NEWS  |   |  

DBA | Betriebsstätte durch Telearbeit im OECD-Musterabkommen 2025

Am 19. November 2025 hat die OECD das lang erwartete Update des OECD-Musterabkommens sowie des dazugehörigen Musterkommentars veröffentlicht. Neben einem Vorschlag zur Besteuerung von Einkünften iZm der Erkundung und Gewinnung von Bodenschätzen, Änderungen bei der Kommentierung zu Verständigungs- und Schiedsverfahren und weiteren Maßnahmen, befasst sich das Update des Musterkommentars schwerpunktmäßig mit der Frage der Betriebsstättenbegründung durch Telearbeit bzw Homeoffice.

Telearbeit im OECD-Musterabkommen idF des Update 2017

Seit dem Update 2017 des OECD-Musterabkommens (OECD-MA 2017) finden sich im Kommentar zum Betriebsstättenbegriff (Art 5 OECD-MA 2017) Ausführungen zu Fragen der Betriebsstättenbegründung durch grenzüberschreitende Homeoffice-Tätigkeiten. Die Aussagen dazu wurden Jahre vor dem Ausbruch der CORONA-Epidemie vom OECD-Steuerausschuss formuliert und in den Kommentar zum OECD-MA 2017 (OECD-MK 2017) übernommen. Zu dieser Zeit war Telearbeit - welche meist in der Form von Arbeit im Homeoffice stattfindet  - noch ein Randphänomän und ist erst im Gefolge der CORONA-Epidemie für viele zur Normalität geworden. In den Rz 18 und 19 OECD-MK 2017 wurde deshalb davon ausgegangen, dass Homeoffice-Tätigkeiten einer natürlichen Person nur fallweise und kurzfristig ausgeübt werden, meist als Hilfstätigkeit iSd Art 5 Abs 4 OECD-MA 2017 qualifiziert werden könnten und deshalb für das Unternehmen üblicherweise keine Betriebsstätte  in Form einer festen Geschäftseinrichtung iSd Art 5 Abs 1 OECD-MA begründen. Nur dann, wenn das Homeoffice dauerhaft zur Durchführung geschäftlicher Tätigkeiten genutzt würde, das Unternehmen von der Person verlangt, von zu Hause aus zu arbeiten und es die Art der Tätigkeit eigentlich erfordern würde, im Tätigkeitsstaat des Arbeitnehmers ein Büro einzurichten, könnte davon ausgegangen werden, dass das Unternehmen Verfügungsmacht über das Homeoffice der dort tätigen Person hat (Rz 18 OECD-MK 2017). Steht einer Person am Sitz des Unternehmens ein Arbeitsplatz zur Verfügung und wurde das Arbeiten im Homeoffice nicht angeordnet, sollte bisher nicht davon ausgegangen werden, dass der Heimarbeitsplatz dem Unternehmen zur Verfügung steht (Rz 19 OECD-MK 2017).

Betriebsstätten durch Telearbeit im internationalen Umfeld

Die Voraussetzungen, unter denen Telearbeit für ein Unternehmen nach nationalem Steuerrecht und nach Abkommensrecht eine Betriebsstätte begründet, sind in den einzelnen Staaten höchst unterschiedlich gefasst. Die deutsche Finanzverwaltung hält zB in einem Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) fest, dass die Tätigkeit eines Arbeitnehmers in dessen häuslichem Homeoffice idR weder nach § 12 AO noch nach Abkommensrecht eine Betriebsstätte begründet. Dies gelte selbst dann, wenn der Arbeitgeber Kosten für das Homeoffice übernimmt oder, wenn ein Mietervertrage über häusliche Räume zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer abgeschlossen wird. Ob dem Arbeitnehmer ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, sei aus deutscher Sicht unerheblich. Durch die restriktive Auslegung des Betriebsstättenbegriffs in Deutschland sollen unter anderem gewerbesteuerliche Mikro-Betriebsstätten vermieden werden. Gleiches gilt für die Schweiz, die Telearbeit nur in engen Grenzen als Betriebsstätten qualifiziert, um im Rahmen der interkantonalen Steuerfreistellung von Betriebsstättenergebnissen eine Zersplitterung von Steuersubstrat zu vermeiden. Belgien, die Niederlande und Schweden folgen - ebenso wie viele andere Staaten - im Wesentlichen den bis dato in den Rz 18 und 19 OECD-MK 2017 genannten Kriterien. 

