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EUROPÄISCHE UNION | Handlungsbedarf für Plattformeinkünfte durch DAC7!

Steuerpflichtigen, die Online-Plattformen wie Airbnb, Uber, Myhammer etc zur Vermittlung ihrer Waren bzw Dienstleistungen nutzen und die daraus resultierenden Einkünfte bzw Umsätze bisher nicht ordnungsgemäß deklariert haben, droht Ungemach. Denn die bis 31.12.2021 in das nationale Recht der Mitgliedstaaten umzusetzende sechste Überarbeitung der EU-Richtlinie über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung („DAC7“) sieht nämlich ua einen automatischen Informationsaustausch über derartige „Plattformeinkünfte“ vor. Wer also einen diesbezüglichen Handlungs- bzw Erklärungsbedarf hat, sollte zeitgerecht aktiv werden und der Finanzverwaltung zuvorkommen. Im nachfolgenden Beitrag erfahren Sie, was zukünftig automatisch an die lokalen Finanzbehörden gemeldet wird, was nun zu tun ist und welche Maßnahmen DAC7 außerdem bringen wird.

Ein wesentlicher Erfolgsfaktor für die Bekämpfung von Gewinnverlagerung und Steuervermeidung bzw insbesondere auch von Steuerhinterziehung ist die hinreichende Transparenz steuerrelevanter Vorgänge. Sowohl OECD als auch EU haben daher in den letzten Jahren die länderübergreifende Zusammenarbeit der Finanzbehörden massiv ausgebaut. Ein bedeutendes Instrument für mehr Transparenz ist in diesem Zusammenhang der automatische Informationsaustausch. Mittlerweile werden Informationen über Bankkonten, Country by Country Reporting (CbCR), Rulings, Gehaltsdaten, meldepflichtige Gestaltungen und Einiges mehr - zumindest innerhalb der EU, wenn nicht weltweit - automatisch zwischen den Finanzbehörden ausgetauscht. 

Ein wesentliches Regelwerk zur Schaffung von mehr Transparenz innerhalb der EU ist die Richtlinie 2011/16/EU des Rates über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung (Directive on Administrative Cooperation, kurz „DAC“). Im Rahmen des Steuerpakets für faire und einfache Besteuerung veröffentlichte die Europäische Kommission bereits im Juli letzten Jahres einen Vorschlag für die sechste Überarbeitung dieser Richtlinie (auch „DAC7“ genannt). Eine überarbeitete Version dieses Richtlinienvorschlages wurde am 1. Dezember 2020 durch den ECOFIN verabschiedet. Es ist davon auszugehen, dass der Europäische Rat die entsprechende Richtlinie in Kürze beschließen wird. DAC7 hat folgende Regelungen zum Inhalt: 

  • Definition des Begriffs der voraussichtlichen Erheblichkeit, der bei einem Informationsersuchen Anwendung findet
  • Neuregelung von Gruppenersuchen
  • Ausweitung des automatischen Informationsaustausches für bestimmte Einkünfte auf Lizenzzahlungen
  • Einführung eines Automatischen Informationsaustauschs für Plattformbetreiber (!)
  • Detaillierte Regelungen für die Durchführung von gemeinsamen Prüfungen zwischen zwei oder mehreren Mitgliedsstaaten 

Automatischer Informationsaustausch für Plattformbetreiber 

Ein Bereich, in dem für viele Finanzverwaltungen bis dato noch ein erhebliches Informationsdefizit über die involvierten Steuerpflichtigen besteht, ist die sog. „Sharing and Gig Economy“. Die Sharing Economy ermöglicht die geteilte Nutzung von Ressourcen wie zB von Wohnungen (zB Airbnb, Wimdu) oder Fahrzeugen (Carsharing, Ride-Sharing, Uber). Plattformen der Gig Economy vermitteln kleine Aufträge kurzfristig an unabhängige Selbständige, Freiberufler oder geringfügig Beschäftigte (zB Uber, Diliveroo, Foodora, MyHammer). Gemeinsam ist diesen Plattformen, dass die Einkünfteempfänger meist auf selbständiger bzw gewerblicher Basis tätig sind und folglich auch ihre steuerlichen Einkünfte selbst erklären müssten.

