NEWS  |   |  

EU-ABGÄG 2016 | Neues Verrechnungspreisdokumentationsgesetz in Österreich!

Mit dem derzeit im Entwurf vorliegenden Verrechnungspreisdokumentationsgesetz setzt das österreichische BMF die Vorgaben der OECD zur Einführung eines CbC-Reporting in nationales Recht um. Außerdem müssen Unternehmen mit einem Umsatz von mehr als 50 Mio EUR einen Master File sowie einen Local File erstellen. Beides gilt bereits für Wirtschaftsjahre beginnend ab dem 1.1.2016! 

Das neue „Verrechnungspreisdokumentationsgesetz (VPDG)“ ist wesentlicher Bestandteil eines vorliegenden Gesetzespakets namens „EU-Abgabenänderungsgesetz 2016 (EU-AbgÄG 2016)“, dessen Entwurf das BMF am 9.5.2016 zur Begutachtung versandt hatte und die Begutachtungsfrist am 31.5.2016 endete. Ergänzend zum VPDG wurde in weiterer Folge auch eine Verrechnungspreisdokumentationsgesetz-Durchführungsverordnung (VPDG-DV) zur Begutachtung versandt, welche den Dokumentationsinhalt der Stamm- und landesspezifischen Dokumentation näher regelt. Nachfolgend geben wir Ihnen einen Überblick über die neuen gesetzlichen Dokumentationspflichten sowie Hinweise, inwiefern bisher auf dem EU-Verhaltenskodex basierende Dokumentationen anzupassen sind: 

Verrechnungspreisdokumentationsgesetz (VPDG)

Internationale Rahmenbedingungen: Der finale BEPS-Bericht enthält in Action 13 ein Mustergesetz für die nationale Umsetzung der OECD-Vorgaben. Zudem hat Österreich am 27.1.2016 das Amtshilfeabkommen unterzeichnet, woraus eine Verpflichtung resultiert, ausreichende Informationen zur Durchführung von Risikoabschätzungen und Prüfungen in Verrechnungspreisfragen den Finanzverwaltungen anderer Staaten zur Verfügung zu stellen (vgl dazu unseren NL-Beitrag<link http: www.icon.at de publikationen news detail _blank external-link-new-window externen link in neuem> „VERRECHNUNGSPREISE | Neues Abkommen zum CbC-Informationsaustausch“ vom 5.3.2016). Des weiteren gibt es den Vorschlag einer Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU („EU-Amtshilferichtlinie“) bezüglich der Verpflichtung zum automatischen Austausch von Informationen im Bereich der Besteuerung. 

Nachdem im österreichischen Steuerrecht bis dato keine materiellrechtlichen Regelungen zur Dokumentationspflicht von Verrechnungspreisen bestanden, sondern diese lediglich aus den verfahrensrechtlichen Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO) bzw. den Verrechnungspreisrichtlinien (VPR 2010) abgeleitet wurden, ist die nunmehrige Schaffung einer klaren gesetzlichen Grundlage grundsätzlich zu begrüßen. Auch die weitgehende Anlehnung des VPDG an die in BEPS-Action 13 vorgeschlagene Modellgesetzgebung ist im Sinne einer international einheitlichen Umsetzung der OECD/G-20-BEPS-Vorschläge positiv zu sehen. Der einheitliche Standard einer Verrechnungspreisdokumentation wird sohin auf österreichischer Ebene durch das VPDG umgesetzt. 

