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DEUTSCHLAND | Änderungen beim Steuerabzug auf Lizenzgebühren

Hofmann Robert  |  Saliji Murat

Das deutsche Bundesministerium für Finanzen hatte mit BMF-Schreiben vom 6.11.2020 in einer Verwaltungsanweisung klargestellt, dass auch nicht in Deutschland ansässige Lizenznehmer zur Steueranmeldung sowie zum Steuerabzug verpflichtet sind, wenn sich ihre Lizenzzahlungen auf Rechte beziehen, die in einem deutschen Register eingetragen sind. Die Eintragung in ein deutsches Register alleine genüge, um den Inlandsbezug und somit die beschränkte Steuerpflicht des Lizenzgebers zu begründen. Demgemäß wären auch außerhalb Deutschlands ansässige Lizenznehmer verpflichtet gewesen, auf ihre Lizenzzahlungen – ggfs auch nachträglich - deutsche Abzugsteuern anzumelden und abzuführen. Für Steuerpflichtige, die „unzweifelhaft“ nach einem Doppelbesteuerungsabkommen begünstigt sind, wurden mittels einer mit BMF-Schreiben vom 11.2.2021 veröffentlichten weiteren Verwaltungsanweisung nunmehr Erleichterungen geschaffen, wonach in bestimmten Fällen ein Steuerabzug unterbleiben darf. Dennoch sorgen die beiden BMF-Schreiben derzeit für erhebliche Praxisprobleme, da ungeachtet der Vereinfachungsmaßnahmen jedenfalls ein Handlungsbedarf für nicht in Deutschland ansässige Unternehmen besteht.

Steuerliche Behandlung von Lizenzeinnahmen in Deutschland

In Deutschland unterliegen Einkünfte aus der Überlassung sowie Gewinne aus der Veräußerung von Rechten (Lizenzeinkünfte), die in einer deutschen Betriebsstätte verwertet werden ODER die in ein deutsches Register eingetragen sind, der beschränkten Steuerpflicht. Zu solchen Rechten zählen etwa auch Patente, die aufgrund der Anmeldung beim Europäischen Patent- und Markenamt nach dem Europäischen Patentübereinkommen in das deutsche Register eingetragen werden. Die Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer wird bei den Einkünften aus der Überlassung von Rechten (nicht hingegen bei Veräußerung) im Zahlungszeitpunkt durch Steuerabzug in Höhe von 15 % erhoben. Zur Steueranmeldung sowie zum Steuerabzug verpflichtet ist der Vergütungsschuldner (Lizenznehmer), wobei der (ausländische) Vergütungsgläubiger (Lizenzgeber) unverändert Steuerschuldner bleibt. Fließen die Lizenzgebühren hingegen einem in Deutschland ansässigen und somit unbeschränkt steuerpflichtigen Unternehmen zu, so hat - mangels beschränkter Steuerpflicht - kein Steuerabzug zu erfolgen. 

Diesem nationalen deutschen Besteuerungsanspruch kann jedoch ein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) entgegenstehen. So sieht etwa Art. 12 Abs. 1 DBA Österreich-Deutschland vor, dass Lizenzeinnahmen ausschließlich im Ansässigkeitsstaat des Lizenzgebers besteuert werden dürfen, sofern die Lizenzgebühren diesem auch tatsächlich zuzurechnen sind. Ebenso verhält es sich bei Einkünften aus der Veräußerung von Lizenzen, wonach derartige Gewinne gemäß Art. 13 Abs. 5 DBA Österreich-Deutschland ausschließlich im Ansässigkeitsstaat des Veräußerers besteuert werden dürfen. 

Möchte der Lizenzgeber eine vollständige oder teilweise Entlastung vom Steuerabzug auf Grundlage eines DBA erreichen, so kann dies entweder im Rückerstattungsverfahren über das deutsche Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) oder aber unter bestimmten Voraussetzungen unmittelbar im Zeitpunkt der Lizenzzahlung erfolgen (sog. „Entlastung an der Quelle“). Für eine unmittelbare Entlastung an der Quelle muss dem Vergütungsschuldner (Lizenznehmer) spätestens im Zahlungszeitpunkt eine Freistellungsbescheinigung vorgelegt werden.

