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TRANSFER PRICING | Finanztransaktionen - Garantien und Bürgschaften

Im Rahmen dieser Newsletter-Serie stellen wir Ihnen wesentliche Themen aus dem neuen  Kapitel Finanztransaktionen in den OECD-VPL 2017 vor. Zwischenzeitig ist Kapitel X auch als Übersetzung in deutscher Sprache auf der Homepage der OECD verfügbar. Im nachfolgenden 5. Teil unserer Artikelserie beleuchten wir das Thema konzerninterner Finanzgarantien, welches in Abschnitt D. „Finanzgarantien“ behandelt wird. 

Unter der Überschrift „Finanzgarantien“ werden auch Bürgschaften und Patronatserklärungen erfasst. In der Folge wird der Begriff „Garantie“ daher synonym für diese Formen verwendet.

Zunächst ist zu untersuchen, in welchem Umfang Verpflichtungen eingegangen werden. Insbesondere ist zu unterscheiden, ob es sich bei der Garantie um eine rechtsverbindliche Zusage handelt, im Falle eines Zahlungsausfalls des Darlehensnehmers für die Kreditverbindlichkeit einzustehen, oder um eine unverbindliche Garantie bzw weiche Patronatserklärung oder lediglich um den Effekt des impliziten Rückhalts, welcher sich aus der bloßen Zugehörigkeit zum Konzern ergibt.

Abgrenzung von Finanzgarantien

Wirtschaftlicher Nutzen einer Finanzgarantie

In einem ersten Schritt ist zu prüfen, welchen wirtschaftlichen Nutzen eine Garantie dem Darlehensnehmer zusätzlich zu den Vorteilen verschafft, welche sich aus der passiven Konzernzugehörigkeit ergeben.

Einerseits kann sich dieser Nutzen in verbesserten Kreditbedingungen auswirken. Da der Darlehensgeber durch die Garantie insgesamt ein geringeres Risiko eines Zahlungsausfalls hat, dürfte er bereit sein, einen niedrigeren Zinssatz für dieses Darlehen zu akzeptieren. Wenn der Darlehensnehmer aufgrund der Garantie geringere Kreditkosten hat, wäre in diesem Fall auch ein fremder Dritter bereit, für diese Garantie zu bezahlen. Die Höhe der Garantiekosten darf jedenfalls den Vorteil der günstigeren Kreditkonditionen nicht komplett aufwiegen oder gar überschreiten. Die Finanzgarantie ist vom Vorteil einer bloß passiven Konzernzugehörigkeit abzugrenzen, welche keiner gesonderten Vergütung zugänglich wäre.

Andererseits kann eine Garantie auch eine höhere Kreditsumme für den Darlehensnehmer ermöglichen. Hier ist eine Darlehensgebühr lediglich für jenen Teil des Darlehens zu berücksichtigen, welcher auch ohne die Garantie bezogen werden konnte. Für den überschießenden Teil wäre das Darlehen hingegen als Darlehen an den Garantiegeber und dessen anschließende Kapitaleinlage beim Darlehensnehmer umzuqualifizieren.

Effekt der Konzernzugehörigkeit

Lediglich eine explizite Garantie, woraus für den Darlehensgeber Rechtsansprüche zur Inanspruchnahme des Garantiegebers bei einem Zahlungsausfall des Darlehensnehmers ableitbar sind, stellt grundsätzliche eine aktive, dem Grunde nach verrechenbare Dienstleistung dar. Rechtlich unverbindliche Zusagen, wie zum Beispiel sog. „weiche“ Patronatserklärungen, stellen hingegen keine explizite Risikoübernahme dar und sind grundsätzlich mit dem Vorteil aus der passiven Konzernzugehörigkeit gleichzustellen. Der Effekt der Konzernzugehörigkeit stellt keine aktive Dienstleistung dar, für welche eine Vergütung zu bezahlen ist, sondern ist lediglich ein passiver, dem Grunde nach nicht verrechenbarer Vorteil.

Lediglich dann, wenn eine Garantie über diesen Vorteil hinaus quantifizierbare Vorteile für den Darlehensnehmer hat, wird dieser bereit sein, eine Vergütung für die Garantie zu bezahlen. Explizite rechtsverbindliche Garantien lösen jedoch unter Umständen dann keine Vergütungspflicht aus, wenn der dadurch erlangte Vorteil lediglich dem impliziten Konzernrückhalt zuzuschreiben ist. Beispielsweise wäre dies der Fall, wenn die Garantie lediglich eine ohnehin bestehende Tatsache würdigt, dass es den Interessen des Konzerns schaden würde, den Darlehensnehmer nicht zu unterstützen.  

Finanzielle Kapazität des Garantiegebers

Es ist auch zu prüfen, ob der Garantiegeber überhaupt über die finanzielle Kapazität verfügt, den eingegangenen Verpflichtungen im Fall eines Zahlungsausfalls des Darlehensnehmers nachkommen zu können. Auch wenn der Darlehensnehmer ein gleiches oder besseres Rating als der Garantiegeber hat, kann die Garantie dennoch einen Vorteil für den Darlehensnehmer darstellen, wenn sich für den Darlehensgeber die Rückgriffsmöglichkeiten effektiv vergrößern und er deshalb bessere Kreditkonditionen anzubieten bereit ist. Weiters ist zu untersuchen, ob die Geschäftstätigkeiten von Garantiegeber und Darlehensgeber soweit zusammenhängen, dass sich ein negatives Marktereignis auf beide gleichermaßen auswirken würde, bspw auf die Fähigkeit des Garantiegebers, beim Zahlungsausfall des Darlehensnehmers für die Schuld einzustehen.

