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ZINSSCHRANKE | Übergang von Zins-/EBITDA-Vorträgen bei Umgründungen

Heidrich Gerhard  |  Petermair Doris

Die in § 12a KStG verankerte Zinsschranke dient – neben weiteren Maßnahmen aus dem ATAD-Katalog der Europäischen Union - mit Wirkung seit 1.1.2021 der Bekämpfung von Steuervermeidungspraktiken. Mit der nunmehrigen Beschränkung der Zinsenabzugsfähigkeit soll der Verlagerung von Gewinnen und damit von Steuersubstrat durch (überhöhte) Zinszahlungen in Niedrigsteuerländer entgegengewirkt werden. Nach dieser Neuregelung im Körperschaftsteuerrecht wird die Abzugsfähigkeit eines Zinsüberhangs im betreffenden Wirtschaftsjahr mit 30 % des steuerlichen EBITDA begrenzt, wobei es auf Antrag sowohl zu einem Zinsvortrag als auch zu einem EBITDA-Vortrag in spätere Wirtschaftsjahre kommen kann. Bei der Umstrukturierung von zins- bzw EBITDA-vortragenden Körperschaften ergeben sich daher Zweifelsfragen, wie hinsichtlich der offenen Verrechnungen in Folgejahren vorzugehen ist. Dies soll in einer eigenen Verordnung zum Übergang nicht verrechneter Zins- und EBITDA-Vorträge im Rahmen von Umgründungen geregelt werden, die derzeit noch als Entwurf vorliegt.

 Im Rahmen des COVID-19 StMG wurde nunmehr auch in Österreich die in Art. 4 der ATAD (EU-Richtlinie zur Bekämpfung von Steuervermeidungspraktiken) vorgesehene „Zinsschranke“ in nationales Recht umgesetzt und mit Wirkung ab 1.1.2021 in § 12a KStG verankert. Über den Umsetzungsprozess der EU-Zinsschranke in Österreich und deren Detailregelungen haben wir Sie im Rahmen unseres Newsletters bereits mehrfach informiert (vgl zuletzt unseren NL-Beitrag „KÖRPERSCHAFTSTEUER | EU-Zinsschranke seit 1.1.2021 in Kraft!“ vom 22.1.2021). 

Durch die neue Zinsschrankenregelung wurde die Abzugsfähigkeit eines Zinsüberhangs (Saldo von abzugsfähigen Zinsaufwendungen abzüglich steuerpflichtige Zinserträge) grundsätzlich mit 30 % des steuerlichen EBITDA (verrechenbares EBITDA) limitiert. 

Insoweit ein grundsätzlich abzugsfähiger Zinsüberhang aufgrund der Zinsschranke in einem Wirtschaftsjahr nicht geltend gemacht werden konnte, darf er - auf Antrag – in die nachfolgenden Wirtschaftsjahre vorgetragen werden (Zinsvortrag ohne zeitliche Beschränkung). 

Weiters kann auch ein in einem Wirtschaftsjahr nicht ausgenutztes verrechenbares EBITDA - auf Antrag - in die darauffolgenden fünf Wirtschaftsjahre vorgetragen werden (EBITDA-Vortrag).

 Ob und unter welchen Voraussetzungen nun solcherart bestehende Zins- und EBITDA-Vorträge im Rahmen von Umgründungen auf den/die Rechtsnachfolger übergehen, soll im Rahmen einer eigenen Verordnung geregelt werden, die sich derzeit noch im Entwurfsstadium befindet. Nachfolgend stellen wir die Kerninhalte der neuen Verordnung vor (Stand laut Begutachtungsentwurf): 

Allgemeine Voraussetzungen 

Damit noch nicht verrechnete Zins- und EBITDA-Vorträge im Rahmen von Umgründungen überhaupt auf einen oder mehrere Rechtsnachfolger übergehen können, müssen nach dem VO-Entwurf folgende drei Bedingungen als allgemeine Voraussetzungen erfüllt werden: 

  • Es handelt sich um eine Umgründung nach den Bestimmungen des Umgründungssteuergesetzes.
  • Diese Umgründung muss unter Buchwertfortführung erfolgen und
  • beim oder bei den Rechtsnachfolger(n) muss es sich um Körperschaften iSd § 12a KStG handeln. 

