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PILLAR 2 | Keine Mindeststeuer für US-Konzerne nach US-G7-Tax Deal

Die globale Mindeststeuer ist der US-Regierung ein Dorn im Auge. Bereits am zweiten Tag seiner Amtszeit verkündete US-Präsident Trump etwaige Optionen zum „Schutz vor diskriminierenden und exterritorialen Steuern“ zulasten von US-Unternehmen auszuloten. Mit dem „One Big Beautiful Bill Act“ (OBBBA) sollte in Section 899 des Internal Revenue Code (IRC) ein auf Reziprozität basierender Steuermechanismus eingeführt werden, der zu einer erhöhten Steuerbelastung für ausländische Steuerpflichtige in Staaten mit einer globalen Mindeststeuer geführt hätte. Am 28.6.2025 hat die G7-Staatengemeinschaft nun einen Deal verkündet: Die USA verzichten auf die Umsetzung von Section 899 IRC, um im Gegenzug von Regelungen der globalen Mindeststeuer (Pillar 2) ausgenommen zu werden.

Was bisher geschah…

Die globale Mindeststeuer geht auf Entwicklungen auf OECD-Ebene zurück und ist innerhalb der EU für Konzerngeschäftsjahre beginnend nach dem 31. Dezember 2023 harte Realität. Gewinne von multinationalen Unternehmensgruppen mit mehr als EUR 750 Mio. Umsätzen pro Jahr unterliegen in der EU sowohl mit innerhalb als auch außerhalb der EU erzielten Gewinnen seither einer 15 %igen Mindeststeuer, wobei das Steuerniveau pro Steuerjurisdiktion getestet wird. 

Für besondere fachliche und politische Aufregung hat dabei die sogenannte UTPR („Undertaxed Profits Rule“ – zu Deutsch „Sekundärergänzungssteuer“) gesorgt. Die UTPR ermöglicht eine exterritoriale Erfassung von niedrig besteuerten Gewinnen: Erzielt ein US-Konzern etwa in Indonesien Gewinne, die dort einer Steuerbelastung von unter 15 % unterliegen, können diese Gewinne bei jeder in der EU ansässigen Gesellschaft oder in der EU gelegenen Betriebsstätte die Teil dieses Konzerns ist, besteuert werden. Jede einzelne Gesellschaft oder Betriebsstätte des Konzerns innerhalb der EU ist daher potenziell auf den globalen Konzerngewinn mindeststeuerpflichtig. Ein Umstand, der in den USA für viel Entrüstung gesorgt hat, als besonders US-Konzerne von der Regelung betroffen wären. 

In einer „Executive Order“ vom 20.1.2025 hat Präsident Trump – ohne explizit auf Pillar 2 Bezug zu nehmen – der erwähnten UTPR den Kampf angesagt: „Because of the Global Tax Deal and other discriminatory foreign tax practices, American companies may face retaliatory international tax regimes if the United States does not comply with foreign tax policy objectives”. Es wurden Erwägungen zum „Schutz vor diskriminierenden und exterritorialen Steuern“ angekündigt, die am 25. Mai 2025 in einem Gesetzesentwurf mit dem TitelOne Big Beautiful Bill Act“ (OBBBA) auch umgesetzt hätten werden sollen: Mit Section 899 IRC-Entwurf sollten Steuerpflichtige von Ländern, die entweder eine UTPR oder eine Digitalsteuer umgesetzt haben, höheren US Steuern ("Increased Rates of Tax on Foreign Persons of Discriminatory Foreign Countries") – also einer sogenannten „revenge tax“ – unterworfen werden. Am 26. Juni 2025 twitterte US Treasury Secretary Scott Bessent überraschend, "OECD Pillar 2 taxes will not apply to US companies" womit Section 899 IRC obsolet geworden sei und ersatzlos gestrichen werde. Seither wurden die technischen Details zum Deal mit Spannung erwartet.

