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DBA-RECHT | DE-Personengesellschaften als KöSt-Subjekte mit AT-Bezug

Gahleitner Lukas  |  Hofmann Robert

Im Rahmen des Gesetzes zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts (KöMoG) hat der Deutsche Bundestag am 21.5.2021 die Einführung einer Option zur Körperschaftsbesteuerung für Personengesellschaften („Check the Box“) beschlossen. Dadurch erhalten deutsche Personengesellschaften ab 1.1.2022 erstmals die Möglichkeit, als Steuersubjekte behandelt zu werden bzw dieselben ertragsteuerlichen Bestimmungen wie Körperschaften in Anspruch zu nehmen. Diese neue Optionsmöglichkeit kann allerdings auf internationaler Ebene zu zahlreichen Qualifikations- und Zurechnungskonflikten führen. Am Beispiel einer deutschen Personengesellschaft mit österreichischen Gesellschaftern (Mitunternehmern) möchten wir in diesem Beitrag die Auswirkungen des deutschen Check the Box-Regimes auf Österreich skizzieren.

Grundzüge des deutschen „Check the Box“-Regimes 

Bisher wurden Personengesellschaften in Deutschland (wie auch in Österreich) nicht als Einkommens- oder Körperschaftsteuersubjekte behandelt sondern das steuerliche Einkommen der Gesellschaft unmittelbar den Gesellschaftern (Mitunternehmern) zugerechnet und auf deren Ebene individuell besteuert (Transparenzprinzip). Demgegenüber kommt bei Körperschaftsteuersubjekten das steuerliche Trennungsprinzip zur Anwendung, wodurch zunächst eine Besteuerung auf Ebene der Körperschaft und ggfs auf Gewinnausschüttungen an deren Gesellschafter erfolgt. 

Durch die Einführung des neuen § 1a dKStG in Deutschland wird Personenhandelsgesellschaften sowie Partnerschaftsgesellschaften und deren Gesellschaftern künftig die Optionsmöglichkeit eingeräumt, ertragsteuerlich nach den Vorschriften des Körperschaftsteuerrechts behandelt zu werden. Für diese Zwecke wird die Personengesellschaft bei der Besteuerung ihres Einkommens wie eine Kapitalgesellschaft und ihre Gesellschafter als nicht persönlich haftende Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft behandelt. 

Die Ausübung der Optierung des § 1a dKStG hat aber weder eine Auswirkung auf die zivilrechtliche Einordnung noch auf die umsatzsteuerliche Behandlung der Personengesellschaft. Auch soll dadurch keine Grunderwerbsteuer ausgelöst werden. 

Die Inanspruchnahme des „Check the Box“-Regimes hat auf Antrag beim zuständigen Finanzamt zu erfolgen und benötigt seitens der Gesellschafter die Zustimmung einer „Dreiviertelmehrheit“. Der Antrag muss spätestens einen Monat vor Beginn jenes Wirtschaftsjahres gestellt werden, für das erstmalig eine steuerliche Behandlung als Kapitalgesellschaft erfolgen soll. Für den Übergang zur Körperschaftsbesteuerung wird gemäß § 1a Abs 2 dKStG ein Formwechsel der optierenden Personalgesellschaft fingiert (ähnlich einer österreichischen Einbringung), ohne dass hiefür zivilrechtliche Übertragungsmaßnahmen vonnöten sind. Um eine steuerneutrale Behandlung des Formwechsels zu gewährleisten, bedarf es einer Übertragung des Sonderbetriebsvermögens von den Gesellschaftern auf die Gesellschaft. In diesem Zusammenhang kommt es zu keiner Aufdeckung stiller Reserven sondern sind die Buchwerte fortzuführen. Kommt es innerhalb von sieben Jahren nach fingiertem Formwechsel zu einer Veräußerung der Beteiligung, sind die stillen Reserven rückwirkend zu besteuern (Sperrfrist). 

