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AUSLANDSBETEILIGUNGEN | Steuerwirksamkeit endgültiger Vermögensverluste

Wurde für eine internationale Schachtelbeteiligung iS § 10 Abs 2 KStG nicht ausdrücklich zur Steuerwirksamkeit optiert, so bleiben Wertänderungen steuerlich grundsätzlich unberücksichtigt. Ausnahmsweise dürfen jedoch tatsächliche und endgültige Vermögensverluste, die durch den Untergang der ausländischen Körperschaft infolge Liquidation oder Insolvenz entstehen, auf Ebene der beteiligten Inlandskörperschaft steuerlich geltend gemacht werden. Dabei war bis dato unklar, ab welchem Zeitpunkt ein insolvenzbedingter Vermögensverlust steuerlich zu berücksichtigen bzw über sieben Jahre zu verteilen ist. Darüber hat unlängst der Verwaltungsgerichtshof entschieden. 

Mit der Beteiligungsertragsbefreiung gemäß § 10 Abs 1 KStG soll die Mehrfachbesteuerung von Gewinnen einer Körperschaft im Verbund mit anderen Körperschaften (Schachtelstrukturen) verhindert werden. Auf Ebene beteiligter Körperschaften werden daher die von ihren Tochtergesellschaften ausgeschütteten Gewinne von der Besteuerung ausgenommen. Erst bei der Ausschüttung bzw Weiterleitung an natürliche Personen werden die Gewinne nochmals besteuert (27,5 % KESt). – Davon zu unterscheiden ist die körperschaftsteuerliche Behandlung von Wertänderungen der Beteiligungssubstanz selbst (Teilwertabschreibungen und –zuschreibungen, Buchgewinne und –verluste aus der Veräußerung oder sonstigem Ausscheiden einer Beteiligung), wobei für sog. „internationale Schachtelbeteiligungen“ (definiert in § 10 Abs 2 KStG) grundsätzlich ein Wahlrecht besteht, ob diese steuerneutral oder steuerwirksam behandelt werden sollen (gemäß § 10 Abs 3 KStG).

Befreiung für Beteiligungerträge und internationale Schachtelbeteiligungen (§ 10 KStG)

Die umfassenden Bestimmungen des § 10 KStG regeln im Wesentlichen zwei Fallgruppen, nämlich einerseits Beteiligungen an inländischen Körperschaften und ausländischen Körperschaften in der Europäischen Union bzw in anderen Ländern mit umfassender Amtshilfe (Beteiligungsertragsbefreiung gemäß § 10 Abs 1 Z 1 bis 6 KStG) und andererseits qualifizierte Beteiligungen an ausländischen Körperschaften, die als sog. „internationale Schachtelbeteiligungen“ zu behandeln sind (Beteiligungsertragsbefreiung gemäß § 10 Abs 1 Z 7 KStG). Beteiligungen an ausländischen Tochtergesellschaften sind gemäß § 10 Abs 2 KStG dann als internationale Schachtelbeteiligung anzusehen, wenn das Beteiligungsausmaß mindestens 10% seit mindestens einem Jahr beträgt. 

Bei internationalen Schachtelbeteiligungen (ISB) sind nicht nur die Beteiligungserträge (Gewinnausschüttungen an die beteiligte Inlandskörperschaft) befreit, sondern bleiben gemäß § 10 Abs 3 KStG bei der steuerlichen Einkünfteermittlung auf Ebene der Muttergesellschaft auch Veräußerungsgewinne, Veräußerungsverluste und sonstige Wertänderungen außer Ansatz (grundsätzliche Steuerneutralität der ISB). Teilwertabschreibungen (-zuschreibungen) sowie auch das Ausscheiden einer Beteiligung bleiben daher grundsätzlich ohne ertragsteuerliche Auswirkung bei der Gesellschafterin. 

Die im Körperschaftsteuergesetz vorgesehene Grundregel der Steuerneutralität von ISB gilt hingegen dann nicht, wenn der Steuerpflichtige in der Körperschaftsteuererklärung für das Anschaffungsjahr ausdrücklich erklärt, dass Wertänderungen steuerwirksam sein sollen (sog. Option zugunsten der Steuerwirksamkeit einer ISB). Die für jede einzelne ISB mögliche Option kann jedoch jeweils nur in der Körperschaftsteuererklärung jenes Jahres ausgeübt werden, in welchem die Beteiligung angeschafft wurde bzw durch zusätzliche Anschaffung von Anteilen eine bisher nicht begünstigte Beteiligung auf das Mindestausmaß von 10 % aufgestockt worden ist. Eine Nachholung der Optionsausübung bzw deren Widerruf in späteren Jahren ist nicht möglich (vgl dazu auch unseren <link http: www.icon.at de publikationen news detail external-link-new-window externen link in neuem>NL-Beitrag „UNTERNEHMENSBESTEUERUNG | Tipps zum Jahresende“ vom 18.11.2016). 

