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UKRAINE-KRIEG | Auswirkungen auf die Abschlussprüfung

Der Angriff der russischen Streitkräfte auf die Ukraine am 24.2.2022 hat nicht nur erhebliche Auswirkungen auf viele Unternehmen und somit auf die Aufstellung ihrer Jahresabschlüsse (Unternehmensberichterstattung) sondern auch auf die Durchführung von Abschlussprüfungen. Die Wirtschaftsprüfer müssen sich im Zuge der Prüfung von Jahres- und Konzernabschlüssen betroffener Unternehmen mit den inhaltlichen Konsequenzen auseinandersetzen, die in manchen Bereichen durchaus mit dem Ausbruch der Corona-Pandemie vergleichbar sind. Die Kammer der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer hat am 20.4.2022 „fachliche Hinweise zu den mit dem Ausbruch des Ukraine-Krieges verbundenen Auswirkungen auf die Durchführung von Abschlussprüfungen“ beschlossen und veröffentlicht, die insbesondere spezifische Maßnahmen im Bereich der Prüfungsplanung und Risikobeurteilung, Prüfungshandlungen, Berichterstattung und besondere Kommunikationspflichten des Abschlussprüfers zum Inhalt haben. Darüber soll der nachfolgende Beitrag informieren.

Über die Auswirkungen des Ukraine-Krieges auf die Rechnungslegung und die dazu ergangene AFRAC-Fachinformation vom April 2022 haben wir Sie im Rahmen unseres Newsletters bereits informiert (vgl NL-Beitrag „BILANZIERUNG | Die UKRAINE-Krise im Jahres- und Konzernabschluss“ vom 24.4.2022).

Am 20.4.2022 wurden nunmehr „Fachliche Hinweise der Kammer der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer zu den mit dem Ausbruch des Ukraine-Krieges verbundenen Auswirkungen auf die Durchführung von Abschlussprüfungen“ beschlossen und veröffentlicht, die – aus Dringlichkeitsgründen – kurzfristig von einer „Ad-hoc-Arbeitsgruppe“ des Fachsenats für Unternehmensrecht und Revision erarbeitet wurden und daher kein förmliches „Fachgutachten“ des gesamten KSW-Fachsenats darstellen, sondern lediglich als „Empfehlung“ einer Expertengruppe (Hinweise allgemeiner Art) zum Wissensstand per 14.4.2022 zu verstehen sind. In der Einleitung wird ua auch auf die teilweise Vergleichbarkeit mit dem seinerzeitigen Ausbruch der COVID-19-Pandemie und die dazu ergangenen „Fachlichen Hinweise der KSW zu den mit dem Ausbruch des Coronavirus (COVID-19) verbundenen Auswirkungen auf die Abschlussprüfung“ (beschlossen am 3.4.2020) hingewiesen, wobei ähnliche Auswirkungen teilweise auch in die aktuellen fachlichen Hinweise zum Ukraine-Krieg übernommen wurden. Im Detail werden darin folgende Themenbereiche abgehandelt:
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Mögliche Auswirkungen auf Prüfungsplanung und Risikobeurteilung


​​​​​​​Analyse der Risiken wesentlicher falscher Darstellungen (ISA 315)

​​​​​​​Grundsätzlich muss ein Unternehmen, das sich in einer Krise befindet bzw eine solche zu entstehen droht, eine Krisenanalyse durchführen und diese laufend aktualisieren. So ist auch der Ausbruch des Ukraine-Krieges für viele Unternehmen mit Auswirkungen verbunden, die ein erhöhtes Risiko in Zusammenhang mit deren Geschäftsbeziehungen zu natürlichen und juristischen Personen bedeuten könnten. In der AFRAC-Fachinformation vom April 2022 (Rz (13) ff) finden sich detaillierte Ausführungen zur Krisenanalyse betreffend die Auswirkungen des Ukraine-Krieges auf die Unternehmensberichterstattung. Das Ergebnis der Risikoanalyse kann zur Notwendigkeit der Erstellung bzw. Aktualisierung von Unternehmensplänen in Zusammenhang mit der Going Concern-Annahme (vgl. KFS/RL 28) sowie einer Fortbestehensprognose (vgl. hierzu ISA 570.10 ff) führen. In Anbetracht dieser Umstände hat sich der Abschlussprüfer diesbezüglich gegebenenfalls zeitnah mit dem Unternehmen auszutauschen, um die Reaktionen und getroffenen Maßnahmen des Unternehmens zu hinterfragen. Die Risikoeinschätzung des Abschlussprüfers sollte, je nach Umständen und Geschäftstätigkeit des zu prüfenden Unternehmens, überarbeitet und auch während der Prüfung immer wieder aktualisiert werden, um mögliche Risiken wesentlicher falscher Darstellungen zu vermeiden. Weitere Leitlinien hierzu finden sich in ISA 315.A1 ff.
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Berücksichtigung von Gesetzen und anderen Rechtsvorschriften (ISA 250)

