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ENTSENDUNGEN | Öffnung des heimischen Arbeitsmarktes für Kroatien

Hummer Martin  |  Zeintl Christoph

Nach dem EU-Beitritt Kroatiens am 1. Juli 2013 ist die siebenjährige Übergangsfrist nunmehr abgelaufen. Damit haben kroatische Staatsbürger seit 1. Juli 2020 uneingeschränkten Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt. Wenngleich es aufgrund der Covid-19-Krise derzeit diverse Reisebeschränkungen gibt, so können Österreicher und Kroaten seit 1. Juli d. J. grundsätzlich ungehindert in Kroatien bzw Österreich arbeiten.  

Anläßlich des Beitrittes von Kroatien zur Europäischen Union per 1. Juli 2013 hatten wir Sie im Rahmen unseres Newsletters bereits über die damit geänderten Rahmenbedingungen für Arbeitnehmerentsendungen informiert (vgl unseren NL-Beitrag „KROATIEN | Arbeitnehmerentsendungen nach EU-Beitritt“ vom 9.7.2013). Nach Ablauf der siebenjährigen Übergangsfrist dürfen wir Ihnen nunmehr ein Update auf Basis der aktuellen Rechtslage geben: 

Entsendung von Arbeitnehmern 

Kroatische Staatsbürger dürfen nunmehr ohne Entsende- oder Beschäftigungsbewilligung nach Österreich entsendet werden, um hier ihre Arbeit zu verrichten. Seit 1. Juli 2020 gilt für Personen mit einem kroatischen Pass, die in Österreich arbeiten wollen, insbesondere auch die volle Arbeitnehmerfreizügigkeit und Dienstleistungsfreiheit der Europäischen Union (EU-Grundfreiheiten). 

Allerdings haben kroatische Unternehmen – wie auch alle übrigen EU- bzw EWR-Unternehmen - die Vorschriften des österreichischen Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetzes (LSD-BG) zu beachten. Dies bedeutet insbesondere: 

  • Vor der Arbeitsaufnahme muss eine entsprechende Meldung („ZKO 3“ für Entsendungen bzw „ZKO 4“ für Überlassungen) bei der Zentralen Koordinationsstelle für die Kontrolle illegaler Ausländerbeschäftigung (ZKO) über die Entsendung oder Überlassung von Arbeitnehmern erfolgen (§ 19 LSD-BG).
     
  • Das kroatische Unternehmen hat obige Meldeunterlagen, SV-Unterlagen, behördliche Genehmigungen und Lohnunterlagen für die Dauer der Entsendung am Arbeitsort im Inland während des Entsendezeitraums bereitzuhalten oder in elektronischer Form zugänglich zu machen (§§ 21 und 22 LSD-BG).
     
  • Ebenso setzt das österreichische Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz (§ 3 Abs. 3 LSD-BG) voraus, dass der österreichische Mindestlohn bezahlt und der zustehende Urlaubsanspruch gewährt wird (§ 4 Abs. 2 LSD-BG). Bei Nichtbeachtung dieser Regelungen kann es zu hohen Strafen kommen. 

Auch im umgekehrten Fall dürfen Österreicher nun ohne entsprechende Entsende- oder Beschäftigungsbewilligung in Kroatien arbeiten. Allerdings muss auch hier beim kroatischen Ministerium für Arbeit und Rentenversicherung eine entsprechende Meldung erfolgen.

Bei Auslandstätigkeit ist für alle Staatsbürger der EU, die im Rahmen ihrer Erwerbstätigkeit Anknüpfungspunkte zu mehreren EU-Staaten aufweisen, das FormularA1“ auszustellen. Dieses Formular dient als Bescheinigung darüber, welche nationalen SV-Vorschriften auf die jeweilige Person anzuwenden sind. Konkret soll damit die Weitergeltung des SV-Rechts des Wohnsitzstaates sichergestellt werden. Der Antrag ist immer beim jeweiligen Träger des Wohnsitzstaates zu stellen. Arbeitnehmer müssen also neben den Meldepflichten bei der Entsendung und Überlassung eine Bescheinigung (A1-Formular) über das anzuwendende Sozialversicherungsrecht mitführen. 

Entsendung von Selbstständigen 

Für selbstständige Personen gilt ebenfalls, wie für Arbeitnehmer, dass bei Auslandstätigkeit das A1-Formular auszustellen und mitzuführen ist. Darüber hinaus benötigen diese einen Vertrag mit einem kroatischen Auftraggeber. Sind diese beiden Kriterien erfüllt, können selbstständige Personen in Kroatien vorübergehende und kurzfristige Arbeiten durchführen. 

Einschränkungen 

Für einige Branchen können weiterhin Beschränkungen sowie besondere Meldevorschriften gelten, welche zum Beispiel für Versicherungsdienstleistungen und die Baubranche gesondert zu beachten sind. 

FAZIT 

Österreicher und Kroaten können seit 1. Juli 2020 ungehindert in Kroatien bzw Österreich arbeiten. Dazu benötigen sie eine Bescheinigung (A1-Formular) über das anzuwendende Sozialversicherungsrecht. Für in Österreich tätige Kroaten kommt das LSD-BG uneingeschränkt zur Anwendung. Das bedeutet beispielsweise, dass vor Arbeitsaufnahme eine ZKO-Meldung zu erfolgen hat, der durch Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag vorgeschriebene Mindestlohn zu bezahlen ist und bestimmte Unterlagen im Inland bereitzuhalten sind. Die Aufbewahrungspflicht kann auch durch einen österreichischen Steuerberater erfüllt werden. Im umgekehrten Fall der Entsendung nach Kroatien gelten entsprechende Vorschriften. 

Die vollständige Öffnung des Arbeitsmarktes infolge der nunmehr abgelaufenen siebenjährigen Übergangsfrist erfordert einigen Umstellungsbedarf im Bereich der Arbeitnehmerentsendungen. Gerne unterstützen wir Sie dabei, Entsendungen von und nach Kroatien zu planen. Wir können Ihnen auch bei der Erfüllung Ihrer Pflichten nach dem LSD-BG und vergleichbarer ausländischer Vorschriften behilflich sein. Außerdem berechnen wir für Sie auch gerne die zu entrichtende Lohnsteuer. 

Hinsichtlich projektunabhängiger Entsendungen nehmen Sie bitte mit unserer Service Line "Global Employment Services" Kontakt auf. Häufig erfolgen Arbeitnehmerentsendungen im Rahmen von Projektabwicklungen; diesfalls sind unsere Länderexperten Ihre ersten Ansprechpartner. Gerne helfen Ihnen die Verfasser bzw auch die übrigen Ansprechpartner unserer Service Line "International Tax​​​​​​​" weiter.