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CORONAVIRUS | Aktualisierte BMF-Info zu DBA-Fragen iZm COVID-19

Am 20. Juli 2020 hat das österreichische Finanzministerium die BMF-Info zur Anwendung und Auslegung von Doppelbesteuerungsabkommen im Zusammenhang mit der COVID-19 Pandemie aktualisiert. In die BMF-Info vom 22. Mai 2020 wurden div. Ergänzungen und Klarstellungen eingearbeitet, insbesondere zu den Themenbereichen Homeoffice, Kurzarbeitsunterstützungen, Konsultationsvereinbarungen sowie Bau- und Montagebetriebsstätten. Im nachfolgenden Beitrag informieren wir Sie über diese aktuellen Änderungen.

In der bereits am 22.5.2020 veröffentlichten BMF-Info hatte sich das Finanzministerium mit der steuerlichen Behandlung des Arbeitslohns bei Ausübung von Tätigkeiten im Homeoffice auseinandergesetzt, insbesondere auch mit der Frage, ob dadurch eine steuerliche Betriebsstätte begründet werden kann. Ein weiterer wichtiger Punkt in dieser Information ist die abkommensrechtliche Behandlung von Kurzarbeitsvergütungen. Weiters wurde auf die Frage eingegangen, inwieweit COVID-19-bedingte Unterbrechungen von Bau- und Montagebetriebstätten zu einer Fristhemmung führen. Darüber haben wir bereits ausführlich in unserem NL-Beitrag „CORONAVIRUS | BMF-Info zur DBA-Anwendung in Zeiten von COVID-19​​​​​​​“ vom 9. Juni 2020 berichtet. 

Auch das OECD Secretariat hatte sich bereits Anfang April mit einigen abkommensrechtlichen Fragestellungen im Zusammenhang mit der COVID-19 Krise auseinandergesetzt. Weiters wurden zu diesen Themen auch Konsultationsvereinbarungen mit Deutschland und sodann auch mit Italien abgeschlossen. Auch darüber haben wir im Rahmen unseres Newsletters bereits ausführlich informiert (siehe dazu auch nochmals die Quellenhinweise am Ende dieses Beitrages). 

Nachfolgend möchten wir Ihnen die jüngsten Aktualisierungen in der BMF-Info vom 20. Juli 2020 näherbringen, womit die vorangegangene Info vom 22. Mai 2020 aufgehoben wurde (die geänderten bzw ergänzten Textpassagen sind im Originaldokument in grüner Schrift kenntlich gemacht): 

Keine Fiktion von Anwesenheitstagen für Zwecke der 183-Tages-Regelung

In der Konsultationsvereinbarung mit Deutschland wurde eine sog. Tätigkeitsfiktion zu Art 15 Abs 1 des deutsch-österreichischen DBA vereinbart. Demgemäß können „Arbeitstage, […] an denen Arbeitnehmer nur aufgrund der Maßnahmen zur Bekämpfung der Covid-19 Pandemie ihre Tätigkeit im Homeoffice ausüben, als in dem Vertragsstaat verbrachte Arbeitstage gelten, in dem die Arbeitnehmer ihre Tätigkeit ohne die Maßnahmen zur Bekämpfung der Covid-19 Pandemie ausgeübt hätten". Die Homeoffice-Tätigkeit im Ansässigkeitsstaat für einen Arbeitgeber im anderen Staat während der COVID-19 Pandemie führt folglich nicht zu einer Verlagerung des Besteuerungsrechts vom Arbeitgeberstaat in den Ansässigkeitsstaat.

Dazu stellt das BMF nunmehr klar, dass diese Fiktion NICHT so verstanden werden könne, dass auch Aufenthaltstage für Zwecke der 183-Tages-Regelung fingiert werden könnten. Die Konsultationsvereinbarung regelt somit nicht den Fall, in dem ein in einem Staat ansässiger Arbeitnehmer im anderen Staat tätig wird und für gewöhnlich nur aufgrund des Überschreitens der 183-Tage-Frist iSd Art. 15 Abs. 2 lit. a DBA-Deutschland im Tätigkeitsstaat steuerpflichtig wird. Dabei handelt es sich um Fälle, in denen kein im Tätigkeitsstaat ansässiger Arbeitgeber bzw keine Betriebsstätte oder feste Einrichtung im Tätigkeitsstaat die Vergütungen tragen (Art. 15 Abs. 2 lit. b und c DBA-Deutschland). Wenn sonach die im Tätigkeitsstaat verbrachten Aufenthaltstage COVID-19-bedingt nicht die Grenze von 183 Tagen überschreiten, so vermag die Konsultationsvereinbarung keine Aufenthaltstage iSd 183-Tage-Regelung zu fingieren. Dementsprechend kommt - nach den bestehenden Regeln des DBA - dem Ansässigkeitsstaat aufgrund von Art. 15 Abs. 2 DBA-Deutschland das ausschließliche Besteuerungsrecht zu, solange die 183 Tage nicht überschritten werden. COVID-19-bedingte Homeoffice-Tage können somit auf Grundlage der Konsultationsvereinbarung nicht als Aufenthaltstage iSd Art. 15 Abs. 2 lit. a DBA-Deutschland gezählt werden.