Im Rahmen seiner Risikobeurteilung sollte dem Abschlussprüfer bewusst sein, dass die Auswirkungen des Ukraine-Krieges sowohl das Risiko von wesentlichen unbeabsichtigten falschen Darstellungen (Irrtümern) als auch jenes von beabsichtigten falschen Darstellungen (fraud) erhöhen können. Nach ISA 250.6 (b) sind Sanktionen als Teil des gesetzlichen Rechtsrahmens, in dem ein Unternehmen tätig ist, anzusehen, welche im Regelfall indirekte Auswirkungen auf den Abschluss haben können. Zur Identifizierung von Verstößen gegen Sanktionen finden sich die entsprechenden Prüfungshandlungen in ISA 250.13 und 250.15 ff. Bei identifizierten Verstößen gegen Sanktionen hat der Abschlussprüfer ein Verständnis von der Art der Handlung und den Umständen, unter denen sie vorgenommen wurde, zu erlangen und weitere Informationen einzuholen, um mögliche Auswirkungen auf den Abschluss zu beurteilen. Für Abschlussstichtage bis 31.12.2021 haben identifizierte Verstöße gegen Sanktionen grundsätzlich keine Auswirkungen auf das Prüfungsurteil, können aber gegebenenfalls die sog. „Redepflicht“ nach § 273 Abs 2 UGB (bzw KFS/PE 18) auslösen. Bei Unternehmen von öffentlichem Interesse ist zusätzlich Art 7 und 12 AP-VO  zu beachten. Für Abschlussstichtage nach dem 23.2.2022 (idR somit ab 28.2.2022) können identifizierte Verstöße gegen Sanktionen hingegen auch Auswirkungen auf den Abschluss und folglich auf das Prüfungsurteil haben. Es obliegt dem Urteilsvermögen des Abschlussprüfers zu entscheiden, inwieweit die identifizierten Verstöße tatsächlich Auswirkungen auf den Abschluss haben. Bei wesentlicher Auswirkung ist ein eingeschränktes oder ggfs auch negatives Prüfungsurteil abzugeben.  Bei nicht ausreichend geeigneten Prüfungsnachweisen hat der Abschlussprüfer ein eingeschränktes Prüfungsurteil abzugeben bzw die Nichtabgabe eines solchen entsprechend zu begründen.
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Mögliche Auswirkungen auf die Durchführung der Prüfungshandlungen


Auswirkungen auf Prüfungshandlungen in Zusammenhang mit der Going Concern-Prämisse

