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QUELLENSTEUERN | VwGH zur Rückerstattung bei Arbeitskräfteüberlassung

Bereits im Vorjahr hatte sich das Bundesfinanzgericht mit der Abzugsteuer auf Gestellungsvergütungen für Arbeitskräfteüberlassungen in Österreich und dem damit einhergehenden Rückerstattungsverfahren auseinanderzusetzen. Dabei ging es insbesondere um die Frage, welche Prüfschritte das Finanzamt im Falle eines Abzugsteuerrückerstattungsantrages auf Einkünfte aus der Arbeitskräftegestellung ins Inland vornehmen darf. Nun hat sich auch der Verwaltungsgerichtshof mit diesem Fall befasst. Die nunmehr vorliegende Letztentscheidung des Höchstgerichts ist allerdings für die Praxis nicht unbedingt erfreulich.

Sachverhalt und Verfahrensgang

Ein britisches Personalüberlassungsunternehmen hatte im Zeitraum Oktober 2015 bis Oktober 2016 auf Basis eines Gestellungsvertrages ausländische Arbeitskräfte an einen österreichischen Auftraggeber überlassen. Das britische Unternehmen hat dem österreichischen Beschäftiger in diesem Zeitraum eine Gestellungsvergütung iHv insgesamt EUR 777.147,47 verrechnet, die sich wie folgt zusammensetzte: EUR 659.636,34 für 19.400 geleistete Arbeitsstunden sowie EUR 117.511,13 für Unterbringungskosten. In Entsprechung der Abzugsteuerverpflichtung gemäß § 99 Abs 1 Z 5 EStG hat der österreichische Auftraggeber vom Gesamtbetrag, also von beiden Entgeltbestandteilen, eine 20%ige Abzugsteuer iHv EUR 155.542,11 einbehalten und an das Finanzamt abgeführt.

Am 27.7.2017 stellte das britische Überlassungsunternehmen einen Antrag auf teilweise Rückzahlung der Abzugsteuern iHv EUR 42.006. Die Abzugsteuer sei nämlich insoweit zurückzuzahlen, als Österreich kein finales Besteuerungsrecht zustehe. Während Österreich an den anteiligen Dienstnehmereinkünften gemäß Art 14 Abs 2 lit b DBA mit Großbritannien ein Besteuerungsrecht zusteht, seien die Nächtigungsgelder nach Ansicht des Steuerpflichtigen davon nicht umfasst. Mangels Betriebsstätte stünde gemäß Art 7 des DBA mit Großbritannien Österreich zudem auch kein Besteuerungsrecht am Gewinnanteil zu.

Das zuständige Finanzamt Bruck-Eisenstadt-Oberwart hatte jedoch den Rückzahlungsantrag abgewiesen, weil sich nach amtlicher Berechnung im Falle der Einhebung einer Lohnsteuer von den in Österreich steuerpflichtigen Lohneinkünften der Leasingarbeiter für ihre Tätigkeit beim österreichischen Gestellungsnehmer eine höhere Lohnsteuerbelastung ergeben würde (rd. EUR 178.000) als die einbehaltene Abzugsteuer (EUR 155.542). Auf Grundlage von § 5 Abs 1 Z 3 und § 5 Abs 3 der DBA-Entlastungsverordnung könne eine Entlastung an der Quelle von der Abzugsteuer bei Arbeitskräftegestellung nur dann erfolgen, wenn dem Finanzamt Bruck-Eisenstadt-Oberwart eine freiwillige Lohnversteuerung der überlassenen Dienstnehmer nachgewiesen wird, worauf dieses einen Befreiungsbescheid erlassen kann. Aus Gründen der Steuergerechtigkeit und Gleichmäßigkeit der Besteuerung sei die Rückerstattung einbehaltener Abzugsteuern iZm Arbeitskräfteüberlassung nach Ansicht des Finanzamtes nur insoweit zulässig, als diese die „freiwillige Lohnsteuer“ der in Österreich einkommensteuerpflichtigen Bezüge der Leiharbeitskräfte übersteigt.

Das Bundesfinanzgericht (BFG vom 6. 8. 2020, RV/7106560/2019) sah in seiner dazu ergangenen Entscheidung keine gesetzliche Grundlage für die Gegenverrechnung einer „fiktiven Einkommensteuer“ mit der Abzugsteuer. Da der Überlasser über keine Betriebsstätte verfügte, bestand nach Art 7 des DBA mit Großbritannien kein Besteuerungsrecht an den Gemeinkosten und dem Gewinnanteil. Zudem bestand nach Ansicht des BFG auch kein finales Besteuerungsrecht an den Nächtigungskosten. Über das BFG-Verfahren hatten wir bereits in unserem NL-Beitrag „QUELLENSTEUERN | Rückerstattung bei Arbeitskräfteüberlassung?“ vom 10.11.2020 berichtet.

