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DBA-RECHT | Keine „weißen“ Abfindungszahlungen aus DEUTSCHLAND

Hofmann Robert  |  Hummer Martin

Der Verwaltungsgerichtshof bestätigte am 23.2.2017 die bisherige österreichische Rechtsansicht und Verwaltungspraxis, wonach das Besteuerungsrecht für Abfindungszahlungen jenem Staat zusteht, der auch hinsichtlich der Bezüge aus der aktiven Tätigkeit besteuerungsberechtigt war. Im Falle eines Qualifikationskonfliktes zwischen Österreich und Deutschland verhindert die im Doppelbesteuerungsabkommen verankerte Rückfallklausel die gänzliche Nichtbesteuerung (sog. weiße Einkünfte“) und teilt das Besteuerungsrecht diesfalls dem Ansässigkeitsstaat des Arbeitnehmers zu. Die Vermeidung einer doppelten Nichtbesteuerung sollte nunmehr aber auch durch die zwischenzeitig geänderte deutsche Rechtslage gewährleistet sein.  

Der deutsch-österreichische Qualifikationskonflikt 

Über den diesbezüglichen Qualifikationskonflikt zwischen Österreich und Deutschland hatten wir bereits mit unserem<link http: www.icon.at de publikationen news detail external-link-new-window externen link in neuem> NL-Beitrag „DEUTSCHLAND | Besteuerung von Abfindungen und Abfertigungen in Österreich“ vom 6.9.2016 berichtet:

Nach österreichischer Rechtsansicht handelt es sich bei derartigen beendigungskausalen Zahlungen um nachträgliche Vergütungen für eine vormalige aktive Tätigkeit. Folglich richte sich die Zuteilung des Besteuerungsrechts an solchen Zahlungen nach dem sog. „Kausalitätsprinzip“, wodurch Abfindungen in jenem Staat zu besteuern sind, in welchem auch die Bezüge aus der aktiven Tätigkeit der Besteuerung unterlegen haben.

Demgegenüber stellen Abfindungszahlungen nach deutscher Rechtsansicht eben keine Zahlungen für eine vormalige aktive Tätigkeit dar, sondern würden diese ausschließlich für den Verlust des Arbeitsplatzes gezahlt, weshalb zwischen der Zahlung und der vormals ausgeübten Tätigkeit ein bloßer Anlasszusammenhang bestehe. Eine Besteuerung von Abfindungszahlungen habe demnach ausschließlich im Ansässigkeitsstaat des Arbeitnehmers zu erfolgen.

Auch die zwischen der deutschen und österreichischen Finanzverwaltung bestehende Konsultationsvereinbarung vermag diesen „negativen“ Qualifikationskonflikt nicht zu lösen. 

Keine „weißen Einkünfte“ aufgrund der Rückfallklausel 

Im gegenständlich vom österreichischen Verwaltungsgerichtshof (VwGH 23.2.2017, Ro 2014/15/0050) entschiedenen Fall erhielt ein Arbeitnehmer eine Abfindungszahlung von seinem ehemaligen deutschen Arbeitgeber für eine ausschließlich in Deutschland ausgeübte Tätigkeit. Im Zeitpunkt der Abfindungszahlung hatte der Dienstnehmer ausschließlich in Österreich seinen Wohnsitz, weshalb er im Zuflusszeitpunkt der Abfindungszahlung als steuerlich in Österreich ansässig galt. Der Arbeitnehmer berief sich gegenüber der deutschen Finanzverwaltung auf die ständige Rechtsprechung des deutschen Bundesfinanzhofs, wonach die Abfindung ausschließlich im Ansässigkeitsstaat, also in Österreich, zu besteuern wäre. Das deutsche Gericht gab dem Arbeitnehmer schließlich Recht und stellte die Abfindung in Deutschland zur Gänze von der Besteuerung frei. Gegenüber der österreichischen Finanzverwaltung berief sich der Arbeitnehmer hingegen auf das nach österreichischer Rechtsauffassung geltende Kausalitätsprinzip, wonach das Besteuerungsrecht von Abfindungen ausschließlich beim ehemaligen Tätigkeitsstaat Deutschland liege und die Zahlung daher (auch) in Österreich von der Besteuerung freizustellen sei. 

Der Verwaltungsgerichtshof als österreichisches Höchstgericht war im gegenständlichen Fall somit mit einer möglichenDoppelnichtbesteuerung“ von Einkünften konfrontiert:

Der VwGH bestätigte jedoch in seinem Erkenntnis die Entscheidung der Vorinstanz und teilte - unter Anwendung von Art. 28 Abs. 1 lit. a des DBA Österreich-Deutschland - das Besteuerungsrecht Österreich als Ansässigkeitsstaat im Zeitpunkt der Abfindungszahlung zu. Nach dieser DBA-Bestimmung ist nämlich der Ansässigkeitsstaat im Sinne einer „Rückfallklausel“ dann nicht zur Freistellung von Einkünften verpflichtet, wenn in den Vertragsstaaten Einkünfte unterschiedlichen Abkommensbestimmungen zugeordnet werden bzw wenn die Vertragsstaaten DBA-Bestimmungen durch Rückgriff auf ihr innerstaatliches Recht unterschiedlich auslegen. 

Fazit 

Im Ergebnis wurden die streitgegenständlichen Abfindungszahlungen somit – ungeachtet des bestehenden Qualifikationskonfliktes – einer (einmaligen) Besteuerung unterworfen, was aufgrund der im maßgeblichen Doppelbesteuerungsabkommen enthaltenen „Rückfallklausel“ (gemäß Art. 28 DBA Österreich-Deutschland) im Ansässigkeitsstaat Österreich zu erfolgen hatte. 

Bereits im Jahr 2015 hatte zudem der deutsche Bundesfinanzhof die Lösung von Qualifikationskonflikten durch Konsultationsvereinbarungen verworfen (BFH-Urteil vom 10.6.2015, I R 79/13). Um Steuerumgehungen durch Wohnsitzverlagerung vor Erhalt von Abfindungszahlungen zu vermeiden, fingiert der deutsche Gesetzgeber im neuen § 50d Abs. 12 dEStG  (entgegen der bisherigen BFH-Rechtsprechung), dass Abfindungen anlässlich der Beendigung eines Dienstverhältnisses - für Zwecke der Anwendung eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung - als für die frühere Tätigkeit geleistetes zusätzliches Entgelt gelten. Seit dieser mit 1.1.2017 in Kraft getretenen deutschen Bestimmung stimmen Österreich und Deutschland daher überein, dass das Besteuerungsrecht an Abfindungszahlungen jenem Staat zusteht, dem auch das Besteuerungsrecht an den Bezügen aus der aktiven Tätigkeit zustand. 

Für Fragen zu dieser Thematik stehen Ihnen die Verfasser natürlich gerne zur Verfügung!