Die OECD hat in diesem Zusammenhang bereits am 3. Juli 2020 ein Papier mit dem Titel "Model Rules for Reporting for Platform Operators with respect to Sellers in the Sharing and Gig Economy" veröffentlicht. Aufbauend auf diesem Vorschlag der OECD sollen die EU-Mitgliedstaaten nunmehr im Rahmen von DAC7 verpflichtet werden, einen automatischen Informationsaustausch zu Plattformeinkünften einzuführen. 

Die Plattformbetreiber werden damit zur Meldung der von Nutzern erzielten Einkünfte an die Finanzverwaltung verpflichtet. Der Plattformbetreiber muss diese Meldung jährlich an die für ihn zuständige Steuerbehörde in einem Mitgliedstaat machen. Die Meldepflicht betrifft auch nicht in der EU ansässige Plattformbetreiber, die sich ggfs gesondert registrieren müssen. Im Rahmen des Automatischen Informationsaustausches werden die entsprechenden Informationen dann an die Steuerbehörden im jeweiligen Ansässigkeitsstaat des Steuerpflichtigen weitergeleitet. Im Falle von vermieteten Objekten (zB über Airbnb) gelangen die Informationen außerdem an den Mitgliedstaat, in dem das vermietete Objekt liegt. 

Folgende Tätigkeiten sind von der Meldepflicht umfasst: 

  • Vermietung von Immobilien
  • Persönliche Dienstleistungen (zB Fahrdienstleistungen)
  • Verkauf von Waren
  • Vermietung von Transportmitteln aller Art (zB Car-Sharing des Privat-Pkw)
  • Investitionen und Kreditgewährung im Rahmen von Crowdfunding (Crowdinvesting oder Crowdlending) 

Plattformen, welche die Vermittlung derartiger Transaktionen ermöglichen, müssen folgende Daten der Dienstleister bzw Verkäufer bis zum 31. Jänner des Folgejahres an die zuständige Finanzbehörde übermitteln: 

  • Name, Hauptanschrift, Steueridentifikationsnummer, ggfs Handelsregisternummer, ggfs UID-Nummer, Geburtsdatum bei natürlichen Personen;
  • Informationen über das Finanzkonto und dessen Eigentümer, auf dem die Einzahlung oder Gutschreibung der Vergütung erfolgt ist;
  • sämtliche Ansässigkeitsstaaten des Leistungserbringers;
  • insgesamt gezahlte oder gutgeschriebene Vergütung je Quartal;
  • von der Plattform einbehaltene oder berechnete Gebühren, Provisionen oder Steuern; 

Werden durch den Verkäufer Vermietungsleistungen von unbeweglichem Vermögen erbracht, sind folgende Informationen zusätzlich zu melden: 

  • Anschrift des Vermietungsobjekts;
  • Anzahl der Tage, an denen das Vermietungsobjekt vermietet war, sowie die Art der inserierten Immobilieneinheiten

Die Vorgaben des EU-Richtlinienvorschlages sollen bis 31.12.2021 umgesetzt werden und für Meldezeiträume (Kalenderjahre) ab dem 1.1.2022 gelten.

Aufzeichnungspflicht in Österreich seit 1.1.2020 

In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass das österreichische Umsatzsteuergesetz gemäß § 18 Abs 11 UStG bereits seit 1.1.2020 eine Aufzeichnungspflicht für Plattformbetreiber normiert, wenn deren Plattform die Erbringung von Dienstleistungen, wie Vermietungsleistungen, in Österreich an Nichtunternehmer oder den Verkauf von Waren in Österreich an Kunden wie Nichtunternehmer, Kleinunternehmer, USt-pauschalierte Land- und Forstwirte etc ermöglicht. Die verlangten Aufzeichnungen sind der zuständigen Finanzbehörde nach Aufforderung elektronisch zur Verfügung zu stellen. Übersteigt hingegen der Gesamtwert der aufzuzeichnenden Umsätze die Grenze von 1 Mio EUR im Kalenderjahr, sind die Aufzeichnungen automatisch an die Finanzbehörde zu übermitteln. Ausführliche Informationen dazu finden Sie auf der Homepage des Unternehmensserviceportals (USP) sowie auch bereits in unserem NL-Beitrag "DIGITALSTEUER | Neue Besteuerung der digitalen Wirtschaft ab 2020!" vom 18.4.2019. 

