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ABGABENVERFAHREN | Haftungsinanspruchnahme von Geschäftsführern

Die abgabenrechtliche Haftung der Geschäftsführer ist in der Praxis durchgängig ein wichtiges Thema. Dies zeigt sich insbesondere an den nahezu monatlich ergehenden Entscheidungen des Bundesfinanzgerichts. Im folgenden geben wir Ihnen einen kurzen Überblick über die abgabenrechtliche Haftung und unter welchen Umständen Vertreter, die nicht unmittelbar für die Zahlung von Steuern verantwortlich sind, für die Steuerschulden des Unternehmens haften können.

Gemäß § 9 BAO haften Vertreter für Abgaben, die infolge schuldhafter Verletzung von Vertreterpflichten nicht eingebracht werden können. Die Abgabenhaftung betrifft bestimmte Personen nach §§ 80 bis 83 BAO, wie beispielsweise Geschäftsführer von GmbHs, Vorstandsmitglieder von AGs, Genossenschaften oder Privatstiftungen, Insolvenzverwalter sowie gesetzliche Vertreter natürlicher Personen. Auch der Geschäftsführer einer Komplementär-GmbH bei einer GmbH & Co KG fällt unter diese Kategorie und kann daher unter bestimmten Bedingungen für die Abgabenschulden der KG haftbar gemacht werden.

Bei der Haftung nach § 9 BAO handelt es sich um eine Ausfallhaftung (subsidiär), welche erst zum Greifen kommt, nachdem der Primärschuldner oder die übrigen Gesamtschuldner erfolglos in Anspruch genommen wurden. Diese Uneinbringlichkeit ist bei Eröffnung eines Insolvenzverfahrens noch nicht zwangsläufig erfüllt. Allerdings kann eine Uneinbringlichkeit angenommen werden, wenn während des Insolvenzverfahrens festgestellt wird, dass die Abgabenforderung aufgrund unzureichenden Vermögens nicht beglichen werden kann. 

Der Vertreter des Unternehmens treffen folgende abgabenrechtliche Pflichten:

  • rechtzeitige Einreichung von Abgabenerklärungen
  • die ordnungsgemäße Buchführung, die Offenlegungs- und Wahrheitspflicht 
  • sowie die korrekte Abgabenentrichtung. 

Wenn einer dieser abgabenrechtlichen Pflichten schuldhaft verletzt wurden, ist die Abgabenhaftung gem. § 9 BAO erfüllt. Wenn das vertretene Unternehmen keine liquiden Mittel verfügt und sohin eine Abgabe nicht bezahlt hat, liegt keine Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten seitens des Vertreters vor. 1

Wenn ein Unternehmen einen Wirtschaftstreuhänder mit der Abwicklung steuerlicher Angelegenheiten beauftragt, ist der Geschäftsführer nicht von seiner Verantwortung entbunden, da er verpflichtet ist Erkundigungs- und Überwachungsmaßnahmen zu setzen. Es liegt sohin in der Verantwortung des Geschäftsführers, die beauftragten Personen in angemessenen Zeitabständen zu überwachen, um sicherzustellen, dass ihm keine unentdeckten Steuerrückstände entgehen. Die Erkundigungs- und Überwachungspflicht besteht auch bei einem neu bestellen Geschäftsführer. Bei Antritt der Geschäftsführertätigkeit ist es seine Aufgabe sicherzustellen, ob und in welchem Umfang das Unternehmen in der Vergangen den steuerlichen Verpflichtungen nachgekommen ist. Dazu gehört beispielweise die regelmäßige Einsichtnahme von Buchungsmitteilungen des Finanzamtes. 2

Kein Verschulden trifft den Geschäftsführer, wenn er ausschließlich aufgrund einer falschen Rechtsauskunft handelt, die ihm von seinem Steuerberater unter vollständiger Kenntnis des korrekten Sachverhalts erteilt wurde (z.B. fehlerhafte Geltendmachung des Vorsteuerabzugs). 3 Diese Regel findet ebenfalls Anwendung, wenn der Vertreter auf die Richtigkeit von Auskünften des zuständigen Finanzamts vertraut.

Um der Haftung zu entgehen, muss der Vertreter nachweisen, dass ihn an der Pflichtverletzung kein Verschulden trifft. Die Pflichtverletzung muss ursächlich für den Abgabenausfall sein. Wenn die Abgabe auch ohne eine schuldhaft verletzte Pflicht des Vertreters uneinbringlich geworden wäre, entfällt die Haftung. Bereits leichte Fahrlässigkeit gilt als schuldhafte Verletzung und die Unkenntnis in steuerlichen Angelegenheiten schützt nicht vor der Haftung. Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH gilt hierbei eine Verschuldensvermutung, die vom Vertreter zu widerlegen ist.

§ 9 Abs 2 BAO enthält Sonderregelungen für Parteienvertreter wie Notare, Rechtsanwälte und Steuerberater. Die Haftung dieser Parteienvertreter ist nur dann erfüllt, wenn sie bei der Beratung in Abgabensachen ihre Berufspflichten verletzt haben. Ob eine Verletzung von Berufspflichten vorliegt, ist über Anzeige der Abgabenbehörde von der Disziplinarbehörde zu entscheiden.

FAZIT

Gemäß § 9 BAO haften Vertreter für Abgaben, wenn sie ihre Pflichten schuldhaft verletzen und dadurch die Abgaben nicht eingezogen werden können. Die Haftung ist subsidiär und tritt erst ein, nachdem der Primärschuldner erfolglos in Anspruch genommen wurde. 

Insbesondere ist ein neu bestellter Geschäftsführer auch verpflichtet, zu überprüfen, ob das Unternehmen bislang den steuerlichen Vorschriften nachgekommen ist. Die Verletzung der Informationspflicht über die bisherige steuerliche Gebarung führt dazu, dass ihn die Haftung für uneinbringlich werdende Abgaben aus der Vergangenheit treffen kann.

Wir empfehlen Ihnen,  die steuerlichen Angelegenheiten angemessen zu überwachen und insbesondere bei Antritt einer neuen Geschäftsführerposition die bisherige steuerliche Gebarung des Unternehmens kritisch zu hinterfragen.

Bei Fragen zum Thema der Vertreterhaftung stehen Ihnen die Verfasser gerne zur Verfügung!


1 Ritz/Koran, BAO § 9 RZ 12.
2 Wesener, SteuerExpress 4/2024, Erkundigungspflicht des Geschäftsführers, 3.
​​​​​​​3 VwGH vom 09.06.1986, 85/15/0069