Zudem ermöglicht der deutsche Gesetzgeber in § 1a Abs 4 KStG eine Rückoption zur Besteuerung nach dem Transparenzprinzip. Für die Rückkehr zur Besteuerung als Personengesellschaft wird neuerlich eine Umgründung fingiert (ähnlich einer österreichischen Umwandlung), die bei Erfüllung gewisser Voraussetzungen des § 3 Abs 2 Satz 2 dUmwStG wiederum als steuerneutral zu behandeln ist.

Auswirkungen des „Check the Box“-Regimes auf Österreich 

Anwendbarkeit auf österreichische Personengesellschaften? 

Nach derzeitiger Auffassung sind ausländische Gesellschaften gemäß § 1a dKStG nur dann in Deutschland antragsberechtigt, wenn sie mit deutschen Personengesellschaften vergleichbar sind und im Staat der Geschäftsleitung ein vergleichbares Optionsregime zur intransparenten Behandlung vorgesehen ist. Demgemäß ist das deutsche „Check the Box“-Regime für österreichische Personengesellschaften schon aufgrund der fehlenden Optierungsmöglichkeit zur steuerlichen Behandlung als Körperschaft NICHT anwendbar. Nachdem die Ansässigkeit der Gesellschafter für die Optionsmöglichkeit unerheblich ist, ist es aber sehr wohl möglich, dass an einer optierten deutschen Personengesellschaft bestimmte (oder alle) Gesellschafter beteiligt sind, die steuerlich in Österreich ansässig sind. 

Typenvergleich im DBA-Recht 

Nach Optierung einer deutschen Personengesellschaft zur steuerlichen Behandlung als Kapitalgesellschaft wird die Gesellschaft im DBA-rechtlichen Sinne als in Deutschland selbst abkommensberechtigt eingestuft und ist somit in Deutschland ansässig (unbeschränkte Steuerpflicht).

Demgegenüber ist in Österreich zur Bestimmung der Ansässigkeit ein sog. „Typenvergleich“ heranzuziehen. Nachdem die zivil- und gesellschaftsrechtlichen Strukturmerkmale der Gesellschaft trotz fingierten Formwechsels unverändert bleiben und die steuerliche Behandlung im Ausland dafür nicht maßgeblich ist, verändert sich aus Sicht des Typenvergleichs nichts bzw ist die optierte Gesellschaft aus österreichischer Sicht weiterhin als Personengesellschaft anzusehen. Somit bestimmt sich die „Ansässigkeit“ der Gesellschaft anhand ihrer Gesellschafter, da einer Personengesellschaft selbst keine Abkommensberechtigung zukommt. Demgemäß sind die steuerlichen Einkünfte den dahinterstehenden Gesellschaftern zuzurechnen, und folglich entstehen dadurch sog. „hybrideGesellschaften, die in der Praxis häufig zu Qualifikations- und Zurechnungskonflikten führen werden.

Beispielhafte Auswirkungen des „Check the Box“-Regimes 

Beispiel: Deutsche Personengesellschaft mit Gesellschaftern in Österreich 

 

  

 

Im obigen Beispielsfall ist sowohl eine in Österreich ansässige natürliche Person als auch eine juristische Person (GmbH) als Gesellschafter an einer nach § 1a dKStG optierten deutschen Personengesellschaft beteiligt. Die Personengesellschaft optiert steuerlich zur Behandlung iSd Vorschriften des deutschen Körperschaftsteuerrechts. Für diese Sachverhaltskonstellation soll im Folgenden die steuerliche Behandlung

  • von laufenden Einkünften der Personengesellschaft,
  • von Ausschüttungen (Entnahmen) an die Gesellschafter und
  • der Veräußerung von Gesellschaftsanteilen

näher beleuchtet werden:  

  • Steuerliche Behandlung der laufenden Einkünfte der Personengesellschaft 

Durch die Anwendung des „Check-the-Box“-Regimes in Deutschland wird die Personengesellschaft nach deutscher Rechtsauffassung gem Art 1 iVm Art 4 Abs 1 DBA Österreich – Deutschland (im Folgenden: DBA Deutschland) selbst abkommensberechtigt und kommt somit das Besteuerungsrecht für Unternehmensgewinne nach Art 7 Abs 1 DBA Deutschland dem Ansässigkeitsstaat Deutschland zu. Demzufolge unterliegen die Einkünfte der Personengesellschaft der deutschen Körperschaftsbesteuerung (15 % KöSt, Solidaritätszuschlag, Gewerbesteuer, effektiv insgesamt ca. 30 %). 

