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BETRIEBSPRÜFUNG | Neue Wiederholungsprüfungen nach dem AbgÄG 2022!

Die nachträgliche Überprüfung steuerlich relevanter Sachverhalte im Rahmen von Außenprüfungen („Betriebsprüfung“) findet idR bei Unternehmen statt, die zur Führung von Büchern oder Aufzeichnungen verpflichtet sind. Dabei werden die für die von einem konkreten Prüfungsauftrag umfassten Zeiträume bzw Abgabenarten bedeutsamen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse geprüft. Derartige Prüfungen betreffen in der Regel bereits veranlagte Jahre und umfassen meist einen Zeitraum von drei bis fünf Jahren.  Falls ein Veranlagungsjahr bereits einer Außenprüfung unterzogen worden war, darf eine neuerliche Prüfung grundsätzlich nur mit Zustimmung des Abgabepflichtigen oder in gesetzlich normierten Ausnahmefällen erfolgen. Dieser Ausnahmenkatalog im einschlägigen § 148 BAO wurde nunmehr durch das Abgabenänderungsgesetz 2022 erweitert. Erfahren Sie im nachfolgenden Beitrag, unter welchen neuen Umständen die Finanzverwaltung künftig auch gegen Ihren Willen eine „Wiederholungsprüfung“ anordnen kann. 

Im Rahmen des Abgabenänderungsgesetzes 2022 (AbgÄG 2022BGBl I Nr. 108/2022, kundgemacht am 19.7.2022) erfolgten ua auch wesentliche Änderungen der Bundesabgabenordnung (BAO), worüber wir im Rahmen unseres Newsletters bereits mehrmals berichtet hatten. Unter Anderem wurde auch der Katalog für die gesetzlich ausdrücklich zulässigen Fälle für sog. „Wiederholungsprüfungen“ erweitert, die wir Ihnen im nachfolgenden Beitrag näher bringen möchten:

 

Gesetzliche Grundlagen


Unter einer sog. „Wiederholungsprüfung“ versteht man eine Außenprüfung (BP), in deren Rahmen Abgabenarten für Zeiträume geprüft werden, die bereits Gegenstand einer früheren BP waren. Aus § 148 BAO ergibt sich für derartige Ansinnen der Finanzverwaltung ein grundsätzliches Wiederholungsverbot. Der Prüfungsauftrag für eine Außenprüfung ist als Bescheid anzusehen, wonach der Abgabepflichtige eine solche Prüfung zu dulden hat (VwGH 25.04.2020, Ro 2019/13/0014). Für einen bereits geprüften Zeitraum darf eine erneute Prüfung jedoch nur dann angeordnet werden, wenn

  • der Abgabepflichtige der neuerlichen Prüfung zustimmt oder
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  • die in § 148 Abs 3 BAO genannten Voraussetzungen vorliegen (Ausnahmenkatalog betreffend noch ungeprüfte Abgabenarten, Voraussetzungen für Verfahrenswiederaufnahme, BFG-Veranlassung iZm Beschwerdebegründung oder neuer Tatsachen und Beweise).
     

Erweiterung der Wiederholungsprüfungsfälle durch das AbgÄG 2022


​​​​​​​​​​​​​​Die in § 148 Abs 3 BAO aufgezählten Fälle, wonach ausnahmsweise (auch ohne Zustimmung des betroffenen Abgabepflichtigen) eine Wiederholungsprüfung stattfinden darf, wurden durch eine neue lit d und e mit dem Abgabenänderungsgesetz 2022 wie folgt ergänzt:
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​​​​​​​Bescheidaufhebung durch das BFG und Zurückverweisung an das Finanzamt