​​​​​​​Durch die Ukraine-Krise können sich verschiedene Schwierigkeiten in Bezug auf den Prüfungsprozess ergeben, die zusätzliche Maßnahmen erforderlich machen. Zum einen gilt es, die erhöhten Fehlerrisiken betreffend den Abschluss durch alternative oder zusätzliche Prüfungshandlungen zu decken und zum anderen kann eine Änderung des Prüfungsansatzes erforderlich sein, weil die geplanten Prüfungshandlungen keine ausreichenden Prüfungsnachweise liefern, wie z.B. Verzögerung bzw. Reduktion der Antworten der Banken und andere Drittbestätigungen. Kann der Abschlussprüfer aufgrund der erschwerten Situation die Erfordernisse von ISA 700.10 ff in Verbindung mit ISA 330 zur Erlangung geeigneter Prüfungsnachweise nicht erfüllen, so kann es durchaus angebracht sein, die Abschlussprüfung zu unterbrechen und diese zu einem späteren Zeitpunkt fortzusetzen, um weitere geeignete Nachweise zu erlangen, die das Prüfungsurteil gemäß den bereits erwähnten Erfordernissen untermauern. In diesem Fall ist aber zu beachten, dass sich die Periode der nachträglichen Ereignisse nach ISA 560.6 ebenso verlängern würde. Die Auswirkungen des Ukraine-Krieges auf die Geschäftstätigkeit eines Unternehmens und dessen Fortbestand verpflichten den Abschlussprüfer, gemäß ISA 570.6 ausreichende geeignete Prüfungsnachweise über die Angemessenheit der Going Concern-Prämisse zu erlangen. Bei erheblichen Zweifeln an der Fähigkeit zur Fortführung der Geschäftstätigkeit des Unternehmens hat der Abschlussprüfer durch zusätzliche Prüfungshandlungen ausreichende geeignete Prüfungsnachweise zu erlangen, um festzustellen, ob sich daraus wesentliche Unsicherheiten ergeben. Man spricht von wesentlicher Unsicherheit dann, wenn ihre möglichen Auswirkungen und die Wahrscheinlichkeit ihres Eintretens so groß sind, dass nach der Beurteilung des Abschlussprüfers eine angemessene Angabe von Art und Auswirkungen der Unsicherheit im Abschluss notwendig ist, um eine sachgerechte Gesamtdarstellung im Sinne der Generalnorm nach § 222 Abs 2 UGB und IAS 1.15 zu gewährleisten. Ist der Fortbestand des geprüften Unternehmens gemäß Prüfungsurteil gefährdet oder seine Entwicklung wesentlich beeinträchtigt, muss der Abschlussprüfer die Redepflicht ausüben (vgl. § 273 Abs 2 UGB und KFS/PE 18 sowie bei Unternehmen von öffentlichem Interesse zudem besondere Berichtspflichten gemäß Art 12 Abs 1 lit b AP-VO).

 

​​​​​​​Prüfung der Angaben zu wesentlichen Ereignissen nach dem Abschlussstichtag

In ISA 560 finden sich Ausführungen zur Prüfung von wesentlichen Ereignissen nach dem Bilanzstichtag. So sind u.a. potenzielle Auswirkungen auf die Rechnungslegung bzw Unternehmensberichterstattung im Anhang anzugeben und damit zusammenhängende Ergänzungen im Lagebericht anzupassen. Folgende Prüfungshandlungen sollten auf Ereignisse zwischen Bilanzstichtag und dem Datum des Bestätigungsvermerks angewendet werden:

  • Erlangung eines Verständnisses der von den gesetzlichen Vertretern des Unternehmens eingerichteten Verfahren, um eine vollständige Erfassung der wesentlichen Auswirkungen des Ukraine-Krieges sicherzustellen;
  • Kritisches Lesen von Protokollen über seit Beginn des Ukraine-Krieges abgehaltene Sitzungen der Gesellschafter, Aufsichtsorgane und gesetzlichen Vertreter des Unternehmens;
  • Befragung der gesetzlichen Vertreter sowie der für die Überwachung verantwortlichen Personen (AR) nach den Auswirkungen des Ukraine-Krieges auf das Unternehmen.

Bei Auftreten von Auswirkungen auf den Umfang bzw zeitlichen Ablauf der Abschlussprüfung aufgrund geplanter Prüfungshandlungen muss der Abschlussprüfer diesen Umstand den für die Überwachung verantwortlichen Personen mitteilen (vgl. ISA 260.15 iVm 260.A16).

 

​​​​​​​Spezielle Herausforderungen bei der Prüfung von Konzernabschlüssen

​​​​​​​Herausforderungen bei Konzernabschlussprüfungen ergeben sich im Wesentlichen im Zusammenhang mit den geleisteten Arbeiten der Teilbereichsprüfer, wie z.B.:

  • Eine noch engere Abstimmung mit den Teilbereichsprüfern hinsichtlich der Auswirkungen auf die einzelnen Teilbereiche sowie den Konzern insgesamt;
  • Sicherstellung, dass die Teilbereichsprüfer dem Konzernprüfungsteam alle Auswirkungen des Ukraine-Krieges auf die Geschäftstätigkeit der Teilbereiche mitteilen, soweit diese von Bedeutung für den Konzernabschluss sind (vgl. ISA 600.31 und 600.38);
  • Konzern-Prüfungsanweisungen bei Bedarf ergänzen (insb. „subsequent events reporting“);
  • Kommunikation an die für die Überwachung Verantwortlichen des Konzerns (AR) bei Auswirkungen auf den zeitlichen Ablauf der Konzernabschlussprüfung;
  • Konzernprüfer muss sich überlegen, wie vorzugehen ist, wenn ein Teilbereichsprüfer gar keine Möglichkeit mehr hat, ein Unternehmen zu prüfen. Daraus könnte sich ein Prüfungshemmnis ergeben.

