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CORONAVIRUS | Fristverlängerung für EU-Meldepflicht bis 31.10.2020!

Bendlinger Stefan  |  Hofmann Robert

Am 1.7.2020 ist das auf Grundlage der Richtlinie (EU) 2018/822 (bekannt als „DAC 6“) am 22.10.2019 im Rahmen des AbgÄG 2020 im Bundesgesetzblatt (BGBl I 2019/91) kundgemachte EU-Meldepflichtgesetz (EU-MPfG) in Kraft getreten. Darin ist vorgesehen, dass grenzüberschreitende Steuergestaltungen, deren erster Schritt ab 1.7.2020 umgesetzt wird oder die ab diesem Zeitraum konzipiert, vermarktet, organisiert, zur Umsetzung bereitgestellt oder verwaltet werden, innerhalb von 30 Tagen zu melden sind. Zudem ist für Altfälle ein Rückwirkungszeitraum zu beachten (25.6.2018 bis 30.6.2020), wofür die Meldefrist am 31.8.2020 enden sollte. Aufgrund der Beeinträchtigungen durch die COVID-19-Pandemie wurde durch die weitere Richtlinie (EU) 2020/876 vom 24.6.2020  („DAC 7“) den EU-Mitgliedstaaten die Option eingeräumt, die in DAC 6 vorgesehenen Fristen um sechs Monate zu verlängern. Österreich wird jedoch - als einer von wenigen Mitgliedstaaten - diese Option nicht ausüben bzw das EU-MPfG nicht ändern. Allerdings soll im Erlasswege klargestellt werden, dass die verspätete Übermittlung von Erstmeldungen bis zum 31.10.2020 finanzstrafrechtlich nicht sanktioniert wird, sodass es zu einer faktischen Meldefristverlängerung von zumindest zwei Monaten kommt.

Schwieriger Willensbildungsprozess auf EU-Ebene 

Auf Drängen mehrerer EU-Mitgliedstaaten hatte die EU-Kommission Anfang Mai d. J. dem Rat den Vorschlag einer Änderungsrichtlinie zu DAC 6 unterbreitet, COVID-19-bedingt die Fristen für die Anzeige meldepflichtiger grenzüberschreitender Steuergestaltungen generell um drei Monate zu verschieben. Leider blieb dem Richtlinienvorschlag im Rat die in Steuerfragen notwendige Einstimmigkeit versagt, sodass eine andere Lösung gesucht werden musste. 

Diese alternative Lösung konnte gefunden werden, indem es mit der RL (EU) 2020/876 vom 24.6.2020 („DAC 7“) den EU-Mitgliedstaaten nunmehr freigestellt wurde, die in ihren nationalen Umsetzungsgesetzen vorgesehenen Fristen um sechs Monate zu verlängern. „Altfälle“ müßten demnach nicht bis zum 31.8.2020 sondern erst bis 28.2.2021 gemeldet werden, für „Neufälle“ hätte die 30-Tage-Frist erst am 1.1.2021 statt am 1.7.2020 zu laufen begonnen. Bei „marktfähigen Gestaltungen“ hätten Folgemeldungen erstmals am 30.4.2021 statt am 30.11.2020 vorgenommen werden müssen. 

Über diese bisherige Entwicklung hatten wir Sie im Rahmen unseres Newsletters bereits mehrfach und ausführlich informiert (vgl zuletzt unseren NL-Beitrag „CORONAVIRUS | Sechsmonatige Fristverlängerung für EU-Meldepflichten?​​​​​​​“ vom 8.6.2020). 

Umsetzung in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten 

Dem Vernehmen nach haben Belgien, Estland, Frankreich, Großbritannien, Irland, Kroatien, Luxemburg, Malta, die Niederlande, Rumänien, Schweden, Slowenien, Spanien, Tschechien und Ungarn bereits angekündigt, das von der EU gewährte Wahlrecht auszuüben. 

