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STEUERREFORM | Wie geht’s nach der Regierungskrise weiter?

Im Frühjahr hatte die ÖVP-FPÖ-Koalitionsregierung einige Reformvorhaben im steuerlichen Bereich auf den Weg gebracht, wofür es teilweise auch bereits konkrete Gesetzesentwürfe und abgeschlossene Begutachtungsverfahren gab. Mit der Affäre „Ibiza-Video“ und dem damit einhergehenden Regierungswechsel wurden diese Aktivitäten jäh gestoppt. Es stellt sich daher die Frage, ob und wie die einzelnen steuerlichen Neuerungen vielleicht doch noch in dieser Legislaturperiode bis September d. J. abgeschlossen werden könnten. Der nachfolgende Beitrag soll Ihnen einen Überblick über den aktuellen Stand geben. 

Die seit 3.6.2019 im Amt befindliche, aus Fachexperten bestehende Übergangsregierung arbeitet bekanntlich primär nach der Devise „Verwalten statt Gestalten“, sodass auch im steuerlichen Bereich bis zu der für 29.9.2019 anberaumten Nationalratswahl und der daran anschließenden Regierungsneubildung keine Regierungsvorlagen mehr zu erwarten sind. Da die einzelnen Materien teilweise aber durchaus dringlich sind (zB Konjunkturbelebungsmaßnahmen, Terminvorgaben für die Umsetzung von EU-Richtlinien), wurden im Nationalrat – im „Spiel der freien Kräfte“ - vor der Sommerpause noch einige Änderungen beschlossen (zB EU-Besteuerungsstreitbeilegungsgesetz, Ausgleichszulagen- bzw Pensionsbonus für Langzeitversicherte ab 2020) und haben zuletzt am 3.7.2019 einige NR-Abgeordnete die nachfolgenden drei abgabenrechtlichen Gesetzespakete in Form von Initiativanträgen zur parlamentarischen Behandlung eingebracht, deren finale Beschlussfassung noch im September d. J. erfolgen soll:  

Steuerreformgesetz 2020 (StRefG 2020)

Mit diesem Initiativantrag soll die geplante erste Etappe der „Steuerreform“, welche das BMF bereits Anfang Mai d. J. mit dem Ministerialentwurf für ein „Steuerreformgesetz I 2019/20 – StRefG 2019/20“ in Gesetzesform gegossen hatte (und für welches auch bereits das Begutachtungsverfahren abgeschlossen war), noch in dieser Legislaturperiode umgesetzt werden. Über die Kerninhalte des vormaligen StRefG 2019/20 haben wir im Rahmen unseres Newsletters bereits ausführlich berichtet (vgl NL-Beitrag „STEUERREFORM | Entlastung auch für Unternehmen“ vom 20.5.2019). 

Der nunmehrige Gesetzesentwurf enthält in den Kernbereichen (Artikel I bis IV betr. Ertragsteuern und USt) die folgenden wesentlichen Eckpunkte: 

  • Erhöhung der Betragsgrenze für geringwertige Wirtschaftsgüter auf 800 EUR ab 2020 (GWG gemäß § 13 EStG);
  • Einkommensteuerliche Pauschalierung für Kleinunternehmer bis 35.000 EUR Jahresumsatz ab 2020 (§ 17 Abs 3a EStG, mit Adaptierungen);
  • Rückerstattung von Sozialversicherungsbeiträgen für niedrige Einkommen mittels Steuergutschrift und – neu - Erhöhung des Verkehrsabsetzbetrages ab 2020 (§ 33 EStG);
  • Körperschaftsteuergesetz: Sondervorschriften für „hybride Gestaltungen“ ab 2020 (Umsetzung EU-Richtlinie ATAD II in § 14 KStG, mit div. Adaptierungen);
  • Umsatzsteuergesetz: Vereinheitlichung der Beurteilung von Reihengeschäften (§ 3 Abs 15 UStG);
  • Erhöhung der umsatzsteuerlichen Kleinunternehmergrenze auf 35.000 EUR Umsatz ab 2020 (§ 6 Abs 1 Z 27 UStG);
  • Ermäßigter Umsatzsteuersatz von 10 % für elektronische Publikationen (§ 10 UStG);
  • Vereinheitlichung der Beurteilung von Konsignationslagern (Art 1a UStG);
  • Umgestaltung im Bereich der Normverbrauchsabgabe (NoVA) und motorbezogenen Versicherungssteuer unter gebotener Berücksichtigung des CO²-Ausstoßes; 