Dringender Handlungsbedarf für Nutzer von Plattformen 

Die bevorstehende Einführung des automatischen Informationsaustauschs über Plattformeinkünfte sowie die bereits bestehende Aufzeichnungspflicht über Plattformumsätze bringt für betroffene Steuerpflichtige einen unmittelbaren Handlungsbedarf betreffend etwaige bis dato noch nicht vollständig bzw korrekt deklarierte steuerliche Einkünfte bzw Umsätze.  Es ist davon auszugehen, dass die Finanzbehörden die übermittelten Informationen prüfen und bei Unstimmigkeiten Kontakt mit dem Steuerpflichtigen aufnehmen bzw eine Prüfung einleiten werden. Dabei kann bzw wird die Finanzbehörde wohl auch frühere Jahre kritisch hinterfragen. Der automatische Informationsaustausch bzw die Aufzeichnungspflicht hat nämlich auf die grundsätzliche Einkommen- oder Umsatzsteuer(erklärungs)pflicht der über Plattformen bezogenen Einkünfte/Umsätze keinerlei Auswirkungen. Für nicht richtig oder nicht vollständig erklärte Einkünfte bzw Umsätze drohen entsprechende finanzstrafrechtliche Sanktionen und Säumnisfolgen. Insoweit eine Abgabenhinterziehung vorliegt, ist dabei eine Verjährungsfrist von 10 Jahren, in anderen Fällen von 5 Jahren zu beachten. 

Strafen können durch eine rechtzeitige Selbstanzeige iSd § 29 Finanzstrafgesetz vermieden werden. Dafür sind jedoch die Verfehlungen der zuständigen Finanzbehörde zeitgerecht und umfassend offenzulegen und die verkürzten Steuern zu entrichten. Straffreiheit tritt durch eine Selbstanzeige hingegen NICHT mehr ein, wenn bereits Verfolgungshandlungen gegen die betroffenen Steuerpflichtigen gesetzt wurden, die Tat bereits entdeckt wurde und dies dem Anzeiger bekannt ist oder bereits einmal hinsichtlich desselben Abgabenanspruchs (Steuerart und Zeitraum) Selbstanzeige erstattet worden war. Sofern eine Prüfung durch die Finanzbehörde anberaumt wird, wäre Selbstanzeige mit strafbefreiender Wirkung spätestens bis zum Beginn dieser Amtshandlung zu erstatten, wobei es ggfs zu einer Abgabenerhöhung in Form von Zuschlägen zu den Steuernachzahlungen kommt (vgl dazu auch unseren NL-Beitrag „SELBSTANZEIGEN | Abgabenerhöhung schon nach formloser BP-Ankündigung!“ vom 17.7.2020).

FAZIT 

Mit der EU-Richtlinie „DAC7“ wird die grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Finanzbehörden innerhalb der Europäischen Union weiter ausgebaut. Kernelement dabei ist die Einführung des automatischen Informationsaustauschs über sog. „Plattformeinkünfte“ ab 1.1.2022. Steuerpflichtige, die (elektronische) Plattformen zur Vermittlung ihrer Waren bzw Leistungen nutzen, sollten sich vor diesem Hintergrund umgehend mit der korrekten Abbildung ihrer steuerlichen Situation – auch für die Vergangenheit - auseinandersetzen. Andernfalls drohen neben Steuernachzahlungen auch empfindliche Strafen und Säumnisfolgen. Um diese zu vermeiden, sollte die Vergangenheit umgehend aufgearbeitet und ggfs eine zeitgerechte Selbstanzeige vorbereitet werden. Dabei ist eine ausreichende Liquidität für die Begleichung der Steuernachzahlungen vorzuhalten. 

Die Experten der ICON helfen Ihnen gerne bei einer allfällig erforderlichen Sanierung Ihrer steuerlichen Situation. Für weitergehende Fragen zu dieser Thematik stehen Ihnen die Verfasser sowie insbesondere auch unsere Service Line „Tax Controversy​​​​​​​“ gerne zur Verfügung!