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POLEN | UMSATZSTEUER - Praxistipps zu White List und Split-Payments

Mit 1.1.2020 wurde in Polen die sog. „White List“ der umsatzsteuerpflichtigen Unternehmen veröffentlicht. Über die in diesem Zusammenhang zu beachtenden Sorgfaltsbestimmungen hatten wir Sie bereits informiert. Nach einigen Monaten der Anwendung werfen die Themen White List sowie das im Rahmen unseres Newsletters ebenfalls bereits erörterte verpflichtende Split-Payment-Verfahren doch einige Praxisfragen auf, die wir im nachfolgenden Beitrag daher thematisieren möchten.

Grundlegendes zu Überweisungen iZm White List und Split-Payment-Verfahren 

Hinweise zur „White List“ 

Eine erste Information zu diesem Themenkomplex haben wir Ihnen bereits mit unserem  NL-Beitrag „POLEN | UMSATZSTEUER-Whitelist - Zahlung auf das richtige Bankkonto!“ vom 2.3.2020 gegeben. 

Grundsätzlich sind sämtliche Zahlungen für in Polen umsatzsteuerbare und -pflichtige Leistungen, deren Auftragswert 15.000 PLN übersteigt, auf das in der „White List“ angeführte Bankkonto des Geschäftspartners vorzunehmen. Zu diesem Zweck verwenden Sie die polnische UID-Nummer Ihres Lieferanten (NIP) und starten die Suchabfrage zum Whitelist-Register unter folgendem Link: https://www.podatki.gov.pl/wykaz-podatnikow-vat-wyszukiwarka.  

Dabei ist stets auf den Wert des gesamten Auftrages abzustellen. Deshalb kann diese Regelung auch nicht etwa durch die Überweisung in mehreren Teilbeträgen umgangen werden, wenn der Gesamtauftragswert 15.000 PLN übersteigt. 

In der „White List“ werden nur polnische Bankkonten (in der polnischen Währung Zloty - PLN) geführt, die durch das teleinformatische System der Nationalen Rechnungskammer (STIR-System) überprüft werden können. 

Sofern keine Aufteilung des Überweisungsbetrages (in Nettobetrag und Umsatzsteuer – siehe dazu beim verpflichtenden Split-Payment-Verfahren) notwendig ist, kann die Überweisung von einem ausländischen Konto getätigt werden. 

Hinweise zum „Split-Payment-Verfahren“ 

Eine erste Information zu diesem Themenkomplex haben wir Ihnen bereits mit unserem NL-Beitrag „POLEN | USt-Split-Payment-Verfahren verpflichtend ab 1.11.2019!“ vom 13.10.2019 gegeben.  

Seit 1.11.2019 gilt also das verpflichtende Split-Payment-Verfahren für 150 verschiedene Leistungskategorien (darunter auch Bauleistungen). Unter Verwendung der polnischen Klassifizierung der Waren und Dienstleistungen (PKWiU-Code) wurde die maßgebliche Einteilung auch im EU-Amtsblatt veröffentlicht (Durchführungsbeschluss (EU) 2019/310). 

Im Rahmen des Split-Payments werden der Nettobetrag und der Umsatzsteuerbetrag der betreffenden Rechnung auf folgende Weise getrennt beglichen: Der Erwerber bzw Leistungsempfänger überweist den Gesamtbetrag (Bruttobetrag incl. USt) von seinem polnischen Bankkonto (in PLN) auf das  polnische Bankkonto (in PLN) des leistenden Unternehmers, erst von dort wird der Umsatzsteuerbetrag auf das VAT-Subkonto (Sperrkonto) umgebucht. Es ist abwicklungstechnisch nicht möglich, den Umsatzsteuerbetrag direkt auf das VAT-Sperrkonto des beauftragten Subunternehmers zu überweisen. Daher bleibt dem Erwerber nichts anderes übrig, als selbst ein Bankkonto in Polen zu eröffnen. Nur so ist er in der Lage, eine dem Split-Payment-Verfahren entsprechende Zahlung vorzunehmen. 

Die Nichteinhaltung der White-List Regelung oder des Split-Payment-Verfahrens bringt Sanktionen mit sich, wie zB eine zusätzliche Steuerverbindlichkeit oder die gesamtschuldnerische Haftung für die Mehrwertsteuer. Falls der Leistungsempfänger (Unternehmer) in Polen der Ertragsteuerpflicht unterliegt, führt die Nichteinhaltung des vorgegebenen Prozedere überdies zur Nichtabzugsfähigkeit als Betriebsausgabe. 

Anwendungsfragen für ausländische Unternehmen

Das polnische Umsatzsteuerrecht unterscheidet grundsätzlich NICHT zwischen in- und ausländischen Unternehmen. Nach polnischem Recht sind die Regelungen für „White-List“-Transaktionen und Split-Payment-Zahlungen auf jeden Unternehmer im umsatzsteuerlichen Sinne verpflichtend anzuwenden. Dabei ist es unerheblich, ob der ausländische Unternehmer in Polen umsatzsteuerlich registriert ist oder nicht. 

