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HYBRIDE GESTALTUNGEN | Neue Sondervorschriften im KStG ab 1.1.2020!

„Hybride Gestaltungen“ im steuerlichen Sinne führen dazu, dass es bei grenzüberschreitenden Sachverhalten, aufgrund unterschiedlicher steuerlichen Behandlung in den involvierten Staaten, zu ungleichen steuerlichen Erfassungen kommen kann. Derartige Gestaltungen wurden im Zuge des BEPS-Projekts als unerwünscht deklariert und in einer eigenen EU-Richtlinie deren Eliminierung vorgesehen. Der österreichische Gesetzgeber hat die Implementierung dieser EU-Regelungen im nationalen Körperschaftsteuerrecht im Rahmen des Steuerreformgesetzes 2020 unter dem Titel „Sondervorschriften für hybride Gestaltungen“ vorgesehen, die per 1.1.2020 in Kraft treten sollen. Wir erläutern im folgenden Beitrag die für die Praxis wesentlichen Aspekte dieser relativ komplexen Sonderregelungen.

Im Rahmen des BEPS-Projekts wurden verschiedene (steuerliche) Gestaltungen evaluiert, die zu unerwünschten Gewinnverlagerungen bzw -kürzungen führen und die daher durch entsprechende Anpassungen der nationalen Steuergesetze künftig verhindert werden sollen. Eine dieser unerwünschten Gestaltungen des internationalen Steuerrechts sind sog. „hybride Gestaltungen“. Die vom 29.5.2017 (Anti-Tax-Avoidance-Directive, kurz ATAD II) sieht umfassende und komplexe Regelungen zur Neutralisierung von hybriden Gestaltungen im Steuerrecht und deren Umsetzung in den jeweiligen nationalen Rechtsvorschriften der EU-Mitgliedstaaten bis spätestens 31.12.2019 vor. 

Österreich wird die Vorgaben der ATAD II durch die Normierung neuer „Sondervorschriften für hybride Gestaltungenin § 14 KStG umsetzen. § 14 KStG NEU war bereits im Ministerialentwurf für ein Steuerreformgesetz I 2019/20 enthalten, welches das BMF noch vor der Regierungskrise zur Begutachtung versandt hatte (siehe dazu bereits unseren NL-Betrag STEUERREFORM | Entlastungen auch für Unternehmen vom 20.5.2019). Nachdem die Umsetzung der wesentlichen Teile der EU-Richtlinie bereits bis 31.12.2019 notwendig ist, wurden die Regelungen – mit div. Adaptierungen – auch in das   übernommen, welches am 3.7.2019 als Initiativantrag im Nationalrat zur parlamentarischen Behandlung eingebracht wurde (siehe auch dazu unseren NL-Beitrag STEUERREFORM | Wie geht’s nach der Regierungskrise weiter? vom 17.7.2019). Das StRefG 2020 wurde am 12.9.2019 im Budgetausschuss des Nationalrates beschlossen.

Was sind hybride Gestaltungen?

Im österreichischen Bilanz- und Steuerrecht wurden bisher primär hybride Finanzierungsinstrumente thematisiert. Verschiedene Finanzierungen sind aufgrund ihrer Ausgestaltung weder der Eigenfinanzierung noch der Fremdfinanzierung eindeutig zuordenbar. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von „Mezzaninkapital“ oder eben auch von „hybriden Finanzierungen“. 

Um steuerlich unerwünschte Auswirkungen von hybriden Gestaltungen zu verhindern, enthielt das österreichische Körperschaftsteuerrecht schon bisher Bestimmungen, die den Effekt von hybriden Finanzinstrumenten durch Abzugsverbote bestimmter Aufwendungen als Betriebsausgaben (Zinsen und Lizenzgebühren gemäß § 12 Abs 1 Z 10 KStG) oder eine Besteuerung von Gewinnausschüttungen (Ausnahmen von der grds Beteiligungsertragsbefreiung gemäß § 10 Abs 4 KStG) neutralisieren sollen. Nachdem die Vorgaben der ATAD II jedoch über den Anwendungsbereich der bereits bestehenden nationalen Regelungen hinausgehen, werden nunmehr in § 14 KStG ergänzendeSondervorschriften für hybride Gestaltungen“ implementiert. 

