Mit dem vorliegenden Wartungserlass (UmgrStR-WE 2022) werden neben zahlreichen gesetzlichen Neuerungen (insb. durch das Konjunkturstärkungsgesetz 2020 (KonStG 2020), COVID-19-Steuermaßnahmengesetz (COVID-19-StMG) und Ökosoziale Steuerreformgesetz 2022 (ÖkoStRefG 2022)) auch neue Verordnungen (vor allem die COVID-19-Verlustberücksichtigungsverordnung sowie die VO zum Übergang eines Zins- und EBITDA-Vortrages (Zinsvortrags-ÜbergangsV)) sowie Anpassungen iZm aktueller Rechtsprechung und vereinzelte Klarstellungen zur Verwaltungspraxis in die UmgrStR einfließen. Nachfolgend möchten wir Ihnen einen Überblick über ausgewählte, aus unserer Sicht besonders interessante Neuerungen geben:
Highlights im UmgrStR-Wartungserlass 2022
Investitionsfreibetrag gemäß § 11 EStG
Im Rahmen der „Ökosozialen Steuerreform“ wird mit § 11 EStG idF ÖkoStRefG 2022 ab dem Veranlagungsjahr 2023 ein Investitionsfreibetrag (IFB) für die Anschaffung bzw Herstellung bestimmter Wirtschaftsgüter des abnutzbaren Anlagevermögens (wieder) eingeführt. Dazu haben wir Sie bereits umfangreich informiert (siehe ua den NL-Beitrag „ÖKOSOZIALE STEUERREFORM | Gesetzesbeschluss im Nationalrat“ vom 23.1.2022). In den UmgrStR soll diesbezüglich ergänzt werden, dass bei Umgründungen im letzten Wirtschaftsjahr vor dem Umgründungsstichtag sowohl der übernehmende als auch der übertragende Rechtsträger jeweils den Investitionshöchstbetrag für Anschaffungs- und Herstellungskosten bis 1 Mio EUR geltend machen kann. Entsteht beim übertragenden Rechtsträger durch die Umgründung ein Rumpfwirtschaftsjahr, kann der Höchstbetrag hingegen nur aliquot beansprucht werden. Für bereits vor dem Umgründungsstichtag durch den übertragenden Rechtsträger getätigte Anschaffungen bzw Herstellungen kann der Rechtsnachfolger den IFB nicht nochmals (anteilig) geltend machen.
Die vierjährige Behaltefrist gemäß § 11 Abs 5 EStG geht bei Umgründungen vom übertragenden Rechtsträger auf den übernehmenden Rechtsträger über und ist bei diesem entsprechend fortzuführen bzw evident zu halten. Scheidet das Wirtschaftsgut, für das beim Rechtsvorgänger ein IFB in Anspruch genommen wurde, vor Ablauf der Behaltefrist (etwa durch Veräußerung) beim Rechtsnachfolger aus, hat dieser die Nachversteuerung vorzunehmen.
Sofern im Zuge einer Einbringung IFB-relevantes Anlagevermögen zurückbehalten wird, für das die Behaltefrist noch nicht abgelaufen ist, hat der Einbringende den Freibetrag gewinnerhöhend in jenem Wirtschaftsjahr zu berücksichtigen, in dem der Einbringungsstichtag liegt. Wird Anlagevermögen hingegen gemäß § 16 Abs 5 Z 4 UmgrStG zurückbehalten und verbleiben die betreffenden Wirtschaftsgüter in einem Betriebsvermögen, kommt es zu keiner Nachversteuerung.
Übergang von Zins- und EBITDA-Vorträgen
Die Regelungen zur sog. „Zinsschranke“ gemäß § 12a KStG sind bereits seit 1.1.2021 in Kraft und sehen ua einen Zins- und EBITDA-Vortrag für nicht genutzte Zinsüberhänge oder nicht verrechnetes EBITDA vor (detaillierte Ausführungen dazu finden Sie bereits in unserem NL-Beitrag „KÖRPERSCHAFTSTEUER | EU-Zinsschranke seit 1.1.2021 in Kraft!“ vom 22.1.2021). Durch die dazu nachträglich ergangene Zinsvortrags-Übergangsverordnung (BGBl II Nr. 210/2022) wurde ua geregelt, unter welchen Voraussetzungen noch nicht verrechnete Zins- und EBITDA-Vorträge im Rahmen von Umgründungen auf einen oder mehrere Rechtsnachfolger übergehen können (siehe dazu bereits unseren ausführlichen NL-Beitrag „ZINSSCHRANKE | Übergang von Zins-/EBITDA-Vorträgen bei Umgründungen“ vom 20.2.2022). Im Rahmen des UmgrStR-WE 2022 werden die Bestimmungen der Zinsvortrags-ÜbergangsV aus Sicht der Finanzverwaltung erläutert und präzisiert:
Wesentliche Voraussetzungen für den Übergang von Zins- und/oder EBITDA-Vorträgen sind ua die Buchwertfortführung und die Erfüllung der Voraussetzungen analog zum Übergang von Verlustvorträgen (vgl § 4 UmgrStG). Klargestellt wird in diesem Zusammenhang (Rz 255b UmgrStR-WE 2022), dass beim Rechtsnachfolger (zB aufnehmende Körperschaft im Rahmen einer Verschmelzung) bereits vor der Umgründung bestehende eigene Zins- und/oder EBITDA-Vorträge vom Anwendungsbereich der Verordnung nicht umfasst sind, weshalb eigene Zins- und/oder EBITDA-Vorträge aus einem verursachenden Vermögen, welches im Zeitpunkt der Umgründung nicht mehr vorhanden ist, durch die Umgründung nicht gefährdet sind.
