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DEUTSCHLAND | Konzernprivileg im novellierten AÜG ab 1.4.2017

Bruckmüller Georg  |  Hummer Martin

Mit Wirkung ab 1. April 2017 sind die Novellierungen des deutschen Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) in Kraft getreten. Arbeitnehmerüberlassungen zwischen Konzernunternehmen sind aber unter bestimmten Voraussetzungen vom Anwendungsbereich des AÜG ausgenommen. So kommt es bei Überlassungen nach Deutschland darauf an, ob der betreffende Arbeitnehmer (auch) zum Zwecke der Überlassung beschäftigt wird. Die Beweislast dafür, dass Arbeitnehmer nicht für Überlassungszwecke beschäftigt oder eingestellt wurden, trägt das Konzernunternehmen. Bei konzerninterner Überlassung von Geschäftsführern wird das dAÜG in der Regel nicht anzuwenden sein. 

Der Deutsche Bundesrat hatte am 25.11.2016 die Gesetzesnovelle zum deutschen AÜG beschlossen (<link http: dip21.bundestag.de dip21 btd _blank>BT-Drucksache 18/10064). Die Änderungen zum AÜG sind bereits mit 1. April 2017 in Kraft getreten. Über die zentralen Punkte der AÜG-Reform haben wir bereits in unserem <link http: www.icon.at de publikationen news detail external-link-new-window externen link in neuem>NL-Beitrag vom 2.2.2017 „DEUTSCHLAND | Umfassende Reform der Arbeitnehmerüberlassung per 1.4.2017“ sowie auch im Rahmen eines am 4.4.2017 stattgefundenen Gemeinschaftsseminars mit Herrn Rechtsanwalt Dr. Georg Bruckmüller informiert. 

Am 20.3.2017 hat die Bundesagentur für Arbeit nunmehr eine Fachweisung zum AÜG veröffentlicht, welche unter diesem <link https: www3.arbeitsagentur.de web wcm idc groups public documents webdatei mdaw mjax external-link-new-window externen link in neuem>LINK zum Download zur Verfügung steht. Dabei wurde die bisherige Geschäftsanweisung AÜG in das Format „Fachliche Weisungen“ überführt und insbesondere an die Regelungen des am 1.4.2017 in Kraft getretenen Gesetzes zur Änderung des AÜG angepasst.

Überlassungshöchstdauer 

Einer der zentralen Punkte der Novelle ist die Überlassungshöchstdauer von 18 Monaten (vorbehaltlich Tarifvertrag bzw. Betriebsvereinbarung). In § 1 Abs. 1b AÜG wurde eine Überlassungshöchstdauer von 18 Monaten eingeführt und damit das bisherige Kriterium der „vorübergehenden“ Arbeitnehmerüberlassung konkretisiert. 

Für die Berechnung der Überlassungshöchstdauer sind nur ab dem 1. April 2017 zurückgelegte Einsatzzeiten heranzuziehen (§ 19 Abs. 2 AÜG). Die Überlassungshöchstdauer ist arbeitnehmerbezogen ausgestaltet. Die Überlassung eines Leiharbeitnehmers bei demselben Entleiher ist grundsätzlich auf 18 aufeinanderfolgende Monate begrenzt. 

Beispiel zur Fristberechnung: Beginnt die Frist bspw. am 3. April 2017, so ist diese unter Beachtung der grundsätzlichen Überlassungshöchstdauer von 18 aufeinanderfolgenden Monaten bis zum Ablauf des 2. Oktober 2018 zulässig. Für die Beurteilung, ob es sich um denselben Entleiher handelt, ist auf den Entleiher als juristische Person abzustellen. Maßgeblich ist somit nicht die Dauer des Einsatzes im einzelnen Betrieb des Entleihers, sondern beim Entleiher als  Vertragspartner des Verleihers. Beispiel zur Maßgeblichkeit der vertraglichen Vereinbarung: Wird ein Leiharbeitnehmer vertraglich bspw. für den Zeitraum 1. April 2017 bis 30. September 2017 mit einer Wochenarbeitszeit von 21 Stunden, verteilt auf drei Arbeitstage pro Woche, an einen Entleiher überlassen, legt er in diesem Zeitraum eine Einsatzdauer von 6 Monaten zurück (keine pro rata temporis).   

Im Rahmen der Bestimmung der zulässigen Überlassungsdauer sind auch vorhergehende Überlassungen an denselben Entleiher zu berücksichtigen, wenn 

  • es sich um Überlassungszeiten ab dem 1. April 2017 handelt (§ 19 Abs. 2 dAÜG)
    und
  • Unterbrechungen zwischen zwei Überlassungen drei Monate nicht übersteigen.1) 

Ob die vorherige Überlassung durch denselben oder einen anderen Verleiher erfolgte, ist dabei unerheblich.
 

