GRUPPENBESTEUERUNG | Gruppen-Check vor Jahresende!
Eine Unternehmensgruppe gemäß § 9 KStG bietet den wesentlichen Vorteil, dass Gewinne und Verluste von mindestens zwei oder mehreren Körperschaften miteinander verrechnet und gemeinsam besteuert werden können. Wann aber ist eine solche Gruppenbesteuerung überhaupt möglich und sinnvoll? Und wann erscheint ein (vorzeitiges) Ausscheiden eines Gruppenmitglieds zweckmäßig? Mit diesen Fragen sollte man sich laufend, insbesondere aber vor Ablauf eines Wirtschaftsjahres auseinandersetzen. In diesem Sinne möchten wir Ihnen auch heuer wieder die wesentlichen Aspekte zu dieser Thematik in Erinnerung rufen und Sie auf den aktuellen Stand bringen.
Das österreichische Ertragsteuerrecht ist vom Grundsatz der Individualbesteuerung geprägt, wonach grundsätzlich jeder einzelne Steuerpflichtige mit seinem Einkommen der Besteuerung unterliegt. Die Besteuerung von Unternehmensgruppen gemäß § 9 KStG stellt eine wichtige Ausnahme von diesem Grundsatz dar. Die „Gruppenbesteuerung“ führt nämlich zu einer gemeinsamen Veranlagung und Verrechnung von Gewinnen und Verlusten verschiedener Gesellschaften im Inland und ggfs auch im Ausland. Eine körperschaftsteuerliche Unternehmensgruppe sollte jedoch nicht als starres Konstrukt angesehen werden, sondern bedarf vielmehr einer permanenten Überprüfung und laufenden Anpassung an die aktuellen steuerlichen Rahmenbedingungen:
- Besteht bisher noch keine Unternehmensgruppe, stellt sich die grundsätzliche Frage, in welcher Situation eine Gruppenbildung überhaupt sinnvoll ist?
- Bei bereits bestehenden Gruppen stellt sich die Frage der Aufnahme weiterer Gruppenmitglieder und/oder ob ein Ausscheiden bisheriger Gruppenmitglieder zweckmäßig ist?
Zur Beantwortung dieser Fragen möchten wir Ihnen auch heuer wieder zweckdienliche Hinweise zum Jahresende geben:
Bildung oder Erweiterung einer Unternehmensgruppe
Die Bildung (oder Erweiterung) einer körperschaftsteuerlichen Unternehmensgruppe gemäß § 9 KStG ist insbesondere in folgenden Fallkonstellationen zu überlegen:
- Laufende Verrechnung von Gewinnen und Verlusten zwischen Konzerngesellschaften (steuerliches Ergebnispooling im Inland; temporäre Verrechnung von Auslandsverlusten iHv max. 75 % des positiven Inlandseinkommens);
- Raschere Verwertung von Verlustvorträgen (insb. keine 75%-Grenze für Vorgruppenverluste bei Inlandsgruppenmitgliedern gem. § 9 Abs 6 Z 4 KStG; beim Gruppenträger jedoch seit 2024 Einschränkungen gem. § 9 Abs 6 Z 4a KStG);
- Abzugsfähigkeit von Zinsen für Beteiligungskredite und deren bessere Verwertbarkeit insb. für Holdings;
Hinsichtlich der als Gruppenträger (§ 9 Abs 3 KStG) in Frage kommenden Körperschaften sei nochmals darauf hingewiesen, dass ausländische EU/EWR-Obergesellschaften nach der Rechtsprechung nicht zwingend über eine eingetragene inländische Zweigniederlassung verfügen müssen, sodass insoweit auch inländische “Schwesterngruppen” möglich sind (VwGH 27.3.2024, Ro 2023/13/0018, entgegen dem Gesetzeswortlaut in § 9 Abs 3 TS 4 KStG; siehe im Detail unseren NEWS-Beitrag “GRUPPENBESTEUERUNG | Zulässigkeit der Bildung einer Schwestergruppe” vom 26.6.2024).