Neben den Fragen nach dem Ausmaß der Verrechnung von Zins- und EBITDA-Vorträgen sowie dem erstmaligen Zeitpunkt der Nutzung setzt sich der UmgrStR-WE auch mit der Frage auseinander, wie vorzugehen ist, wenn von einer übertragenden Körperschaft ein Zinsvortrag übergeht und die übernehmende Körperschaft selbst über einen EBITDA-Vortrag verfügt. Demnach erhöht der übergehende Zinsvortrag die laufenden Zinsaufwendungen der übernehmenden Körperschaft. Soweit dann laufende Zinsaufwendungen als abzugsfähige Zinsüberhänge zu qualifizieren sind, führen diese nicht zu einem Verbrauch des EBITDA-Vortrages. Verbleibt jedoch ein grundsätzlich nicht abzugsfähiger Zinsaufwand, erfolgt in einem zweiten Schritt eine Verrechnung mit dem EBITDA-Vortrag der übernehmenden Körperschaft. Ein darüber hinausgehender Zinsvortrag kann weiter vorgetragen werden.
Wird im Rahmen einer Umgründung hingegen ein EBITDA-Vortrag übertragen und verfügt die übernehmende Körperschaft über einen eigenen Zinsvortrag, kann der übergehende EBITDA-Vortrag erstmalig in dem dem Umgründungsstichtag folgenden Veranlagungszeitraum verbraucht werden. Hinsichtlich der Verrechnung ist so vorzugehen, dass in einem ersten Schritt der Zinsvortrag den laufenden Zinsaufwand erhöht und im Rahmen der Grenzen des § 12a Abs 6 KStG abzugsfähig ist, ein darüber hinausgehender Betrag ist in einem zweiten Schritt mit dem übergegangenen EBITDA-Vortrag zu verrechnen.
Darüber hinaus setzt sich der Wartungserlass mit der Frage der Zuordnung von Zins- und/oder EBITDA-Vorträgen bei Übertragung von Teilbetrieben im Rahmen von Einbringungen und Spaltungen bzw bei nicht mehr vorhandenen Verursachungsquellen auseinander. Hier fordert die Zinsvortrags-ÜbergangsV eine „sachgerechte“ Zuordnung. Laut UmgrStR-WE kann eine solche Zuordnung etwa nach Maßgabe der Buchwerte oder Verkehrswerte zum Entstehungszeitpunkt des Zins- oder EBITDA-Vortrages erfolgen.
Verlustrücktrag iZm Umgründungen
Auch über den im Rahmen des KonStG 2020 eingeführten Verlustrücktrag (bzw die COVID-19-Rücklage) haben wir Sie bereits mehrfach informiert (siehe ua unseren NL-Beitrag „CORONAVIRUS | Liquiditätsvorteile durch Verlustrücktrag!“ vom 1.10.2020). Die Möglichkeit eines Rücktrages von Verlusten steht nur für das Veranlagungsjahr 2020 bzw bei einem abweichenden Wirtschaftsjahr für das Veranlagungsjahr 2021 zur Verfügung. Im UmgrStR-WE 2022 soll nun (vgl dazu § 2 Verlustberücksichtigungsverordnung) festgehalten werden, dass der Verlustrücktrag bzw die COVID-19-Rücklage nur bei demselben Steuerpflichtigen berücksichtigt werden kann. Daher muss bei Ermittlung des Verlustrücktrages bzw der COVID-19-Rücklage in Veranlagungszeiträumen, in denen eine Umgründung erfolgte, eine strikte Trennung von Gewinnen und Verlusten des übertragenden Rechtsträgers und jenen des übernehmenden Rechtsträgers vorgenommen werden.