Verwaltungsanweisung vom 6.11.2020 

Mit einer Verwaltungsanweisung durch BMF-Schreiben vom 6.11.2020 stellte das deutsche Bundesministerium für Finanzen klar, dass es für die beschränkte Steuerpflicht und somit für eine Steuerabzugspflicht auf die Überlassung von Rechten bereits ausreiche, wenn das der Überlassung zugrunde liegende Recht in ein deutsches Register eingetragen ist. Eines weitergehenden oder zusätzlichen Inlandsbezuges des Vergütungsgläubigers (Lizenzgeber) in Deutschland, wie etwa Sitz, Wohnsitz oder Ort der Geschäftsleitung bedürfe es hingegen nicht. 

Beispiel

  • Die in Italien ansässige I-Srl (die weder Sitz oder Ort der Geschäftsleitung noch eine Betriebsstätte in Deutschland hat) ist Inhaber einer im deutschen Markenregister eingetragenen Marke. Für die Nutzung des Markenrechts durch Dritte verrechnet die I-Srl an die in Österreich ansässige Ö-GmbH als Lizenznehmer eine jährliche (umsatzabhängige) Lizenzgebühr.
     
  • Obwohl die I-Srl in Deutschland keinerlei territorialen Anknüpfungspunkt hat, unterliegt sie mit ihren Lizenzeinnahmen der beschränkten Steuerpflicht in Deutschland. Die Ö-GmbH, ebenfalls ohne territorialen Anknüpfungspunkt in Deutschland, ist daher verpflichtet, den 15 %igen Steuerabzug vorzunehmen, die Steuer anzumelden und zu entrichten, sofern die I-Srl keine gültige Freistellungsbescheinigung vorlegen kann. 

Zudem wurde im BMF-Schreiben vom 6.11.2020 klargestellt, dass diese Regelung nicht bloß für die Zukunft gelten solle, sondern dass vielmehr auch für Lizenzeinnahmen, die Vergütungsgläubigern bis zum 31.12.2013 zugeflossen sind, rückwirkende Steueranmeldungen einzureichen sind und die Abzugsteuer abzuführen ist. 

Handelt es sich hingegen um keine befristete sondern um eine zeitlich unbefristete Rechtsüberlassung und somit um eine Rechteveräußerung, die nicht dem Steuerabzug unterliegt, so habe der Vergütungsgläubiger beim zuständigen deutschen Finanzamt eine Steuererklärung einzureichen.

Erleichterungen durch Verwaltungsanweisung vom 11.2.2021 

Das BMF-Schreiben vom 6.11.2020 stieß in der Praxis auf heftige Kritik, da demnach auch ausländische Unternehmen verpflichtet wären, rückwirkend ab dem Jahr 2014 Abzugsteuern auf bereits geflossene Lizenzeinnahmen nachträglich abzuführen, die sie in den meisten Fällen aufgrund einer dem Art. 12 OECD-Musterabkommen nachgebildeten Verteilungsnorm im nachfolgenden Rückerstattungsverfahren ohnehin wieder (zur Gänze) zurückbekommen würden. Neben dem dadurch verursachten Verwaltungsaufwand könnte dies auch - insbesondere in Zeiten der aktuellen COVID-19-Pandemie – zu entsprechenden Liquiditätsschwierigkeiten führen. 

Mit BMF-Schreiben vom 11.2.2021 gestand das deutsche Bundesministerium für Finanzen daher gewisse Erleichterungen zu. In bestimmten Fällen wird Steuerpflichtigen nunmehr erlaubt, auf Anmeldung, Einbehalt und Abfuhr der Abzugsteuer auf Lizenzzahlungen, die bis zum 30.9.2021 zufließen oder bereits zugeflossen sind, zu verzichten. Folgende Voraussetzungen müssen hierzu erfüllt sein: 

  • Der Vergütungsschuldner (Lizenznehmer) war bzw. ist im Zeitpunkt des Zuflusses in Deutschland nicht unbeschränkt steuerpflichtig (dh bei natürlichen Person weder Wohnsitz noch gewöhnlicher Aufenthalt bzw. bei Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen weder Sitz noch Ort der Geschäftsleitung in Deutschland).
     