Diese Voraussetzungen müssen kumulativ erfüllt sein. Andernfalls bleibt der Zins- oder EBITDA-Vortrag beim Rechtsvorgänger zurück oder aber er geht unter, sofern der Rechtsträger nach der Umgründung nicht mehr existiert (Verschmelzung, Umwandlung oder Aufspaltung). 

Übergang und Fortbestand von Zins- oder EBITDA-Vorträgen

Vor dem Hintergrund des persönlichen Anwendungsbereiches (Körperschaften) kommt ein Übergang von Zins- und EBITDA-Vorträgen nur für Verschmelzungen, Umwandungen, Spaltungen und Einbringungen in Betracht: 

Von der Konzeption her richtet sich der Übergang und Fortbestand eines Zins- oder EBITDA-Vortrages nach den Grundsätzen für den Übergang von steuerlichen Verlustvorträgen iS § 4 UmgrStG: Voraussetzung ist somit insbesondere, dass das Vermögen, welchem ein Zins- oder EBITDA-Vortrag zuzurechnen ist, am Umgründungsstichtag noch umfangmäßig vergleichbar vorhanden ist. 

Für Verschmelzungen gemäß Art. I UmgrStG ist § 4 Z 1 lit a bis c UmgrStG sinngemäß anzuwenden. Ein von der übertragenden Gesellschaft bis zum Verschmelzungsstichtag noch nicht verrechneter Zins- oder EBITDA-Vortrag ist ab dem dem Verschmelzungsstichtag folgenden Veranlagungszeitraum insoweit bei der übernehmenden Gesellschaft verwertbar, als der Vortrag den übertragenen Betrieben, Teilbetrieben oder nicht einem Betrieb zurechenbaren Vermögensteilen zugerechnet werden kann. Das übertragene Vermögen muss darüber hinaus am Verschmelzungsstichtag tatsächlich vorhanden sein. Wie beim Übergang von Verlustvorträgen ist auch hier eine allfällige qualifizierte Umfangsminderung zu beachten. Diese Regelungen gelten durch Verweis auf § 4 Z 1 lit. c UmgrStG auch für die eigenen Zins- oder EBITDA-Vorträge der übernehmenden Gesellschaft

Die gleichen Regeln gelten grundsätzlich auch für Umwandlungen gemäß Art. II UmgrStG. Dabei ergibt sich schon nach den allgemeinen Voraussetzungen, dass ein Übergang von Zins- oder EBITDA-Vorträgen nur auf Rechtsnachfolger iSd § 12a KStG erfolgen kann (Körperschaften). Somit scheidet insbesondere ein Übergang auf natürliche Personen aus. Der Übergang richtet sich zudem – analog zu Verlustvorträgen - nach dem Beteiligungsverhältnis im Zeitpunkt der Eintragung des Umwandlungsbeschlusses in das Firmenbuch. 

Auf abfindungsberechtigte Minderheitsgesellschafter iSd § 12a Abs 2 KStG entfallende Zins- oder EBITDA-Vorträge sind den Rechtsnachfolgern quotal zuzurechnen. Scheidet ein nicht unter § 12a Abs 2 KStG fallender Minderheitsgesellschafter umwandlungsbedingt aus, so geht der diesem zuzurechnende Zins- oder EBITDA Vortrag unter. 

Bei Umwandlungen sind weiters auch die aus dem umwandlungsbedingten Verlustübergang bekannten „Einkaufschranken“ anzuwenden. Auf deren Basis kann sich die maßgebliche Beteiligungsquote durch im Wege der Einzelrechtsnachfolge erworbene Beteiligungsquoten vermindern. 

Sind Körperschaften mit mindestens 25 % am Nennkapital der umzuwandelnden Körperschaft beteiligt, können bei diesen bestehende Zins- oder EBITDA-Vorträge nur dann weiterhin verrechnet werden, wenn das den Zins- oder EBITDA-Vorträgen zugrunde liegende Vermögen zum Umwandlungsstichtag noch (vergleichbar) vorhanden ist. 