Internationale Schachtelbeteiligungen bei Umgründungen
Durch den UmgrStR-WE 2022 sollen außerdem weitere Klarstellungen iZm der Erweiterung von „internationalen Schachtelbeteiligungen“ iS § 10 KStG auf Gesellschafterebene vorgenommen werden. So soll etwa für Verschmelzungen unter der Rz 297 vorgesehen werden, dass die Bestimmung zur Erweiterung von internationalen Schachtelbeteiligungen in § 5 Abs 7 Z 1 UmgrStG auf Gesellschafterebene NICHT zur Anwendung kommt, wenn der inländische Gesellschafter sowohl an der ausländischen übertragenden als auch an der ausländischen übernehmenden Körperschaft zu mehr als 10 % beteiligt ist, und zwar ungeachtet dessen, wie die Option gemäß § 10 Abs 3 KStG für die jeweilige Körperschaft ausgeübt wurde. Wurde nur bei einer der beiden Beteiligungen zur Steuerwirksamkeit iSd § 10 Abs 3 KStG optiert, sind die Beteiligungen nach der Verschmelzung getrennt evident zu halten und künftige Wertveränderungen nach den Verkehrswertverhältnissen aufzuteilen.
Umgründungen iZm Unternehmensgruppen (Rz 354)
Im Rahmen des UmgrStR-WE 2022 erfolgen auch weitere Klarstellungen zu Umgründungen in Zusammenhang mit körperschaftsteuerlichen Unternehmensgruppen. Unter Anderem führt die Finanzverwaltung aus, dass bei Umgründungen (Verschmelzung) eines Gruppenmitglieds aus der Unternehmensgruppe hinaus (Verkleinerung einer KöSt-Gruppe) Verluste, die dem Gruppenträger bereits zugerechnet wurden, auf die gruppenfremde übernehmende Körperschaft nicht übergehen. Im Lichte einer „gruppenbezogenen Betrachtungsweise“ führt eine solche Umgründung jedoch dann und insoweit zu einer Kürzung der sich bei der Gruppenträgerin „befindlichen“ Verlustvorträge, als das verlustverursachende Vermögen zum Umgründungsstichtag nicht mehr (vergleichbar) in der Unternehmensgruppe vorhanden ist. Gleiches gilt auch für Gruppen-Zins- bzw -EBITDA-Vorträge.
Einbringung durch Verlassenschaft (Rz 646a)
Klarstellend wird in Rz 646a aufgenommen, dass eine Verlassenschaft – ungeachtet der zivilrechtlichen Behandlung – nicht als Einbringende iSd § 12 Abs 2 UmgrStG in Frage kommt. Hintergrund dafür ist, dass aus ertragsteuerlicher Sicht die Erben bereits mit dem Todestag im Verhältnis ihrer Erbansprüche in die Rechtsstellung des Erblassers eintreten und bis zur Rechtskraft der Einantwortung eine Miteigentumsgemeinschaft bzw Mitunternehmerschaft bilden. Somit sind die Erben bereits vor Einantwortung als wirtschaftliche Eigentümer anzusehen.
Einbringungsfähigkeit von Betrieben (Rz 693)
In der Rz 693 soll die aktuelle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes berücksichtigt werden (VwGH vom 17.12.2020, Ra 2019/15/0096). Darin urteilte das Höchstgericht, dass die Einbringungsfähigkeit eines Betriebes auch dann gegeben ist, wenn der einbringende Unternehmer „einziger Leistungsträger“ seines Betriebes ist. Es darf lediglich keine höchstpersönliche Tätigkeit durch den Einbringenden vorliegen.
FAZIT
Mit dem UmgrStR-Wartungserlass 2022 werden die die aktuelle Verwaltungspraxis abbildenden Umgründungssteuerrichtlinien insbesondere an die gesetzlichen Änderungen des Abgabenrechts (zB durch das KonStG 2020, COVID-19-StMG, ÖkoStRefG 2022) sowie div. neue Verordnungen angepasst. Darüber hinaus erfolgt auch die Berücksichtigung höchstgerichtlicher Rechtsprechung sowie Klarstellungen zu bisherigen Aussagen in den Richtlinien.
Die obigen Ausführungen stellen lediglich eine auszugsweise Darstellung von Kerninhalten des neuen Wartungserlasses (auf Basis des Begutachtungsentwurfs) dar, jedoch ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Die Veröffentlichung der Finalfassung durch das BMF bleibt abzuwarten.
Für weitergehende Fragen zu dieser Thematik stehen Ihnen die Verfasser sowie auch die übrigen ExpertInnen der Service Line „Mergers & Acquisitions“ gerne zur Verfügung!