatz (323c Abs 13 und 14 BAO). Schließlich sind für Abgabenfälligkeiten zwischen 15. März 2020 und 31. Oktober 2020 auch keine Säumniszuschläge zu entrichten (§ 323c Abs 15 BAO).

Die vorgenannten gesetzlichen Zahlungserleichterungen des KonStG 2020 gelten jedoch ausdrücklich nicht für Landes- und Gemeindeabgaben (§ 323c Abs 16 BAO). 

Steuerstundungen und Gefährdung der Einbringlichkeit

All diese Regelungen könnten gleichsam als „Ermutigung“ des BMF bzw auch des Gesetzgebers verstanden werden, bei wirtschaftlichen Schwierigkeiten infolge der CORONA-Krise vor allem die abgabenrechtlichen Zahlungserleichterungen in Anspruch zu nehmen. 

In diesem Zusammenhang ist allerdings darauf hinzuweisen, dass die gesetzlichen Regelungen über die Geschäftsführerhaftung bei Uneinbringlichkeit von Steuerschulden (insb. bei Insolvenz der vertretenen Gesellschaft) bislang nicht geändert wurden (vgl insb. § 9 Abs 1 BAO idgF). 

Bei Insolvenz eines Unternehmens wird in der Regel geprüft, ob eine Pflichtverletzung des Geschäftsführers als gesetzlicher Vertreter einen Steuerausfall verursacht hat. Kann ihm eine schuldhafte Pflichtverletzung als Vertretungsorgan vorgeworfen werden, so kann der Geschäftsführer im Wege eines entsprechenden Haftungsbescheides für den Abgabenausfall persönlich haftbar gemacht werden. 

Mit der Beantragung einer Steuerstundung bestätigt die Geschäftsführung nämlich zugleich auch, dass dadurch die Einbringlichkeit der Abgaben nicht gefährdet wird (vgl § 212 Abs 1 BAO). Ein solch gefährdender (die Steuerstundung vereitelnder) Umstand wäre insbesondere eine drohende Insolvenzgefahr des antragstellenden Unternehmens im Zeitpunkt des Stundungsantrages

Um eine unrichtige Erklärung iS § 212 BAO zu vermeiden, hat sich der Geschäftsführer somit VOR Beantragung einer Steuerstundung zu vergewissern, dass lediglich ein vorübergehender Liquiditätsengpass gegeben ist und voraussichtlich eben kein Abgabenausfall eintreten wird. 

Im Falle einer persönlichen Inanspruchnahme müssen die Geschäftsführer ggfs entsprechend darlegen, aus welchen Gründen mit der Beantragung von abgabenrechtlichen Zahlungserleichterungen keine schuldhafte Pflichtverletzung einhergegangen ist (Dokumentation durch stichhaltige Liquiditätsplanung etc).

FAZIT

Wenngleich in der gegenwärtige CORONA-Krise die Beantragung von Steuerstundungen und Ratenzahlungen faktisch zum Standardinstrumentarium für den Liquiditätserhalt der betroffenen Unternehmen gehört (und hiefür verschiedene Regelungen bzw Erleichterungen vorgesehen sind), sind dennoch auch hier die damit einhergehenden Risiken zu beachten. Eine fundierte Finanzplanung unter Berücksichtigung der Vermögens-, Ertrags- und Liquiditätslage der Gesellschaft ist daher unbedingt notwendig, um die Einbringlichkeit gestundeter Abgaben iS § 212 Abs 1 BAO darzulegen und die Geschäftsführer insbesondere auch in Verbindung mit Zahlungserleichterungsansuchen vor persönlichen Haftungen gegenüber dem Fiskus zu schützen. 

Werden Abgaben hingegen nicht (auch) wegen schuldhafter Pflichtverletzung sondern nur aufgrund des Eintritts unvorhersehbarer Umstände uneinbringlich, so ist eine persönliche Haftungsinanspruchnahme des Geschäftsführers NICHT zulässig. Keinesfalls aber darf eine Abgabenstundung als Instrument zur Hinauszögerung eines Insolvenzantrages verwendet werden (vgl in diesem Zusammenhang aber auch die von 60 auf 120 Tage verlängerte Insolvenzantragsfrist gemäß § 69 Abs 2a IO idF 2. COVID-19-Gesetz; NL-Beitrag „CORONAVIRUS | Erleichterungen bei Rechts(mittel)fristen“ vom 24.3.2020). 

Wir empfehlen jedenfalls, die im Zeitpunkt eines Stundungsansuchens verfügbaren Informationen in Verbindung mit einer belastbaren Planungsrechnung möglichst gut zu dokumentieren. Darüber hinaus kann im Falle der Inanspruchnahme der Geschäftsführung nach einer Unternehmensinsolvenz als Rechtfertigung wohl aber schon auch ins Treffen geführt werden, dass sowohl die Finanzverwaltung als auch der Gesetzgeber selbst Zahlungserleichterungen im Abgabenbereich als Instrument zur Aufrechterhaltung der Liquidität während der CORONA-Krise angeboten bzw erheblich erleichtert haben. Für weitere Fragen und Unterstützung stehen Ihnen die Experten der Service Line "Tax Controversy" gerne zur Verfügung.

Abschließend möchten wir Sie auch noch auf unsere aktuellen WEBINARE im Rahmen der ICON TAX ACADEMY hinweisen, die sich unter anderem auch mit verschiedenen Themen zur CORONA-Krise“ beschäftigen. Einen Überblick gibt Ihnen unser Veranstaltungskalender

ICON hat auch eine eigene CoV-Taskforce mit ExpertInnen aus den verschiedenen Service Lines​​​​​​​ zusammengestellt, die Ihnen für Fragen und Anliegen zum CORONA-Themenkomplex jederzeit gerne zur Verfügung stehen. Alle unsere zum Themenschwerpunkt CORONA-Krise veröffentlichten Newsletter-Beiträge sowie Hinweise auf weitere Informationsquellen finden Sie unter dieser Übersicht:  "ICON Special News & Links" .