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CORONAVIRUS | Ergänzte Konsultationsvereinbarung zum DBA-Deutschland

Hofmann Robert  |  Panzenböck Judith

Am 15.4.2020 veröffentlichte das österreichische Bundesministerium für Finanzen eine Konsultationsvereinbarung zum Doppelbesteuerungsabkommen mit Deutschland, die sich auf die steuerliche Behandlung des Arbeitslohns von Arbeitnehmern (Art 15 DBA-DE) im Home-Office sowie staatlicher Kurzarbeitsförderungen in der COVID-19-Pandemie fokussierte. Der Anwendungsbereich dieser Konsultationsvereinbarung wurde nun durch eine neue Vereinbarung insoweit erweitert, als er sich nunmehr auch auf Vergütungen von im öffentlichen Dienst Beschäftigten (Art. 19 DBA-DE) erstreckt. Zwar ersetzt diese neue, am 4.11.2020 veröffentlichte Konsultationsvereinbarung formal jene vom 15.4.2020, jedoch weicht sie inhaltlich nur hinsichtlich der Besteuerung von Beschäftigten im öffentlichen Dienst von der bisherigen Vereinbarung ab.

In unserem NL-Beitrag „CORONAVIRUS | Neue Konsultationsvereinbarung zum DBA-Deutschland“ vom 20.4.2020 hatten wir bereits ausführlich über die deutsch-österreichische Konsultationsvereinbarung vom 15.4.2020 betreffend Besteuerung der Vergütungen von Arbeitnehmern im grenzüberschreitenden Verhältnis und die sich daraus ergebenden Besonderheiten berichtet. In dieser Konsultationsvereinbarung wurden – neben der Einigung über die steuerliche Behandlung der Kurzarbeitsunterstützung – steuerliche Erleichterungsmaßnahmen für grenzüberschreitend tätige Arbeitnehmer, die aufgrund der Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie zwangsweise im Home-Office arbeiten müssen, geschaffen. 

Diese bisherige Konsultationsvereinbarung bezog sich jedoch ausschließlich auf die Besteuerung von Vergütungen iS Art. 15 DBA Österreich-Deutschland (unselbstständige Arbeit). Erleichterungsmaßnahmen für Personen, deren Vergütungen abkommensrechtlich unter eine andere Verteilungsnorm fallen, wie insbesondere auch Vergütungen von im öffentlichen Dienst Beschäftigten (Art. 19 DBA), waren von der Vereinbarung hingegen nicht umfasst. 

Mit einer wiederum in Erlassform veröffentlichten neuen Konsultationsvereinbarung vom 4.11.2020 wurde nunmehr der sachliche Anwendungsbereich betreffend zwangsweise im Home-Office ausgeübter Tätigkeitstage auf Bezüge von im öffentlichen Dienst Beschäftigten (Art. 19 DBA) erweitert. Zudem wurde der zeitliche Anwendungsbereich der Vereinbarung insgesamt (also auch hinsichtlich der ursprünglichen Regelungen) mindestens bis 31.12.2020 erstreckt (mit weitergehenden Verlängerungsmöglichkeiten). 

Einer textlichen Gegenüberstellung der alten und neuen Konsultationsvereinbarung bedarf es nicht, da die unverändert gebliebenen Ausführungen übernommen und die inhaltlichen Änderungen farblich hervorgehoben wurden. 

Bisher geltende Erleichterungen für Arbeitstage im Home-Office 

Arbeitet eine in Österreich ansässige Person für einen deutschen Arbeitgeber physisch in Deutschland, so steht das Besteuerungsrecht für die Vergütungen, die auf diese in Deutschland ausgeübten Tätigkeitstage entfallen, gemäß Art. 15 Abs. 2 lit. b des DBA grundsätzlich Deutschland zu. Arbeitet diese Person hingegen physisch in Österreich, etwa auch im „Home-Office“, so steht grundsätzlich Österreich als Ansässigkeitsstaat das Besteuerungsrecht für die auf diese Tage entfallenden Vergütungen zu. Die Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie haben in einer Vielzahl von Fällen dazu geführt, dass Arbeitnehmer ihre Arbeit nicht mehr in den im Ausland gelegenen Büroräumlichkeiten bzw Geschäftseinrichtungen des Arbeitgebers ausüben konnten, sondern diese zwangsläufig in ihrem im Ansässigkeitsstaat gelegenen Home-Office verrichten müssen. 