Das österreichische BMF wollte durch Schaffung einer eigenen Regelung in § 14 KStG das bereits bestehende System des KStG vermutlich weitgehend unangetastet lassen. Auch die Bezeichnung als „Sondervorschriften“ deutet auf eine Spezialbestimmung hin. Die bereits bestehenden Regelungen in § 12 Abs 1 Z 10 und § 10 Abs 4 KStG werden demnach unverändert bestehen bleiben (bzw als allgemeine Bestimmungen ggfs den neuen Sondervorschriften bevorgehen). 

Was bezweckt der neue § 14 KStG? 

Die neu geschaffenen Sonderbestimmungen in § 14 KStG sehen Regelungen vor, durch welche eine sog. „Steuerdiskrepanz“ im Rahmen einer hybriden Gestaltung neutralisiert werden soll. Eine solch unerwünschte Steuerdiskrepanz kann aus folgenden Sachverhalten resultieren: 

  • Aufwendungen sind in einem Staat steuerlich abzugsfähig, während die korrespondierenden Erträge in keinem anderen Staat steuerlich erfasst werden (Abzug ohne korrespondierende Einnahme - „Deduction/No Inclusion“, abgekürzt D/NI), oder

  • dieselben Aufwendungen sind in mehr als einem Staat abzugsfähig (doppelter Abzug - „Double Deduction“, abgekürzt DD). 

Liegt eine solche Steuerdiskrepanz vor, ist sie künftig zu neutralisieren. Allerdings erfordert dies auch das kumulative Vorliegen von weiteren Voraussetzungen iSd § 14 KStG. 

Welche Gründe gibt es für das Auftreten von Steuerdiskrepanzen?

Steuerdiskrepanzen iS § 14 KStG sind nach den oben dargestellten Fallgruppen zu unterscheiden (D/NI versus DD). 

Deduction/No Inclusion“ entstehen aufgrund von Unterschieden in der steuerlichen Behandlung von: 

  • Hybride Finanzinstrumente
    Ein Finanzinstrument wird in einem Staat als Eigenkapital und im anderen als Fremdkapital eingestuft.

  • Hybride Übertragungen iVm Finanzinstrumenten
    Aus den Regelungen der beteiligten Staaten geht nicht klar hervor, wo das wirtschaftliche Eigentum an einem Wirtschaftsgut liegt (Einkünftezurechnung).

  • Hybride Unternehmen
    Die Eigenschaft der Steuersubjekte wird von den beteiligten Staaten unterschiedlich beurteilt (Personengesellschaft bzw Mitunternehmerschaft versus Kapitalgesellschaft bzw Körperschaft).

  • Hybride Betriebsstätten
    Hier ist an Konstellationen gedacht, bei denen das Vorliegen oder Nichtvorliegen einer steuerlichen „Betriebsstätte“ in den beteiligten Staaten unterschiedlich beurteilt wird.

  • Unberücksichtigte Betriebsstätten
    Hier geht es um Konstellationen, bei denen zwar beide Staaten vom Vorliegen einer Betriebsstätte ausgehen, wobei es jedoch zu einer unterschiedlichen Erfassung von Aufwendungen und Erträgen kommt. 

BEISPIEL: Das folgende einfache Beispiel zu hybriden Finanzinstrumenten soll die obige Problematik verdeutlichen:

Die Muttergesellschaft A-GmbH im Staat A gewährt ihrer Tochtergesellschaft B-Co im Staat B eine Finanzierung als Gesellschafterdarlehen. Dieses zivilrechtliche „Darlehen“ wird nach lokalem Recht der Darlehensgeberin jedoch als steuerliches Eigenkapital behandelt (zB verdeckte Einlage mangels hinreichend klarer Vereinbarung, gewinnabhängige Verzinsung oä). Die Zinszahlungen auf dieses Darlehen können nach den Rechtsvorschriften von Staat B als Betriebsausgaben abgezogen werden, nach dem Steuerrecht im Empfängerland werden diese hingegen als steuerfreie Dividenden behandelt. 

