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FAMILIENBEIHILFEN | Aktuelle Rechtsprechung zu internationalen Sachverhalten

In letzter Zeit trafen sowohl der VwGH als auch das BFG Entscheidungen zu Fragen von Familienbeihilfenansprüchen von Personen mit Anknüpfungspunkten in verschiedenen Staaten. Lesen Sie hier die Kerninhalte und Entscheidungsgründe dieser insbesondere auch für international tätige Arbeitnehmer interessanten Rechtsprechung.

In unserer täglichen Praxis des internationalen Steuerrechts sind mitunter auch Fragen hinsichtlich des Anspruches auf Familien- oder ähnlichen Beihilfen in Österreich und/oder in anderen Staaten zu klären. In diesem Zusammenhang sind im heurigen Jahr auch einige interessante Gerichtsentscheidungen ergangen, die wir nachfolgend auszugsweise erläutern möchten: 

Verwaltungsgerichtshof (VwGH vom 30.6.2016, Ra 2015/16/0089)  

  • Sachverhalt 

Ein in Österreich (Vorarlberg) wohnhafter und in Liechtenstein erwerbstätiger Vater bezog für seine Kinder Kindergeld nach liechtensteinischem Recht. Nach Erreichen des 18. Lebensjahres wird in Liechtenstein das Kindergeld eingestellt (nach liechtensteinischem Gesetz). Daraufhin hat der Vater für seinen in Innsbruck studierenden Sohn in Österreich die Familienbeihilfe beantragt. Das Finanzamt wies seinen Antrag mit der Begründung ab, dass ohnehin Ausgleichszahlungen erfolgt seien (und zwar in Höhe der Differenz zur österreichischen Familienbeihilfe, unter Zusammenrechnung der Gesamtansprüche für alle Kinder). Der Vater ging in das Rechtsmittel, und das Bundesfinanzgericht gab der Beschwerde Folge und hob den Bescheid des Finanzamtes auf, weil dem Vater nunmehr für seinen studierenden Sohn der volle Anspruch auf (österreichische) Familienbeihilfe zustehe und zwar ungeachtet dessen, dass der Vater noch für ein anderes Kind die (höhere) liechtensteinische Familienbeihilfe bezieht. Der VwGH bestätigte die Entscheidung des BFG wie folgt:  

  • Entscheidung des VwGH 

Innerstaatliches Recht (Familienlastenausgleichsgesetz – FLAG 1967 idgF): Anspruch auf österreichische Familienbeihilfe haben gemäß § 2 FLAG 1967 Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben – bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen auch für volljährige Kinder. § 4 Abs. 1 FLAG 1967 regelt, dass Personen, die Anspruch auf eine ausländische Beihilfe haben, den inländischen Anspruch auf Familienbeihilfe verlieren. Es besteht jedoch das Recht auf eine Ausgleichszahlung in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen der gleichartigen ausländischen Beihilfe und der Familienbeihilfe, die nach österreichischem Recht grundsätzlich zustehen würde. Bei der Ermittlung des Differenzbetrages ist nicht die Summe der Beträge an Familienbeihilfen (dh für alle Kinder) heranzuziehen, sondern jeweils die Familienbeihilfe für das konkret betroffene Kind (kindbezogene Betrachtung). 

EU/EWR-Recht: In der EG-Verordnung Nr. 883/2004, die laut EWR-Abkommen auch für Liechtenstein gilt, sind in Art. 68 Prioritätsregeln iS einer Rangfolge bei Zusammentreffen mehrerer Ansprüche festgelegt. Sind Leistungen von mehreren Mitgliedstaaten aus unterschiedlichen Gründen zu gewähren, so gelten an erster Stelle die durch eine Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit ausgelösten Ansprüche (liechtensteinische Erwerbstätigkeit) und im vorliegenden Fall an zweiter Stelle die durch einen Wohnsitz ausgelösten Ansprüche (somit österreichische Familienbeihilfe). 

Conclusio: Demgemäß besteht im konkreten Fall bis zum 18. Lebensjahr des Sohnes Anspruch auf liechtensteinisches Kindergeld und sodann Anspruch auf Familienbeihilfe in Österreich, da der Wohnsitz des Vaters gem. § 2 FLAG 1967 in Österreich liegt. 

Bundesfinanzgericht (BFG vom 1.4.2016, RV/2100724/2013)  

  • Sachverhalt 

In diesem Rechtsmittelverfahren wurde die Frage nach dem Anspruch auf österreichische Familienbeihilfe einer in Österreich studierenden irischen Staatsangehörigen behandelt. Die junge Dame aus Irland war unter anderem für Studienzwecke in Österreich wohnhaft und erwerbstätig und hatte einen Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe gem. § 6 Abs. 5 FLAG 1967 gestellt, welcher vom zuständigen Finanzamt jedoch abgelehnt wurde.  

  • Entscheidung des BFG 

Demgegenüber hat das BFG der Beschwerde der irischen Studentin stattgegeben, da sie sich nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (gemäß § 9 NAG) rechtmäßig in Österreich aufhält, was gem. § 3 FLAG 1967 die einzige Voraussetzung für den Anspruch auf Familienbeihilfe für Personen darstelle, die nicht österreichische Staatsbürger sind. Eine bestimmte Dauer ist hingegen nicht erforderlich. Allerdings ist gem. § 2 Abs. 8 FLAG 1967 auch der Mittelpunkt der Lebensinteressen zu überprüfen. Auch wenn die Studentin nur für Zwecke des Studiums in Österreich ist, schließe dies nicht aus, dass der Lebensmittelpunkt dennoch in Österreich liegen kann. Aufgrund der Tatsache, dass die Studentin sich ihr Studium ausschließlich durch die Erwerbstätigkeit in Österreich finanziert und sie zudem vorhabe, auch nach dem Studium in Österreich wohnhaft zu bleiben, gelangte das Bundesverwaltungsgericht zum Schluss, dass im konkreten Fall der Lebensmittelpunkt in Österreich liegt. 

Conclusio: Auch ein bloß für Studienzwecke gewählter, vorübergehender Inlandsaufenthalt schließt nicht aus, dass sich während der Studienzeit hier der Mittelpunkt der Lebensinteressen befindet und diesfalls auch die österreichische Familienbeihilfe zu gewähren ist. 

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