Bestimmung des fremdüblichen Preises von Garantien

Preisvergleichsmethode

Die Preisvergleichsmethode kann angewendet werden, wenn externe oder interne Vergleichswerte vorliegen. Unter fremden Dritten sind Garantien für Bankdarlehen jedoch unüblich. Ein unabhängiger Garantiegeber würde jedenfalls erwarten, für das Risiko der Übernahme einer Eventualverbindlichkeit entschädigt zu werden. Weiters sind auch die Unterschiede bei Funktionen und Risiken zwischen unabhängigen und konzerninternen Garantiegebern zu beachten.

Zinsbasierter Ansatz („Yield approach“)

Bei diesem Ansatz wird die Zinsdifferenz zwischen dem Darlehen ohne Garantie und jenem mit Garantie herangezogen. Dabei ist der Effekt des impliziten Konzernrückhalts herauszurechnen. Der Zinsvorteil ist die maximale Garantiegebühr, die der Darlehensnehmer für diese zu bezahlen bereit wäre. In der Praxis wird die Garantiegebühr niedriger als die Zinsdifferenz sein, da ein fremder dritter Garantienehmer diese nur in Anspruch nehmen würde, wenn er dadurch besser gestellt ist als ohne Garantie.

Kostenbasierter Ansatz („Cost approach“)

Hier wird die Höhe des Verlustes geschätzt, welchen der Garantiegeber bei einem Ausfall des Darlehensnehmers zu tragen hat („Loss Given Default“). Alternativ kann man auch die zu erwartenden Kosten des Kapitals bestimmen, das zur Absicherung des Risikos notwendig ist. Dabei wird häufig auf Modelle zurückgegriffen, wonach die Garantie beispielsweise als Put-Option oder als Credit Default Swap (CDS) behandelt wird. Mit dieser Methode wird schlussendlich eine Mindestgebühr für die Garantie bestimmt, welche der Garantiegeber verlangen wird, um diese einzugehen.

Verlustbasierter Ansatz („Valuation of expected loss approach“)

Bei dieser verlustbasierten Methode wird die Ausfallswahrscheinlichkeit unter Berücksichtigung der zu erwartenden Erlösquote geschätzt. Der Preis der Garantie kann dann beispielsweise mittels Bewertungsmodellen wie dem Capital Asset Pricing Model (CAPM) ermittelt werden.

Es sei an dieser Stelle angemerkt, dass in den neuen österreichischen Verrechnungspreisrichtlinien (Rz 131 ÖVPR 2020 - Begutachtungsentwurf) die beiden kostenbasierten Ansätze wie folgt zusammengefasst werden: Die fremdübliche Haftungsprovision (Garantiegebühr) kann auch aus den Kosten für die Hingabe der Garantie abgeleitet werden, indem deren Wert auf Basis des Ausfallsrisikos bzw. des erwarteten Verlusts geschätzt wird (valuation of expected loss approach).

Kapitalbasierter Ansatz („Capital support method“)

Hier wird berechnet, in welcher Höhe zusätzliches Eigenkapital für den Darlehensnehmer erforderlich wäre, um die gleichen Kreditbedingungen wie unter Berücksichtigung der Garantie zu bekommen. Die erwartete Rendite auf dieses Kapital könnte dann zur Ermittlung des Preises der Garantie herangezogen werden.

FAZIT

Die OECD gibt nunmehr auch eine konkrete Anleitung, wie fremdübliche Verrechnungspreise für konzerninterne Garantien und Bürgschaften gefunden werden können.

Im vorliegenden Begutachtungsentwurf zu den  österreichischen VPR 2020 (siehe dazu bereits unseren NL-Beitrag „TRANSFER PRICING | Neue Verrechnungspreisrichtlinien 2020“ vom 16.12.2020) wird explizit auf die OECD-Ausführungen verwiesen (vgl Rz 109 bis 138 ÖVPR 2020).

Bei konzerninternen Garantien ist stets in einem ersten Schritt zu prüfen, ob diese dem Grunde nach verrechenbar sind. Insbesondere ist zu beachten, dass eine Garantie dem Darlehensnehmer einen tatsächlichen Vorteil bringen muss, für den auch ein fremder Dritter zu bezahlen bereit wäre. Bei der Berechnung des Verrechnungspreises der Höhe nach bieten sich neben der Preisvergleichsmethode auch der zins-, kosten-, verlust- oder kapitalbasierte Ansatz an. Unabhängig davon, für welche Methode(n) man sich schlussendlich entscheidet, ist darauf zu achten, dass der Preis für die Garantie den Vorteil durch die Garantie für den Darlehensnehmer nicht übersteigt und die Garantie somit unterm Strich für den Garantienehmer vorteilhaft ist.

Im Rahmen dieser Newsletter-Serie sind bereits folgende weitere Beiträge erschienen:

Sollten Sie Fragen in Zusammenhang mit der Bewertung von konzerninternen Darlehen oder weitere Verrechnungspreisthemen haben, stehen Ihnen die Verfasser sowie auch die übrigen Experten unserer Service Line "Transfer Pricing"​​​​​​​ natürlich gerne zur Verfügung!