Das österreichische BMF hat sich zuletzt in EAS 3445 v. 7.7.2023 mit Homeoffice-Betriebsstätten auseinandergesetzt. Darin wird ausgeführt, dass die Tätigkeit im Homeoffice grundsätzlich eine “faktische  Verfügungsmacht” des Unternehmens über eine inländische feste örtliche Einrichtung vermitteln kann (EAS 3415 v. 27.6.2019). Auf Grundlage des OECD-MK 2017 sei eine solche Verfügungsmacht jedoch zu verneinen, wenn der Arbeitgeber vom Mitarbeiter die Tätigkeit im Homeoffice nicht verlangt, weil er seinem Arbeitnehmer einen Arbeitsplatz zur ständigen Benutzung zur Verfügung stellt und dieser auch tatsächlich genutzt wird. Bei einer Tätigkeit von drei Tagen in der Woche an einem ständig zur Verfügung stehenden Arbeitsplatz am Unternehmensstandort des Arbeitgebers sei davon auszugehen, dass der Arbeitgeber das Arbeiten im Homeoffice nicht verlangt, folglich keine faktische Verfügungsmacht über das Homeoffice vorliegt und keine abkommensrechtliche Betriebsstätte begründet wird. Das BMF lässt allerdings offen, ob das Kriterium des “Nicht-Verlangens” bei Führungspersonal oder leitenden Angestellten gleichermaßen gegen die Begründung einer Betriebsstätte spricht.

Begründung von Betriebsstätten durch Telearbeit im OECD-MA 2025

Der Rat der OECD hat am 19. November 2025 den Wortlaut eines Update zum OECD-MA (OECD-MA 2025) veröffentlicht. Die wesentlichsten Änderungen finden sich in den Rz 44.1. bis 44.21. des des Kommentars zum OECD-MA (OECD-MK 2025) zu Art 5 OECD-MA 2025, die sich unter dem Titel “Cross-border working from a home or other relevant place ausführlich – durch fünf Beispiele untermauert – mit der Auslegung des Betriebsstättenbegriffs iZm grenzüberschreitender Telearbeit beschäftigen und welche die Rz 18 und 19 OECD-MK 2017 ersetzen. Demnach ist die Betriebsstätteneigenschaft eines außerhalb des Ansässigkeitsstaat des Unternehmens gelegenen Arbeitsplatzes anhand der folgenden Prüfreihenfolge zu beurteilen:

  1. Die Geschäftseinrichtung muss „fest“ sein. Das setzt einen gewissen Grad an Beständigkeit voraus, der anhand der Kommentierung zu Art 5 Abs 1 OECD-MA 2025 (Rz 28 bis 34 OECD-MK 2025) zu beurteilen ist.
  2. Das Homeoffice muss dem Unternehmen eine „Geschäfts“(einrichtung) vermitteln, was anhand des konkreten Sachverhalts zu beurteilen ist. Fallweise und gelegentliche Tätigkeiten im Homeoffice begründen keine feste Geschäftseinrichtung (Rz 44.7. OECD-MK 2025). Die kontinuierliche Nutzung dieses Ortes über einen längeren Zeitraum ist – zusammen mit anderen Fakten – hingegen Indiz für den Bestand einer Geschäftseinrichtung. 
  3. Bei unternehmerischer Nutzung eines Homeoffice begründet das Unternehmen keine Betriebsstätte, wenn die natürliche Person innerhalb eines Zeitraumes von 12 Monaten, der während des betreffenden Steuerjahres beginnt oder endet, weniger als 50 % ihrer Gesamtarbeitszeit in ihrem Homeoffice arbeitet (Rz 44.8. OECD-MK 2025).
  4. Wird die 50 %-Schwelle überschritten, ist der Bestand einer Geschäftseinrichtung anhand des konkreten Sachverhaltes zu prüfen. Von besonderer Bedeutung ist dabei, ob die Tätigkeit im Homeoffice wirtschaftlich begründet ist. Das ist dann der Fall, wenn durch das Arbeiten am häuslichen Arbeitsplatz die Geschäftstätigkeit eines Unternehmens im anderen DBA-Vertragsstaat erleichtert wird (Rz 44.11. OECD-MK 2025). Als wirtschaftlich begründet gelten zB Gespräche mit Kunden, die Identifikation neuer Auftraggeber oder Lieferanten, der Betrieb von Call-Centers, die der Überbrückung unterschiedlicher Zeitzonen dienen oder Schulungs- und Reparaturleistungen (Tz 44.17. OECD-MK 2025). Durch Personalakquise bzw Kosteneinsparung bedingte Homeoffice-Tätigkeit gilt nicht als wirtschaftlich begründet (Tz 44.16. OECD-MK 2025). Ebensowenig aus persönlichen Gründen veranlasste Homeoffice Tätigkeit, zB infolge der Obsorge für einen pflegebedürftigen Verwandten (Tz 44.21. OECD-MK 2025)
  5. Selbst wenn nach den obigen Prüfschritten der Bestand einer festen Geschäftseinrichtung anzunehmen ist, muss geprüft werden ob die von der natürlichen Person in ihrem Homeoffice oder einem anderen von ihr gewählten Ort (zB Zweitwohnungen, Ferienunterkünfte und Wohnungen von Freunden oder Verwandten) ausgeübte Tätigkeit allenfalls vom Betriebsstättentatbestand ausgenommen ist, weil es sich dabei um eine vorbereitende oder Hilfstätigkeit iSd Art 5 Abs 4 OECD-MA 2025 handelt (Tz 44.5. OECD-MK 2025).

