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TRANSFER PRICING | Deutsches Urteil zu zinslosem Darlehen

Das Finanzgericht (FG) des Saarlandes hat in seinem Urteil vom 25.09.2024 (1 K 1258/18) entschieden, dass die unverzinsten und unbesicherten Konzerndarlehen durch wirtschaftliche Gründe gerechtfertigt werden können. Diese wirtschaftlichen Gründe stehen einer außerbilanziellen Einkünftekorrektur nach § 1 AStG entgegen. Gegen das Urteil wurde Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) eingelegt (Az. I R 23/24). Nachfolgend finden Sie die Kernaussagen des Urteils. Wir haben auch untersucht, wie das Urteil im Lichte der österreichischen Verrechnungspreisrichtlinien idF des Wartungserlasses 2025 zu beurteilen ist.

Sachverhalt

Die Klägerin, ein Unternehmen der Elektronikbranche in Deutschland, gewährte ihren ausländischen Tochtergesellschaften in Rumänien und Ungarn zinslose und unbesicherte Darlehen. Das Darlehen an die rumänische Tochtergesellschaft in Höhe von EUR 870.000 war für den Kauf eines Grundstücks und den Bau einer Werkshalle bestimmt. Jenes an die ungarische Tochtergesellschaft in Höhe von EUR 171.000 war zur Begleichung von Umsatzsteuerschulden gedacht. Im Rahmen einer Außenprüfung qualifizierten die Finanzbehörden diese Darlehen als nicht fremdüblich und nahmen daraufhin Einkünftekorrekturen gemäß § 1 AStG vor. Die Klägerin wehrte sich mit der Begründung, die Darlehen seien aus wirtschaftlichen Gründen erfolgt – insbesondere zur Unterstützung der Produktionsbetriebe der Töchter, um Kosten zu senken und die eigene Wettbewerbsfähigkeit zu stärken.

Im Rahmen der Außenprüfung wurde insbesondere die Unverzinslichkeit der Darlehen als Verstoß gegen den Fremdvergleichsgrundsatz nach § 1 Abs 1 Satz 1 AStG angesehen. Die Darlehen seien zinsfrei gewährt worden und hielten einem Fremdvergleich nicht stand. Daher wurden die Einkünfte der Klägerin um einen fiktiven Zinsertrag in Höhe von jährlich 6 % des Darlehensbetrags erhöht. Die Klägerin entgegnete, dass die Darlehensgewährung im wirtschaftlichen Interesse der Klägerin erfolgt sei, um die Tochtergesellschaften in die Lage zu versetzen, ihre Aufgaben im Rahmen des Gesamtunternehmens zu erfüllen.

Tatbestand

Werden Einkünfte eines Steuerpflichtigen aus einer Geschäftsbeziehung zum Ausland mit einer ihm nahestehenden Person dadurch gemindert, dass er seiner Einkünfteermittlung andere Bedingungen, insbesondere Preise (Verrechnungspreise), zugrunde legt, als sie voneinander unabhängige Dritte unter gleichen oder vergleichbaren Verhältnissen vereinbart hätten (Fremdvergleichsgrundsatz), sind seine Einkünfte unbeschadet anderer Vorschriften so anzusetzen, wie sie unter den zwischen voneinander unabhängigen Dritten vereinbarten Bedingungen angefallen wären (§ 1 Abs 1 Satz 1 deutsches AStG).