Zum Deal und seinem Inhalt…

Am 28. Juni 2025 veröffentlichten die G7 ein „Joint Statement“ das wage definiert, welche Elemente der Deal beinhaltet. Demnach sollen Pillar 2 und das US-Steuerrecht künftig „Seite an Seite“ („Side-by-Side“-System) bestehen. Multinationale Unternehmensgruppen mit in den USA ansässigen obersten Muttergesellschaften sollten in Anerkennung der im nationalen US-Recht vorgesehenen Mindeststeuermechanismen sowohl von der IIR („Income Inclusion Rule“) als auch der UTPR ausgenommen werden. Im Gegenzug werde von den USA die in Section 899 IRC-Entwurf angedachte „revenge tax“ verworfen.

Bemerkenswert ist, dass das „Joint Statement“ nunmehr hervorhebt, das BEPS-Projekt („Base Erosion and Profit Shifting“ oder „Steuervermeidung und künstliche Gewinnverlagerung") wieder gemeinsam auf Ebene des über 140 Staaten umfassenden Inclusive Frameworks fortführen zu wollen. Dabei gelten nach dem Statement folgende Prinzipien:

  • Durch das „Side-by-Side“-System sind US-Konzerne von der IIR und UTPR auszunehmen.
  • Duch das „Side-by-Side”-System sollten Risiken im Zusammenhang mit (un)gleichen Wettbewerbsbedingungen und künstlicher Gewinnverlagerung angegangen werden.
  • Parallel zur Ausgestaltung des „Side-by-Side”-Systems soll an Vereinfachungen für Pillar 2 weitergearbeitet werden (dies betrifft vermutlich die Umsetzung der permanenten “Safe Harbours”).
  • Parallel zur Ausgestaltung des „Side-by-Side“-Systems soll auch an der steuerlichen Behandlung von substanzbezogenen Steuerbegünstigungen im Pillar 2 System gearbeitet werden (dies betrifft die Gleichstellung bestimmter tax credits mit den sogenannten “Qualified Refundable Tax Credits” oder QRTCs).

Die G7 betonen abschließend, dass die Bereitstellung eines „Side-by-Side“ Systems zum Ziel hat, weitere Fortschritte bei der Stabilisierung des internationalen Steuersystems – einschließlich eines konstruktiven Dialogs über die Besteuerung der digitalen Wirtschaft und die Wahrung der Steuersouveränität aller Länder – erleichtern soll.

 

FAZIT

Ein Lichtblick für den OECD-Steuermultilateralismus?

Die Ankündigung der G7 dürfte die Wirtschaft auf beiden Seiten des Atlantiks aufatmen lassen. Nach düsteren Monaten für den „Global Tax Deal“, scheint es – zumindest in den G7 – erstmals wieder einen politischen Konsens auf eine Fortsetzung der multilateralen Zusammenarbeit in der globalen Steuerpolitik – gemeinsam mit den USA – zu geben. 

Dennoch darf das Statement der G7 keinesfalls überschätzt werden. Diese rein politische Einigung muss nämlich – zumindest in der EU – auch rechtlich umgesetzt werden. Innerhalb der EU bedarf eine derart breite Ausnahme für US-Konzern wohl einer Änderung der Mindeststeuer-Richtlinie (RL 2523/2022), wobei eine solche Änderung nach Art 115 AEUV wiederum der Einstimmigkeit im Rat bedarf. 

Für multinationale Unternehmensgruppen in der EU wird sich freilich auch die Frage stellen, wie es in Zukunft mit der Mindeststeuer weitergehen kann. Wird die EU tatsächlich an Pillar 2 festhalten, wenn die USA sich faktisch aus dem Rahmenwerk raus-verhandelt haben? 

Umgekehrt ist aber auch für US-Konzerne die Mindeststeuer noch nicht abgeschrieben: Das Statement der G7 schließt nämlich nationale Ergänzungssteuern – offensichtlich bewusst - nicht aus. Folglich wären auch US Konzerne weiterhin – gleichermaßen wie EU Konzerne – von Pillar 2 bezogenen Compliance-Pflichten (in Österreich etwa von der Mindeststeuervoranmeldung nach § 77 MinBestG) betroffen.

Sie haben Fragen zu Pillar 2 oder haben Fragen zu anderen Themen des internationalen Steuerrechts? Wir stehen gerne zur Verfügung!