Nichtanwendung des AÜG (§ 1 Abs. 3 AÜG) 

§ 1 Abs. 3 nimmt sechs Fallgestaltungen von der Anwendung des AÜG aus: 2) 

  • ANÜ zur Vermeidung von Kurzarbeit oder Entlassungen,
  • ANÜ zwischen Konzernunternehmen, wenn Arbeitnehmer nicht zu dem Zweck der Überlassung
    eingestellt und beschäftigt werden,
  • Gelegentliche ANÜ,
  • Aufgabenverlagerung aufgrund eines Tarifvertrages des öffentlichen Dienstes,
  • ANÜ zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts,
  • ANÜ zu deutsch-ausländischen Gemeinschaftsunternehmen.  

Arbeitnehmerüberlassung zwischen Konzernunternehmen

Das deutsche AÜG findet bei einer Arbeitnehmerüberlassung zwischen Konzernunternehmen im Sinne des § 18 AktG keine Anwendung, wenn der Arbeitnehmer nicht zum Zweck der Überlassung eingestellt und beschäftigt wird. Es wird daher im Einzelfall auch zu prüfen sein, ob ein Arbeitnehmer bereits vor der Überlassung nach Deutschland als überlassener Arbeitnehmer tätig war. 

Der Verweis auf den aktienrechtlichen Konzernbegriff (§ 18 dAktG) ist rechtsformneutral zu verstehen.

Beispiel: Die in Österreich ansässige Dienstnehmerin Frau A der österreichischen Muttergesellschaft AT wird für Zeiträume ab 1.5.2017 zur Geschäftsführerin der deutschen Tochtergesellschaft DE bestellt. Ist die Überlassungshöchstdauer von 18 Monaten des deutschen AÜG zu berücksichtigen? Variante: Die Dienstnehmerin von AT ist seit vielen Jahren Geschäftsführerin der DE. Ist die Überlassungshöchstdauer diesfalls zu berücksichtigen?

Antwort: Nach § 1 Abs. 3 AÜG ist das deutsche AÜG in diesem Fall für Konzernüberlassungen nicht anwendbar, sodass auch die Überlassungshöchstdauer bei konzerninternen GF-Überlassungen nach Deutschland nicht zu beachten ist. Voraussetzung ist, dass die Arbeitnehmerin nicht zum Zwecke der Überlassung eingestellt und beschäftigt wird.

FAZIT 

Mit der Novellierung des AÜG per 1.4.2017 sind österreichische Verleiher (= Überlasser) mit einer Reihe von Stolpersteinen konfrontiert. Allerdings können nach Deutschland auf Basis eines Arbeitskräfteüberlassungsvertrages überlassene Geschäftsführer insofern aufatmen, als auf Arbeitnehmerüberlassungen zwischen Konzernunternehmen iSd § 18 AktG das AÜG und damit insbesondere die Überlassungshöchstdauer von 18 Monaten nicht anwendbar sind, wenn der Arbeitnehmer nicht zum Zwecke der Überlassung eingestellt und beschäftigt wird. Als Auslegungsbehelf zum AÜG wurde am 20.3.2017 die Fachanweisung AÜG von der Bundesagentur für Arbeit veröffentlicht. 

Überlassungen nach Deutschland, aber auch andere konzerninterne Überlassungen, sollten sorgfältig geplant und strukturiert werden. Dabei sind nicht nur steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Aspekte, sondern zunehmend auch gewerbliche und arbeitsrechtliche Themen zu berücksichtigen. Sollten Sie dazu Fragen haben, können wir Sie gerne – in Kooperation mit dem Arbeitsrechtsexperten, Herrn RA Dr. Georg Bruckmüller von der Bruckmüller RechtsanwaltsgmbH – unterstützen. 

Hinweise zu Informationsveranstaltungen zu ähnlichen Themen finden Sie auch im <link http: www.icon.at de veranstaltungen veranstaltungskalender external-link-new-window externen link in neuem>Seminarkalender auf unserer Homepage.


[1] Liegt zwischen zwei Überlassungen an denselben Entleiher hingegen ein Zeitraum von mehr als drei Monaten, erfolgt keine Anrechnung der vorherigen Überlassung. Eine solche Unterbrechung von mehr als drei Monaten bewirkt, dass der für die Überlassungshöchstdauer maßgebliche Zeitraum mit der nächsten Überlassung wieder neu zu laufen beginnt.

[2] Auch in diesen Ausnahmefällen ist das Verbot der Arbeitnehmerüberlassung in das Baugewerbe gemäß § 1b AÜG zu beachten.