Um steuerlichen Härten aufgrund der zwangsläufigen Arbeitsausübung im Home-Office entgegenzuwirken, weichen die beiden Vertragsstaaten mittels Konsultationsvereinbarung von den oben beschriebenen Besteuerungsgrundsätzen ab: Demnach KÖNNEN Arbeitstage, für die Arbeitslohn bezogen wird und an denen Arbeitnehmer NUR aufgrund der Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie ihre Tätigkeit im Homeoffice ausüben, als in dem Vertragsstaat verbrachte Arbeitstage gelten, in dem die Arbeitnehmer ihre Tätigkeit ohne die Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie ausgeübt hätten. 

Diese Erleichterungsmaßnahme bietet Steuerpflichtigen die Möglichkeit, ihre Gesamtsteuerbelastung insoweit zu optimieren, als sie wahlweise bestimmte Arbeitstage entweder der Besteuerung in Österreich oder Deutschland unterziehen können (Günstigkeitsvergleich). Die Inanspruchnahme dieser Fiktion muss nicht erst im Veranlagungswege, sondern kann auch unterjährig bereits im Lohnsteuerabzugsverfahren durch den Arbeitgeber erfolgen. Eine Aufrollung ist bis zum letzten Lohnabrechnungszeitraum des Jahres 2020 möglich.

Weitere Erleichterungen für Beschäftigte im öffentlichen Dienst 

Grundregel des Art. 19 DBA-Deutschland 

Gemäß Art. 19 Abs. 1 DBA-Deutschland dürfen Vergütungen (ausgenommen Ruhegehälter), die von einem Vertragsstaat, einer seiner Gebietskörperschaften oder von einer anderen juristischen Person des öffentlichen Rechts dieses Staates an eine natürliche Person für diesem Staat geleistete Dienste gezahlt werden, nur in diesem Staat besteuert werden („Kassenstaatsprinzip“). Mit dieser Bestimmung soll sichergestellt werden, dass der Staat, zu dessen Lasten derartige Zahlungen getätigt werden, auch die dafür anfallenden Steuern erhalten soll. Unter diese Bestimmung fallen insbesondere Vergütungen an Beamte, Mitarbeiter von Universitäten, Handelsdelegierte oder Angehörige diplomatischer und konsularischer Vertretungen. 

Die Vergütungen dürfen jedoch – entgegen dem oben beschriebenen „Kassenstaatsprinzip“ – ausnahmsweise dann im anderen Staat besteuert werden, wenn die Dienste im anderen Staat geleistet werden und die natürliche Person in diesem Staat ansässig ist UND 

  • ein Staatsangehöriger dieses Staates ist ODER
  • nicht ausschließlich deshalb in diesem Staat ansässig geworden ist, um die Dienste zu leisten. 

Diese Ausnahmebestimmung wird auch als „Staatsbürger- oder Ortskräftevorbehalt“ bezeichnet. Für Ansässige eines Vertragsstaates, die auch die Staatsangehörigkeit ihres Ansässigkeitsstaates besitzen, soll die „Kassenstaatsregel“ ausgehebelt werden und der Ansässigkeitsstaat allein besteuerungsberechtigt sein. 

Beispiel

Ein österreichischer Staatsbürger (seit jeher ansässig in Österreich) ist im Rahmen eines Dienstverhältnisses für eine deutsche Universität als Universitätsprofessor tätig. Der Universitätsprofessor übt seine Tätigkeit überwiegend physisch in Deutschland aus. Allerdings ermöglicht ihm die Universität, seinen Forschungstätigkeiten tageweise von seinem österreichischen Wohnsitz (Home-Office) aus nachzugehen. 

Zwar fallen die an den Universitätsprofessor gezahlten Vergütungen dem Grunde nach unter das „Kassenstaatsprinzip“. Allerdings sind die Vergütungen insoweit in Österreich zu besteuern, als sie auf physisch in Österreich geleistete Arbeitstage entfallen, da der Universitätsprofessor die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt und gleichzeitig auch in Österreich ansässig ist („Staatsbürgerschaftsvorbehalt“). 