Begriffsbestimmungen (§ 2 VPDG): Auch Betriebsstätten werden in die Dokumentationspflicht einbezogen, sofern für die Betriebsstätte ein Einzelabschluss aufzustellen ist. Sonach wird für Betriebsstätten eine „fiktive Ansässigkeit“ unterstellt.1) 

Dokumentationspflicht (§ 3 VPDG): Eine länderbezogene Berichterstattung (CbC-Reporting) ist für eine multinationale Unternehmensgruppe zu erstellen, wenn der Gesamtumsatz des vorangegangenen Wirtschaftsjahres laut konsolidiertem Abschluss2) 750 Mio EUR übersteigt. Eine Stammdokumentation („Master File“) sowie eine landesspezifische Dokumentation („Country File“) sind nicht nur vorgesehen, wenn die Umsatzschwelle 50 Mio EUR überschreitet, sondern auch dann, wenn die Provisionserlöse von anderen Geschäftseinheiten im vorangegangenen Wirtschaftsjahr höher sind als 5 Mio EUR.3) Ungeachtet dessen ist auf Ersuchen des Finanzamtes eine Stammdokumentation vorzulegen, wenn nach den Bestimmungen anderer Staaten eine Stammdokumentation verlangt wird. Neben dem VPDG bereits bestehende Dokumentationspflichten (insb. aufgrund der BAO bzw der VPR 2010) bleiben unberührt.4) 

Pflicht zur Übermittlung (§ 4 VPDG): Zur Übermittlung der länderbezogenen Berichterstattung (CbC-Report) ist prinzipiell die oberste Muttergesellschaft verpflichtet, wenn diese in Österreich ansässig ist.5) 

Stamm- und landesspezifische Dokumentation (§§ 6 und 7 VPDG): Der Inhalt des Master Files und des Country Files wird unter Berücksichtigung des EU-Verhaltenskodex in der VPDG-DV geregelt (siehe unten). 

Übermittlung der Dokumentation (§ 8 VPDG): Die länderbezogene Berichterstattung ist spätestens am letzten Tag des betreffenden Wirtschaftsjahres an das zuständige Finanzamt der obersten Muttergesellschaft oder der eingetretenen Geschäftseinheit elektronisch via FinanzOnline zu übermitteln.6) Näheres zum Verfahren soll in einer Verordnung geregelt werden. Die Stammdokumentation und die landesspezifische Dokumentation sind binnen 30 Tagen ab Ersuchen des Finanzamtes zu übermitteln. 

Dokumentationssprache (§ 10 VPDG): Die gesamte Dokumentation ist grundsätzlich in einer im Abgabenverfahren zugelassenen Amtssprache (in Österreich also grundsätzlich Deutsch) zu führen, wobei von einer fristgerechten Übermittlung auch dann ausgegangen wird, wenn die Dokumente in englischer Sprache übermittelt werden. Allerdings ist auf Verlangen eine beglaubigte Übersetzung beizubringen, wenn die Unterlagen nicht in einer zugelassenen Amtssprache (hier: Deutsch) übermittelt wurden. 

Strafbestimmung (§ 11 VPDG): Die vorsätzliche Verletzung der Verpflichtung zur Übermittlung einer länderbezogenen Berichterstattung ist mit einer Strafandrohung von 80.000 EUR belegt. Wer die Tat grob fahrlässig begeht, ist mit einer Strafdrohung bis 25.000 EUR konfrontiert.(7) Hingegen ist die nicht rechtzeitige Übermittlung des Master Files und des Country Files nach dem VPDG nicht erfasst und stellt bei Vorsatz eine Finanzordnungswidrigkeit iS § 51 FinStrG dar.       

Zeitlicher Anwendungsbereich (§ 17 VPDG): Die zu erstellende Dokumentation bezieht sich bereits auf Wirtschaftsjahre beginnend ab dem 1.1.2016.   

Verrechnungspreisdokumentationsgesetz-Durchführungsverordnung (VPDG-DV)

Die verlangte Stammdokumentation8) hat folgende fünf Teilbereiche abzudecken: 

  1. Organisationsaufbau der multinationalen Unternehmensgruppe,

  2. Beschreibung der Geschäftstätigkeit,

  3. Dokumentation der immateriellen Werte,

  4. Dokumentation der unternehmensgruppeninternen Finanztätigkeiten,

  5. Dokumentation der Finanz- und Steuerpositionen.  

Mit der Gliederung in der VPDG-DV werden die Vorgaben von Kapital V, Anhang I in der Fassung des Finalen Reports vom 5. Oktober 2015 (Transfer Pricing Documentation and Country-by-Country Reporting, ACTION 13: 2015 Final Report) vollinhaltlich umgesetzt. 