Die Aufnahme von Gruppenmitgliedern (§ 9 Abs 2 KStG) ist nur möglich, wenn die erforderliche finanzielle Verbindung während des gesamten Wirtschaftsjahres gegeben ist. Dafür ist eine unmittelbare oder mittelbare Beteiligung an mehr als 50% des Kapitals und der Stimmrechte notwendig.
Bei Inlandsgruppenmitgliedern muss der schriftliche bzw formularmäßige Gruppenantrag gem § 9 Abs 8 KStG (in welchem ua auch das Bestehen einer Steuerausgleichsregelung (Steuerumlagen) zu bestätigen ist) „nachweislich“ VOR Ablauf des Wirtschaftsjahres des neu einzubeziehenden Gruppenmitglieds unterfertigt und binnen Einmonatsfrist beim zuständigen Finanzamt eingebracht werden. Zur Vermeidung eines Beweisnotstandes ist es uE empfehlenswert, den ordnungsgemäß unterfertigten Gruppenantrag bereits vor Ende des Wirtschaftsjahres des neuen Gruppenmitglieds an das zuständige Finanzamt zu übermitteln (bei Kalenderjahren daher bis spätestens 31.12.2025). Bei der Übermittlung des Gruppenantrages ist darauf zu achten, dass die strengen Formalvorgaben eingehalten werden. Seit 1.1.2025 kann auch eine elektronische Antragstellung über FinanzOnline erfolgen (siehe dazu unseren NEWS-Beitrag "GRUPPENBESTEUERUNG | Praxisfragen zum "digitalen" Gruppenantrag" vom 24.3.2025).
Auch Auslandsgruppenmitglieder können in eine KöSt-Gruppe einbezogen und ihre steuerlichen Verluste temporär im Inland berücksichtigt werden. Die Teilnahme an einer Unternehmensgruppe ist jedoch ausschließlich mit Beteiligungen möglich, die mit unbeschränkt steuerpflichtigen Gruppenteilnehmern ausreichend finanziell verbunden sind (grds nur erste Auslandsebene). Zu beachten ist weiters, dass Auslandsgruppenmitglieder nur noch bei Ansässigkeit in Ländern mit „umfassender Amtshilfe“ einbezogen werden dürfen, wobei entsprechende Abkommen mit fast allen wesentlichen Staaten vereinbart wurden.
(Vorzeitiges) Ausscheiden von Gruppenmitgliedern
Droht aufgrund wesentlicher und nachhaltiger Wertminderungen von Beteiligungen an Gruppenmitgliedern eine Teilwertabschreibung (TWA), so sollte ein zeitgerechtes Ausscheiden dieses Gruppenmitglieds geprüft werden, zumal TWA in der Unternehmensgruppe steuerlich grundsätzlich nicht abzugsfähig sind (Steuerneutralität gemäß § 9 Abs 7 KStG). Spiegelbildlich dazu sind aber auch spätere Zuschreibungen nach erfolgter Wertaufholung steuerneutral. Bei einem diesbezüglichen Vorteilhaftigkeitsvergleich ist jedoch der alternativen steuerwirksamen TWA (Siebtelregelung gemäß § 12 Abs 3 Z 2 KStG) nicht nur die unmittelbare Verlustverrechnung für das Gruppenmitglied gegenüberzustellen (gemäß § 9 Abs 6 KStG), sondern ggfs auch noch offene Restfünfzehntelbeträge aus einer Firmenwertabschreibung (§ 26c Z 47 KStG).
Diese Überlegungen gelten sinngemäß auch für einen bevorstehenden Beteiligungsverkauf, zumal innerhalb der Gruppe auch Veräußerungsverluste steuerneutral wären. In diesem Zusammenhang ist auch zu beachten, dass eine bisherige Firmenwertabschreibung (bereits geltend gemachte FW-Fünfzehntelbeträge) zu einer entsprechenden Verminderung der steuerlichen Beteiligungsbuchwerte geführt hat und sich somit auch entsprechend auf das Veräußerungsergebnis auswirkt (Umkehreffekt).