Konsultationsvereinbarung Italien

Zur Grenzgängerregelung im österreichischen DBA mit Italien wurde am 27. Juni 2020 eine Konsultationsvereinbarung veröffentlicht und diesbezüglich auch die BMF-Info ergänzt. Nach Art. 15 Abs. 4 DBA-Italien gilt jene Person als Grenzgänger, "die in einem Vertragstaat in der Nähe der Grenze ihren Wohnsitz und in dem anderen Vertragstaat in der Nähe der Grenze ihren Arbeitsort hat und sich üblicherweise zur Arbeit dorthin begibt". Anlässlich der COVID-19 Pandemie wurde im Wege der Konsultationsvereinbarung Einvernehmen darüber hergestellt, dass Steuerpflichtige, die üblicherweise zu ihrem Arbeitsort pendeln, aber zur Eindämmung der Verbreitung von COVID-19 im Homeoffice arbeiten, weiterhin als Grenzgänger iSd Art. 15 Abs. 4 DBA-Italien behandelt werden.

Kurzarbeitsunterstützung

In der Info von 22. Mai 2020 hatte das BMF - analog zur Ansicht des OECD Secretariat - festgehalten, dass Kurzarbeitsunterstützungen im Anwendungsbereich einer dem Art 15 OECD-MA nachgebildeten Bestimmung aufgrund des Kausalitätsprinzips in jenem Staat zu besteuern sind, in dem die Tätigkeit, auf welche sich die Kurzarbeitsunterstützung bezieht, ausgeübt worden wäre. Dazu wird nunmehr klargestellt, dass die Unterlassung des Lohnsteuerabzugs in Österreich jedoch dann unzulässig sei, wenn das Besteuerungsrecht an einer Kurzarbeitsunterstützung auf Basis des Kausalitätsprinzips zwar dem anderen Staat zugeteilt wurde, der andere Staat diese aber tatsächlich nicht besteuert. Das BMF geht in diesem Fall von einem Qualifikationskonflikt aus und macht somit die abkommensrechtliche Zuordnung der Kurzarbeitsunterstützung an einen "anderen Vertragsstaat" auch davon abhängig, dass die Kurzarbeitsunterstützung dort tatsächlich besteuert wird. Sollte es in diesem Zusammenhang divergierende Auffassungen der Staaten geben, so kann die Frage der abkommensrechtlichen Zuordnung der Kurzarbeitsunterstützung im Wege eines Verständigungsverfahrens geklärt werden.

Es darf an dieser Stelle noch ergänzend angemerkt werden, dass bei DBA, die eine gesonderte Regelung für Einkünfte aus der gesetzlichen Sozialversicherung oder ähnliche Einkünfte enthalten (va DBA Deutschland-Österreich), das Besteuerungsrecht an einer Kurzarbeitsunterstützung nicht nach Maßgabe von Art 15 des DBA zu beurteilen ist. Die Kurzarbeitsunterstützung fällt diesfalls unter die jeweilige Sonderregelung des DBA, welche das Besteuerungsrecht idR dem Kassenstaat zuteilt. Das BMF hat diesbezüglich keine Ergänzungen im Hinblick auf einen etwaigen Qualifikationskonflikt ergänzt. In derartigen Fällen ist nach unserer Einschätzung ein zu einer Doppelnichtbesteuerung führender Qualifikationskonflikt aber ohnehin unwahrscheinlich.

COVID-19-bedingte Unterbrechungen bei Bauausführungen und Montagen

Die Begründung von abkommensrechtlichen Bau- und Montagebetriebsstätten ist in der Regel an eine bestimmte Frist gebunden, welche gemäß Art. 5 Abs. 3 OECD-MA mit einer Dauer von zwölf Monaten definiert ist. Nach Ansicht der OECD sowie auch des österreichischen BMF sind COVID-19-bedingte Unterbrechungen von Bau- oder Montageleistungen bei der Berechnung der Betriebsstättenfrist ebenfalls miteinzubeziehen, dh es kommt dadurch weder zu einer Unterbrechung noch zu einer Hemmung der Betriebsstättenfrist.

Nach Ansicht des deutschen BMF kann hingegen – unter gewissen Voraussetzungen – sehr wohl eine Fristhemmung vorliegen (siehe dazu unseren NL-Beitrag „CORONAVIRUS | Fristhemmung für Bau- und Montagearbeiten in Deutschland“ vom 27.4.2020). In der BMF-Info vom 22.5.2020 hatte das österreichische BMF noch angekündigt, dass diesbezüglich Verständigungsgespräche mit Deutschland geführt würden. Diese Textpassage wurde im Rahmen der aktuellen Überarbeitung wieder gestrichen. Deutsche Unternehmen mit Bau- oder Montageprojekten in Österreich müssen folglich auch etwaige COVID-19-bedingte Unterbrechungen bei der Fristberechnung berücksichtigen. Für deutsche Unternehmen mit österreichischen Projekten birgt diese unterschiedliche Rechtsansicht der beiden Finanzverwaltungen daher das Risiko einer Doppelbesteuerung in sich.

Zu diesem Themenkomplex dürfen wir Ihnen auch unser Webinar Die Bau- und Montagebetriebsstätte im Abkommensrechtam 8. September 2020 von 13:00 bis 14:30 Uhr empfehlen. Hier geht’s zur Anmeldung!

FAZIT

Zu den obigen Themenbereichen möchten wir Sie auch nochmals auf folgende weitere Veröffentlichungen unseres Hauses hinweisen: 

Als Kompetenzzentrum für internationales Steuerrecht beobachten wir die weiteren Entwicklungen sorgfältig und werden Sie auch weiterhin auf dem Laufenden halten. Sollten Sie Fragen zu Ihren grenzüberschreitenden Geschäftstätigkeiten haben, so zögern Sie bitte nicht, die Verfasser sowie gerne auch die übrigen ExpertInnen der Service Line "International Tax" zu kontaktieren.