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TRANSFER PRICING | BFG-Urteil zu konzerninternen Darlehenszinsen

Hummer Martin  |  Zeintl Christoph

Bei konzerninternen Darlehen müssen die vereinbarten Bedingungen zwischen Darlehensgeber und Darlehensnehmer (insbesondere der Zinssatz und die Zahlungskonditionen) dem Fremdüblichkeitsgrundsatz entsprechen. Im nachfolgenden Beitrag wird eine aktuelle Entscheidung des Bundesfinanzgerichts zur Festlegung eines fremdüblichen Darlehenszinssatzes näher beleuchtet. Dabei war zu klären, ob der Zinssatz eines unter vergleichbaren Bedingungen gegebenen Bankdarlehens an einen fremden Dritten ohne Anpassung auch als Fremdvergleichszinssatz für ein konzerninternes Darlehen herangezogen werden kann.

Preisvergleichsmethode 

Werden grenzüberschreitende Geschäftsbeziehungen zu nahestehenden Gesellschaften unterhalten, sind diese Transaktionen ebenso zu bepreisen, als seien sie unter fremden Dritten zustande gekommen (Fremdvergleichsgrundsatz). Bei einem konzerninternen Darlehen steht dem Darlehensgeber eine fremdübliche Vergütung (Zinsen) für die Kapitalüberlassung zu. 

Die Bestimmung des fremdüblichen Zinssatzes für konzerninterne Darlehen erfolgt häufig nach der Preisvergleichsmethode, die aufgrund der Vergleichsmöglichkeiten auf externen Kreditmärkten eine durchaus brauchbare und sowohl in den österreichischen Verrechnungspreisrichtlinien 2010 (ÖVPR 2010) als auch in den OECD-Verrechnungspreisleitlinien 2017 (OECD-VPL 2017) empfohlene Methode darstellt. Für den Darlehensgeber sind dabei risikoerhöhende Faktoren (z.B. lange Laufzeit, Nachrangigkeit) zinserhöhend zu berücksichtigen, während risikominimierende Faktoren (z.B. Garantien) zinsmindernd wirken. 

Bankenangebot 

Eine Möglichkeit, im Rahmen der Preisvergleichsmethode einen fremdüblichen Zinssatz zu finden, stellt die Einholung einer Stellungnahme von einem Kreditinstitut dar (sog. Bankenangebot). In einem solchen Schreiben gibt die Bank Auskunft darüber, welchen Zinssatz für ein vergleichbares Darlehen an das Unternehmen sie verlangen würde (Rz 87 ff ÖVPR 2010). Bezüglich Vergleichbarkeit sind etwa Währung, Laufzeit, Kreditwürdigkeit des Schuldners, Währungsrisiken sowie Refinanzierungskosten zu berücksichtigen. Eine direkte Vergleichbarkeit mit Kommerzbanken ist allerdings aufgrund der unterschiedlichen Zielsetzungen idR nicht gegeben. Der Sollzinssatz konzernfremder Kommerzbanken kann auch deshalb lediglich als Obergrenze angesehen werden, weil in einem Konzern idR der Darlehensgeber auf die Kreditwürdigkeit des Darlehensnehmers Einfluss nehmen kann. 

Nach dem kürzlich veröffentlichten Kapitel „Finanztransaktionen“ in den OECD-VPL 2017 stellt jedoch ein Bankangebot kein konkretes Darlehensangebot dar, sodass implizit vermutet wird, es könnte sich hiebei um ein „Gefälligkeitsangebot“ handeln. Dementsprechend wird ein Bankenangebot nach den OECD-VPL 2017 kritisch und NICHT zwingend in Übereinstimmung mit dem Fremdvergleichsgrundsatz gesehen. Detailliert können Sie dies nochmals in unserem NL-Beitrag TRANSFER PRICING | Finanztransaktionen – Gruppeninterne Darlehen vom 9.10.2020 nachlesen. 

Entscheidung des Bundesfinanzgerichts 

Im BFG-Urteil vom 23.01.2020, RV/5101346/2019, für das keine (ordentliche) Revision zugelassen wurde, kam das Gericht zum Ergebnis, dass der Zinssatz, den in diesem konkreten Fall eine Bank für ein ansonsten vergleichbares Darlehen an einen fremden Dritten verrechnet hat, alsFremdvergleichszinssatzohne weitere Risikoauf- oder -abschläge heranzuziehen ist: 

In diesem Rechtsmittelfall hatte eine österreichische GmbH, die im Bereich Engineering tätig ist, ein Darlehen an ihre rumänische Tochtergesellschaft begeben. Die österreichische Betriebsprüfung kam zur Auffassung, dass der angewandte Darlehenszinssatz für die Jahre 2014 bis 2016 nicht fremdüblich sei und nahm eine Anpassung des Zinssatzes für die Jahre 2 und 3 auf 3% vor. Der Zinssatz für das Jahr 1 blieb indessen unverändert bei 5,5%. 