Im Falle von Auslandsgruppenmitgliedern stellt sich die TWA-Frage grundsätzlich nur, wenn für die betreffende internationale Schachtelbeteiligung bereits im Anschaffungsjahr zur Steuerwirksamkeit optiert wurde, zumal andernfalls die TWA steuerneutral bliebe; davon ausgenommen sind jedoch tatsächliche und endgültige Vermögensverluste iZm Liquidation oder Insolvenz (gemäß § 10 Abs 3 KStG).
Im Zusammenhang mit solchen Ausscheidungsszenarien sind insb. auch die Effekte der Nachversteuerung zu bedenken: Grundsätzlich gilt, dass die im Inland bloß temporär verrechenbaren Auslandsverluste im Ausscheidensfalle wiederum nachzuversteuern sind. § 9 Abs 6 Z 7 KStG sieht jedoch auch für tatsächliche und endgültige Vermögensverluste iZm Insolvenz oder Liquidation eines Auslandsgruppenmitglieds eine Ausnahmebestimmung vor, und zwar dahingehend, dass der Nachversteuerungsbetrag um die während der Gruppenzugehörigkeit nicht steuerwirksamen Teilwertabschreibungen auf die Beteiligung “zu kürzen” ist, dh bis maximal Null, sodass also darüber hinausgehende Beteiligungsverluste diesfalls verloren sind (vgl zur diesbezüglichen Klarstellung durch VwGH 16.4.2024, Ro 2023/13/0003, unseren NEWS-Beitrag “GRUPPENBESTEUERUNG | VwGH zu Grenzen der Auslandsverlustverwertung!” vom 29.10.2024; in diesem Sinne zuletzt auch BFG 20.8.2025, RV/5100786/2023, wozu eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof anhängig ist!).
Jedenfalls empfiehlt sich vor Ablauf der dreijährigen Mindestbestandsdauer für jedes einzelne Gruppenmitglied eine Überprüfung, ob die Aufnahme in die Unternehmensgruppe rückblickend tatsächlich sinnvoll war oder ob allenfalls eine Rückgängigmachung der Gruppenmitgliedschaft („Rückabwicklung“) und stattdessen eine reguläre Individualbesteuerung der Einzelgesellschaft vorteilhafter wäre (§ 9 Abs 10 KStG).
Die rechtzeitige Austrittserklärung ist gegenüber dem zuständigen Finanzamt von ausscheidenden Inlandsgruppenmitgliedern vor Ablauf des Wirtschaftsjahres (Datum des Poststempels) selbst anzuzeigen, während für Auslandsgruppenmitglieder das finanziell hinreichend beteiligte Inlandsgruppenmitglied bzw der Gruppenträger tätig werden muss.
Davon zu unterscheiden ist ein zwangsläufiges Ausscheiden aus der Unternehmensgruppe (bzw daraus folgend uU sogar deren gänzliche Auflösung/Beendigung) im Falle bestimmter Umgründungen sowie auch in Liquidationsfällen.
Neuerungen bei der Gruppenbesteuerung
Zuletzt brachte das Abgabenänderungsgesetz 2024 (AbgÄG 2024) einige wesentliche Gesetzesänderungen im Regime der Gruppenbesteuerung mit sich, welche hier nochmals zusammengefasst seien:
- Grundsätzlich vortragsfähige Verluste des Gruppenträgers aus Zeiten vor Wirksamwerden der Unternehmensgruppe dürfen für Gruppenanträge ab 4.5.2024 NICHT mehr verrechnet werden, soweit darin Teilwertabschreibungen und Veräußerungsverluste aus Beteiligungen enthalten sind, die im Zeitpunkt der Abschreibung/Veräußerung bereits “einer anderen Unternehmensgruppe” angehört hatten (§ 9 Abs 6 Z 4a KStG).
- § 9 Abs 6 Z 6 KStG sah ursprünglich eine zwingende temporäre Verrechnung von Auslandsverlusten ausländischer Gruppenmitglieder vor, die nunmehr ein bloßes Wahlrecht ist. Seit dem Veranlagungsjahr 2024 kann daher - ggfs aber zur Gänze - auf die Zurechnung des Verlustes eines nicht unbeschränkt steuerpflichtigen Gruppenmitglieds auch verzichtet werden (was insb. zur Vermeidung des Umrechnungsaufwandes bei relativ niedrigen und/oder bloß kurzfristigen Auslandsverlusten zweckmäßig sein kann; weiters auch zur Hintanhaltung von Problemen iZm der globalen Mindestbesteuerung).
- Weiters kann ein Gruppenantrag seit 1.1.2025 auch elektronisch über FinanzOnline eingebracht werden, wenn dieser mit qualifizierten elektronischen Signaturen der gesetzlichen Vertreter des Gruppenträgers und aller einzubeziehenden inländischen Körperschaften versehen ist (gemäß § 9 Abs 8 TS 5 KStG).
Ergänzend zu den obigen Ausführungen möchte wir auch noch auf weitere aktuelle Rechtsprechung zur Gruppenbesteuerung wie folgt hinweisen:
- BFG 13.12.2024, RV/7103249/2021: Die Nachversteuerung für ein ausscheidendes Auslandsgruppenmitglied hat KEINE Auswirkung auf das eigene Ergebnis des beteiligten Inlandsgruppenmitglieds und somit auch nicht auf deren Vorgruppenverlustverrechnung (siehe dazu im Detail unseren NEWS-Beitrag “GRUPPENBESTEUERUNG | BFG zu Fremdwährungsverlust und Nachversteuerung” vom 26.2.2025).
- VwGH 19.12.2024, Ra 2023/15/0054: Die Vertrauensschutzregelung gem. § 26c Z 47 KStG, wonach die Fortführung der noch offenen Firmenwertfünfzehntelabschreibungen (FWA) für Anteilserwerbe bis 28.2.2014 in den Folgejahren nur noch dann möglich ist, wenn sich der steuerliche Vorteil aus der FWA beim Beteiligungserwerb auf die Kaufpreisbemessung auswirken konnte, gilt für In- und Auslandsbeteiligungen gleichermaßen und verlangt im Zweifelsfall entsprechende Nachweise für die Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen (siehe dazu im Detail unseren NEWS-Beitrag “GRUPPENBESTEUERUNG | VwGH zur FW-Abschreibung für EU-Gruppenmitglieder” vom 8.4.2025).
FAZIT
Um die Vorteile der Gruppenbesteuerung bestmöglich nutzen zu können, sollte alljährlich vor Ablauf des Wirtschaftsjahres eine zeitgerechte Analyse dahingehend erfolgen, welche Gesellschaften in der Gruppe verbleiben, welche neu einbezogen werden und welche die Gruppe allenfalls verlassen sollten (oder müssen).
Detaillierte Informationen zu diesem Themenkomplex erhalten Sie demnächst auch in unserem Webinar am 1.12.2025: “Update zur Gruppenbesteuerung”.
Weiterführendes Praxis-Know-how zur Gruppenbesteuerung und insbesondere auch deren Behandlung in den Steuererklärungen finden Sie auch im Buch “Die Körperschaftsteuererklärung 2024” von Knechtl/Mitterlehner, welches kürzlich im LINDE-Verlag erschienen ist (nähere Details zu diesem erstmals als Online-Version konzipierten SWK-Spezial finden Sie hier: Die Körperschaftsteuererklärung 2024.
Für weitere Fragen und Überlegungen zur Gruppenbesteuerung, unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtslage und maßgeblichen Rechtsprechung bzw Verwaltungspraxis, stehen Ihnen die Autoren dieses Beitrages sowie auch die übrigen ExpertInnen unserer Service Line "Corporate Tax" gerne zur Verfügung!