Auch für Einbringungen gemäß Art. III UmgrStG und Spaltungen gemäß Art. VI UmgrStG gilt, dass Zins- und EBITDA-Vorträge nur insoweit übergehen können, als sie dem übertragenen Vermögen zugeordnet werden können und dieses noch vergleichbar vorhanden ist. Nicht dem übertragenen Vermögen zuordenbare Zins- und EBITDA-Vorträge bleiben bei Einbringungen und Abspaltungen bei der übertragenden Körperschaft zurück bzw gehen bei Aufspaltungen unter.

Der Fortbestand von Zins- oder EBITDA-Vorträgen bei der übernehmenden Gesellschaft ist im Falle von Einbringungen und Spaltungen wiederum an den (vergleichbaren) Bestand des die Zins- oder EBITDA-Vorträge verursachenden Vermögens gebunden. 

Schließlich wird im Rahmen der neuen Verordnung auch der Übergang eines Zins- oder EBITDA-Vortrages in körperschaftsteuerlichen Unternehmensgruppen geregelt. Dabei kommen die Bestimmungen, die jeweils für die einzelnen Umgründungsarten gelten, sinngemäß zur Anwendung. Ein Zins- oder EBITA-Vortrag kann in Unternehmensgruppen grundsätzlich nur auf Ebene des Gruppenträgers bestehen bzw verrechnet werden. Für den Übergang bzw Fortbestand von Zins- und EBITDA-Vorträgen beim Gruppenträger ist eine gruppenbezogene Betrachtung vorzunehmen. Dementsprechend erfolgt eine Kürzung bzw ein Untergang des Zins- oder EBITDA-Vortrages, insoweit das betreffende qualifizierte Vermögen am Umgründungsstichtag nicht mehr in der Gruppe vorhanden ist. 

Geht ein Zins- oder EBITDA-Vortrag auf eine andere Körperschaft über, kann - entgegen den Bestimmungen des § 12a Abs 2 KStG – bei dieser übernehmenden Körperschaft sowohl ein Zins- als auch ein EBITDA-Vortrag vorliegen. Dieser Fall tritt dann ein, wenn eine Körperschaft etwa bereits über einen eigenen Zinsvortrag verfügt und ihr im Zuge einer Umgründung weiters auch ein EBITDA-Vortrag zugerechnet wird. Sobald eine solche Konstellation eintritt, soll ein den EBITDA-Vortrag übersteigender Zinsvortrag in dem der Umgründung folgenden Veranlagungszeitraum als Zinsvortrag weiter vorgetragen werden und vice versa. 

Nach dem VO-Entwurf sind die obigen Bestimmungen für Umgründungen anzuwenden, die nach dem 31.12.2021 beschlossen oder vertraglich unterfertigt wurden.

FAZIT 

In einer eigenen, derzeit noch im Entwurfsstadium befindlichen Verordnung wird der Übergang von aus der Zinsschranke gemäß § 12a KStG resultierenden Zins- und EBITDA-Vorträgen bei Umgründungen ab 1.1.2022 geregelt. Damit werden die Auswirkungen von Umgründungen auch auf bestehende Zins- oder EBITDA-Vorträge vorhersehbar und können dementsprechend in Umgründungskonzepte miteinfließen. Da sich die neue Verordnung zum Übergang eines Zins- oder EBITDA-Vortrages auf die einzelnen Umgründungsvarianten bezieht, können je nach Umgründungsart bestehende Spezifika berücksichtigt werden. 

Inwieweit die im Bundesgesetzblatt zu veröffentlichende Finalfassung der neuen Verordnung vom bisher vorliegenden Entwurf abweichen wird (und etwaige Stellungnahmen aus dem Begutachtungsverfahren noch Berücksichtigung finden), bleibt abzuwarten. 

Für weitergehende Fragen zu diesem Themenkomplex stehen Ihnen die Verfasser sowie auch die übrigen Experten der Service Line "Mergers & Acquisitions"​​​​​​​ gerne zur Verfügung!