Demgegenüber kommt der optierten deutschen Personengesellschaft nach österreichischer Rechtsauffassung keine Abkommensberechtigung zu, sondern es sind die steuerlichen Einkünfte jeweils im Jahr der Gewinnerzielung auf Ebene der in Österreich ansässigen Gesellschafter zu besteuern. Allerdings wird die Personengesellschaft als anteilige Betriebsstätte der Gesellschafter angesehen, sodass nach Art 5 Abs 1 iVm Art 7 Abs 1 DBA Deutschland das Besteuerungsrecht für die anteiligen Einkünfte der Gesellschafter ebenfalls Deutschland zukommt. 

Somit entsteht im Ergebnis keine Doppel- oder Doppelnichtbesteuerung. Auch ist es grundsätzlich unerheblich, ob der in Österreich ansässige Gesellschafter eine natürliche oder juristische Person ist. 

  • Ausschüttungen der optierten deutschen Personengesellschaft 

Eine „Gewinnausschüttung“ der optierten deutschen Personengesellschaft an österreichische Gesellschafter stellt nach deutscher Rechtsansicht eine „Dividendenzahlung“ iSd Art 10 Abs 3 DBA Deutschland dar. Folglich kommt für eine solche Ausschüttung nach Art 10 Abs 2 DBA Deutschland Österreich das Besteuerungsrecht zu, wobei in Deutschland eine Quellensteuer iHv 5 % oder 15 % einbehalten wird, die im Regelfall in Österreich angerechnet werden kann. 

Nach österreichischer Rechtsauffassung waren die Einkünfte bereits auf Ebene der Gesellschafter zu versteuern. Eine darauffolgende „Ausschüttung“ an die Gesellschafter ist daher als nicht steuerbare Entnahme anzusehen. 

     - Ausschüttung an eine natürliche Person 

Für Zahlungen an eine in Österreich ansässige natürliche Person als Gesellschafter behält Deutschland Quellensteuer iHv 5 % oder 15 % ein. Das (nach Art 10 Abs 2 DBA Deutschland) zugewiesene Besteuerungsrecht kann Österreich nicht geltend machen, da kein innerstaatlicher Besteuerungstatbestand erfüllt ist. Folglich kann der Gesellschafter die einbehaltene deutsche Quellensteuer NICHT auf österreichische Steuern iSd Art 23Abs 2 lit b DBA Deutschland anrechnen. Somit würde nach Anwendung des DBA-Rechts die deutsche Kapitalertragsteuer iHv mind. 25 % auf 5 % bis 15 % Quellensteuer reduziert werden, ohne dass eine vergleichbare Steuer im Ansässigkeitsstaat des Gesellschafters erhoben wird. 

Vor diesem Hintergrund hat der deutsche Gesetzgeber in § 50d Abs 14 Satz 1 dKStG zusätzlich vorgesehen, dass den ausländischen Gesellschaftern kein Anspruch auf Entlastung der deutschen Kapitalertragsteuer zusteht, wenn die Kapitalerträge im Ansässigkeitsstaat des Gesellschafters aufgrund einer vom deutschen Recht abweichenden Bestimmung nicht der Besteuerung unterliegen („Treaty-Override“). Dadurch soll eine Nicht- oder Niedrigbesteuerung verhindert werden. Daher hat die optierte deutsche Personengesellschaft aufgrund dieser innerstaatlichen Bestimmung für „Ausschüttungen“ an Gesellschafter, die in Österreich ansässige natürliche Personen sind, eine Kapitalertragsteuer iHv mind. 25 % einzubehalten.