Vorteilhaftigkeitsüberlegungen: Werden für eine internationale Schachtelbeteiligung zukünftige Wertsteigerungen (Veräußerungsgewinne) erwartet, sollte von einer Optionsausübung tendenziell Abstand genommen werden. Besteht hingegen das Risiko von Wertverlusten (zB Projektgesellschaften) oder soll eine ISB langfristig gehalten werden (zB Kerngeschäft), so wäre die Ausübung der Option zu überlegen, um bei tatsächlichem Eintritt einer Wertminderung die daraus resultierenden bilanziellen Beteiligungsverluste auch steuerlich geltend machen zu können (gemäß § 12 Abs 3 KStG, idR Verteilung über sieben Jahre). 

Exkurs Gruppenbesteuerung: Vollständigkeitshalber sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass für Auslandsgruppenmitglieder trotz Optionsausübung keine Steuerwirksamkeit für Teilwertabschreibungen und Veräußerungsverluste bewirkt werden kann, zumal diesfalls das spezielle Verlustverwertungs- und Nachversteuerungsregime des § 9 KStG zur Anwendung kommt (vgl insb. § 9 Abs 6 Z 6 bzw § 9 Abs 7 KStG; hinsichtlich diesbezüglicher Vorteilhaftigkeitsüberlegungen vgl auch unseren <link http: www.icon.at de publikationen news detail external-link-new-window externen link in neuem>NL-Beitrag „GRUPPENBESTEUERUNG | Gruppen-Check vor dem Jahresende“ vom 17.11.2016). 

Von der Steuerneutralität für ISB (bei Nichtausübung der Option zur Steuerwirksamkeit) besteht jedoch gemäß § 10 Abs 3 Satz 2 und 3 KStG eine Ausnahme für tatsächliche und endgültige Vermögensverluste, die bei Untergang (Liquidation oder Insolvenz) der ausländischen Körperschaft, gekürzt um steuerfreie Gewinnanteile der letzten fünf Wirtschaftsjahre vor Liquidationseröffnung oder Eintritt der Insolvenz, entstehen. Durch diese Ausnahmebestimmung sollen unbillige Härten der grundsätzlichen Steuerneutralität vermieden und eine steuerliche Geltendmachung zugelassen werden (Siebtelung gemäß § 12 Abs 3 Z 2 KStG). Der konkrete Zeitpunkt bzw ab welchem Veranlagungsjahr der „Untergang“ einer betroffenen ausländischen Körperschaft steuerlich zu berücksichtigen ist, ist jedoch weder gesetzlich noch in den Körperschaftsteuerrichtlinien (Rz 1224 KStR) näher geregelt und daher im jeweiligen Einzelfall zu beurteilen. Diese bislang teils strittige Frage hatte unlängst der Verwaltungsgerichtshof zu klären:

Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 31.03.2017, Ro 2014/13/0042) 

  • Sachverhalt 

Eine österreichische GmbH hielt in ihrem Betriebsvermögen eine internationale Schachtelbeteiligung an einer deutschen AG. Für diese Beteiligung hatte die GmbH keine Option zur Steuerwirksamkeit gemäß § 10 Abs 3 KStG ausgeübt. Im Jahr 2009 wurde über das Vermögen der deutschen AG das Insolvenzverfahren eröffnet. Strittig war, in bzw ab welchem Jahr der „Untergang“ der deutschen AG bzw der daraus resultierende „tatsächliche und endgültige Vermögensverlust“ aus der Beteiligung steuerlich zu berücksichtigen ist. 

Nach Meinung der beschwerdeführenden GmbH wäre die Insolvenz der deutschen Tochtergesellschaft bereits im Insolvenzeröffnungsjahr 2009 als tatsächlicher und endgültiger Vermögensverlust iS § 10 Abs 3 KStG zu berücksichtigen gewesen, wenngleich das Insolvenzverfahren in diesem Jahr noch nicht abgeschlossen wurde. Für die Gesellschaft stand nämlich bereits in diesem Jahr fest, dass mit keinem Liquidationsguthaben zu rechnen sein werde. Außerdem bestand seitens einer anderen GmbH eine Haftung für die nunmehr insolvente Beteiligung, wobei bereits im Jahr 2009 die gesamten 100 % der Haftsumme an die beteiligte GmbH bezahlt und der daraus resultierende Ertrag bei der Empfängerin schon in diesem Jahr versteuert worden sei.   

Die Abgabenbehörde und im Ergebnis auch das Bundesfinanzgericht (BFG 16.6.2014, RV/7101410/2012) vertraten demgegenüber die Auffassung, dass der Vermögensverlust aus der gegenständlichen internationalen Schachtelbeteiligung erst nach Abschluss des Insolvenzverfahrens steuerwirksam erfasst werden kann, eine Berücksichtigung in 2009 daher (noch) nicht geboten war. 

