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UMSATZSTEUER | In DEUTSCHLAND bald keine Konsignationslager mehr?

Vereinfachungsregelungen für Konsignationslager sind innerhalb der Europäischen Union ein kontrovers diskutiertes Thema. Aufgrund fehlender Sonderbestimmungen im Unionsrecht ergeben sich unterschiedliche nationale Regelungen und Sichtweisen. So wurde insbesondere auch in DEUTSCHLAND bislang strikt von Sonderregelungen für Konsignationslagergeschäfte abgesehen.  Aufgrund von Entscheidungen der  Finanzgerichte und nunmehr auch des Bundesfinanzhofes bleiben Konsignationslager und deren umsatzsteuerliche Abwicklung auch in Deutschland weiterhin ein brisantes Thema. 

Bereits in unserem NL-Beitrag <link http: www.icon.at de publikationen news detail external-link-new-window externen link in neuem>„DEUTSCHLAND | Konsignationslager – USt-Vereinfachung oder nicht?“ vom 4.5.2016 sind wir auf die grundsätzliche Abwicklung von Konsignationslagern sowie auf Entscheidungen der deutschen Finanzgerichte eingegangen. Diesen Gerichtsentscheidungen zufolge wurde bei bestimmten sehr eng ausgelegten Kriterien hinsichtlich der Ausgestaltung des Konsignationslagervertrages und einer zeitlichen Begrenzung des Lagerumschlages eine vereinfachte Abwicklung dahingehend zugelassen, dass bereits im Zeitpunkt der Bestückung des Konsignationslagers das Vorliegen einer innergemeinschaftlichen Lieferung unterstellt wird. Im Ergebnis bedingt diese scheinbare „Vereinfachung“ aber faktisch ein Direktgeschäft, wodurch die Verschaffung der Verfügungsmacht bereits mit der Bestückung des Lagers erfolgt und dementsprechend auch bilanziell dargestellt werden müsste. Von einer Bereitstellung gewisser Kapazitäten für die Produktion, wobei diese Vorprodukte noch im Eigentum und im Rechenwerk des Lieferanten bleiben, kann daher grundsätzlich keine Rede mehr sein. 

Höchstgerichtliches Urteil des Bundesfinanzhofes 

Der deutsche Bundesfinanzhof entschied unlängst in einem Urteil (BFH 20.10.2016, V R 31/15), dass eine am Beginn der Beförderung oder Versendung steuerbare Lieferung auch dann vorliegen kann, wenn die Liefergegenstände nur fürkurze Zeitin einem Auslieferungslager gelagert werden. Voraussetzung ist das Feststehen des Kunden als Abnehmer bereits bei Beginn der Beförderung oder Versendung, was aus dem zugrundeliegenden Rechtsverhältnis hervorgehen muss. Eine kurzzeitige Lagerung muss die Versendung nicht zwingend unterbrechen, sofern das tatsächliche Gelangen an den Abnehmer sichergestellt ist. Zudem wird konkret angeführt, dass der Annahme einer Versendungslieferung an den Abnehmer nicht entgegensteht, wenn die Waren in einem auf Initiative des von vornherein feststehenden Abnehmers eingerichteten Lager für kurze Zeit zwischengelagert werden und dem Abnehmer vertraglich ein uneingeschränktes Zugriffsrecht eingeräumt wird. 

In Anlehnung an die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH vom 18.11.2010, C-84/09, X) kommt der deutsche BFH somit zu dem Schluss, dass eine von vornherein nur vorübergehende Einlagerung auf kurze Zeit für den zeitlichen und sachlichen Zusammenhang zwischen der Lieferung eines Gegenstandes und seiner Beförderung nicht schädlich ist. Der laut EuGH für das Vorliegen einer Beförderungs- oder Versendungslieferung maßgebliche kontinuierliche Ablauf ist dadurch nicht beeinträchtigt, weshalb im Zeitpunkt der Lieferung in das Konsignations- bzw Auslieferungslager eine im Abgangsland steuerbare aber grundsätzlich steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung vorliegt.   

Schlussfolgerungen und Bedeutung für die Praxis 

Von den Vereinfachungsregelungen im Zusammenhang mit Konsignationslagern anderer EU-Mitgliedstaaten, die grundsätzlich erst im Zeitpunkt der Entnahme aus dem Konsignationslager von einer innergemeinschaftlichen Lieferung ausgehen und die vorhergehende Bestückung des Lagers als unbeachtlich erachten, unterscheidet sich die deutsche Rechtsprechung somit grundlegend. Es ist hier eigentlich nicht von einer Vereinfachung für Konsignationslager an sich auszugehen, sondern ist vielmehr eine zunehmend großzügigere Auslegung der Beförderungs- oder Versendungslieferung zu konstatieren. 

Die höchstgerichtliche Entscheidung des deutschen BFH ist an die EuGH-Rechtsprechung sowie die bisherige nationale Rechtsprechung angelehnt, wonach immer häufiger von Unterbrechungen der Lieferungen durch Zwischenlagerung abgesehen und stattdessen darauf abgezielt wird, Lieferungen als durchgängig zu erachten. Dies deckt sich grundsätzlich auch mit dem Sinn und Zweck der MwStSyst-RL, Liefergeschäfte nicht künstlich zu brechen, sondern auf das tatsächliche Gelangen der Waren an den Bestimmungsort abzustellen. Darüber hinaus werden auch die Bestrebungen der Europäischen Kommission, das Bestimmungslandprinzip innerhalb der EU weiter voranzutreiben, widergespiegelt.   

Für die Praxis ist es allerdings schwierig einzuschätzen, wo in Zukunft die Grenzen einheitlicher Liefervorgänge sind und wie die deutsche Finanzverwaltung auf das Urteil des BFH hinsichtlich der Abwicklung von Lagergeschäften in Deutschland reagieren wird. Allein die Aussage des BFH hinsichtlich der Einlagerung fürkurze Zeit“, ohne konkrete Definition eines bestimmten Zeitraums, lässt viel Interpretationsspielraum offen. Diskussionen und Abstimmungsschwierigkeiten mit der jeweils zuständigen Finanzbehörde in Deutschland sind gleichsam vorprogrammiert.

Soweit Konsignationslager schon bisher ohne Anwendung einer Vereinfachungsregelung in Deutschland abgewickelt werden, raten wir jedenfalls, diese Vorgehensweise beizubehalten, nicht zuletzt auch deshalb, weil damit auch abgabenrechtliche Vorteile in Österreich verbunden sein können. Sind hingegen neue Liefergeschäfte mit kurzer Zwischenlagerung in einem Konsignations- oder Auslieferungslager in Deutschland geplant, sollte eine korrekte Abwicklung aber jedenfalls vorabgestimmt werden. 

Für weitere Fragen zu diesem Themenbereich bzw auch für eine Analyse Ihrer Lagergeschäfte stehen Ihnen die Verfasser sowie die übrigen Experten des ICON-Umsatzsteuerteams gerne zur Verfügung!