Zwischen den beiden Staaten besteht somit eine Steuerdiskrepanz (D/NI) hinsichtlich der steuerlichen Behandlung des Finanzinstruments (= hybrides Finanzinstrument). Es liegt folglich eine hybride Gestaltung im Sinne des § 14 KStG vor.
BEACHTE: Soferne es sich bei der Muttergesellschaft A-GmbH um eine in Österreich ansässige Kapitalgesellschaft handeln würde, würde eine Besteuerung der Zinserträge uE bereits nach § 10 Abs 4 KStG und nicht erst gemäß § 14 KStG erfolgen! 

 
 

Demgegenüber ist ein doppelter Abzug von Aufwendungen („Double Deduction“) idR auf steuerliche Sondervorschriften in den jeweiligen Ländern zurückzuführen, aus denen die Steuerdiskrepanz entsteht. So kann es beispielsweise durch Gruppenbesteuerungsregelungen zu einer divergierenden Einkünftezurechnung kommen. Investitionsbegünstigungen führen hingegen in der Regel zu keinem (unvorhergesehenen) doppelten Abzug und sollten daher nicht von diesen Sonderregelungen betroffen sein. Grundsätzlich gibt es jedoch keine Einschränkungen, welche Sachverhalte unter die Regelungen von § 14 KStG NEU fallen können. 

Ist jede Steuerdiskrepanz zu neutralisieren? 

Eine „schädliche“ Steuerdiskrepanz, die nach § 14 KStG zu neutralisieren ist, liegt nur dann vor, wenn die Beteiligten gezielt zusammengearbeitet haben. Die beteiligten Personen müssen die bestehende Steuerdiskrepanz also gezielt gestalterisch genutzt haben, um einen Steuervorteil zu lukrieren. Von § 14 KStG sind daher grundsätzlich nur solche Steuerdiskrepanzen erfasst und deren Ergebnisse zu neutralisieren, die sich zwischen verbundenen Unternehmen, zwischen Stammhaus und Betriebsstätte eines Unternehmens, zwischen zwei oder mehreren Betriebsstätten desselben Unternehmens oder im Rahmen einer strukturierten Gestaltung ergeben. 

Bei den verbundenen Unternehmen wird auf die diesbezügliche Definition iZm der Hinzurechnungsbesteuerung gemäß § 10a Abs 4 Z 2 KStG abgestellt (grds also für Beteiligungen ab 25%). 

Eine Art Auffangtatbestand stellt das Abstellen auf „strukturierte Gestaltungen“ dar: Liegen keine verbundenen Personen vor, denen ein Zusammenwirken zu unterstellen ist, so sind Steuerdiskrepanzen auch dann zu neutralisieren, wenn sie in die Bedingungen der Gestaltung eingerechnet wurden oder eine Gestaltung mit der Absicht entwickelt wurde, eine Steuerdiskrepanz zu schaffen. Dies gilt nicht, wenn die Körperschaft nicht an dem Steuervorteil aus der hybriden Gestaltung beteiligt wurde und vernünftigerweise davon ausgegangen werden kann, dass die Körperschaft oder ein verbundenes Unternehmen von der hybriden Gestaltung nichts wusste. Der Anwendungsbereich dieser Auffangbestimmung dürfte also sehr weit gehen und werden sich hier in der Praxis insbesondere auch entsprechende Nachweisfragen stellen. 

Wie sollen die Steuerdiskrepanzen neutralisiert werden?