Die Aufgabe des Konzernabschlussprüfers besteht darin, die Angemessenheit der Einschätzung der gesetzlichen Vertreter betreffend die Auswirkungen des Ukraine-Krieges auf die Einbeziehung von Teilbereichen im Wege der Vollkonsolidierung zu würdigen (vgl AFRAC-Fachinformation vom April 2022 bzw dazu auch unseren NL-Beitrag BILANZIERUNG | Die UKRAINE-Krise im Jahres- und Konzernabschluss vom 24.4.2022).

 

Mögliche Auswirkungen auf die Berichterstattung (WP-Bericht)

 

​​​​​​​Inhaltliche Auswirkungen auf den Bestätigungsvermerk

​​​​​​​Modifikationen des Prüfungsurteils zum Abschluss und Lagebericht sind notwendig, wenn die Darstellungen im Anhang in Zusammenhang mit den Auswirkungen des Ukraine-Krieges nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprechen. So muss der Abschlussprüfer sein Prüfungsurteil aufgrund eines Prüfungshemmnisses auch dann modifizieren, wenn die für die Aufstellung und Prüfung des Konzernabschlusses erforderlichen Informationen und Angaben von den in den betroffenen Regionen ansässigen Tochterunternehmen bzw Geschäftsbereichen nicht rechtzeitig zu erhalten sind.

Bei wesentlicher Unsicherheit in Bezug auf die Unternehmensfortführung aufgrund der Auswirkungen des Ukraine-Krieges ist im Bestätigungsvermerk darauf gesondert einzugehen. So ist in diesem ein Abschnitt mit der Überschrift „Wesentliche Unsicherheiten in Bezug auf die Unternehmensfortführung“ auszuweisen (vgl. KFS/PG 3, Rz (28) ff iVm ISA 570.22, bezüglich des Lageberichts siehe KFS/PG 3, Rz (88) ff). Wenn im Abschluss keine angemessenen Angaben enthalten sind, dann muss der Bestätigungsvermerk zusätzlich modifiziert werden. Wird der Abschluss des geprüften Unternehmens auch bei negativem Urteil des Abschlussprüfers bezüglich der Unternehmensfortführung unter Anwendung der Going Concern-Prämisse aufgestellt, so hat Letzterer ein negatives Prüfungsurteil in Übereinstimmung mit ISA 570 zu erteilen.

Grundsätzlich kann der Abschlussprüfer auf besondere Umstände bei Sachverhalten im Abschluss aufmerksam machen, zB die Auswirkungen des Ukraine-Krieges. Dies kann sich auch auf die Ereignisse nach dem Bilanzstichtag bzw erläuterte Risiken bei der Bilanzierung und Bewertung beziehen. Die Aufnahme einer Ergänzung zum Bestätigungsvermerk setzt jedoch entsprechende konkrete Angaben im Anhang voraus (vgl ISA 706.A6).

Bei Verpflichtung zur Berichterstattung von besonders wichtigen Prüfungssachverhalten nach ISA 701 bzw AP-VO hat der Abschlussprüfer zu beurteilen, ob die Auswirkungen des Ukraine-Krieges im Einzelfall einen solchen Prüfungssachverhalt darstellen (zB die Nichtvorlage von Berichten von Teilbereichsprüfern und somit erforderliche erhebliche Änderung der Prüfungsplanung). Ebenso könnten Prüffelder aufgrund der Auswirkungen des Ukraine-Krieges zu einem besonders wichtigen Prüfungssachverhalt führen, die unter normalen Umständen nicht zu solchen geführt hätten (zB erschwerte Beschaffung von Prüfungsnachweisen). Wesentliche Unsicherheiten in Bezug auf die Unternehmensfortführung stellen gemäß ISA 701.4 (c) keinen besonders wichtigen Prüfungssachverhalt dar, sind aber gemäß ISA 570 gesondert zu berichten (vgl. KFS/PG 3, Rz (33)).

Angesichts der sich ständig ändernden Verhältnisse aufgrund der Ukraine-Krise hat der Abschlussprüfer darauf zu achten, auch eine angemessene Würdigung der sonstigen Informationen im Geschäftsbericht im Hinblick auf eventuelle wesentliche Unstimmigkeiten gegenüber Abschluss und Lagebericht vorzunehmen.