  • Entscheidung des VwGH

Das Höchstgericht hat die Revision gegen das oa BFG-Erkenntnis als unbegründet abgewiesen und führte dazu aus:

Wertänderungen von internationalen Schachtelbeteiligungen bleiben grundsätzlich außer Ansatz, wenn nicht zur Steuerwirksamkeit optiert wurde. Davon ausgenommen sind nur tatsächliche und endgültige Vermögensverluste durch den liquidations- oder insolvenzbedingten Untergang der betreffenden ausländischen Körperschaft. 

Nach Ansicht des VwGH spricht schon der Gesetzeswortlaut des § 10 Abs 3 zweiter Satz KStG, wonach "tatsächliche und endgültige" Vermögensverluste auf Grund eines insolvenz- oder liquidationsbedingten Untergangs der ausländischen Körperschaft steuerwirksam sind, gegen die Auffassung, dass dieses Kriterium bereits im Zeitpunkt des "faktischen Vermögensverlustes" erfüllt sein soll. So führt zwar die Eröffnung des Insolvenzverfahrens bei der insolventen Tochter (deutsche AG) zu deren Auflösung, die Gesellschaft erlischt jedoch erst mit Vollbeendigung der Gesellschaft, also erst dann, wenn kein Abwicklungsbedarf mehr besteht. Bis dahin besteht nicht nur die Rechtspersönlichkeit der Gesellschaft, sondern auch die Steuersubjektfähigkeit iS § 4 Abs 2 KStG fort. 

Erst nach Beendigung des Insolvenzverfahrens bzw nach Abschluss der Liquidation steht insbesondere auch der Vermögensverlust, den die Gesellschaft durch ihre Beteiligung an der liquidierten Gesellschaft erlitten hat, der Höhe nach "endgültig" fest. Diese Auslegung wird auch dem Willen des Gesetzgebers gerecht, zumal auch in den Materialien zur Einführung der gegenständlichen Ausnahmebestimmung (mit dem AbgÄG 2004) ausgeführt wurde, dass nach § 10 Abs 3 KStG alle die untergegangene Beteiligung betreffenden Anschaffungskosten "im Jahr der Beendigung der freiwilligen oder insolvenzbedingten Liquidation" steuerlich abgesetzt werden können. 

Fazit 

Im unternehmensrechtlichen Jahresabschluss sind grundsätzlich auch liquidations- und insolvenzbedingte Wertverluste von Beteiligungen bereits zu jenem Bilanzstichtag zu berücksichtigen, sobald der beizulegende Wert unter dem Beteiligungsbuchwert liegt. Dies wird in der Mehrzahl der Fälle (spätestens) der Insolvenzeröffnungszeitpunkt sein. Eine sohin zeitgerechte außerplanmäßige Abschreibung gemäß § 204 Abs 2 UGB ist für steuerwirksame In- und Auslandsbeteiligungen - ungeachtet der steuerlichen Siebenjahresverteilung gemäß § 12 Abs 3 Z 2 KStG - grundsätzlich auch für eine steuerliche Teilwertabschreibung iS § 6 Z 2 lit a EStG maßgeblich (vgl zum korrekten TWA-Zeitpunkt auch unseren <link http: www.icon.at de publikationen news detail external-link-new-window externen link in neuem>NL-Beitrag „BETEILIGUNGEN | Anlage- oder Umlaufvermögen im Bilanzsteuerrecht?“ vom 22.5.2017). 

Im Falle von grundsätzlich steuerneutralen internationalen Schachtelbeteiligungen ist hingegen die steuerliche Sondervorschrift in § 10 Abs 3 KStG zu beachten: Die Höhe der tatsächlichen und endgültigen Vermögensverluste kann abschließend erst mit Beendigung des Liquidations- bzw Insolvenzverfahrens beurteilt werden. Auch wenn in der Mehrzahl der Insolvenzverfahren davon auszugehen ist, dass keine (hinreichenden) Mittel mehr an die Gesellschafter einer insolventen Tochtergesellschaft zurückfließen werden, sprechen Gesetzeswortlaut und Materialien zur maßgeblichen steuerlichen Ausnahmebestimmung gegen eine Verlustberücksichtigung bereits bei Eröffnung des insolvenzbedingten Liquidationsverfahrens. In diesem Sinne hat nunmehr auch der VwGH bestätigt, dass von einem "Untergang" der ausländischen Körperschaft, der in der Folge zu einem Ausscheiden der Beteiligung aus dem Betriebsvermögen der beteiligten Gesellschaft führt, erst dann gesprochen werden kann, wenn kein Abwicklungsbedarf mehr gegeben ist. Die steuerliche Berücksichtigung des endgültigen Verlustes aus einer nicht optierten internationalen Schachtelbeteiligung ist daher erst nach formeller Beendigung des Liquidations- bzw Insolvenzverfahrens zulässig. 

Für weitere Fragen zu diesem Themenkomplex stehen Ihnen die Verfasser natürlich gerne zur Verfügung!