Bei der Neutralisierung der Steuerdiskrepanz sind wiederum die beiden oa Grundfälle D/NI und DD zu unterscheiden, wobei für beide Fällen jeweils eine primäre und eine sekundäre Maßnahme vorgesehen ist. Nachdem in der Europäischen Union die Vorgaben der ATAD II flächendeckend umzusetzen sind, sollte innerhalb der EU idR die primäre Maßnahme greifen. Insbesondere im Verhältnis zu Drittstaaten, die nicht an die Vorgaben der EU-Richtlinie gebunden sind, kann es hingegen zur Anwendung der sekundären Maßnahme kommen. Es besteht aber kein Wahlrecht für die Anwendbarkeit der einen oder der anderen Maßnahmen, vielmehr kommt die sekundäre Maßnahme nur dann zur Anwendung, wenn die primäre nicht möglich ist. 

Ist ein Betriebsausgabenabzug ohne korrespondierende Erfassung der Erträge gegeben (D/NI), sieht § 14 KStG folgende Maßnahmen vor:

  • Primäre Maßnahme: der Abzug der Aufwendungen wird im Inland verweigert;

  • Sekundäre Maßnahme: die Erträge sind bei der inländischen Körperschaft zu erfassen und entsprechend zu versteuern;
     

Kommt es aufgrund des Sachverhalts hingegen zu einem doppelten Abzug von Aufwendungen (DD), sieht § 14 KStG folgende Maßnahmen vor:

  • Primäre Maßnahme: die Aufwendungen dürfen bei der inländischen Körperschaft nicht abgezogen werden;

  • Sekundäre Maßnahme: verweigert – soferne dies nicht bereits im Ausland erfolgte - den Abzug der Aufwendungen im Inland, in Fällen von inländischen hybriden Unternehmen oder einer inländischen Betriebsstätte; 

Wann treten die Neuregelungen in Kraft und wie geht es weiter? 

Das Inkrafttreten der neuen Sondervorschriften gemäß § 14 KStG idF StRefG 2020 ist – wie in ATAD II angeordnet - mit 1.1.2020 vorgesehen. Die Gesetzwerdung des StRefG 2020 bleibt abzuwarten.

Weiters fallen aber auch sog. „umgekehrte hybride Gestaltungen („Reverse Hybrids“) in den Anwendungsbereich der EU-Richtlinie 2017/952. Demnach wird ein steuerlich transparentes Unternehmen dennoch als steuerlich ansässig betrachtet, soweit seine Einkünfte nicht in einem anderen Staat besteuert werden. Die EU-Richtlinie sieht dazu in Artikel 9a weitergehende Regelungen vor. Im ursprünglichen Begutachtungsentwurf zum Steuerreformgesetz I 2019/2020 war auch bereits eine Umsetzung dieser Vorgaben enthalten. Für die umgekehrten hybriden Gestaltungen gewährt die Richtlinie jedoch eine längere Umsetzungsfrist bis 31.12.2021 und wurde im nunmehr vorliegenden StRefG 2020 von einer vorzeitigen Umsetzung dieser Bestimmungen Abstand genommen. 

FAZIT

Mit dem Steuerreformgesetz 2020, dessen parlamentarische Beschlussfassung bereits erfolgte, die Gesetzwerdung jedoch abzuwarten ist, werden – in Umsetzung der EU-Richtlinie ATAD II – in § 14 KStG neue „Sondervorschriften für hybride Gestaltungen“ eingeführt, die per 1.1.2020 in Kraft treten. Die Bezeichnung dieser Neuregelungen als „Sondervorschriften“ zeigt, dass das österreichische BMF davon ausgehen dürfte, dass es sich hier um ergänzende Spezialregelungen zum bestehenden Körperschaftsteuerrecht handelt. Das BMF hat die relativ umfangreiche und komplexe Vorlage der ATAD II großteils unverändert in den neuen § 14 KStG übernommen. 

Für bereits bestehende bzw als solche erkannte hybride Gestaltungen empfiehlt es sich, die noch verbleibende Zeit bis zum Jahresende zu nutzen, um etwaige zweckdienliche Anpassungen vorzunehmen. Die ab 1.1.2020 zu beachtenden Neuregelungen werden aufgrund ihrer Komplexität sicherlich zahlreiche Praxisfragen aufwerfen, für deren Beantwortung Ihnen auch gerne die Verfasser zur Verfügung stehen.