Gegen dieses BFG-Erkenntnis hat die österreichische Finanzverwaltung jedoch in der Folge eine außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof eingebracht, sodass das Höchstgericht in dieser Sache nunmehr endgültig entschieden hat: 

Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH vom 23.4.2021, 2020/13/0089)

In seinem Erkenntnis verweist der VwGH zunächst auf den Zweck der Abzugsteuer, nämlich die Vereinfachung der Besteuerung sowie die Sicherstellung des Steueranspruchs. Dabei diene die Abzugsteuer nicht nur der Sicherstellung der Abgaben des (ersten) beschränkt steuerpflichtigen Empfängers der Einkünfte (hier also dem britischen Überlasser), sondern auch der Sicherstellung der Abgaben jener beschränkt Steuerpflichtigen, die wiederum von diesem (ersten) Empfänger der Einkünfte Leistungen erhalten (also die überlassenen Dienstnehmer). Wenngleich im Hinblick auf Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit eine Abzugsbesteuerung nicht vorgesehen ist, so diene die Abzugsteuer dennoch der Sicherstellung der Steuerpflicht der beschränkt steuerpflichtigen Dienstnehmer.

Für eine Entlastung von Einkünften aus der Arbeitskräftegestellung nach Österreich vom Steuerabzug stünden drei Verfahren zur Verfügung:

  • Entlastung an der Quelle – erfordert gemäß der DBA-Entlastungsverordnung einen Befreiungsbescheid. Ein solcher lag hier nicht vor.
  • Anrechnung der durch Steuerabzug einbehaltenen Beträge im Rahmen der Veranlagung – mangels Betriebsstätte besteht keine Körperschaftsteuerpflicht des britischen Arbeitskräfteüberlasser in Österreich. Eine Anrechnung war folglich nicht möglich.
  • Rückerstattung der Abzugsteuer

Auch nach Ansicht des VwGH verfügte der britische Überlasser über keine inländische Betriebsstätte, weshalb eine Besteuerung der Einkünfte des Überlassers in Österreich ausscheide. Dennoch erfordere eine Rückerstattung von einbehaltener Abzugsteuer, dass der Sicherstellungszweck weggefallen ist. Dafür müssen entweder ein (freiwilliger) Lohnsteuereinbehalt vorgenommen worden sein oder die auf die Einkünfte der gestellten Dienstnehmer entfallenden Abgaben auf andere Weise (etwa im Veranlagungswege) entrichtet oder sichergestellt worden sein.

Mangels Lohnsteuereinbehalt müsse der Antragsteller im Rahmen des Rückerstattungsverfahrens somit belegen, dass die einbehaltene Abzugsteuer die (fiktive) Steuer der Arbeitnehmer nach allgemeinen Grundsätzen (Jahresveranlagung) übersteigt. In diesem Zusammenhang müssten allenfalls auch die mit den Einkünften der Dienstnehmer in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Werbungskosten dargelegt werden.

FAZIT

Das nunmehr vorliegende VwGH-Erkenntnis ist für ausländische Personalüberlasser höchst unerfreulich. Für eine Abzugsteuerentlastung im Rahmen des Rückerstattungsverfahrens muss bei fehlendem Lohnsteuerabzug nämlich eine fiktive oder tatsächliche Veranlagung der Dienstnehmer in Österreich vorgenommen werden. Wenngleich der Sicherstellungsgedanke verständlich ist, muss dennoch bedacht werden, dass Österreich kein Besteuerungsrecht an den Einkünften des ausländischen Überlassers hat.

Die einzig zweckmäßige Vorgangsweise scheint nunmehr die (freiwillige) Lohnsteuerabfuhr für die in Österreich ohnehin ab dem ersten Tag steuerpflichtigen Dienstnehmer zu sein. Auf dieser Basis kann sodann ein Rückerstattungsantrag gestellt oder ein Befreiungsbescheid beantragt werden, wobei letzterer den grundsätzlich steuerabzugsverpflichteten Beschäftiger zur direkten Entlastung an der Quelle berechtigt.

Wir dürfen Sie zu diesem Themenbereich auch noch auf folgende weitere Publikationen hinweisen:

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