Arbeitstage im Home-Office aufgrund von Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie 

Die eingangs beschriebene Erleichterungsmaßnahme, COVID-19-bedingte Arbeitstage im Home-Office für steuerliche Zwecke als im anderen Staat ausgeübte Tätigkeitstage zu behandeln, kann nach der aktuellen deutsch-österreichischen Konsultationsvereinbarung vom 4.11.2020 nun auch durch im öffentlichen Dienst Beschäftigte (Art. 19 DBA-Deutschland) in Anspruch genommen werden. Auch hier gilt jedoch wiederum die Einschränkung, dass nur jene im Home-Office ausgeübten Arbeitstage fiktiv als im anderen Staat ausgeübte Tätigkeitstage behandelt werden können, die nicht ohnehin – unabhängig von den Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie – im Home-Office ausgeübt worden wären (zB aufgrund einer einzelvertraglich mit dem Arbeitgeber vereinbarten allgemeinen Home-Office-Regelung). 

Abwandlung des obigen Beispiels: 

Der in Österreich ansässige Universitätsprofessor arbeitete bis zum Ausbruch der COVID-19-Pandemie ausschließlich in Deutschland (vereinbarter Arbeitsort ist in Deutschland). Das Abhalten von Online-Lehrveranstaltungen war bis dahin nicht vorgesehen bzw technisch nicht möglich. Auch seine Forschungstätigkeiten waren ausschließlich in Deutschland zu verrichten. Aufgrund der zwischenzeitlich in Kraft getretenen Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie wurde der Lehrbetrieb auf das Abhalten von Online-Lehrveranstaltungen umgestellt. Der Universitätsprofessor ist somit seit Mitte März 2020 ausschließlich in seinem österreichischen Home-Office tätig. Von dort aus hält er seine Online-Lehrveranstaltungen ab und geht auch seinen Forschungstätigkeiten nach. 

Der Universitätsprofessor KANN nach der nun auch für Vergütungen öffentlich Bediensteter geltenden Konsultationsvereinbarung seine zwangsweise im österreichischen Home-Office verbrachten Arbeitstage für steuerliche Zwecke als in Deutschland verbrachte Arbeitstage behandeln lassen. Dies kann nachträglich im Wege der Veranlagung in Österreich für das Jahr 2020, aber auch bereits laufend im Wege des Lohnsteuerabzugs durch den deutschen Arbeitgeber im Jahr 2020 erfolgen. Macht er durch Mitteilung an den Arbeitgeber von dieser Regelung Gebrauch, so sind die Umstände (insbesondere die Anzahl der Arbeitstage, an denen der Arbeitnehmer seine Tätigkeit aufgrund der COVID-19-Pandemie im Homeoffice ausgeübt hat) anhand von Aufzeichnungen des Arbeitnehmers unter Beibringung einer Bestätigung der Arbeitgebers offenzulegen. 

Anwendung und Inkrafttreten der neuen Konsultationsvereinbarung 

Die Vereinbarung ist auf Arbeitstage im Zeitraum von 11.3.2020 bis 31.12.2020 anzuwenden und verlängert sich ab 31.12.2020 jeweils automatisch um einen Kalendermonat, sofern sie nicht von österreichischer oder deutscher Seite mindestens eine Woche vor Beginn des jeweils folgenden Kalendermonats gekündigt wird. 

Handlungsbedarf zum Jahresende 

Wie bereits erwähnt, können die mit der Konsultationsvereinbarung geschaffenen Erleichterungsmaßnahmen hinsichtlich COVID-19-bedingter Home-Office Tage entweder nach Ablauf des Kalenderjahres im Rahmen der Arbeitnehmerveranlagung oder aber auch noch im laufenden Jahr im Wege des Lohnsteuerabzugs durch den Arbeitgeber berücksichtigt bzw in Anspruch genommen werden. Zu beachten ist dabei, dass entsprechende Aufzeichnungen über die im Home-Office verbrachten Tätigkeitstage geführt werden und der Arbeitgeber auch bestätigen muss, dass der Arbeitnehmer ohne die Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie nicht im Home-Office, sondern im anderen Staat tätig gewesen wäre. 

Sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber sollten bereits jetzt prüfen, ob die wahlweise Inanspruchnahme der in der deutsch-österreichischen Konsultationsvereinbarung vorgesehenen Erleichterungsmaßnahmen steuerliche Vorteile mit sich bringt. Seitens des Arbeitgebers können diese Maßnahmen noch mit der letzten Lohnabrechnung für das Jahr 2020 umgesetzt werden. 

Gerne unterstützen Sie die Verfasser mit ihrem Team bei der praktischen Umsetzung und stehen Ihnen für Fragen jederzeit zur Verfügung!