     - Ausschüttungen an eine juristische Person

Sofern die optierte deutsche Personengesellschaft „Ausschüttungen“ an eine in Österreich ansässige juristische Person als Gesellschafter tätigt, kommt Deutschland wiederum ein Quellenbesteuerungsrecht zu. Hierbei sieht jedoch die EU-Mutter-Tochter-Richtlinie (MTR) eine Steuerbefreiung von der Kapitalertragsteuer vor, wenn die empfangende Gesellschaft eine Körperschaft iSd MTR ist und ein Beteiligungsausmaß von mindestens 10 % besteht. Somit würde in diesem Fall grundsätzlich eine Doppelnichtbesteuerung vorliegen, die jedoch wiederum durch § 50d Abs 14 dKStG verhindert wird. 

  • Anteilsveräußerung durch den Gesellschafter 

Im Falle einer Veräußerung von Anteilen an der optierten Personengesellschaft besteht wiederum ein Qualifikationskonflikt. Aus deutscher Sicht stellt die Veräußerung von solchen Gesellschaftsanteilen eine Veräußerung von Körperschaftsanteilen dar. Ein daraus resultierender Veräußerungsgewinn darf nach Art 13 Abs 5 DBA Deutschland nur im Ansässigkeitsstaat des Gesellschafters (Österreich) besteuert werden. 

Demgegenüber qualifiziert Österreich die Veräußerung derartiger Anteile als Veräußerung von Mitunternehmeranteilen (bzw anteilige Betriebsstätte im DBA-Recht), die nach Art 13 Abs 3 DBA Deutschland in Deutschland zu besteuern sind. 

So würde es bei der Veräußerung derartiger Anteile sowohl durch natürliche als auch juristische Personen zu einer Doppelnichtbesteuerung kommen. Um diese drohende Nichtbesteuerung zu vermeiden, sieht § 50d Abs 14 Satz 2 dEStG wiederum vor, dass das Besteuerungsrecht hinsichtlich etwaiger Veräußerungsgewinne Deutschland zugewiesen wird, wenn diese im Ansässigkeitsstaat des Gesellschafters aufgrund von Qualifikationskonflikten keiner vergleichbaren Besteuerung unterliegen. Folglich wird Deutschland derartige Veräußerungsgewinne als Einkünfte aus Kapitalvermögen der deutschen Kapitalertragsteuer unterwerfen. 

Abschließend sei ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die hier exemplarisch dargestellten Fälle bei weitem nicht alle denkbaren Sachverhaltskonstellationen in Zusammenhang mit zur Körperschaftsteuerpflicht optierenden deutschen Personengesellschaften und daraus resultierenden Zurechnungs- und Qualifikationskonflikten darstellen. 

FAZIT 

Im Ergebnis ermöglicht es das sog. „Check-the-Box“-Regime (überwiegend) deutschen Personengesellschaften, von der regelmäßig niedrigeren Besteuerung von Kapitalgesellschaften zu profitieren. Dies wird insbesondere dann vorteilhaft sein, wenn die betreffende Gesellschaft die erwirtschafteten Gewinne thesauriert. Es ist jedoch zu beachten, dass es bei einer diesbezüglichen Optionsausübung und bestehendem Österreich-Bezug (bzw Gesellschaftern auch in anderen Ländern) zwangsläufig zu Zurechnungs- und Qualifikationskonflikten im DBA-Recht kommen wird. Daher sollte stets im Vorhinein eine umfassende steuerliche Beurteilung der Auswirkungen des deutschen „Check-the-Box“-Regimes in allen involvierten Ländern erfolgen. Zudem sind vor Optionsausübung weitere steuerliche Thematiken wie bspw die Wegzugsbesteuerung, Anti-Hybrid-Regelu​​​​​​​ngen, die Meldeverpflichtungen nach dem EU-MPfG​​​​​​​ sowie weiters auch die Anwendbarkeit der Mutter-Tochter-Richtlinie und der EU-Zins- und Lizenzrichtlinie genau zu überprüfen. 

Für weitere Fragen zu dieser Thematik stehen Ihnen die Verfasser sowie auch die übrigen ExpertInnen unserer Service Line „International Tax“ gerne zur Verfügung!