 

Sonstige Fragen im Zusammenhang mit der Berichterstattung

Gemäß ISA 560.10 und 560.14 ist der Abschlussprüfer grundsätzlich NICHT dazu verpflichtet, nach Erteilung des Bestätigungsvermerks noch weitere Prüfungshandlungen zu einem sohin bereits geprüften Abschluss und Lagebericht vorzunehmen. Dies wird damit begründet, dass Entwicklungen der Ereignisse nach dem Datum des Bestätigungsvermerks nicht dazu führen, dass der Abschluss und Lagebericht zum Zeitpunkt der Erteilung des Bestätigungsvermerks als unzutreffend beurteilt würde. Entscheiden hingegen die gesetzlichen Vertreter, den Abschluss und den Lagebericht noch zu ändern, sind diese nachträglichen Änderungen im Wege einer Nachtragsprüfung gemäß § 269 Abs 4 UGB zu prüfen. Diesfalls ist insbesondere auch zu beachten, dass die Verschiebung des Datums der Aufstellung des Abschlusses auch Auswirkungen auf die Beurteilung des Abschlussprüfers zur Going Concern-Prämisse und die Ereignisse nach dem Abschlussstichtag haben könnte. Weitere Prüfungshandlungen sind im Rahmen der Nachtragsprüfung hingegen nicht vorgesehen (vgl. KFS/PG 3, Rz (117)).

Kleinstkapitalgesellschaften, die keinen Anhang zum aufgestellten Jahresabschluss erstellen müssen, sind gemäß § 242 Abs 1 UGB aber sehr wohl verpflichtet, einen Abschluss zu erstellen, der ein möglichst getreues Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage vermittelt, sofern bestimmte Angaben gemäß §§ 199 und 237 Abs 1 Z 2 f UGB unter der Bilanz in den Abschluss aufgenommen werden. Zum klarstellenden Abschnitt „Sonstiger Sachverhalt“ (vgl. KFS/PG 3, Rz (152)) ist im Bestätigungsvermerk zusätzlich ein Abschnitt mit der Überschrift „Wesentliche Unsicherheiten in Bezug auf die Unternehmensfortführung“ einzufügen (vgl. KFS/PG 3, Rz (28) ff iVm ISA 570.22), sofern es solche Unsicherheiten gibt. Kleinst-Aktiengesellschaften haben zudem die diesbezüglichen Vorschriften für den Lagebericht zu beachten.

 

Mögliche Auswirkungen auf die Kommunikationspflichten des Abschlussprüfers

 

In Fällen, in denen die Abschlussprüfung noch nicht abgeschlossen wurde, sollte der Abschlussprüfer möglichst zeitnah über die Auswirkungen des Ukraine-Krieges auf die Geschäftstätigkeit des Unternehmens sowie die dazu von den gesetzlichen Vertretern getroffenen bzw geplanten Maßnahmen erörtern, um deren Auswirkungen auf das Unternehmen und den geprüften Abschluss zu erheben (vgl. ISA 560.6). Dies gilt insbesondere auch dann, wenn der Ausbruch des Ukraine-Kriegs nach dem Bilanzstichtag erfolgt ist und die Aufstellung noch nicht abgeschlossen bzw eine Prüfung noch nicht erfolgt ist, da ISA 560.7 vorschreibt, dass die Beurteilung und die getroffenen Prüfungshandlungen durch den Abschlussprüfer möglichst nahe beim Datum der Erteilung des Bestätigungsvermerks liegen müssen. Außerdem ergeben sich, je nach Einfluss des Ukraine-Krieges auf die Geschäftstätigkeit des Unternehmens, Auswirkungen auf Pflichten des Abschlussprüfers zur zusätzlichen Kommunikation mit den für die Überwachung verantwortlichen Organen, die sich ggfs auch in einem zusätzlichen Prüfungsbericht gemäß Art 11 AP-VO niederschlagen. Diese Pflichten sind:

  • Änderungen zum geplanten Umfang und zur geplanten zeitlichen Einteilung der Abschlussprüfung (vgl. ISA 260.A11);
  • gegebenenfalls während der Prüfung des Jahresabschlusses aufgetretene schwerwiegende Probleme (vgl. ISA 260.A21);
  • bedeutsame aus der Prüfung des Jahresabschlusses hervorgegangene Sachverhalte, die mit den gesetzlichen Vertretern besprochen wurden oder Gegenstand des Schriftverkehrs mit den gesetzlichen Vertretern waren (vgl. ISA 260.A22);
  • Umstände, die die Form oder den Inhalt des Bestätigungsvermerks beeinflussen (vgl. ISA 260.A23).
     