Entgegen allen Erwartungen wird Österreich die in DAC 7 vorgesehene Option zur Verschiebung der Meldefristen hingegen NICHT ausüben. Die im österreichischen EU-Meldepflichtgesetz (EU-MPfG) normierten Fristen werden somit grundsätzlich unverändert bestehen bleiben. Wie man hört, zählt Österreich damit - neben Deutschland und Finnland - zu den wenigen Staaten, welche „Intermediären“ und Steuerpflichtigen die vom EU-Rat eingeräumte gesetzliche Schonfrist verweigern. 

Die sich sohin abzeichnende uneinheitliche Vorgangsweise in den verschiedenen EU-Mitgliedstaaten dürfte insbesondere bei der Wahrnehmung von Meldepflichten für grenzüberschreitende Gestaltungen in Konzernen, die in mehreren Mitgliedstaaten tätig und mit unterschiedlichen Rechtslagen konfrontiert sind, zur echten Herausforderung werden. 

Faktische Fristverlängerung in Österreich bis zum 31.10.2020 

Allerdings hat das österreichische Finanzministerium in einem kürzlich veröffentlichten Begutachtungsentwurf einer BMF-Info („Informationsschreiben zur Anwendung des EU-Meldepflichtgesetzes (EU-MPfG)“)  kundgetan, dass aufgrund technischer Verzögerungen auf Unionsebene bei der Erstellung des Zentralverzeichnisses, in dem die bei den Mitgliedstaaten einlangenden Meldungen gespeichert werden sollen, die Meldungen grenzüberschreitender Gestaltungen iSd EU-MPfG auf elektronischem Wege über FinanzOnline (§ 18 EU-MPfG) voraussichtlich erst ab Anfang Oktober möglich sein werden. Deshalb soll die Frist für die elektronische Übermittlung der Erstmeldung einer meldepflichtigen Gestaltung faktisch bzw im Erlasswege bis 31.10.2020 verlängert und auch finanzstrafrechtlich nicht sanktioniert werden. 

Trotz unveränderter gesetzlicher Fristen im EU-MPfG wird es deshalb für Altfälle“des Rückwirkungszeitraumes zu einer zweimonatigen Fristverlängerung von 31.8.2020 auf 31.10.2020  kommen bzw bei aktuellen „Neufällen“ zu einer solchen von bis zu drei Monaten (nämlich von Ende Juli auf 31.10.2020). 

FAZIT 

Aufgrund der sich für „Intermediäre“ (Rechts- und Steuerberater, Banken etc), Steuerpflichtige und Finanzverwaltung durch die COVID-19-Pandemie ergebenden Beeinträchtigungen hat der Rat der EU die Richtlinie (EU) 2020/876 vom 24.6.2020  („DAC 7“) erlassen, die es den Mitgliedstaaten freistellt, die in DAC 6 vorgesehenen Meldefristen um sechs Monate zu verlängern. Völlig überraschend und wohl aus politischen Erwägungen hat sich Österreich dafür entschieden, von dieser Erleichterung keinen Gebrauch zu machen und die im EU-MPfG vorgesehenen gesetzlichen Fristen unverändert zu belassen. Allerdings wurde im vorliegenden Entwurf eines BMF-Informationsschreibens angekündigt, aufgrund technischer Verzögerungen auf EU-Ebene Erstmeldungen bis zum 31.10.2020 finanzstrafrechtlich nicht zu sanktionieren

Wenngleich dieses faktische Moratorium den meldepflichtigen Intermediären und Steuerpflichtigen nun doch etwas mehr Zeit zur Identifizierung potentiell meldepflichtiger grenzüberschreitender Steuergestaltungen einräumt, sollten die bereits begonnenen Prozesse zügig weitergeführt und ehestmöglich abgeschlossen werden. Der webbasierte ICON DAC6 MANAGER, den Sie eine Woche lang kostenlos testen können, kann die nach dem EU-MPfG gebotene „Betroffenheitsanalyse“ wesentlich erleichtern. Für weitere Fragen zu den neuen EU-Meldepflichten sowie auch zu unserem webbasierten Tool stehen Ihnen die Verfasser gerne zur Verfügung!