Kernaussagen des Urteils

  • Geschäftsbeziehung im Sinne des AStG: Die Darlehen stellen Geschäftsbeziehungen zum Ausland gemäß § 1 Abs 4 AStG mit nahestehenden Personen dar.
  • Fremdunüblichkeit: Die Zinslosigkeit und die fehlenden Sicherheiten sind Bedingungen, die fremde Dritte unter ähnlichen Umständen in der Regel nicht vereinbart hätten – sie sind somit fremdunüblich.
  • Konzernrückhalt reicht nicht aus: Der Verzicht auf Sicherheiten allein mit dem Verweis auf Konzernverflechtungen (Konzernrückhalt) ist nicht ausreichend, um Fremdüblichkeit anzunehmen.
  • Keine Korrektur bei wirtschaftlichen Gründen: Ab dem EU-Beitritt Rumäniens (2007) greift die EuGH-Rechtsprechung (u.a. „Hornbach Baumarkt“). Die Klägerin konnte nachvollziehbar darlegen, dass wirtschaftliche Gründe – nicht steuerliche – für die Darlehen ausschlaggebend waren. Deshalb ist eine Einkünftekorrektur ab 2007 auch in Bezug auf die rumänische Tochtergesellschaft unzulässig. Es wurde dargelegt, dass die Tochtergesellschaften gegründet wurden, um die Produktionskosten für Montageleistungen zu senken und dass die Fortführung bzw. Ausweitung deren Geschäftsbetriebs mangels ausreichenden Eigenkapitals von einer Zuführung von Kapital abhing. Diese wirtschaftlichen Gründe stehen einer außerbilanziellen Einkünftekorrektur nach § 1 AStG entgegen. Für die Jahre vor Rumäniens EU-Beitritt gilt der unionsrechtliche Schutz nicht, daher bleiben die Korrekturen für diese Jahre bestehen.

Relevanz und Bewertung nach den VPR 2021

Die Aussagen des deutschen Urteils sind auch in Österreich relevant. Die Kernaussagen des Urteils stehen im Einklang mit den Ausführungen in den österreichischen VPR 2021 idF Wartungserlass 2025: 

  • Fremdvergleichsgrundsatz: Die VPR fordern wie das FG Saarland eine Gesamtbetrachtung der Vertragsbedingungen. Zinslose und unbesicherte Darlehen sind grundsätzlich nicht fremdüblich, außer es bestehen spezifisch nachweisbare, wirtschaftlich gerechtfertigte Gründe. Eine „Konzernüblichkeit“ ist nicht gleichbedeutend mit Fremdüblichkeit.
  • Wirtschaftliche Gründe als Rechtfertigung (Rz 157 f. VPR 2021): Auch nach österreichischem Recht können außersteuerliche, wirtschaftliche Gründe eine Abweichung vom Fremdvergleichsgrundsatz rechtfertigen. Die VPR 2021 präzisieren, dass es sich dabei um Gründe handeln muss, die einen fremden Dritten in ähnlicher Lage ebenfalls zum Verzicht auf marktübliche Konditionen veranlassen würden! Wie diese Formulierung zu erkennen gibt handelt sich daher eher um Ausnahmefälle, die eine wirtschaftliche Rechtfertigung darstellen können. 
  • Kapitalüberlassungen und Finanzierung (Rz 144 ff.): Kapitalzuführungen sind im Zweifel als Fremdkapital zu qualifizieren, wenn eine Rückzahlung vereinbart oder erwartet ist. Die Tatsache, dass ein Darlehen bilanztechnisch, als „Ausleihung“ verbucht wird, spricht für Fremdkapitalcharakter.
  • Unionsrecht und Drittstaatenproblematik: Die VPR 2021 erkennen ebenfalls die Grenzen des Unionsrechts bei Drittstaaten, wie dies vom FG für die Jahre vor 2007 (Rumänien) betont wurde. 

 

FAZIT

Das Urteil des FG des Saarlandes deckt sich in wesentlichen Punkten auch mit den Grundsätzen der österreichischen Verrechnungspreisrichtlinien 2021 idF des Wartungserlasses 2025. Die Fremdüblichkeit unverzinster und unbesicherter Darlehen kann im Ausnahmefall durch wirtschaftliche Gründe (auch ein fremder Dritter würde in einer ähnlichen Lage auf eine Verzinsung bzw. Besicherung verzichten) gerechtfertigt sein. Es ist stets eine Gesamtbetrachtung der Umstände vorzunehmen. Eine sorgfältige Dokumentation ist unerlässlich. 

Abschließend möchten wir Sie noch auf unsere diversen Webinare ​​​​​​​zu den angesprochenen Themenbereichen hinweisen, am 14.5.2025 beispielsweise zum Thema „Konzerninterne Finanzierung“.

Wenn Sie weitergehende Fragen zu diesen oder ähnlichen Themen haben, so kontaktieren Sie bitte gerne die Verfasser oder die übrigen Experten unserer Service Line “Transfer Pricing”.