Abgabenänderungsgesetz 2020 (AbgÄG 2020) 

Mit dem Initiativantrag für ein „Abgabenänderungsgesetz 2020“ sollen die vormaligen, ebenfalls bereits einem Begutachtungsverfahren unterzogenen Ministerialentwürfe des BMF zum Digitalsteuergesetz (siehe dazu unseren NL-Beitrag „DIGITALSTEUER | Neue Besteuerung der digitalen Wirtschaft ab 2020!“ vom 18.4.2019), EU-Meldepflichtgesetz (mit dem nunmehr auch in Österreich die EU-RichtlinieDAC 6“ umgesetzt werden soll, siehe dazu bereits unseren NL-Beitrag „EUROPÄISCHE UNION | Steuerplanungsmodelle seit 25.6.2018 meldepflichtig!“ vom 7.7.2018) und weitere geplante Maßnahmen aus dem Entwurf des geplant gewesenen Abgabenbetrugsbekämpfungsgesetz 2020 sowie div. Änderungen im Umsatzsteuergesetz noch in dieser Legislaturperiode umgesetzt werden. 

Der nunmehrige Gesetzentwurf enthält im wesentlichen folgende Maßnahmen: 

Digitalsteuergesetz 2020 (DiStG 2020)

  • Digitalsteuer von 5 % auf Onlinewerbung für große Unternehmen ab 2020 (NEU: Daten über die Bezieher der Onlinewerbung sind nunmehr in anonymisierter Form zuspeichern und zu übermitteln);

Änderungen im UStG

  • Detaillierte Aufzeichnungspflichten für Onlineversandhändler;
  • Haftung von Versandhändlern und Vermittlungsplattformen bei Sorgfaltspflichtverletzung für die Abgabenpflichten der beteiligten Unternehmen;
  • Entfall der EUSt-Freigrenze für Kleinsendungen aus Drittländern bis 22 EUR ab 2021 (oder bereits früher, soferne technisch möglich); 

EU-Meldepflichtgesetz (EU-MPfG)

  • Meldepflicht für „Intermediäre“ (Steuerberater etc) über bestimmte (marktfähige oder maßgeschneiderte) grenzüberschreitende Steuergestaltungen; ACHTUNG: Wenngleich das EU-MPfG nach dzt Entwurf erst mit 1.7.2020 in Kraft treten soll, so sollen bereits „Gestaltungen“ meldepflichtig werden, die ab 25.6.2018 umgesetzt worden sind! 

Finanz-Organisationsreformgesetz (FORG) 

Mit dem Initiativantrag für ein „Finanz-Organisationsreformgesetz“ soll schließlich auch die geplante Neuorganisation der Finanz- und Zollverwaltung noch in dieser Legislaturperiode beschlossen werden. 

Diese gravierende Organisationsreform der Bundesfinanzverwaltung sieht eine grundlegende Neuaufstellung bzw Konzentration durch die Einrichtung von künftig nur noch fünf Ämtern vor (nämlich „Finanzamt Österreich“, „Zollamt Österreich“, „Finanzamt für Großbetriebe“, „Amt für Betrugsbekämpfung“ und „Prüfdienst für lohnabgängige Abgaben und Beiträge“). Auch darüber haben wir im Rahmen unseres Newsletters bereits berichtet (siehe NL-Beitrag „ABGABENVERFAHREN | Neuorganisation der Finanzverwaltung ab 1.1.2020“ vom 15.5.2019). Der nunmehrige Gesetzesentwurf sieht allerdings vor, dass die bevorstehende umfassende Neuorganisation nicht bereits am 1.1.2020 sondern erst mit 1.7.2020 in Kraft treten soll. 

Zusammenfassung 

Der Gesetzwerdungsprozess dieser teils umfangreichen Gesetzesvorhaben bleibt abzuwarten, wobei angesichts der aktuellen politischen Situation insbesondere in zeitlicher Hinsicht fraglich ist, inwieweit es tatsächlich gelingt, noch in dieser Legislaturperiode bis Ende September d. J. die erforderlichen Beschlussfassungen zu bewerkstelligen.
 

Über die weitere Entwicklung werden wir Sie selbstverständlich auf dem Laufenden halten. Für Fragen stehen Ihnen die Verfasser gerne zur Verfügung!