Weiters ist der Abschlussprüfer zur Kommunikation verpflichtet, wenn Auswirkungen auf das Prüfungsurteil zu erwarten sind (vgl. ISA 260.16 (d) iVm ISA 705.30 bzw. ISA 706.12) oder wenn der Ukraine-Krieg bzw. dessen Folgewirkungen ein Ereignis darstellen, das bedeutsame Zweifel an der Fähigkeit der Unternehmensfortführung aufwerfen könnte (vgl. ISA 570.25) oder beispielsweise Beschränkungen des Zugangs zu Informationen für den Konzernabschlussprüfer entstehen lässt (vgl. ISA 600.49 (d)).

 

​​​​​​​FAZIT

 

Aufgrund des Ukraine-Krieges haben nicht nur die betroffenen Unternehmen besondere Herausforderungen bei der Rechnungslegung bzw Berichterstattung, insbesondere für Bilanzstichtage ab Kriegsbeginn (24.2.2022), zu bewältigen, sondern auch die Abschlussprüfer sind entsprechend gefordert. Mit ihren fachlichen Hinweisen vom 20.4.2022 zu den Auswirkungen des Ukraine-Krieges auf die Abschlussprüfung hat die KSW dem prüfenden Berufsstand nunmehr einen Leitfaden zu ersten dringlichen Fragen, mit denen sich Abschlussprüfer aktuell konfrontiert sehen, an die Hand gegeben.

In Fällen, in denen die Abschlussprüfung noch nicht abgeschlossen wurde, sollte sich der Abschlussprüfer möglichst zeitnah über die Auswirkungen des Ukraine-Krieges auf die Geschäftstätigkeit des geprüften Unternehmens sowie die von den gesetzlichen Vertretern in diesem Zusammenhang getroffenen bzw geplanten Maßnahmen informieren, um deren Auswirkungen auf das Unternehmen und den geprüften Abschluss zu erheben. Außerdem ergeben sich, je nach Einfluss des Ukraine-Krieges auf die Geschäftstätigkeit des Unternehmens, auch Auswirkungen auf Pflichten des Abschlussprüfers zur zusätzlichen Kommunikation mit den für die Überwachung verantwortlichen Organen (Aufsichtsrat), die sich ggfs auch in einem zusätzlichen Prüfungsbericht gemäß Art 11 AP-VO niederschlagen.

Zusammenfassend ist insbesondere festzuhalten, dass identifizierte Verstöße gegen Sanktionen für Abschlussstichtage bis zum 31.1.2021 grundsätzlich keine Auswirkungen haben, aber gegebenenfalls eine Redepflicht nach § 273 Abs 2 UGB bzw KFS/PE 18 auslösen können. Bei sog. „Unternehmen von öffentlichem Interesse“ ist zudem Art 7 und 12 AP-VO zu beachten. Für Abschlüsse mit Stichtag nach dem 23.2.2022 (idR somit Bilanzstichtage ab 28.2.2022) können identifizierte Verstöße gegen Sanktionen hingegen auch Auswirkungen auf den Abschuss und folglich auf das Prüfungsurteil (Bestätigungsvermerk) haben. Es obliegt dem Urteilsvermögen des Abschlussprüfers festzustellen, inwieweit die identifizierten Verstöße tatsächlich Auswirkungen auf den Abschluss haben. Bei wesentlicher Auswirkung hat der Prüfer ein eingeschränktes oder ggfs auch negatives Prüfungsurteil abzugeben.  Bei nicht ausreichend geeigneten Prüfungsnachweisen muss der Abschlussprüfer ein eingeschränktes Prüfungsurteil abgeben bzw dessen Nichtabgabe entsprechend begründen.

Für Rückfragen stehen Ihnen die Verfasser sowie auch die übrigen MitarbeiterInnen der Bilanzierungs- und WP-Teams unserer Service Line "AUDIT​​​​​​​​​​​​" gerne zur Verfügung.
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