NEWS  |   |  

DBA-RECHT | Unbewegliches Vermögen im Abkommensrecht

Im Rahmen des „Express Antwort Service“ (EAS) nimmt das österreichische Finanzministerium (BMF) zu Auslegungsfragen des internationalen Steuerrechts Stellung. In einer aktuellen EAS-Auskunft (EAS 3416 v 11.9.2019) kam das BMF zu dem Schluss, dass ein Glasfasernetz unbewegliches Vermögen im Sinne des Abkommensrecht darstelle. Der nachfolgende Beitrag erläutert darüber hinaus die abkommensrechtlichen Folgen einer Einstufung als bewegliches oder unbewegliches Vermögen.

(Un)bewegliches Vermögen im Abkommensrecht

Ob bewegliches oder unbewegliches Vermögen vorliegt, ist im Abkommensrecht von wesentlicher Bedeutung. Liegt nämlich unbewegliches Vermögen vor, so steht das Besteuerungsrecht aus damit zusammenhängenden Einkünften in der Regel jenem Staat zu, in dem das Vermögen liegt (Lagestaat oder Belegenheitsstaat). Auch Veräußerungsgewinne im Zusammenhang mit unbeweglichem Vermögen können gemäß Art 13 Abs 1 OECD-Musterabkommen (OECD-MA) im Belegenheitsstaat besteuert werden. Andere Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen (zB Mieteinkünfte) können gemäß Art 6 Abs 1 OECD-MA im Belegenheitsstaat versteuert werden. 

Auch im Rahmen von Anteilsverkäufen spielt es - je nach DBA - eine Rolle, ob im Vermögen der zu veräußernden Gesellschaft unbewegliches Vermögen enthalten ist. Mangels konkreter Bestimmung für Anteilsverkäufe im OECD-MA steht das Besteuerungsrecht aus derartigen Gewinnen grundsätzlich gemäß Art 13 Abs 5 OECD-MA dem Ansässigkeitsstaat des Veräußerers zu. Besteht das Vermögen der veräußerten Gesellschaft jedoch zu mehr als 50% unmittelbar oder mittelbar aus unbeweglichem Vermögen, so liegt das Besteuerungsrecht gemäß Art 13 Abs 4 OECD-MA beim Belegenheitsstaat (sog. "Immo-Klausel"). Diese Bestimmung wurde allerdings erst 2003 in das OECD-MA aufgenommen, findet sich nicht in jedem österreichische DBA und ist teilweise sehr unterschiedlich formuliert. 

Für Einkünfte aus beweglichem Vermögen sieht das OECD-MA nur in Art 13 Abs 2 eine explizite Regelung vor. Demgemäß dürfen Veräußerungsgewinne aus beweglichem Vermögen, das Betriebsvermögen einer Betriebsstätte in einem Vertragsstaat ist, in diesem Staat besteuert werden. Andere Einkünfte im Zusammenhang mit beweglichem Vermögen sind nach Maßgabe der Einkünfte, mit denen sie im Zusammenhang stehen, zu beurteilen (zB Art 7 OECD-MA, falls es sich um Unternehmensgewinne handelt). 

Zur Definition von unbeweglichem Vermögen verweist Art 6 Abs 2 OECD-MA auf das innerstaatliche Recht. Die DBA-Bestimmung nennt aber einige Beispiele, die jedenfalls vom Begriff "unbewegliches Vermögen" umfasst sind (zB Zubehör, Nutzungsrechte, Rechte auf die Ausbeutung von Mineralvorkommen, Quellen und anderen Bodenschätzen). Nach ständiger Rechtsprechung des österreichischen VwGH ist die Beurteilung, ob unbewegliches Vermögen vorliegt, nach der Verkehrsauffassung zu treffen. Wirtschaftsgüter, denen kein typischer Gebäudecharakter beizumessen ist, gelten dann als beweglich, wenn sie ohne wesentliche Beeinträchtigung ihrer Substanz und ohne unverhältnismäßige Kosten von einem Ort an einen anderen Ort verbracht und dort verwendet werden können, wobei das Fundament und seine Kosten außer Ansatz bleiben.

Der konkrete Fall – Glasfasernetz als unbewegliches Vermögen?

Im konkreten EAS-Anfragefall wurde für den flächenmäßigen Ausbau des österreichischen Glasfasernetzes eine Projektgesellschaft gegründet, an der unter anderem ein britischer Investor beteiligt war. Dieser Investor hat schließlich die Anteile an der Projektgesellschaft veräußert. Die Anteilsveräußerung führt zur beschränkten Steuerpflicht (§ 21 Abs 1 Z 1 KStG iVm § 98 Abs 1 Z 5 lit e EStG), insoweit der Investor innerhalb der letzten fünf Kalenderjahre zu mindestens 1% beteiligt war. Es stellte sich folglich die Frage, ob Österreich die Anteilsveräußerung auch besteuern darf. 

Das DBA Österreich-Großbritannien 2018 enthält in Art 13 Abs 2 eine Immo-Klausel. Diese würde Österreich das Besteuerungsrecht dann zuteilen, wenn der Wert der Projektgesellschaft unmittelbar oder mittelbar zur mehr als 50% auf unbeweglichem Vermögen beruht, das in Österreich liegt. Anderenfalls stünde das alleinige Besteuerungsrecht gemäß Art 13 Abs 5 des DBA Großbritannien zu. Im Rahmen der EAS-Anfrage sollte das BMF nun klären, ob ein Glasfasernetz bewegliches oder unbewegliches Vermögen darstellt. 

Unter Berufung auf die Judikatur des VwGH sowie EAS 2422 und  EAS 3058 kommt das BMF zu dem Ergebnis, dass es sich bei einem flächendeckend ausgebauten Glasfasernetz um ein (einheitliches) unbewegliches Wirtschaftsgut handelt. Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH ist in Fällen von Wirtschaftsgütern, die als Netz verlegt oder montiert werden, nicht die Eigenschaft des für die Errichtung verwendeten Materials an sich ausschlaggebend. Vielmehr betrachtet der VwGH das Gesamtnetz als einheitliches Wirtschaftsgut, da zu dessen Substanz auch die Verlegung an einem bestimmten Ort gehört. So kommt etwa auch einer Erdgashochdruckleitung, einer Hochspannungsleitung, einer Wassertransportleitung oder einem "System Gleisanlage" die Eigenschaft als (einheitliches) unbewegliches Vermögen zu.

Österreich darf somit die Gewinne aus der Anteilsveräußerung besteuern, insoweit das Glasfasernetz mehr als 50% des Vermögens der Gesellschaft beträgt. Nach Art 21 Abs 2 des DBA Österreich-Großbritannien kommt es in Großbritannien zur Anrechnung der österreichischen Steuer. 

FAZIT

Nach Ansicht des BMF – bezugnehmend auf die einschlägige Judikatur des VwGH - stellt ein Glasfasernetz unbewegliches Vermögen dar. Die Anteilsveräußerung an einer österreichischen Gesellschaft, die dieses Glasfasernetz hält, unterliegt somit nach Maßgabe der Immo-Klausel im DBA Österreich- Großbritannien 2018 dem österreichischen Besteuerungsrecht.

Für Fragen zu dieser Thematik steht Ihnen Herr Mag. Matthias Mitterlehner, aber auch die übrigen Mitarbeiter seiner Service Line „International Tax“, gerne zur Verfügung!