VP-Dokumentationen werden von den Unternehmen derzeit nach dem EU-Verhaltenskodex erstellt. Im Vergleich zum EU-Verhaltenskodex sieht der OECD-Ansatz im Hinblick auf bestimmte Bereiche eine detailliertere Beschreibung vor. 

Zusammenfassende Hinweise

In diesem Sinne werden auch wir unser ICON-Dokumentationsmuster zeitgerecht überprüfen und überarbeiten. Insbesondere sind jedoch auch alle betroffenen  Unternehmen angehalten, ihre bestehenden Dokumentationen entsprechend anzupassen bzw. künftig die Dokumentationen nach dem neuen Standard zu erstellen. Nach dem neuen Dokumentationsansatz sind vor allem folgende Punkte besonders hervorzuheben:  

  • Im Rahmen der Geschäftstätigkeit ist die Liefer- bzw Dienstleistungskette für die fünf größten Transaktionen darzustellen. Außerdem sind die wesentlichen Dienstleistungsvereinbarungen aufzuführen.

  • Besonderes Augenmerk wird auf eine sorgfältige Dokumentation der immateriellen Werte und Finanztätigkeiten gelegt.

  • Bei der Dokumentation der Finanzanlagen und Steuerpositionen ist der konsolidierte Abschluss anzufügen, wenn ein solcher für andere Zwecke zu erstellen ist.  

Es ist davon auszugehen, dass das VPDG noch vor der Sommerpause im Parlament verabschiedet wird. Die Endfassung bzw deren Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt bleibt freilich abzuwarten. Selbstverständlich werden wir Sie auch weiterhin auf dem Laufenden halten. Für Fragen steht Ihnen der Verfasser natürlich gerne zur Verfügung!


[1] Die Begrifflichkeiten stehen jedoch nicht im Einklang mit Abschnitt I der Bereitstellungsvorschriften der Amtshilferichtlinie, der Section 1 des multilateralen Übereinkommens sowie Artikel 1 des Mustergesetzes.

[2] Da als konsolidierte Abschlussbasis UGB oder IFRS in Frage kommen, ist die Umsatzschwelle nicht exakt definiert. Unklar ist auch noch, ob die Umsatzschwelle im Falle eines Rumpfwirtschaftsjahres zu aliquotieren ist?

[3] Diese Regelung dient nach den Gesetzeserläuterungen der Bekämpfung von sog. „Downsizing-Strukturen“, bei denen Vertriebseinheiten in ihrer Funktionalität derart eingeschränkt werden, dass sie nicht mehr als Eigenhändler, sondern lediglich als Agenten oder Kommissionäre handeln.

[4] Unklar ist hier allerdings, welche Unterlagen davon konkret erfasst sind.

[5] Verpflichtet ist auch eine in Österreich ansässige Geschäftseinheit, die in die Verpflichtungen aufgrund eines Bescheides des Finanzamtes eingetreten ist (§ 5 VPDG).

[6] Bei einem regulären Kalenderwirtschaftsjahr ist dies der 31.12.2017; div. Beispiele finden sich in den Erläuterungen.

[7] Die Strafdrohung erscheint relativ hoch, vor allem, wenn man bedenkt, dass dem Grunde nach kein Ermessensspielraum besteht und auch die unrichtige Übermittlung erfasst ist!

[8] Eine Dokumentation, gegliedert nach einzelnen Geschäftsbereichen, ist zulässig. Auch Verweise auf bereits gesondert bestehende Unterlagen sind möglich, wenn diese gleichzeitig mitübermittelt werden.