​​​​​​​Nach Maßgabe des § 278 Abs 1 BAO kann das Bundesfinanzgericht (BFG) als Rechtsmittelinstanz eine Beschwerde auch dergestalt erledigen, dass es einen angefochtenen Bescheid aufhebt und die Sache zur Erledigung an die Abgabenbehörde (zuständiges Finanzamt als 1. Instanz) zurückverweist. Damit tritt das Verfahren wieder in jenes Stadium, in dem es sich vor Erlassung des aufgehobenen Bescheides befunden hatte und ist das Beschwerdeverfahren damit beendet. Auf Veranlassung des Gerichtes können jedoch uU noch zusätzliche Ermittlungen erforderlich sein. Dies etwa dann, wenn das Gericht von der Anwendbarkeit einer anderen Gesetzesbestimmung als die Behörde ausgeht und der für die fragliche Rechtsnorm relevante Sachverhalt noch gar nicht erhoben wurde. Das verfahrensrechtliche Problem besteht hier darin, dass das Verfahren durch die Aufhebung und Zurückverweisung lediglich in das Stadium vor Bescheiderlassung zurückgeführt wird, nicht hingegen auf den Stand vor Abschluss einer Außenprüfung. Eine allenfalls notwendige ergänzende Sachverhaltsermittlung konnte in solchen Fällen bisher nicht im Wege einer neuerlichen Außenprüfung erfolgen, zumal dies gegen das grundsätzliche Wiederholungsverbot iS § 148 BAO verstoßen hätte. Auch die Ausweitung einer bereits laufenden Außenprüfung (für andere Jahre) auf den betreffenden (bereits abgeprüften) Zeitraum wäre aus diesem Grund nicht möglich gewesen. Dieser Umstand wurde vom Gesetzgeber als „planwidrige Lücke“ erkannt, welche durch § 148 Abs 3 lit d BAO idF AbgÄG 2022 nunmehr geschlossen wurde. Demnach darf eine wiederholte Außenprüfung (ohne Zustimmung des Abgabepflichtigen) jetzt auch „zur Durchführung der noch erforderlichen Ermittlungen nach einer Aufhebung und Zurückverweisung der Sache gemäß § 278 Abs. 1 [BAO]“ erfolgen.

Diese neue Ausnahmevorschrift ist bereits seit 20.7.2022 anzuwenden (Tag nach Inkrafttreten des AbgÄG 2022). Analog zur Außenprüfung gilt die neue Bestimmung auch für die „begleitende Kontrolle“ (§ 148 Abs 3a Z 5 BAO idF AbgÄG 2022).
 

Grenzüberschreitende Amts- oder Rechtshilfeersuchen in der EU

Auch bei Amts- bzw Rechtshilfeersuchen ausländischer Behörden bestand bisher das Problem, dass die österreichische Finanzverwaltung einem solchen Ansinnen ohne Zustimmung des Abgabepflichtigen nicht im Wege einer Außenprüfung nachkommen konnte, wenn über den betreffenden Zeitraum (und die betreffende Abgabenart) bereits in der Vergangenheit eine solche Prüfung stattgefunden hatte. Durch Einführung des § 148 Abs 3 lit e BAO idF AbgÄG 2022 wird nunmehr auch bei Ansuchen „aufgrund eines Amts- oder Rechtshilfeersuchens oder einer grenzüberschreitenden Zusammenarbeit nach dem Recht der Europäischen Union“ die Möglichkeit einer Wiederholungsprüfung geschaffen. Diese Bestimmung ist am 1.1.2023 in Kraft getreten (§ 323 Abs 73 BAO).

Die Erweiterung des Ausnahmekatalogs schien in diesem Punkt auch vor dem Hintergrund der Richtlinie (EU) 2021/514 vom 22.3.2021 über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung (ABl 2021 L 104/1) angezeigt, welche nunmehr auch die Möglichkeit von gemeinsamen Betriebsprüfungen mit Abgabenbehörden anderer EU-Staaten bzw gleichzeitig stattfindenden Betriebsprüfungen vorsieht (nationale Umsetzung der betreffenden Richtlinieninhalte in §§ 12a und 12b EU-AHG). 

 

FAZIT


Eine wiederholte Außenprüfung über einen bereits abgeprüften Zeitraum ist ohne Zustimmung des Abgabepflichtigen grundsätzlich unzulässig. Das Gesetz sieht jedoch Ausnahmen vom Wiederholungsverbot vor, wonach es auf die Zustimmung des zu Prüfenden nicht ankommt und eine „Wiederholungsprüfung“ demnach zulässig ist. Diese Ausnahmen bestehen gemäß § 148 Abs 3 BAO bereits bisher für Abgabenarten, die in früheren Prüfungsaufträgen nicht enthalten waren, zur Prüfung der Voraussetzungen einer Wiederaufnahme des Verfahrens sowie im Beschwerdeverfahren auf Veranlassung des BFG zur Prüfung der Begründung einer Bescheidbeschwerde oder neuer Tatsachen und Beweise.

Durch das Abgabenänderungsgesetz 2022 wurden Wiederholungsprüfungen nunmehr auch in Fällen der Bescheidaufhebung durch das BFG bei gleichzeitiger Zurückverweisung der Sache an das zuständige Finanzamt (ab 20.7.2022) sowie in Fällen grenzüberschreitender Behördenanfragen (ab 1.1.2023) ermöglicht.

Darüber hinaus sind – wie schon bisher - Wiederholungsprüfungen auch auf Anordnung der Finanzstrafbehörde zulässig (gemäß § 99 Abs 2 FinStrG).


Für Fragen zu diesem Themenbereich stehen Ihnen die Verfasser sowie auch die übrigen MitarbeiterInnen unserer Service Line "Tax Controversey"​​​​​​​ gerne zur Verfügung!