Die Anwendung des Art 5 Abs 1 OECD-MA auf Telearbeit wird in fünf Beispielen (A bis E) veranschaulicht (Tz 44.21. OECD-MK 2025). Daraus ergibt sich, dass ein Homeoffice jedenfalls das Tatbestandsmerkmal der „Festigkeit“ („fixed“) erfüllt. Jedoch selbst dann, wenn die Tätigkeit im „home or other relevant place“ die 50 %-Schwelle überschreitet, soll dieser Ort nur dann eine als feste „Geschäfts“einrichtung gelten, wenn die dort ausgeübte Telearbeit wirtschaftlich begründet ist, die über den Rahmen einer vorbereitenden oder Hilfstätigkeit iSd Art 5 Abs 4 OECD-MA hinausgeht. Dass für die Telearbeit von Führungskräften und leitenden Mitarbeitern etwas anderes gelten sollte, lässt sich aus den neuen Tz 44.1. bis 44.21. OECD-MK 2025 nicht ableiten.  

FAZIT

Die Ausführungen im OECD-MK 2025 zur Frage der Begründung einer abkommensrechtlicher Betriebsstätte durch Telearbeit sind zu begrüßen und bieten dem Unternehmer eine Leitlinie und Hilfestellung. Ist beispielsweise ein Arbeitnehmer zu weniger als 50 % von seinem in einem anderen DBA-Vertragsstaat gelegenen Homeoffice aus tätig und ist seine Arbeit nicht wirtschaftlich begründet, soll keine Betriebsstätte angenommen werden. Trotz der Beispiele im OECD-MK 2025 wird es in der Praxis schwierig sein abzugrenzen, ob Homeoffice-Tätigkeiten wirtschaftlich begründet sind oder ihre Ursache in anderen Umständen haben. Außerdem wird die Frage, ob es sich dabei möglicherweise um vorbereitende und Hilfstätigkeiten iSd Art 5 Abs 4 OECD-MA handelt, die vom Betriebsstättentatbestand ausgenommen sind, Besteuerungskonflikte auslösen. Dennoch bleibt zu hoffen, dass möglichst viele Staaten den vom OECD-Steuerausschuss neu geschaffenen Leitlinien folgen und der Betriebsstättenbegründung durch Telearbeit ein enges Korsett anlegen, um Mikro-Betriebsstätten zu vermeiden, deren Abwicklung sowohl für den Steuerpflichtigen als auch die Finanzverwaltung mit einem nicht zu rechtfertigenden Verwaltungsaufwand verbunden ist.

Sie benötigen Unterstützung im Zusammenhang mit der grenzüberschreitenden Mobilität Ihrer Dienstnehmer? Dann nehmen Sie Kontakt mit unserer Service Line Global Employment Services auf! Für weitere Fragen zu diesem Beitrag können Sie selbstverständlich gerne in Kontakt mit den Autoren treten. Außerdem dürfen wir auf die folgenden kostenlosen Webinare hinweisen: