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TRANSFER PRICING | Aktuelle Entwicklungen in Brasilien

Um eine Voraussetzung für den Beitritt Brasiliens zur OECD zu erfüllen, ist es notwendig, die lokalen Verrechnungspreisvorschriften anzupassen. Unter anderem sollen Doppelbesteuerungsfälle vermieden werden, um den brasilianischen Markt wieder attraktiver für internationale Investoren zu machen. Nachfolgend geben wir Ihnen einen Überblick über die Entwicklungen.

Um dem Beitritt Brasiliens zur OECD gerecht zu werden, ist es notwendig, Anpassungen an den lokalen Verrechnungspreisvorschriften vorzunehmen. Die brasilianische Regierung hat daher bereits am 29. Dezember 2022 durch ein Dekret eine vorläufige Maßnahme mit der Nummer 1.152/22 erlassen, die darauf abzielt, die brasilianischen Verrechnungspreisvorschriften an den international anerkannten Fremdvergleichsgrundsatz anzupassen. Diese Maßnahme muss innerhalb von 60 Tagen (diese Frist kann um weitere 60 Tage verlängert werden) nach ihrer Veröffentlichung vom brasilianischen Parlament gebilligt und zum Gesetz erklärt werden. 

Über die Gesetzwerdung ist bisher noch nichts bekannt. Wir werden Sie diesbezüglich auf dem Laufenden halten und Sie darüber informieren, ob die angekündigten Maßnahmen umgesetzt bzw. welche Änderungen allenfalls noch vorgenommen wurden. 

Wenn das brasilianische Parlament die Maßnahme zum Gesetz erklärt, werden die neuen Bestimmungen ab dem 1. Januar 2024 verbindlich in Kraft treten. Es besteht jedoch für die Steuerpflichtigen die Möglichkeit, die Vorschriften bereits für das Jahr 2023 anzuwenden. 

Hier haben wir die wesentlichen Neuerungen der Verrechnungspreisregeln in Brasilien gemäß der vorläufigen Maßnahme zusammengefasst:

Der Fremdvergleichsgrundsatz

Der Fremdvergleichsgrundsatz wird als grundlegender Aspekt der neuen Vorschriften betrachtet. Es bleibt jedoch abzuwarten, ob Brasilien die OECD-Richtlinien in der Praxis vollständig umsetzen wird, da der brasilianischen Bundessteuerbehörde erhebliche Befugnisse bei der Auslegung gesetzlicher Begriffe eingeräumt sind. Die Einschätzung, ob der Fremdvergleichsgrundsatz bei konzerninternen Geschäftsvorfällen eingehalten wurde, erfolgt anhand wirtschaftlich relevanter Merkmale und Vergleichbarkeitsfaktoren gemäß den OECD-Verrechnungspreisleitlinien 2022.

Konzerninterne Geschäftsvorfälle

Die neuen Vorschriften erfassen nicht nur grenzüberschreitende Waren- und Dienstleistungstransaktionen, sondern jede kommerzielle oder finanzielle Beziehung zwischen verbundenen Unternehmen. Im Hinblick auf immaterielle Werte sehen die brasilianischen Vorschriften nun das DEMPE-Konzept gemäß den OECD-Richtlinien vor.

Verrechnungspreismethoden

Die neuen Vorschriften für Verrechnungspreise orientieren sich vollständig an den in den OECD-Richtlinien genannten Verrechnungspreismethoden. Der Steuerpflichtige muss je nach den Umständen des Einzelfalls die besten geeignete Verrechnungspreismethode auswählen. Darüber hinaus ist eine Kombination von Verrechnungspreismethoden zulässig. Wenn Informationen über Preise aus vergleichbaren Transaktionen zwischen unabhängigen Parteien vorliegen, wird die Preisvergleichsmethode als am besten geeignete Verrechnungspreismethode betrachtet, es sei denn, der Steuerpflichtige kann nachweisen, dass eine andere Methode besser geeignet ist, um den Fremdvergleichsgrundsatz einzuhalten.

Bandbreite der üblichen Vergleichswerte

In Bezug auf die Bandbreite der üblichen Vergleichswerte sehen die neuen brasilianischen Vorschriften nicht nur die Verwendung von Interquartilsbandbreiten vor. Sofern die erhobenen Daten für den Fremdvergleich als zuverlässig angesehen werden können, ist unter Umständen auch die Verwendung der gesamten Bandbreite zulässig.

Verrechnungspreisdokumentation

Die vorläufige Maßnahme folgt einem dreistufigen Ansatz für die Verrechnungspreisdokumentation (Master File, Local File und Country by Country Report). Es ist zu erwarten, dass die brasilianische Steuerbehörde (Receita Federal do Brasil - RFB) den Umfang und die Anforderungen an die Verrechnungspreisdokumentation noch detailliert festlegen wird. Verstöße gegen die Dokumentationsvorschriften werden empfindlich bestraft. 

FAZIT

Die neuen Verrechnungspreisvorschriften der brasilianischen Regierung markieren einen Meilenstein bei der Angleichung an den international anerkannten Fremdvergleichsgrundsatz. Es besteht jedoch noch keine endgültige Klarheit darüber, ob Brasilien die OECD-Richtlinien vollständig oder nur teilweise umsetzen wird.

Das neue System stellt Steuerzahler mit komplexen (nicht-routinemäßigen) Transaktionen in Brasilien vor neue Herausforderungen. Dies liegt zum einen daran, dass die Auslegung und Anwendung des Fremdvergleichsmaßstabs im Allgemeinen komplex und unsicher sind. Zum anderen verfügt das brasilianische Steuersystem über keine ausgereiften Mechanismen zur Streitbeilegung. 

Abschließend möchten wir Sie noch auf unsere diversen Webinare ​​​​​​​zu den angesprochenen Themenbereichen hinweisen. 

Wenn Sie weitergehende Fragen zu diesen oder ähnlichen Themen haben, so kontaktieren Sie bitte gerne die Verfasser oder die übrigen Expert: innen unserer Service Line "Transfer Pricing".