  • Der Vergütungsgläubiger (Lizenzgeber) ist im Zeitpunkt des Zuflusses in einem Staat ansässig, mit dem Deutschland ein Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen hat, und es sind ihm die Lizenzeinnahmen auch tatsächlich zuzurechnen.
     
  • Der Vergütungsgläubiger oder der von ihm bevollmächtigte Vergütungsschuldner stellt beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) bis zum 31.12.2021 einen Antrag auf Freistellung vom Steuerabzug. Wird der Antrag für Vergütungen gestellt, die vor dem 31.12.2013 zugeflossen sind, so hat der Antragsteller zudem einen Abdruck des Antrages an die für die Durchführung des Steuerabzugsverfahrens örtlich zuständige Finanzbehörde zu übermitteln.
     
  • Mit dem Antrag sind auch die relevanten Vertragsverhältnisse gegenüber dem BZSt offenzulegen. Bei konzerninternen Sachverhalten ist zudem noch erforderlich, dass Vereinbarungen in Bezug auf dieses Recht betreffende Überlassungen an nahestehende Personen (§ 1 Abs. 2 deutsches Außensteuergesetz) offengelegt werden. 

Wird ein solcher Freistellungsantrag abgelehnt, insbesondere deshalb, weil Zweifel an der Abkommensberechtigung des Antragstellers (etwa bei hybriden oder doppelt ansässigen Gesellschaften) bestehen, hat der Vergütungsschuldner innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe des ablehnenden Verwaltungsakts Steueranmeldungen für die entsprechenden Vergütungen vorzunehmen. 

Bei Lizenzvergütungen, die dem Vergütungsgläubiger nach dem 30.9.2021 zufließen, gilt das „normale“ Verfahren und ist vorab eine Freistellungsbescheinigung einzuholen, um eine unmittelbare Entlastung an der Quelle herbeiführen zu können.

Verfahren bei Veräußerung von Rechten 

Bei der Veräußerung von Rechten, die in ein inländisches öffentliches Buch oder Register eingetragen sind, besteht selbst in Fällen, in denen Deutschland aufgrund eines anwendbaren DBA kein Besteuerungsrecht zugewiesen ist (so etwa gem. Art. 13 Abs. 5 DBA Österreich-Deutschland), die Pflicht zur Einreichung einer Steuererklärung. In solchen Fällen sind laut dem BMF-Schreiben die in Deutschland steuerpflichtigen Einkünfte mitNull“ abzugeben.

FAZIT

Die beiden Verwaltungsanweisungen des deutschen Bundesministeriums für Finanzen (BMF-Schreiben vom 6.11.2020 und 11.2.2021) sorgen derzeit für erhebliche Probleme in der Besteuerungspraxis, zumal mit einem unterlassenen Steuerabzug auf Lizenzgebühren ohne Freistellungsbescheinigung entsprechende Haftungsrisiken verbunden sind. Lizenznehmer sind daher angehalten, ihre Zahlungen an nicht in Deutschland ansässige Lizenzgeber dahingehend zu untersuchen, ob sich die Lizenz auf Rechte bezieht, die in ein deutsches Register eingetragen sind. 

Bis 31.12.2021 können für Lizenzzahlungen, die bis 30.9.2021 zufließen, noch rückwirkende Freistellungsanträge zur Vermeidung eines Steuerabzugs gestellt werden. 

Gerne unterstützen Sie die Verfasser sowie auch die übrigen ExpertInnen unserer Service Line "International Tax"​​​​​​​ bei der Prüfung von Steuerabzugspflichten in Deutschland sowie bei der Beantragung möglicher Freistellungsbescheinigungen.