In der Praxis kann es zu Konstellationen kommen, in denen ausländische Unternehmen in Polen umsatzsteuerlich nicht registriert sind, weil sie ausgangsseitig im Rahmen des „Allgemeinen Reverse Charge-Verfahrens für ausländische Unternehmer“ abrechnen, in Polen aber steuerbare und steuerpflichtige Leistungen empfangen. Die in Polen in Rechnung gestellte Umsatzsteuer wird im Wege der Vorsteuerrückerstattung beantragt. Andere Konstellationen betreffen etwa ausländische Unternehmen, die aufgrund von innergemeinschaftlichen Erwerben oder Inlandslieferungen in Polen zur Umsatzsteuer registriert sind. 

Unter der Voraussetzung, dass die zugekaufte Leistung NICHT dem Split-Payment-Verfahren unterliegt und der Gesamtauftragswert 15.000 PLN übersteigt, sind folgende Überweisungsformen möglich, um Sanktionen zu vermeiden: 

  1. Der ausländische Erwerber überweist den Bruttobetrag auf das in der White-List veröffentlichte Bankkonto des leistenden Unternehmers. Diese Überweisung kann auch von einem ausländischen Bankkonto erfolgen. Dabei muss allerdings der Gesamt-Rechnungsbetrag in PLN umgewechselt werden.
     
  2. Bei Überweisung des Bruttobetrages auf ein anderes Konto können Sanktionen nur durch eine Information an das polnische Finanzamt des leistenden Unternehmers binnen drei Tagen nach der Überweisung vermieden werden. Diese Mitteilung hat mittels des öffentlichen Anzeigemusters „ZAW-NR“ zu erfolgen. 

    Während der gegenwärtigen COVID-19-Pandemie wurde die Einreichfrist auf 14 Tage verlängert. Geplant ist zudem, dass die Einreichfrist generell auf sieben Tage verlängert und das Anzeigemuster (ZAW-NR) sowohl in Papierform als auch in elektronischer Form beim Finanzamt des Zahlers eingereicht werden soll. 
     
  3. Eine weitere Überweisungsmöglichkeit besteht in der getrennten Überweisung von Nettobetrag und Umsatzsteuer auf zwei verschiedene Bankkonten: Dabei wird der Nettobetrag (etwa in EUR) auf ein in EUR geführtes Bankkonto, die Umsatzsteuer auf das in der White List hinterlegte polnische Bankkonto (in PLN) überwiesen. Beide Zahlungen können von einem ausländischen Bankkonto durchgeführt werden. Bei der Überweisung des Umsatzsteuerbetrages ist anzugeben: Rechnungsnummer, Rechnungsdatum, Firmenname und UID-Nummer des Lieferanten sowie der Hinweis, dass es sich um den Umsatzsteuer-Anteil aus der Rechnung handelt. 

    Unterliegt der ausländische Erwerber der Ertragsteuerpflicht in Polen, so ist die Überweisung des Nettobetrages auf ein anderes als das White List-Bankkonto anzeigepflichtig, um die Nichtabzugsfähigkeit der mit der Rechnung verbundenen Betriebsausgabe zu vermeiden: Die Überweisung des  Nettobetrages ist daher mithilfe des Formulars „ZAW-NRbinnen drei Tagen dem örtlich zuständigen Finanzamt des leistenden Unternehmers anzuzeigen. 

Kommt hingegen auf die zugekaufte Leistung das Split-Payment-Verfahren verpflichtend zur Anwendung, sind die Zahlungen ebenfalls auf das White-List-Konto zu überweisen. Jedoch kann die Überweisung diesfalls nur von einem speziell dafür eingerichteten polnischen Bankkonto getätigt werden. 

Die Anwendungsvoraussetzungen der „White List“ und des Split Payments sind auch ausgangsseitig - der ausländische Unternehmer „verkauft“ eine in Polen steuerbare und steuerpflichtige Leistung – zu beachten. Im Sinne eines reibungslosen Ablaufs der Geschäftsbeziehungen sollte vor Leistungserbringung die Art der Leistung einwandfrei kategorisiert werden, um nicht Gefahr zu laufen, ein verpflichtendes Split-Payment-Verfahren zu übersehen. Manche Geschäftspartner verlangen die Bekanntgabe des PKWiU-Codes für die vereinbarte Leistung. Sofern das verpflichtende Split-Payment-Verfahren nicht anwendbar ist, sollte im Vorfeld auch die Art der Überweisung abgeklärt und eventuell damit verbundene Meldungen kommuniziert werden.

FAZIT

Soferne Sie planen, als ausländisches Unternehmen in Polen tätig zu werden, sollten Sie sich umgehend vergewissern, ob Sie Leistungen zukaufen oder erbringen, die dem Split-Payment-Verfahren unterliegen. Um negative Sanktionen zu vermeiden, lässt sich die Eröffnung eines polnischen Bankkontos nicht vermeiden. 

Jedenfalls sind Zahlungen für in Polen umsatzsteuerpflichtige Leistungen auf das in der „White-List“ gelistete Konto des Geschäftspartners zu tätigen. Sofern es sich um zugekaufte Leistungen handelt, die NICHT dem verpflichtenden Split-Payment-Verfahren unterliegen, und der ausländische Erwerber in Polen nicht ertragsteuerpflichtig ist, können Nettobetrag (zB auch in EUR) und Umsatzsteuer (stets in PLN) auf getrennte Bankkonten überwiesen werden. 

 

Für Rückfragen stehen Ihnen die Verfasserinnen sowie auch die übrigen Ansprechpartner der Service Line "Indirect Tax & Customs​​​​​​​" gerne zur Verfügung!