Die GmbH sah für das Jahr 1 ebenfalls einen Zinssatz iHv 3% als angemessen an und reichte dahingehend Beschwerde ein. Das BFG sah es unter den gegebenen Umständen als schlüssig an, einen Zinssatz von 4% zzgl. Euribor als angemessenen Fremdvergleichszinssatz für das Jahr 1 zu berücksichtigen. Dieser Zinssatz wurde nämlich von einem Kreditinstitut für ein vergleichbares Darlehen an eine andere Konzerngesellschaft (an welcher die GmbH eine indirekte Beteiligung hat) verrechnet. Die GmbH argumentierte, man müsse aufgrund der unterschiedlichen Kreditbedingungen eine Anpassung des Zinssatzes vornehmen. Das BFG stellte hingegen fest, dass sich in diesem konkreten Fall die zinserhöhenden (fehlende Besicherung) und die zinssenkenden (fehlende Gewinnmaximierung) Faktoren gegeneinander aufrechnen, sodass der Zinssatz von 4% zzgl. Euribor unverändert auch für das konzerninterne Darlehen übernommen werden könne. Davon könnte lediglich durch weitere Nachweise seitens der GmbH (erhöhte Mitwirkungspflicht) abgewichen werden.   

Gemäß Rz 88 ÖVPR 2010 wird jedoch eine direkte Vergleichbarkeit einer konzerninternen Finanzierung mit jener durch Kommerzbanken vielfach NICHT gegeben sein, weil die unternehmerischen Zielsetzungen von Banken und jene von anderen Wirtschaftskonzernen unterschiedlich sind. Während im Fall einer Bankfinanzierung das Kreditinstitut das Ziel verfolgt, die bei ihm eingelegten Gelder mit größtmöglichem Gewinn zu veranlagen, ist das Ziel eines Konzerns darauf ausgerichtet, liquide Mittel im Konzern aufzugreifen und bedarfsorientiert im Konzern so weiterzuleiten, dass damit die einzelnen Konzerngesellschaften ihre eigenen unternehmerischen Ziele verwirklichen können. Während daher der Bankensektor mit der Kreditvergabe die Erzielung eines gewerblichen Gewinns anstrebt, geht es dem Konzern um die Sicherung der Liquidität sowie die Optimierung der Mittel und des Zinsergebnisses. 

Das Kreditinstitut verfolgt also ein Gewinnmaximierungsziel und das Unternehmen insbesondere das Ziel der Liquiditätssicherung. Deshalb wären laut ÖVPR 2010 entsprechende Anpassungen des Zinssatzes vorzusehen. Davon abweichend glichen sich diese beiden Effekte nach Ansicht des BFG in dem konkreten Fall offenbar genau aus, was zu einer vollständigen Anwendbarkeit des Bankenzinssatzes auf konzerninterne Darlehen führte. 

FAZIT

Nach dem obzitierten BFG-Urteil vom 23.1.2020 könnten künftig uU Zinsen für vergleichbare Bankdarlehen ohne weitere Anpassungen als Fremdvergleichszins herangezogen werden. Dies im Widerspruch zu  den ÖVPR 2010, wonach davon auszugehen ist, dass der konzerninterne Darlehensgeber auf die Kreditwürdigkeit des Darlehensnehmers Einfluss nehmen kann, sodass es zu einem Risikoabschlag vom Bankenzinssatz kommen müsse. Demgegenüber ging man im oa BFG-Urteil davon aus, dass vielmehr ein Bankdarlehen mit Sicherheiten abgedeckt ist, während man bei der konzerninternen Darlehensvergabe keine Besicherung bzw. Möglichkeit der Einflussnahme auf die Kreditwürdigkeit des Darlehensschuldners gesehen hat. Im BFG-Urteil geht man also von einem Risikoaufschlag auf das Bankdarlehen aus, welcher sich mit dem Effekt der Gewinnmaximierung bei Banken ausgleicht.    

Wie bereits in unserem NL-Beitrag TRANSFER PRICING | Finanztransaktionen – Gruppeninterne Darlehen vom 9.10.2020 möchten wir auch an dieser Stelle nochmals auf das neue Kapitel V in den OECD-VPL 2017 zu Finanztransaktionen hinweisen, wonach gewöhnlich bei Bankzinsen sehr wohl Anpassungen vorzunehmen sind. Daher sollte man auch in Zukunft genau überprüfen, inwieweit ein Bankzinssatz tatsächlich ohne weitere Anpassungen als Fremdvergleichszinssatz für ein konzerninternes Darlehen herangezogen werden kann. Die obige BFG-Entscheidung dürfte wohl eher als Einzel- bzw Ausnahmefall anzusehen sein. 

Weiters dürfen wir Sie auch noch auf unsere Beitragsserie zum Thema Finanztransaktionen hinweisen (vgl zuletzt unseren NL-Beitrag TRANSFER PRICING | Finanztransaktionen - Cash-Pooling und Hedging vom 15.12.2020, worin Sie auch die Links zu den übrigen bisherigen Beiträgen dieser Serie finden). 

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